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Eine Assistentenstelle an der Universität
ОглавлениеSchrödinger nahm eine Assistentenstelle in der Experimentellen Physik an, genauer in der Arbeitsgruppe von Franz Exner, betreut wurde er von Fritz Kohlrausch. Hier hatte er die Verantwortung für das gut besuchte Anfängerpraktikum – eine manchmal mühsame Aufgabe, die er aber mit Enthusiasmus anging. Später äußerte er sich zu dieser Zeit:
„Ich lernte in diesen Jahren zwei Dinge: Erstens, daß ich selbst zum Experimentator mich nicht eigne. Zweitens, daß der Boden, auf dem ich lebte, und die Menschen, mit denen ich dort lebte, nicht mehr geeignet waren, experimentellen Fortschritt entlang großzügigen Linien zu erzielen. Das lag an vielem, unter anderem daran, daß das goldene Wiener Herz liebenswürdige Stümper (oft gar nach dem Grundsatz der Anciennität) an Schlüsselpositionen stellte, wo sie den Verkehr hemmten, während wirkliche Persönlichkeiten dort nötig gewesen wären, und hätte man sie von weit herholen müssen. So wurde uns die Luftelektrizität und die Radioaktivität, die wohl wirklich in Wien ihren Anfang nahmen, aus der Hand genommen, und wer den Beruf in sich fühlte, daran ernsthaft mitzuarbeiten, mußte ihnen nachwandern, zum Beispiel Lise Meitner von Wien nach Berlin.“
Schrödinger war froh, freien Zugang zu der herausragenden Sammlung optischer Instrumente zu haben, sodass es ihm möglich war, zu jeder beliebigen Zeit spektrale und interferometrische Messungen durchführen zu können. Er hatte Zugriff auf die Geräte zur Mischung von Licht verschiedener Farben und konnte die resultierenden Farbtöne, Intensitäten und Sättigungen aufzeichnen. Auf diesem Weg stellte er fest, dass sein eigener Farbeindruck dem eines deuteroanomalen Trichromaten entsprach: Die Zapfen seiner Retina umfassten die drei Farben Rot, Grün und Blau, aber die relative Intensität seiner Wahrnehmung für Rot war erhöht. Diese Anomalie der Farbwahrnehmung tritt bei ca. zwei Prozent der Testpersonen auf.
Aufgrund seiner Laborerfahrungen gehörte Schrödinger zu jenen, die sagen konnten: „Ich gehöre zu den Theoretikern, die durch direkte Beobachtung wissen, was es bedeutet, eine Messung durchzuführen. Mich dünkt, dass es besser wäre, wenn es mehr von ihnen gäbe.“ Als das „Messproblem“ in der Quantenmechanik Thema einer größeren Kontroverse wurde, war es ihm möglich, sich auf diese Anfangszeit im Labor zu berufen. Dort hatte er gelernt, dass die Physik nicht auf mathematischen Phantastereien gegründet ist, sondern auf einem festen Fundament experimenteller Beobachtungen. Die Betrachtung seiner Arbeit als Laborassistent ist hilfreich, um den philosophischen Rahmen zu erfassen, den er bereit war für eine physikalische Theorie zu akzeptieren.