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2. Emil und die Detektive

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2. Emil und die Detektive

Oberstaatsanwalt Ernesto Biedermann, Kriminalhauptkommissar Emil Kostner, ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei, zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, eine Kassiererin, ein halbes Hemd, mehrere Supermarkt-Kunden

Oberstaatsanwalt Ernesto Biedermann hatte schon mal bessere Tage. Linksautonome, Rechtsradikale – seine Hauptkundschaft – sind kein Problem. Routine eben, wenn man das Dezernat „Politisch motivierte Straftaten“ der Hamburger Staatsanwaltschaft leitet. Auch an Razzien am frühen Morgen hat er sich gewöhnt, in über zwanzig Dienstjahren.

Aber schwere Geschütze aufzufahren, die ganz große Nummer aufzuziehen, die Kavallerie ausschwärmen zu lassen – und dann nichts als heiße Luft zu ernten, das kann er nicht leiden.

Biedermann, Ende vierzig, eins neunzig, schlank, weiße Haare, Seitenscheitel wie mit der Axt gezogen, schwarze Brille, dunkler Anzug mit Weste, weißes Hemd, blankpolierte Schuhe – ein Staatsanwalt wie aus dem Bilderbuch – steht an einem alten Lagerschuppen im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Ein Feldherr, der seine Truppen ausschwärmen lässt. Das Mobile Einsatzkommando der Hamburger Polizei. Zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. Obendrein, als fliegende Einsatzzentrale, ein Hubschrauber, der über der ganzen Szenerie schwebt.

„Tut mir leid, mehr war da nicht, Herr Oberstaatsanwalt.“ Der Leiter des MEK.

Biedermann zeigt keine Regung.

„Würde sagen, das war‘s, Herr Oberstaatsanwalt.“ Der Bepo-Chef.

Biedermann stiert düster vor sich hin. Dann zieht er eine Grimasse, die Zustimmung signalisieren sollt. Die Polizeiführer bleiben unsicher stehen.

Biedermann ist der Boss.

„Okay, haut ab. Und danke.“

Ein Wochenende auf dem Kiez. Ein Schwachkopf ist mit seiner aufgemotzten Karre mit fast hundert Sachen über die Hafenstraße gebrettert.

Ist dann von der Fahrbahn abgekommen, hat dreizehn parkende Autos gestreift und schwer beschädigt, ist zu schlechter Letzt in einen Pulk abgestellter Motorräder gedonnert, was denen nicht gut bekommen ist – und wäre daraufhin fast gelyncht worden.

Die, denen die Maschinen gehören, haben in einem nahen Clubheim irgendwas gefeiert und verstehen wenig bis gar keinen Spaß, wenn es um ihre Bikes geht. Die Besatzungen mehrerer Streifenwagen hatten ordentlich zu tun, um die Sache einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen und sind dann selber von den Rockern attackiert worden. Schließlich haben die Beamten ihre Waffen gezogen und Warnschüsse abgefeuert. Der Lagedienst hat daraufhin schweren Landfriedensbruch konstatiert.

Und Biedermann ist um seinen freien Sonntag gekommen.

„Rocker-Terror in der Hansestadt“, hat eine Zeitung getitelt, eine andere befürchtete „Die Rückkehr der Hells Angels“.

Dann die übliche Tour. Erst der Generalstaatsanwalt beim Justizsenator. Dann der Leitende Oberstaatsanwalt beim Generalstaatsanwalt. Dann Biedermann beim Leitenden Oberstaatsanwalt. Schließlich die Führungskräfte der Polizei bei Biedermann.

Und jetzt: Drei Penner in Wilhelmsburg. Die in einem alten Lagerschuppen ihr Domizil aufgeschlagen haben. Ganz heißer Tipp aus der Szene. Versteck der Motorrad-Gang. Waffen und Drogen. Prima Handhabe, den Biker-Club endlich zu verbieten. Pustekuchen.

Statt Harley ein altes verrostetes Zündapp-Moped. Und die Erde ist eine Scheibe, denkt Biedermann. Nicht sein Fehler, natürlich. Auf seine Informanten muss man sich doch verlassen können. Aber es bleibt an ihm hängen. Er ist der „Herr des Verfahrens“, wie es so schön im Justiz-Deutsch heißt. Der Leitende ist fein raus. Der General auch. Man konnte sich ja nicht um jedes Detail selber kümmern. Und der Senator hat Initiative gezeigt. Eine Rückkehr des Rocker-Terrors werde er unter keinen Umständen dulden, hat er gesagt. Das reicht für einen Politiker.

* * *

Tags darauf ist die Schlappe vom Vortag schon wieder ziemlich weit weg. Biedermann sitzt in seinem Büro am Gorch-Fock-Wall und ist in seiner Welt. Hier ist er ganz bei sich. Er tut, was er am liebsten tut: Akten studieren. Er ist mit Leib und Seele Staatsanwalt. In der Branche gilt er als hartnäckiger Ermittler und akribischer Aktenarbeiter. Als „scharfer Hund“ wird er gelegentlich tituliert. Das ist stark untertrieben. Manche finden, dass er mitunter gewaltig über das Ziel hinausschießt. Als er vor Jahren beim Hamburger Gastspiel eines weltberühmten Geigers und bekennenden Kiffers in dessen Hotelzimmer allen Ernstes eine Drogenrazzia durchführen wollte, konnten ihn seine Vorgesetzten in letzter Sekunde zurückpfeifen.

Anschließend wurde er in die Abteilung VII.1 „Politisch motivierte Straftaten“ weggelobt, wo er sich ein wenig, aber nicht zu sehr austoben konnte und deren Leitung er alsbald übernahm. Hier steht er jetzt einem Team von sechs Staatsanwältinnen und Staatsanwälten vor. Ein junges, motiviertes, hungriges Team, die meisten seiner Leute sind Mitte, Ende dreißig.

Dem Tatendrang sind allerdings Grenzen gesetzt: Wenn RAF oder Islamisten ins Spiel kommen, immer wenn es also richtig interessant wird, zieht die Generalbundesanwältin in Karlsruhe das Verfahren an sich. Den Hamburger Siebeneinsern bleibt meist nicht viel mehr, als sich mit Hakenkreuz-Schmierereien zu beschäftigen. Würden nicht ein paar tausend Linksautonome in der Stadt leben, denen immer wieder mal was Nettes einfällt, würde es nicht das wunderbare Schanzenviertel geben, wo immer wieder mal was los ist, es würde gar nicht so furchtbar viel zu tun geben für Biedermann und seine Abteilung. Ein solider Landfriedensbruch wäre deshalb eine schöne Abwechslung gewesen. Hätte sich mal wieder gut gemacht in der Bilanz.

Insgesamt kann sich Biedermann aber nicht beklagen. Generell ist Hamburg ein dankbares Pflaster für Strafverfolger, sie haben hier alle Hände voll zu tun. Fast zweihundert Staatsanwälte und Staatsanwältinnen gibt es in der Stadt, sie leiten pro Jahr dreihunderttausend Ermittlungsverfahren ein. Einige der fast zehntausend Polizisten tragen in bestimmten Vierteln Schusswesten und Maschinenpistolen, wenn sie auf Streife sind.

Die Schlappe vom Vortag ist also zu verkraften. Biedermann hat als Staatsanwalt schon ganz andere Enttäuschungen wegstecken müssen. Bewährungsstrafen bei schwerer Körperverletzung und elf Vorstrafen zum Beispiel. Hafturlaub bei Mördern. Und zuletzt sogar einen grünen Justizsenator.

Kreativität ist also gefragt. Kreativität, Flexibilität und Durchhaltevermögen. Ein guter Staatsanwalt zeichnet sich dadurch aus, dass er sich durch Niederlagen, Rückschläge und Enttäuschungen nicht nur nicht aus der Fassung bringen lässt, sondern im Gegenteil, dass sie ihn inspirieren und anspornen. Das ist Biedermanns Grundsatz, der ihn leitet. Mit dem er gut gefahren ist, in all den Jahren. Denn Biedermann ist ein verdammt guter Staatsanwalt.

Dass er sich so ins Zeug legt, hat mit seiner Biografie zu tun. Biedermann ist nämlich gewissermaßen aus Protest Staatsanwalt geworden. Aus Protest gegen seine Achtundsechziger-Eltern. Seinen Vornamen hat er deren Verehrung für Ernesto Che Guevara zu verdanken. Dass er nicht, wie von seinen Eltern eigentlich gewünscht, „Che“ heißt, lag an einem weitsichtigen, verantwortungsbewussten Standesbeamten. Vielleicht fühlte er sich deswegen schon früh zur Staatsmacht hingezogen. Biedermann, der als kleines Kind manchmal gar nicht so genau gewusst hatte, wer eigentlich seine Eltern waren, beziehungsweise sich gewundert hatte, dass er so viele Eltern hatte, ist unter schwierigen Umständen in diversen „Kommunen“, zeitweise in Kalifornien und Indien, aufgewachsen.

Er hat sich nach festen Strukturen, nach Ordnung, nach Halt und klaren Ansagen in seinem Leben gesehnt – eine Sehnsucht, die lange Zeit unerfüllt blieb. Dass der Einser-Abiturient Jura studierte, haben seine Erzeuger gerade noch toleriert. Schließlich konnte es immer mal wieder sein, dass man einen guten Anwalt brauchte. Dass er stattdessen dann aber Staatsanwalt wurde, war ein schwerer Schlag für die Alten, den sie bis heute nicht richtig verwunden haben.

Ihr aufmüpfiger Sohn als Scherge eines „Bullenstaates“, das war kaum zu verkraften. Was haben sie falsch gemacht? Hätten sie sich doch mehr um ihn kümmern sollen? Papa und Mama Biedermann leben seit Jahren in Holstein, wo sie einen alternativen Bauernhof betreiben. Was sie da alles anbauen, will Biedermann lieber nicht so genau wissen. Das Verhältnis zu seinen Eltern heute: höflich-distanziert.

Im Kollegenkreis wahrt Biedermann striktes Stillschweigen über seine Herkunft. Hie und da kann es vorkommen, dass man sich über seinen ungewöhnlichen Vornamen wundert. Bei Nachfragen weicht er entweder aus, oder er flunkert etwas von einem spanischen Vorfahren. Biedermann hat noch eine Schwester, die aus Sicht seiner Eltern wohlgeraten ist: Als Kinderpsychologin kümmert sie sich um die frühen Opfer des unmenschlichen, repressiven kapitalistischen Gesellschaftssystems.

Für Biedermann wiederum war es ein Schock, als eines Tages plötzlich ein Gesinnungsgenosse seiner alternativen Eltern der Justizbehörde als Senator vorstand. Ein Jahr vor seinem Amtsantritt hatte der noch die Abschaffung alles Gefängnisse gefordert, weil man den Einzelnen doch nicht für das Versagen der Gesellschaft verantwortlich machen könne. Die Einrichtung einer staatlichen Heroin-Ausgabestelle wiederum hatte bereits der Vorgänger-Senat beschlossen. Schwerstabhängige können sich seitdem in aller Ruhe und unter behördlicher Obhut ihren Schuss setzen.

Das Leben von Oberstaatsanwalt Ernesto Biedermann ist also nicht ganz frei von Zumutungen. Vor allem in letzter Zeit nicht. Da ist zum einen eine Reihe von Brandanschlägen auf Autos, die offensichtlich politisch motiviert sind und die Stadt in Unruhe versetzen. Zum anderen gibt es aber auch noch eine Herausforderung, die sogar einen ganz konkreten Namen hat. Er lautet Stefan Limbach. An dem hat er sich bisher die Zähne ausgebissen. Genauer gesagt: Er ist bisher überhaupt nicht dazu gekommen, seine Zähne einzusetzen. Der Leitende ist zum General gerannt. Der zum Senator. Dann der General wieder zum Leitenden. Schließlich saß Biedermann beim Leitenden. Ergebnis: Unmöglich. Einem derart populären Autor, noch dazu einem, der sogar kurz vor dem internationalen Durchbruch stehe, könne man nicht ans Bein pinkeln. Wegen irgendwelcher, Jahrzehnte zurück liegender Ereignisse, die heute sowieso nicht mehr zu klären seien. Wie sehe das denn aus? Die Medien. Das Ausland.

* * *

Spezialauftrag für Emil Kostner. Kriminalhauptkommissar Emil Kostner vom Landeskriminalamt Hamburg, Abteilung 7, Staatsschutz. Babynahrung, Pampers, Söckchen, Schnuller, Kinderrassel, Stofftier.

Er ist vor kurzem Opa geworden. Seine Tochter hat ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht. Lea-Sophie. Prächtiges Kind. Ganz die Mama.

Emil Kostner ist der glücklichste Mann der Welt.

Jetzt steht er in der Lebensmittelabteilung eines Supermarktes im Hamburger Stadtteil Lurup und ist überfordert. Babynahrung, klar, aber welche Marke? Pampers, welche? Und Söckchen sind sowieso weit und breit nicht zu sehen. Da muss er wohl ein Kinderbekleidungsgeschäft aufsuchen. Aber wo ist eines? Schnuller, Kinderrassel, Stofftier? Das muss hier doch irgendwo aufzutreiben sein, Himmel!

Dass Frauen immer so unpräzise Angaben machen müssen!

Seit seiner Scheidung führt Kostner das Leben eines Junggesellen. Allein im Reihenhaus in Lurup. Frau weg, Tochter und Sohn längst aus dem Haus. Aber eigentlich ist er nicht wirklich ein Junggeselle, jedenfalls nicht freiwillig. Er ist ein verhinderter Familienvater.

Kostner, bulliger Mittfünfziger, Stoppelhaarschnitt, eisgrau, eins fünfundneunzig, ist seit Jahrzehnten bei der Hamburger Polizei. Seit fünfzehn Jahren beim LKA. Seit zehn Jahren in der Abteilung Staatsschutz. Seit fünf Jahren arbeitet er eng mit Oberstaatsanwalt Biedermann zusammen. Hilfsbeamter, oder, wie es offiziell heißt, „Ermittlungsperson“ der Staatsanwaltschaft. Die vorerst letzte Station seiner beruflichen Laufbahn ist ihm die bisher liebste. Er hofft, dass diese Konstellation noch möglichst lange Bestand hat. Biedermann ist nämlich ein Oberstaatsanwalt ganz nach seinem Geschmack. Korrekt vom akkuraten Scheitel bis zur blitzsauberen Sohle. Geradlinig und durch nichts und niemanden von seinem Weg abzubringen. Wirkt manchmal vielleicht ein wenig abgehoben, der Herr Oberstaatsanwalt. Vielleicht sogar ein wenig arrogant. Ist aber bestimmt nicht böse gemeint. Kann er nichts für. Hat wohl mit seiner Herkunft zu tun.

Man munkelt, dass er aus den allerbesten Kreisen stammt. Traditionsreiche Hanseaten-Dynastie oder sowas.

„Geld her, oder ich stech‘ dich ab!“

Wenn der in die Politik ginge, hätte er bestimmt gute Chancen, denkt Kostner manchmal.

„Na los, wird’s bald, ich mach‘ keinen Spaß, ey!“

Aber dafür ist er sich wahrscheinlich zu fein, der Herr Oberstaatsanwalt. Das wäre sicher unter seiner Würde.

„Jetzt mach‘ hin, ey! Ey, ich stech‘ jeden ab, der mir zu nahe kommt!“

Aufregung an der einzigen geöffneten Kasse. Ein blasses, halbes Hemd, Typ Junkie, fuchtelt mit einem Messer herum. Die Kassiererin zittert vor Angst. Die Schlange an der Kasse erstarrt vor Schreck.

„Rück‘ den Schotter raus du Schlampe, ich sag‘s nicht noch mal, ey!“

Dass der Oberstaatsanwalt ihn und seinen Haufen „Emil und die Detektive“ nennt, freut ihn. Es schmeichelt ihm. Bald war der Spitznamen im ganzen LKA und irgendwann sogar im ganzen Polizeipräsidium rum. Nicht jeder Kollege verstand sofort den Sinn. Kostner erklärte es gerne. Immer wieder. „Mensch Leute, ‚Emil und die Detektive‘, das Buch von Erich Kästner!“

„Darf ich mal.“

Ruhig und unauffällig, dennoch zielstrebig und zügig bahnt sich der Hauptkommissar seinen Weg Richtung Kasse.

„Ist das alles, ey? Du verarschst mich, du Schlampe! Da muss doch noch mehr sein.!“

Ist eben ein feiner, gebildeter Mann der Herr Oberstaatsanwalt. Ein richtiger Herr. Deswegen war es für Kostner auch gar keine Frage, dass sein neuestes Ansinnen, so befremdlich und heikel es auch sein mochte, bei ihm sofort auf offene Ohren stieß. Ging um irgendeinen Schmieranten, um den zurzeit viel Aufhebens gemacht wurde, wegen eines Buches, das der geschrieben hatte.

„Ich sag‘s dir, wenn du mich verarschst, stech‘ ich dich ab, ey! Und dann mach‘ ich bei denen weiter!“

Der Junkie wendet sich kurz den Kunden in der Schlange zu und fuchtelt mit dem Messer in ihre Richtung.

Die Kassiererin zittert vor Angst. Einige Kunden suchen das Weite und zücken, außer Sichtweite, aufgeregt ihre Handys, andere erstarren vor Schreck und bleiben wie angewurzelt stehen.

„Rück‘ den Schotter raus, Schlampe, ich sag‘s nich‘ nochmal, ey!“

Seiner Meinung nach hat der Schmierer ‚ne Menge hanebüchenen Unsinn verzapft, den man nicht weiter ernst nehmen müsste, aber der Herr Oberstaatsanwalt meinte, das Ganze sei gar nicht zum Lachen. Diesem Schmierfinken müsse man unbedingt mal auf den Zahn fühlen. Es gehe dabei gar nicht um das, was er geschrieben und gesagt habe. Sondern darum, was er getan habe. Möglicherweise.

Ermittlungen, natürlich so diskret wie möglich. Streng geheim, genauer gesagt. Offiziell gebe es nämlich gar keine Ermittlungen. Anordnung von oben. Ermittlungen? Welche Ermittlungen?

Ehrensache für Emil und die Detektive!

Kostner hat sich weiter vorgearbeitet und steht jetzt fast direkt hinter dem halben Hemd. Der Typ hat sich sämtliche Scheine, die in der Kasse waren, in die Hosentasche gestopft. Aber er will mehr.

„Jetzt rück‘ deine Brieftasche raus!“, verlangt er von der Kassiererin. Die kommt seiner Aufforderung panisch schlotternd nach. Dabei fällt ihr die Brieftasche aus der Hand.

Biedermann und Kostner haben kürzlich ein Jubiläum der besonderen Art gefeiert. Insgesamt fünfhundert Jahre Freiheitsentzug konnten sie auf ihrem Konto verbuchen. So was schweißt zusammen.

„Ey, was soll das, Schlampe? Du verarschst mich! Ich stech‘ dich ab, ich stech‘ alle hier ab!“

Der Typ ist kurz davor, durchzudrehen.

Der Hauptkommissar ist fest entschlossen, alles zu tun, damit der Oberstaatsanwalt bald wieder Grund zur Freude haben würde.

„Jetzt heb‘ endlich diese verfickte Brieftasche auf und rück‘ die Kohle raus, ey!“

Womöglich hat man tatsächlich bald etwas Konkretes gegen diesen Limbach in der Hand. War eigentlich gar nicht so schwer gewesen. Solide Kriminalistenarbeit eben. Alter Trick: Den schwachen Punkt von jemandem erkennen und dann gezielt dort ansetzen. Und Limbach hatte einen schwachen Punkt. O ja, den hatte er.

Heulend hebt die Kassiererin ihre Brieftasche auf und reicht sie dem halben Hemd. Ihr Hand zittert dabei, als ob sie Schüttelfrost hätte. Dann macht sie sich nass.

Allmählich nervt der Typ, denkt Kostner. Zeit die Sache zu beenden. Dann tritt er ihm ohne Vorwarnung in die Kniekehle. Sofort sackt der Typ zusammen. Kostner donnert ihm seine Faust ins Genick und der Möchtegern-Räuber liegt flach auf dem Boden und macht keinen Mucks mehr. Der Hauptkommissar kniet sich auf seinen Rücken und legt ihm die Acht an.

„Keine Panik, Kriminalpolizei“, sagt er und hält seinen Dienstausweis in die Höhe.“ Und ich hab‘ immer noch keine Söckchen, denkt er.

Gaukler

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