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Fazit: Heterogene Angebotsstrukturen, schwierige Orientierung
ОглавлениеDer Weiterbildungsmarkt zeigt eine expansive und sich ausdifferenzierende Entwicklung, deren Dynamik durch das Angebotssegment geprägt ist. Während der wirtschaftliche Strukturwandel in den Berufen und Beschäftigungsbereichen unablässig neue Qualifikationsanforderungen und Bedürfnisse entstehen lässt, reagieren die Segmente darauf mit Angeboten, die ihrem bisher verfolgten Entwicklungspfad entsprechen. Die berufsorientierte Weiterbildung mit Abschluss befähigt Teilnehmende, berufliche Rollen und betriebliche Funktionen zu übernehmen; ihr Angebot fügt sich in gewachsene Qualifikationssysteme ein und ist an typische »Abnehmer« – Berufsfelder, Wirtschaftsbranchen, Unternehmenstypen – adressiert. Die allgemeine berufsorientierte Weiterbildung reagiert auf Trends der Arbeits- wie der Konsumwelt mit einem stärker situativen Angebot, das von aktuellen beruflichen, betrieblichen oder individuellen Bedürfnissen bestimmt ist. Dieses Angebot ist flüchtig und lässt in der Regel weder weiterführende Bildungsziele noch anschlussfähige Bildungswege erkennen, zielt aber auch nicht unbedingt auf solche Kohärenz.
Das Gesamtsystem der berufsorientierten Weiterbildung zeigt somit eigendynamische, heterogene und sprunghafte Entwicklungen. Es entzieht sich einfachen Funktionsbestimmungen und bietet keine klare Orientierung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fachdiskussion zur Aus- und Weiterbildung in den letzten Jahrzehnten Kernbegriffe des Lernens neu definiert hat. Diese beziehen sich nicht mehr auf den Wissenserwerb in klar abgrenzbaren bildungsbiografischen Phasen, sondern auf die ganze Lebensgeschichte und den Erwerb von Kompetenzen in vielfältigen Lernkontexten. Die Begriffe erfassen die gesellschaftliche Realität der Bildung besser, verlieren aber an definitorischer Schärfe. Dies schlägt sich in weiteren Differenzierungen am Angebotsmarkt nieder – und macht es für die Nachfrage, das heißt für Teilnehmende und Abnehmer der Weiterbildung, eher noch schwieriger, sich zurechtzufinden.
Genauso stellt sich aber die Frage nach der Orientierungsfähigkeit der Anbieter von Weiterbildung: Wie kann es ihnen gelingen, in dem Marktumfeld, dessen Dynamik sie selber vorantreiben, sich zu orientieren und mit ihren Angeboten Verantwortung zu übernehmen für sinnhaftes, aufbauendes Lernen? Und inwieweit ist das gesamte System der berufsorientierten Weiterbildung heute in der Lage, Anforderungen und Bedarfe der Gesellschaft richtig zu erkennen, ein kohärentes und nachvollziehbares Angebot bereitzustellen und das Lernen breitester Zielgruppen aller Qualifikationsstufen wirksam zu unterstützen?