Читать книгу Quentin Durward - Walter Scott - Страница 11

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Achtes Kapitel.

Am nächsten Morgen fand die Sonne den Weg in die kleine Zelle. Die Folge, Durward sprang seinem Lager auf, um in die stattliche Uniform zu fahren, die er als Page seines Onkels Balafré tragen sollte. Auf die er auch mit allem Recht stolz war, denn sie war vom Onkel auf das vornehmste und reichlichste ausstaffiert.

„Na, Junge“, rief Balafré, sich lustig die Hände reibend, „zeigst Du Dich ebenso treu und tapfer, wie sich Dein Aussehen nett und schmuck macht, dann werde ich den prächtigsten Pagen des ganzen Korps haben! Folge mir ins königliche Vorzimmer, doch halte Dich immer mir zur Seite!“

Mit diesen Worten nahm er seine wuchtige, und doch kunstvoll verzierte Partisane, eine Stangenwaffe von etwa 2,50 m länge, und gab seinem Neffen eine leichtere, aber sonst, der seinigen völlig gleiche Waffe derselben Art, in die Hand. Dann begaben sie sich in den inneren Palasthof, wo ihre Kameraden, denen die Wache in den inneren Gemächern oblag, bereits Aufstellung genommen hatten. Auf einen Wink Balafrés setzten sich die Gardisten, der bei solchen Anlässen Offiziersdienst verrichtete, in Marsch. Ihr Ziel war das Audienzzimmer, in dem der König selbst erwartet wurde. So neu Quentin dergleichen Auftritte waren, wurden seine Erwartungen empfindlich getäuscht. Von einem Königshof hatte er sich eine ganz andere Vorstellung gemacht. Reichlich kostümierte Offiziere des königlichen Haushaltes, vorzüglich bewaffnete Wachen und livrierte Diener waren anwesend; aber er vermisste die Berater der Krone, die alten Reichsräte, die hohen Kronbeamten. Desgleichen vernahm er nicht die Namen der Adeligen und Ritter, der Feldherren und Kommandanten. Ebenso vermisste er die Namen, der jungen, nach Ehre und Ruhm dürstenden Söhne des Vaterlands. Die Persönlichkeiten hielten des Königs eifersüchtige Natur, seine Zurückhaltung und seine Politik von seinem Thron fern. Nur bei besonders festlichen Anlässen wurden sie herbeigebeten, aber gleich wieder entlassen, wenn die Ursache erledigt war. Keinem tat es leid, denn sie zogen alle wieder erleichtert von dannen.

Die wenigen Männer, die Quentin Durward an diesem Königshof in der Würde eines Rates der Krone zu bemerkte, waren von niedrigerem Adel, hatten gemeine, verschlagene Gesichter, und ihre Manieren zeugten davon, dass sie aus niedriger Lebensweise stammten und ganz und gar nicht hierher passten. Balafrés nahm sich die Zeit, seinen Neffen mit den Namen derjenigen bekannt zu machen, die ihnen begegneten. Mit dem ebenfalls anwesendem Lord Crawford, in seiner reichen Uniform, und in seiner Rechten einen schweren silbernen Stab trug, war Quentin Durward an dem zu seinen Ehren veranstalteten Gelage bekannt gemacht worden. Unter den Anwesenden mit einem höheren Rang, ragte Graf Dunois heraus. Der Sohn jenes berühmten Dunois, der als „Bastard von Orleans“ unter den Fahnen der Johanna D'Arc an Frankreichs Befreiung von englischem Joch teilgenommen hatte. Er verstand es geschickt, den Ruhm des Vaters zu behaupten, und Ludwig der Elfte traf ihn gern im Kronrat wie auch in seiner persönlichen Gesellschaft. Er war in allen ritterlichen Künsten wohlgeübt und im Besitz aller ritterlichen Tugenden. Seine Gestalt war ein schöner, stattlicher Herr, aber kein Fall ein Muster fränkischer Eleganz. Er war wohl stark und kräftig mit breiten Schultern, jedoch von ziemlich kleiner Gestalt; seine Beine hatten die hässliche Form eines O, und wirkt, als ob man ihm das Pferd unter dem Hintern weggestohlen hätte. Sein Haar war schwarz, seine Gesichtsfarbe dunkelbraun, seine Arme ungewöhnlich lang und sehnig. Seine Gesichtszüge waren nicht regelmäßig, sogar hässlich. Trotzdem, er bewegte sich zuversichtlich und in seinem ganzen Wesen lag ein Ausdruck von Selbstgefühl und Adel. Auf den ersten Blick erkannte man in ihm den hochgeborenen Mann und unerschrockenen Krieger. Seine Haltung war kühn und aufrecht, sein Schritt frei und männlich, und das Raue in seinen Zügen gewann durch den Adlerblick und die Löwenstimme des Mannes eine ganz besondere Würde. Er trug einen Jagdanzug, mehr kostbar als schön.

Gestützt auf Dunois' Arm, erschien Ludwig der Namensvetter des Königs und Herzog von Orleans, mit langsamem und schwerem Schritt. Der Herzog und Prinz, eifersüchtig bewacht von König Ludwigs Argwohn, der im Fall eines Fehlens männlicher Nachkommenschaft des Königs, würde der Thronerbe sein. Er durfte sich nicht vom Hof entfernen, und doch gestattete man ihm nicht, während er sich dort aufhielt, jedweden Einfluss zu nehmen. Die Niedergeschlagenheit, welche sein entwürdigender, einer Gefangenschaft ähnlicher Zustand, verursachte wurde durch die ungerechten Handlungen des Königs betont. Der König wollte ihn zwingen, der Prinzessin Johanna von Frankreich, mit der er bereits in seiner Kindheit verlobt wurde, zu heiraten. Das Äußere dieses unglücklichen Prinzen zeichnete sich in keinerlei Hinsicht vorteilhaft aus. Dafür trug er einen Ausdruck von Sanftmut, Milde und Wohlwollen. Selbst unter dem Schleier der schrecklichsten Niedergeschlagenheit, mit dem sein Charakter umhüllt war, wurde dieser nicht verdeckt.

Ganz anders das Benehmen des stolzen Kardinals und Prälaten, Johann von Balue, des damals begünstigten Ministers Ludwigs. König Ludwig hatte diesen Minister aus dem niedrigsten Stande zu der Würde, oder wenigstens dem Genuss der Pfründe eines Großalmoseniers von Frankreich erhoben. Sogar ihn mit Wohltaten überhäuft und den Kardinalshut verschafft. Der Kardinal war durch diese Auszeichnung dem Irrtum erlegen, aus einem niedrigen Stand zu Macht und Ehre erhoben, zu allem etwas sagen zu können. Er war überzeugt, dass seine Talente ihn dazu befähigten, selbst zu solchen, die weder seinem Stand noch seinen Studien nach, noch so fern lägen. Groß und plump, wie er war, befliss er sich dennoch einer gewissen Galanterie und Bewunderung für das schöne Geschlecht. Irgendein Schmeichler oder eine Schmeichlerin hatten ihm in einer unglücklichen Stunde in den Kopf gesetzt, dass ein Paar plumpe, unförmige Beine, die von seinem Vater, einem Fuhrmann von Limoges, als Erbstück auf ihn übergegangen waren, eine besondere Schönheit in ihren Umrissen verrieten. Diese Idee hatte ihn so weit betört, dass er seinen Kardinalsrock beständig auf einer Seite etwas aufgehoben trug, damit sein plumper Gliederbau dem Auge ja nicht entgehen könne.

„Weiß der König“, fragte Dunois den Kardinal, „dass der burgundische Gesandte auf eine unverzügliche Antwort dringt?“

„Ja, er weiß es“, antwortete der Kardinal, „hier kommt Oliver Dain, um uns mit dem Willen Seiner Majestät bekannt zu machen.“

Während dieser Worte trat ein merkwürdig aussehender Mann, der damals die Gunst Ludwigs mit dem eingebildeten Kardinal teilte, aus dem inneren Gemach. Im Gegensatz zum kardinal kam er ohne die wichtigtuerische, bedeutsame Miene aus. Der aufgeblasene, übermütige Diener der Kirche stand im krassen Gegensatz dazu. Dieses kleine, blasse und schmächtige Männchen, dessen schwarzseidene Jacke und Hose, ohne Oberkleid, Mantel oder Überwurf, schien wenig geeignet, seine ganz gewöhnliche Gestalt etwas zu ihrem Vorteil herauszuputzen. Er trug ein silbernes Becken in der Hand und ein über den Arm geworfenes Handtuch. Die Insignien seines niedrigen Berufes als Barbier. Seinen durchdringen scharfen Blick versuchte er dadurch zu verwischen, indem er die Augen beständig zu Boden schlug, während er mit dem verstohlenen, leisen Tritt einer Katze mehr durch das Zimmer schlich als ging.

Ein paar Augenblicke sprach er mit dem Grafen Dunois, dieser verließ das Zimmer, und der Barbier schlich in das königliche Gemach zurück. Nebenbei flüsterte er Ludwig Lesley ins Ohr, dass seine Angelegenheit günstig beigelegt wäre.

Kurz darauf erhielt er die Bestätigung der angenehmen Nachricht; weil der Generalprofos der königlichen Hofhaltung Tristan l'Hermite, eintrat. Er ging geradewegs auf Balafré zu. Der reich bestickte Anzug des furchtbaren Beamten hatte die Wirkung, das Finstere, Unheil weissagende seines Gesichtes, sowie das Unangenehme seiner Miene stärker hervorzuheben. Der Ton seiner Stimme, in die er etwas Versöhnliches zu legen meinte, klang ungefähr so, wie das Brummen eines Bären. Der Inhalt seiner Worte war jedoch freundlicher als die Stimme, mit der sie gesprochen wurden. Er bedauerte das erwähnte Missverständnis am vorigen Tage. Ludwig Lesley gab hierauf den gebührenden Bescheid. Sobald Tristan ihm den Rücken zugewandt hatte, machte er seinen Neffen darauf aufmerksam, ab sofort die Ehre zu haben, in ihm einen Todfeind zu sehen. „Ein Soldat“, fügte er hinzu, „der seine Pflicht tut, lacht über den Generalprofos.“

Quentin teilte die Meinung, seines Onkels, denn als Tristan l'Hermite den Rücken wandte, tat er es mit dem grimmigen Blick eines verwundeten Bären. In der Tat sprach aus seinen tückischen Augen, eine Bosheit, die jeden, der seinem Blick begegnete, schaudern ließ. Das Gefühl des Abscheus war bei dem jungen Schotten umso tiefer, da er immer noch an seinen Schultern den Griff der todbringenden Helfershelfer dieses grässlichen Beamten zu fühlen glaubte. Die Flügeltüren öffneten sich kurz darauf und König Ludwig betrat das Audienzzimmer.

Wie alle anderen richtete Quentin seine Augen auf ihn. Ein Blitzschlag des Erkennens traf ihn, erschrak so plötzlich, dass ihm fast die Waffe entfallen wäre. Er erkannte im König von Frankreich jenen Seidenhändler, der sich Meister Peter nannte. Sonderbare Ahnungen über den wahren Stand dieses Mannes hatten sich ihm mehrmals aufgedrängt, lediglich die Wirklichkeit übertraf seine kühnsten Vermutungen.

Der gestrenge Blick seines Onkels, der sich über den Verstoß gegen das, was der Anstand des Dienstes erforderte, ärgerte, brachte ihn bald zur Besinnung. Er staunte nicht schlecht, als der König, dessen geübter Blick ihn sofort erkannte, geradewegs auf ihn zukam, ohne von irgendjemand anderes Kenntnis zu nehmen.

„Ich hörte, junger Mann“, wandte er sich an Quentin, „Ihr begannt gleich bei Eurem Eintritt in die Touraine Händel zu bereiten. Ich verzeihe Euch, da es hauptsächlich die Schuld des alten Kaufmanns war, der törichterweise dachte, Euer kaledonisches Blut müsste schon früh des Morgens durch Beaune-Wein erwärmt werden. Wenn ich ihn finde, will ich an ihm ein Exempel statuieren, dass er meine Garden zu Ausschweifungen verleitet.

„Balafré“, fuhr er fort, indem er sich direkt an ihn wandte, „Euer Neffe ist ein feuriger, wackerer Junge. Mir gefallen Leute von solchem Gemüt. Ich gedenke, die tapferen Männer, um uns herum, höher zu heben, als wir es jemals taten. Lasst Jahr, Tag und Stunde seiner Geburt aufzeichnen und reicht es an Oliver Dain weiter.“

Balafré verbeugte sich tief um kurz danach seine aufrechte, kriegerische Haltung wieder einzunehmen. Genauso, wie jemand, der seine Bereitwilligkeit zeigt, sich zum Kampf für seinen König oder dessen Verteidigung das Schwert zu gürten. Quentin erholte sich unterdessen von seinem Erstaunen. Er bemühte sich, das Äußere des Königs genauer zu studieren. Zu seiner Verwunderung erlebte er den verschiedenartigen Eindruck, den dieser bei ihm hinterließ. In seiner Kleidung bemerkte er keine große Veränderung. Ludwig, ein Verächter des äußeren Prunkes, trug auch bei dieser Gelegenheit eine alte dunkelblaue Jagdjacke, die nicht viel besser war, als die Kleidung vom Vortag. Ein Rosenkranz aus Ebenholz war sein einziger Schmuck. Statt der Mütze mit einem einzelnen Bild trug er einen Hut, dessen Rand mit wenigstens einem Dutzend kleiner bleierner Heiligenbilder umgeben war.

Quentins Eindruck, die Augen würden nur Gewinnsucht widerspiegeln, bekamen da sie einem talentvollen, mächtigen Fürsten angehörten, einen durchdringenden, scharfen Blick. Die Runzeln auf der Stirn, die, wie er glaubte, die Wirkung eines unter kleinlichen Handelsplänen zugebrachten Daseins waren, schienen Furchen zu sein, welche langes, scharfsinniges Nachdenken über das Schicksal von Nationen gebildet hatten.

Unmittelbar nach der Erscheinung des Königs traten die Prinzessinnen von Frankreich nebst den Damen ihres Gefolges ins Zimmer. Die Ältere war schlank, ziemlich hübsch, besaß Beredsamkeit und Talent und viel von ihres Vaters Scharfsinn. Der König setzte viel Vertrauen in sie, liebte sie in hohem Grade, wie er nur irgendjemand lieben konnte.

Die jüngere Schwester war die unglückliche Johanna. Verlobt mit dem Herzog von Orleans, folgte sie schüchtern an der Seite ihrer Schwester. Sie war mager und blass von kränklichem Aussehen. Ihre Taille neigte sich sichtbar nach einer Seite. Ihr Gang war schwankend, dass sie für lahm gelten konnte. Schöne Zähne und schöne Augen voll melancholischen Ausdrucks, Sanftmut und Entsagung, nebst einer Fülle lichtbrauner Locken waren das Einzige, was sogar Schmeichelei gegen die gänzliche Hässlichkeit ihrer Figur in die Waagschale legen konnte. Der König, der sie nicht liebte, schritt hastig auf sie zu.

„Was ist, Tochter“, sprach er, „bist Du immer noch die Weltverächterin? Hast Du Dich heute zur Jagd oder zur Messe gekleidet? Sprich, antworte!“

„Zu allem, was Eure Hoheit befiehlt, Sire“, antwortete die Prinzessin mit kaum hörbarer Stimme.

„Ohne Zweifel willst Du mich glauben machen, es sei Dein Begehr und Wunsch, den Hof zu verlassen. Der Welt, samt ihren Eitelkeiten, ein Lebewohl sagen. Mädchen, denkst Du, dass wir, der erstgeborene Sohn der heiligen Kirche, unsere Tochter dem Himmel vorenthalten wollen, wenn sie des Altars würdig wäre? Nein, liebe Tochter“, fuhr er fort, „ich und ein anderer kennen Eure wahren Gesinnungen besser. Nicht wahr, mein schöner Vetter von Orleans? Tretet näher und führt die Jungfrau zu ihrem Pferd!“

Der Herzog von Orleans erschrak bei den Worten des Königs und eilte, ihm zu gefallen. Dabei mit solcher Hast und Verwirrung, dass Ludwig ausrief: „Lieber Vetter, mäßigt Eure Galanterie und seht Euch vor! Was doch Liebende oft für Streiche machen? Beinahe hättet Ihr Annes Hand ergriffen. Muss ich Euch denn selbst Johannas Hand reichen?“ Der unglückliche Prinz blickte auf und schrak wie ein Kind zusammen, das etwas in die Hand nehmen soll, vor dem es sich ekelt. Er fasste die Hand der Prinzessin, welche ihm dieselbe weder gab noch vorenthielt. Wie sie so dastanden, ihre kalten, feuchten Finger in seiner zitternden Hand, beide mit zur Erde gesenktem Blick, wäre es schwer gewesen, zu sagen, wer von beiden unglücklicher ist. Der Herzog, der sich an den Gegenstand seiner Abneigung durch die Bande gefesselt fand, die er nicht zu zerreißen wagte, oder das unglückliche Mädchen, das allzu deutlich erkannte ein Gegenstand des Abscheus zu sein, dessen Zärtlichkeit sie mit ihrem Leben erkauft hätte.

„Auf zu Pferde, meine Damen und Herren! Wir selber wollen unsere Tochter Beaujeu führen“, sprach der König, „und Gottes und des heiligen Hubertus' Segen auf die heutige Jagd!“

„Ich fürchte“, mischte sich Graf Dunois ein, „Sie unterbrechen zu müssen. Der Gesandte von Burgund steht vor den Toren des Schlosses und verlangt eine Audienz!“

„Verlangt eine Audienz?! Dunois“, versetzte der König, „habt Ihr ihm nicht, wie wir Euch durch Oliver wissen ließen, geantwortet, dass wir keine Zeit hätten. Ihn heute zu sehen, auch morgen zum Fest des heiligen Martin nicht, wo wir, so Gott will, unsere Andacht nicht durch irdische Gedanken stören lassen wollen. Und dass wir tags darauf nach Amboise reisen, dass wir aber nicht ermangeln werden, ihm nach unserer Rückkehr, sobald es unsere dringenden Geschäfte gestatten, eine Audienz zu bewilligen?“

„Dies alles sagte ich“, antwortete Dunois, „aber dennoch, Sire.“

„Pasquedieu! Mann, was ist's, das Dir im Schlunde steckt?“, fragte der König, „die burgundischen Redensarten müssen schwer zu verdauen sein!“ Dann fuhr er fort: „Ich kehre mich an seine polternden Gesandtschaften. Nicht mehr wie die Türme dieses Schlosses die sich um das Pfeifen des Nordostwindes kümmern, der von Flandern kommt, gleich diesem Prahlhans von einem Gesandten!“

„So wisst denn, Sire“, versetzte Dunois, „dass Graf Crevecoeur mit seinem Gefolge von Herolden und Trompetern unten hält und erklärt, da Euer Majestät über die dringendsten Angelegenheiten eine Audienz verweigere, die er nach den Befehlen seines Herrn verlangen soll, so wolle er hier bis Mitternacht warten und Eure Majestät anreden, zu welcher Stunde es Euch gefallen möge, sich aus dem Schloss, sei es zu Geschäften, zum Vergnügen oder Gottesdienst, zu verfügen. Nur offene Gewalt werde ihn von diesem Entschlusse abbringen.“

„Er ist ein Tor“, sprach der König mit großer Ruhe; „glaubt denn der hitzige Hennegauer, es sei für einen Mann von Verstand ein Buße, vierundzwanzig Stunden in seinen Mauern zu bleiben, wenn die Angelegenheiten seines Reiches ihn beschäftigen? Diese ungeduldigen Narren denken, alle Leute müssen sich gleich ihnen unglücklich fühlen, wenn sie nicht im Sattel und Steigbügel sitzen. Lasst die Hunde wieder loskoppeln und wohl versorgen, edler Dunois. Wir wollen heute Rat halten, statt zu jagen.“

„Mein Gebieter“, antwortete Dunois, „auf diese Weise werdet Ihr Euch Crevecoeurs nicht entledigen. Seine Befehle lauten, sofern Ihr ihm die verlangte Audienz nicht bewilligt, seinen Handschuh an die Palisaden vor dem Schloss zum Zeichen der Herausforderung auf Leben und Tod anzunageln. Außerdem wird des Herzogs Lehnstreue gegen Frankreich aufgekündigt und der Krieg sogleich erklärt.“

„So!“, sprach Ludwig, ohne eine merkliche Veränderung der Stimme, runzelte aber die Stirn dergestalt, dass seine durchdringenden schwarzen Augen unter den buschigen Brauen beinahe unsichtbar wurden. „Steht es so? Spricht unser alter Vasall in solchem Tone mit uns, behandelt uns unser lieber Vetter so unfreundlich? Nun denn, Dunois, so lassen wir die Oriflamme wehen und rufen: Denis Montjoye!“

„Amen!“, sprach der kriegerische Dunois, „und in der unglücklichsten Stunde.“

Die Garden in der Halle, unvermögend, demselben Drange zu widerstehen, rührten sich gleichfalls auf ihrem Posten, so dass ein dumpfer, aber vernehmbarer Waffenklang entstand. Stolz warf der König den Blick umher. Für einen Moment glich er seinem heldenmütigen Vater. Allein dieser augenblicklichen Aufwallung wichen bald politische Bedenken. Ein offener Bruch mit dem Herzogtum Burgund, unter den gegebenen Umständen, erschien äußerst gefährlich. Eduard VI., ein tapferer und siegreicher König, der persönlich dreißig Schlachten schlug, bestieg den Thron von England und ein Bruder der Herzogin von Burgund, wartete nur auf eine solche Gelegenheit. Der Bruch zwischen seinem nahen Verwandten und Ludwig würde jene Waffen, die in den Bürgerkriegen gesiegt hatten, auf den Grund von Frankreich durch das immer offene Tor von Calais tragen. Zu diesen Bedenken kam noch die ungewisse Treue des Herzogs der Bretagne und manch andere schwerwiegende Gründe. Als Ludwig nach einer tiefen Pause wieder das Wort ergriff, sprach er zwar noch in demselben Ton, aber in verändertem Sinn:

„Der Himmel behüte uns. Nur die äußerste Not vermag uns, den allerchristlichsten König, Christenblut zu vergießen. Das Glück und das Wohlergehen unserer Untertanen schlagen wir höher an als die Beleidigung, die unserer eigenen Würde durch die Rohheit eines ungeschliffenen Gesandten widerfahren mag. Man lasse daher den ungehobelten Gesandten von Burgund vor uns erscheinen.“

Kurz darauf verkündeten Trompeten die Ankunft des burgundischen Grafen. Alle, die sich im Audienzzimmer befanden, stellten sich nach ihrem Rang auf, während der König und seine Töchter in der Mitte der Versammlung blieben. Graf Crevecoeur, ein berühmter und unerschrockener Krieger, trat in den Saal und erschien gegen die vorherrschende Sitte bei Gesandten befreundeter Mächte, bewaffnet, in einer glänzenden Rüstung von trefflicher mailändischer Arbeit in Stahl mit Gold ausgelegt, und nach dem damaligen phantastischen Geschmack der Arabeske verziert. Um seinen Nacken und über den spiegelblanken Harnisch herab hing seines Herrn Orden vom goldenen Vlies, einem der ehrenvollsten Ritterorden, die man damals in der Christenheit kannte. Ein Page, ein schöner Jüngling, trug seinen Helm, vor ihm schritt ein Herold mit dem Beglaubigungsschreiben, das er, auf ein Knie sich niederlassend, dem König überreichte. Der Abgesandte blieb in der Mitte des Saales stehen, so als ob er allen Anwesenden die Zeit geben wollte, seinen stolzen Blick, seine ehrfurchtgebietende Gestalt, sowie die kühne Haltung zu bewundern. Sein übriges Gefolge wartete im Vorraum oder auf dem Hof.

„Tretet näher, Graf Crevecoeur“, sprach Ludwig, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Vollmacht geworfen hatte, „es bedurfte dieses Schreibens unsers Vetters nicht, einen so wohlbekannten Krieger einzuführen, noch uns des wohlverdienten hohen Vertrauens zu versichern, worin Ihr bei Eurem Herrn steht. Wir hoffen, dass Eure schöne Gemahlin, in deren Adern auch Blut von unsern Vorfahren fließt, bei bester Gesundheit ist. Hättet Ihr sie mitgebracht, so hätten wir gedacht, Ihr tragt Eure Rüstung bei dieser ungewohnten Gelegenheit, um die Überlegenheit ihrer Reize gegen die verliebte Ritterschaft Frankreichs zu behaupten. In diesem Fall aber vermögen wir nicht zu erraten, aus welchem Grunde Ihr in diesem vollständigen Waffenschmuck vor Uns erscheint.“

„Sire“, erwiderte der Gesandte, „Meine Wenigkeit, Graf Crevecoeur muss sein Missgeschick bedauern und um Vergebung bitten, dass er die königliche Artigkeit, womit Eure Majestät ihn beehrt hat, nicht mit der gebührenden demütigen Unterwürfigkeit verehren kann. Allein obgleich es bloß die Stimme Philipp Crevecoeurs von Cordes ist, die da spricht, so müssen doch die Worte, die er vorbringt, die seines gnädigsten Herrn und Souveräns sein.“

„Und was hat Crevecoeur mit den Worten Burgunds vorzubringen?“, fragte Ludwig, in einem Ausdruck königlicher Würde. „Doch halt! Erinnert Euch, dass in diesem Augenblick Graf Crevecoeur zu dem spricht, den er seines Herrn Souverän nennen muss.“

„König von Frankreich, der mächtige Herzog von Burgund sendet Euch nochmals eine geschriebene Nachweisung der Unbilden und Bedrückungen, die Euer Majestät Besatzungen und Beamte an seinen Grenzen sich zuschulden kommen ließen, und der erste Punkt seiner Anfrage ist, ob es der Wille Euer Majestät ist, ihm für diese Beeinträchtigungen Genugtuung zu geben?“

Der König warf einen flüchtigen Blick auf die Denkschrift, die ihm der Herold kniend überreichte, und sprach: „Diese Angelegenheiten sind schon lange von unserem geheimen Rat eingesehen worden. Was die Beeinträchtigungen betrifft, über die man Klage führt, so sind einige nur Widervergeltung derjenigen, die meine Untertanen erlitten. Wieder andere durch des Herzogs Besatzungen und Soldaten erwidert worden. Sollten aber noch einige übrig sein, die nicht zu den Genannten zu rechnen wären, so sind Wir als christlicher Fürst nicht abgeneigt, Genugtuung für Unrecht zu geben, das unsere Nachbarn erlitten haben, obgleich es nicht allein ohne unser Zutun, sondern sogar gegen Unsern ausdrücklichen Befehl verübt worden ist.“

„Ich werde Eurer Majestät Antwort“, erwiderte der Gesandte, „meinem gnädigsten Gebieter überbringen; erlaubt mir jedoch zu bemerken, dass sie in keiner Hinsicht von den früheren ausweichenden Antworten verschieden ist, die ihm bereits auf seine gerechten Beschwerden zugekommen sind, und dass ich darum nicht hoffen kann, sie werde dazu beitragen, Frieden und Freundschaft zwischen Frankreich und Burgund wiederherzustellen.“

„Sei dem, wie es wolle“, erwiderte der König. „Nicht aus Furcht vor den Waffen Eures Gebieters, sondern einzig um des Friedens willen gebe ich eine so gemäßigte Antwort auf seine beleidigenden Vorwürfe. Doch fahrt fort mit Eurem Auftrag. Es wird sicherlich noch mehr Punkte geben.“

„Die weitere Forderung meines Gebieters“, fuhr der Gesandte fort, „geht dahin, dass Eure Majestät aufhöre, geheime Einverständnisse mit seinen Städten Gent, Lüttich und Mecheln zu vereinbaren. Er verlangt, dass Eure Majestät die geheimen Unterhändler zurückruft, die unter seinen Bürgern von Flandern Unzufriedenheit anfachen. Des Weiteren sollen die verräterischen Flüchtlinge, die von dem Schauplatz ihrer Umtriebe Aufnahme in Paris, Orleans, Tours und andern französischen Städten gefunden haben, aus Euern Landen ausgewiesen oder vielmehr ihrem Lehnsherrn zur wohlverdienten Bestrafung überantwortet werden.“

„Sagt dem Herzog von Burgund“, versetzte der König, „dass ich von solchen geheimen Umtrieben, deren er mich beschuldigt, nichts wisse. Meine französischen Untertanen mit den Städten Flanderns nur in Handelsverkehr stehen, dessen Unterbrechung sowohl seinem als meinem Interesse zuwiderliefe. Fernerhin leben viele Flamen in meinem Königreich die den Schutz meiner Gesetze genießen. Soviel mir bekannt jedoch keine, Verrat oder Meuterei gegen den Herzog von Burgund anzettelten. Doch fahrt fort mit Eurer Botschaft! Meine Antwort auf das Bisherige habt Ihr vernommen.“

„Mit Bedauern, wie zuvor, Sire“, erwiderte Graf Crevecoeur, „denn sie ist nicht so bestimmt und ausführlich, wie sie mein Herr, der Herzog, sie erwartet. Ob sie Eure Majestät in Abrede stellt, oder nicht. Ich fahre fort mit meiner Botschaft. Der Herzog verlangt von dem König von Frankreich, dass er ohne Verzug und unter sicherem Geleit, in sein Land die Gräfin Isabelle von Croye, nebst ihrer Verwandten und Beschützerin, der Gräfin Hameline von derselben Familie zurücksende. In Anbetracht, dass besagte Gräfin Isabelle zufolge der Gesetze des Landes und des Lehnsverbandes ihrer Güter, Mündel des besagten Herzogs von Burgund ist, aus seinem Land floh und sich seiner Obhut entzog, wird erwartet, dass sie zurückgeschickt werde. Scheinbar wird die widerspenstige Gräfin samt Begleitung insgeheim hier von dem Könige von Frankreich zurückgehalten. Auch dazu erwarte ich die Antwort Eurer Majestät.“

„Ihr habt wohlgetan, Graf Crevecoeur“, entgegnete der König zornig, „Eure Botschaft bei guter Tageszeit zu beginnen. Wenn Ihr die Absicht habt, mich für jeden Vasallen, den Eures Herrn heftige Leidenschaft aus seinem Land vertrieb, zur Rechenschaft zu ziehen, so wird die Litanei vor Sonnenuntergang nicht zu Ende sein. Wer kann behaupten, dass die beiden Damen sich in meinem Gebiet befinden? Wer will behaupten, dass ich, wenn dem so wäre, ihnen zur Flucht behilflich war oder sie unter Zusicherung meines Schutzes aufgenommen habe?“

„Sire“, versetzte Crevecoeur, „Eure Majestät gestatten mir zu erwähnen, ich hatte für diese Tatsache einen Zeugen. Dieser sah die flüchtigen Damen im Gasthaus zur Lilie. Und er sah Eure Majestät in ihrer Gesellschaft, obgleich unter der ungeziemenden Verkleidung eines Bürgers von Tours. Ein Zeuge sah, wie er von ihnen in Eurer königlichen Gegenwart Aufträge und Briefe an ihre Freunde in Flandern empfing, die er alle dem Herzog von Burgund unter eingehendem mündlichem Bericht in die Hände lieferte.“

„Bringt uns den Zeugen her“, sagte der König, „stellt mir denjenigen, der solche Unwahrheiten behauptet, gegenüber.“

„Ihr sprecht so triumphierend, Sire, denn Ihr wisset wohl, dass dieser Zeuge nicht mehr lebt. Man nannte ihn, Zamet Magraubin. Er war von Geburt Zigeuner. Wie ich in Erfahrung brachte, ist er gestern von den Leuten des Generalprofoß Eurer Majestät hingerichtet worden. Wahrscheinlich um zu verhindern, dass er hier auftrete, um das zu bestätigen, was er über diesen Gegenstand dem Herzog von Burgund angesichts seines Geheimen Rates und meiner Wenigkeit ausgesagt hat.“

Der König entgegnete daraufhin: „Diese Anschuldigungen sind abgeschmackt, und mein Gewissen ist frei von allem, was mit solcher Tatsache in Verbindung steht, dass ich, bei meiner königlichen Ehre, darüber eher lache. Meine Polizeiwache bringt pflichtmäßig alle Diebe und Landstreicher vom Leben zum Tode; und was immer diese Diebe und Landstreicher unserem heißblütigen Vetter von Burgund und seinem weisen Rat zutragen, ist Verleumdung meiner Krone. Ich bitte Euch, meinem lieben Vetter zu sagen, dass er am Besten täte, wenn er solche Gesellschaft liebt, sie in seinem Land zu behalten, denn hier wird ihnen nur eine kurze Beichte und ein festes Stück Hanfstrick bewilligt.“

„Mein Herr bedarf keiner solcher Untertanen, Herr König“, erwiderte der Graf in einem minder ehrfurchtsvollen Ton, als dem, in welchem er bisher gesprochen hatte, „denn der edle Herzog pflegt nicht Hexen, herumstreunende Zigeuner und derlei Volk über das künftige Schicksal und die Bestimmung seiner Nachbarn und Verbündeten zu befragen.“

„Wir haben bis jetzt Geduld gehabt“, unterbrach ihn der König, „und werden, da der Zweck Seiner Sendung nur der gewesen zu sein scheint, Uns zu beleidigen, jemand in Unserm Namen an den Herzog von Burgund senden. Überzeugt, dass Er in Seinem Benehmen gegen Uns die Grenzen Seines Auftrages überschritten hat.“

„Im Gegenteil“, sprach Crevecoeur, „ich habe mich meines Auftrages noch nicht vollständig entledigt. Höret denn, Ludwig von Balois, König von Frankreich, hört mich, Ihr Edle und Herren, die Ihr etwa zugegen seid, höret mich, all Ihr guten und getreuen Leute – und Du, Toison D'Or, verkündige mir nach! Ich, Philipp Crevecoeur von Cordes, Reichsgraf und Ritter des ehrenfesten und fürstlichen Ordens vom Goldenen Vlies, im Namen des sehr mächtigen Herrn und Fürsten, Karls von Gottes Gnaden, Herzogs von Burgund und Lothringen, von Brabant und Limburg, von Luxemburg und Geldern, Grafen von Flandern und Artois, Pfalzgrafen von Hennegau, Holland, Seeland, Namur und Zütphen, Markgrafen des Heiligen Römischen Reiches, Herrn von Friesland, Salins und Mecheln, tue Euch, König Ludwig von Frankreich, hiermit öffentlich kund und zu wissen, dass Er sich, da Ihr Euch geweigert habt, den mancherlei Beschwerden und Unbilden und Beeinträchtigungen, die durch Euch oder durch Euer Anstiften Ihm und seinen lieben Untertanen zugefügt worden sind, sich durch meinen Mund von aller Lehnsverbindlichkeit und Treue gegen Eure Krone und Würde lossagt, Euch für falsch und treulos erklärt und Euch als Fürsten und Mann in die Schranken fordert. Hier liegt mein Handschuh zum Zeugnis dessen, was ich gesprochen.“

Mit diesen Worten zog er den Handschuh von seiner Rechten und warf ihn auf den Boden. Bis zu diesem höchsten Grade von Verwegenheit hatte in dem königlichen Gemach während dieser außergewöhnlichen Szene tiefes Schweigen geherrscht. Das Geräusch des hingeworfenen Handschuhs, begleitet von dem Ausruf des burgundischen Herolds: „Es lebe Burgund!“ wurde kaum vernommen. Unter den Anwesenden entstand ein allgemeiner Aufruhr. Während Dunois, Orleans, der alte Lord Crawford und einige andere, die ihr Rang zu einer Einmischung berechtigte, sich darum stritten, wer den Handschuh aufheben dürfe, schrien die andern im Saale: “Nieder mit ihm! Haut ihn in Stücke! Kommt er her, den König von Frankreich in seinem eignen Palaste zu beleidigen?“

Der König besänftigte den Aufruhr, indem er mit donnernder Stimme rief: „Ruhe, Ruhe, meine Getreuen! Lege keiner Hand an diesen Mann, berühre keiner diesen Handschuh ... Und Ihr, Graf, woraus besteht denn Euer Leben, dass Ihr es auf einen so gefährlichen Wurf setzt? Oder ist Euer Herzog aus einem Holz geschnitzt, als die übrigen Fürsten, dass er seine angeblichen Ansprüche auf solch ungewöhnliche Weise geltend macht?“

„Allerdings ist er von anderem, edlerem Metall, denn alle übrigen Fürsten Europas“, antwortete der unerschrockene Graf; „denn da kein anderer es wagte, Euch – Euch, König Ludwig, Schutz zu geben – als Ihr aus Frankreich verbannt wart, verfolgt von dem Grimme väterlicher Rache, und all der Macht des Reiches, da war Er es, der Euch wie einen Bruder aufnahm und beschützte, und Ihm habt Ihr seinen Edelmut so schlecht vergolten! – Lebt wohl, Sire, mein Auftrag ist ausgerichtet.“ Mit diesen Worten verließ Graf Crevecoeur plötzlich den Saal.

„Ihm nach – ihm nach – hebt den Handschuh auf und ihm nach!“ rief der König. „Ich meine Euch nicht, Dunois, auch nicht Euch, Mylord Crawford; Ihr dünkt mir für einen solchen Strauß zu alt; noch Euch, Vetter Orleans; Ihr seid zu jung dazu ... Herr Kardinal, Herr Bischof von Auxerre – Euer heilig Amt ist es, Frieden zu stiften unter Fürsten; hebt Ihr den Handschuh auf und stellt Graf Crevecoeur die Sünde vor, die er begangen hat, indem er einen großen Fürsten an seinem eigenen Hof verhöhnte und ihn zwang, die Drangsale des Krieges über sein und seines Nachbars Land zu bringen.“

Auf diese persönliche Aufforderung trat Kardinal Balue vor, den Handschuh aufzuheben; doch tat er es mit solcher Behutsamkeit, als müsste er eine Natter berühren, so groß war seine Abscheu vor diesem Sinnbild des Krieges – und augenblicklich verließ er das königliche Gemach, dem Herausforderer nachzueilen.

Ludwig schwieg und blickte im Kreis seiner Hofleute umher, von denen die meisten, außer denen, die wir bereits bezeichneten, Leute von niederem Stande, und zu dem hohen Range an des Königshof durch andere Eigenschaften als durch Mut und Waffentaten erhoben waren. Diese sahen einander bloß an, indem sie sichtbar einen höchst unerfreulichen Eindruck von dem Auftritt erhalten hatten. Ludwig blickte sie mit Verachtung an und sagte dann mit lauter Stimme: „Obgleich der Graf ein anmaßender, übermütiger Herr ist, so muss ich doch gestehen, dass der Herzog an ihm einen so kühnen Diener hat, wie nur je einer eine Botschaft für einen Fürsten übernahm. Ich möchte gern wissen, wo ich einen Gesandten finden könnte, der ihm ebenso treu meine Antwort überbrächte.“

„Sire, Ihr tut den Edlen Eures Reiches unrecht“, nahm Dunois das Wort, „nicht einer von Ihnen bedächte sich, auf seines Schwertes Spitze dem Burgunder eine Herausforderung zu überbringen.“

„Sire“, bemerkte der alte Crawford, „auch den schottischen Adeligen, die Euch dienen, tretet Ihr zu nahe. Ich, und jeder meiner Untergebenen von erforderlichem Range zöger keinen Augenblick, den stolzen Grafen zur Rechenschaft zu ziehen; mein eigner Arm ist hierzu noch stark genug, wenn mir Eure Majestät die Erlaubnis hierzu geben wollen.“

„Aber Eure Majestät“, erwiderte Dunois, „wir wollen jeden Dienst antreten, wo wir Ihrer Majestät und Frankreichs Ehre gewinnen.“

„Sagt lieber“, versetzte der König, „dass ich der ungestümen Leidenschaft nicht Raum gebe, auf eine Eitelkeit hin, Euch, den Thron und Frankreich aufs Spiel zu setzen. Keinem unter Euch ist nicht bewusst, wie kostbar jede Stunde Frieden für Frankreich ist. Wie nötig es ist, die Wunden des zerrütteten Reiches zu heilen und doch ist jeder von Euch augenblicklich bereit, sich in einen Krieg zu stürzen. – Doch hier kommt der Kardinal und, wie Wir hoffen, mit friedlicheren Nachrichten. – Nun, habt Ihr den Grafen zur Vernunft und Mäßigung gebracht?“

„Sire“, antwortete Balue, „ich hatte einige Schwierigkeiten. Ich sagte dem stolzen Grafen, dass der anmaßende Vorwurf, mit dem er seine Botschaft überbrachte, von Eurer Majestät so angesehen werden müsse, als komme er nicht von seinem Herrn, sondern von seiner eignen unziemlichen Art sich zu benehmen, und dass er der Willkür Eurer Majestät zu beliebiger Bestrafung verfallen sei.“

„Da habt Ihr gut gesprochen“, erwiderte der König; „wie lautete seine Antwort? Vermochtet Ihr ihn, zum Bleiben zu bewegen?“

„Noch vierundzwanzig Stunden, und mittlerweile nahm er den Fehdehandschuh wieder an sich“, antwortete der Kardinal; „er ist im Gasthof zur Lilie abgestiegen.“

„Sorget dafür, dass er auf unsere Kosten anständig bedient und bewirtet werde“, befahl der König, „denn solcher Diener ist ein Juwel in eines Fürsten Krone ... Vierundzwanzig Stunden?“ fuhr er fort, vor sich hinmurmelnd, indem er die Augen dabei so weit öffnete, als wollte er in die Zukunft schauen; „eine kurze Frist! Doch zweckmäßig und mit Geschick verwendet, mögen sie ein Jahr in den Händen eines trägen und unbeholfenen Unterhändlers aufwiegen ... Gut! ... Jetzt hinaus in den Wald! In den Wald!“ rief er; „die Eberspieße zur Hand! Euren Speer, Dunois! Nehmt meinen, denn er ist zu schwer für mich ... Zu Ross, zu Ross, meine Herren!“

Und die Jagdgesellschaft ritt davon.

Quentin Durward

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