Читать книгу Naturheilverfahren bei Borreliose - eBook - Werner Kühni - Страница 9
ОглавлениеBorreliose und systemische Erkrankungen
Erkrankungen durch Spirochäten
Es gibt zwei Erkrankungen durch Spirochäten, die beide sehr viele Gemeinsamkeiten haben und beide zu den systemischen Erkrankungen zu rechnen sind: Syphilis und Borreliose. Gerade am Beispiel der Spirochätenerkrankungen kann gezeigt werden, dass das Prinzip der Regulation nicht nur auf die Borreliose, sondern auch auf alle anderen systemischen Erkrankungen anwendbar ist.
Beide Erkrankungen verlaufen sehr ähnlich in drei Phasen, beide können sehr vielschichtig und maskiert auftreten, und bei beiden werden in der Alternativmedizin die gleichen Therapieansätze angewendet. Wie der Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl in seinem Buch »Borreliose natürlich heilen« anhand ethnomedizinischer Untersuchungen zeigt, können beide Spirochätenerkrankungen fast gleich behandelt werden.
Borreliose
Schon seit einigen Jahren wird in den Medien jedes Frühjahr im Zusammenhang mit Zeckenbissen von ärztlicher Seite vor der Frühsommer-Meningoenzephalitis gewarnt. Die viel gefährlichere, ebenfalls durch Zecken übertragene Borrelioseerkrankung wird dabei weitgehend aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit ausgeblendet.
Viele vor allem von Zecken übertragene systemische Krankheiten sind überall auf der Welt auf dem Vormarsch, vermutlich begünstigt durch Faktoren wie Klimaveränderung und Ausbreitung des Menschen in ländliche Gegenden, aber auch durch eine zunehmende Störung des Immunsystems des Menschen durch Umweltgifte. Die häufigste dieser systemischen Erkrankungen ist immer noch die Lyme-Borreliose: Borreliose wird in allen Teilen der nördlichen Hemisphäre, in den USA, Europa, Sibirien, in der Mongolei und China zunehmend zum Problem. Möglicherweise ist auch ein Teil des zahlenmäßigen Anstiegs auf ein gewachsenes Bewusstsein zu dieser Erkrankung in der Bevölkerung zurückzuführen. Andererseits werden auch viele Erkrankungen mit undifferenzierten Symptomen der Borreliose zugeschrieben. Die Diagnosestellung einer Borreliose erscheint häufig eher ein »Zufallsbefund« zu sein als eine exakte klinische Feststellung.
Zecken verbreiten vor allem auf der nördlichen Hemisphäre mindestens 16 verschiedene systemische Erkrankungen, einschließlich Anaplasmose, Babesiose, Ehrlichiose, Rickettsiose und Rocky-Mountains-Fleckfieber. Meist handelt es sich bei diesen um »schwerwiegende, lebensbedrohliche Infektionen«. Weltweit mehr Unheil als durch Borreliose droht von schweren systemischen Erkrankungen, die in einigen Teilen Afrikas, im Nahen Osten, in Asien aber auch schon in Südeuropa verbreitet sind; z. B. das häufig tödlich verlaufende Krim-Kongo-Fieber. In einigen Gebieten Senegals ist jeder 20. Bewohner von dem durch Zecken übertragenen Rückfallfieber betroffen.
Borreliose als systemische Erkrankung
Wir betrachten die Borreliose in erster Linie als eine systemische Erkrankung, das heißt eine Störung oder das Versagen der körpereigenen Regulation und damit des gesamten Immunsystems (siehe Seite 26).
Das Auftreten von Erregern muss dabei nicht ursächlich für die Erkrankung sein. Da eine systemische Erkrankung in erster Linie durch das Versagen der körpereigenen Regulationsvorgänge entsteht, indem bildlich gesprochen ein letzter Tropfen »das Fass zum Überlaufen bringt«, ist der »Infektionsweg« unwesentlich. Wichtig ist, die Regulation wieder »in Ordnung« zu bringen, sodass die natürlichen Regulationsprozesse wieder einwandfrei ablaufen können. Deshalb ist der für jede erfolgreiche Therapie wesentliche Schritt das Erkennen der »gestörten Regulation«.
Zur Geschichte der Borreliose und der symptomidentischen Erkrankungen
Die Borreliose ist scheinbar eine »neue« Erkrankung, die erst seit etwa zwanzig Jahren bekannt ist. Dies kommt aber nur daher, dass diese Erkrankung erst nach 1980 klinisch definiert wurde. Die Problematik besteht darin, dass die meisten »Infektionskrankheiten« auf einer modernen Definition beruhen und medizingeschichtlich betrachtet keine Erkrankung vor 1900 (bzw. keine Viruserkrankung vor 1940) sicher auf eine heutige Definition übertragen werden kann.
1883 beschrieb der polnische Arzt Alfred Buchwald den Fall einer »diffusen, idiopathischen Hautatrophie«, die bei einem 36-jährigen Patienten bereits über 16 Jahre bestanden hatte. Aufgrund der Schilderung handelt es sich dabei um die erstmalige Beschreibung der chronisch progredienten Dermato-Borreliose; 1894 wurde diese von Dr. Platen in seinem Werk »Die Neue Heilmethode« als Typhus recurrens als »günstige«, also heilbare Krankheit dargestellt. 1902 beschrieben Herxheimer und Hartmann die Entwicklung dieser Hauterkrankung von einer frühen entzündlichen zu einer späten chronischen Phase und nannten das Krankheitsbild Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA). In den folgenden Jahren wurde das gesamte Spektrum der Erscheinungen beschrieben, nämlich Haarverlust, makuläre Atrophie, sklerodermieartige Veränderungen, ulnare Bänder, fibroide Knoten und das typische Erscheinungsbild der chronisch atrophischen, »zerknülltem Zigarettenpapier« ähnlichen Haut. Später wurde beobachtet, dass einige Patienten an Gelenkschmerzen litten, bevor sich die ACA entwickelte, und dass bei mehr als 10 Prozent der Patienten Gelenkveränderungen vorlagen.
Im Oktober 1909 berichtete der schwedische Arzt Arvid Afzelius von der Entwicklung eines Erythema migrans bei einer Patientin nach einem Zeckenbiss. Ebenso beschrieb W. Balban aus Wien detailliert die Entwicklung von annulären Erythemen bei drei Patienten. 1911 beschrieb J.L. Burckhardt erstmals ein solitäres Lymphozytom bei einer 60-jährigen Frau als erythematöse Plaque (2 x 6 cm), die über einige Wochen am Oberarm bestehen blieb.
1913 beschrieb Lipschütz einen Fall von Erythema chronicum migrans, das sich über sieben Monate von der Kniekehle ausgehend ausbreitete. Das Erythem erstreckte sich schließlich über den Oberschenkel und den Rücken bis zum Nacken und schwand dann spontan; die histologischen Veränderungen waren völlig unspezifisch. Später berichtete Lipschütz von einem Patienten mit zwei gleichzeitig bestehenden Erythema-migrans-Läsionen.
1922 veröffentlichten Ch. Garin und R. Bujadoux einen Bericht über einen 58-jährigen Patienten, der nach einem Zeckenbiss ein markantes Erythem entwickelte und etwa einen Monat später »von der Krankheit geradezu überfallen wurde, in einer raschen, schmerzhaften, beunruhigenden und in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Art«. Er wurde mit »Schmerzen in den Beinen, am Rumpf und rechten Arm, begleitet von Lähmungen und Atrophie des rechten Deltamuskels« ins Krankenhaus eingewiesen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich und nahm schließlich innerhalb von 21/2 Monaten einen Spontanverlauf mit einer Bewegungseinschränkung des rechten Armes als Restdefekt. Allerdings stellten die Autoren noch keinen Zusammenhang mit dem Erythem her.
1930 berichtete S. Hellerström von einem Patienten, der drei Monate nach dem Auftreten eines Erythema migrans (wandernde Röte) eine Meningoenzephalitis entwickelte.
1941 beschrieb A. Bannwarth ein Syndrom der »chronischen lymphozytären Meningitis mit dem klinischen Bild der Neuralgie oder Neuritis«. Er unterschied drei Gruppen: Patienten mit intensiven Nervenwurzelschmerzen, jüngere Patienten mit Fazialislähmung und Patienten mit chronisch lymphozytärer Meningitis mit zerebralen Symptomen wie starken Kopfschmerzen und Erbrechen. Gemeinsam war allen, dass sie einen entzündlichen Liquor hatten. Typisch war auch, dass die heftigen Nervenschmerzen in der Nacht besonders intensiv waren. Die Symptome dieser Meningoradikuloneuritis schwanden erst nach Wochen oder Monaten. Trotz dieser Einsicht in den Krankheitsverlauf übersah er den Zusammenhang zwischen Zeckenbiss, Erythema migrans und Meningitis.
Bis in die Mitte der 1940er Jahre war das klinische Bild der typischen Erkrankungen von Haut und Nervensystem der heutigen symptomidentischen Lyme-Borreliose bekannt. Außerdem gab es vereinzelte Berichte über Gelenkerkrankungen, Myalgien, Müdigkeit und schwere Arthralgie, begleitet von Myokarditis. Die heute als charakteristisch geltenden Krankheitsbilder wurden jedoch nicht in einem ursächlichen Zusammenhang gesehen.
Selbst heute noch sind verschiedene Definitionen verbreitet. So spricht das Praxisnetz Kiel in Bezug auf das Zeckenrückfallfieber von Borreliose recurrens, die Universität Magdeburg bezeichnet die Lyme-Borreliose als Typhus recurrens, während das Bundesgesundheitsministerium das symptomidentische Rückfallfieber der Zecke als Typhuserkrankung bezeichnet, welches die Universitätsklinik Frankfurt in ihrem Archiv wiederum als Typhus recurrens beschreibt.
Ein großes Problem der modernen Medizin ist ihre Spezifizierung, die sich natürlich auch in der Benennung von Krankheiten, Erkrankungen, Syndromen und Symptomen niederschlägt. Vergleicht man die Ausgaben des »Klinischen Wörterbuchs Pschyrembel« der letzten vierzig Jahre, so schwoll deren Umfang und die Anzahl der Stichworte von Jahr zu Jahr an – Folge einer Benennungswut, vor der Hahnemann bereits vor zweihundert Jahren warnte. Heute geht man von über 20 000 Erkrankungen und Syndromen aus, und jedes Jahr kommen neue dazu. Aber das Wissen um deren Linderung oder gar Heilung nimmt stetig ab.
Auf meine Frage nach ihrem Leiden zählen meine Patienten immer eine Liste von klinischen Erkrankungen auf und verstehen oft nicht, warum ich nachfrage: »Was haben Sie denn wirklich?« Da heute der Borreliose hunderte von Symptomen zugeordnet werden, ist es zunächst wichtig, die Erkrankungssymptome unabhängig von der klinischen Krankheitsbezeichnung zu verstehen.
Da viele Krankheiten mit weitgehend ähnlichen oder den gleichen Symptomen ablaufen, ist es nicht wichtig, welchen Namen man der Erkrankung gibt, sondern welche Störungen wirklich vorliegen. Es ist für mich immer noch unverständlich, warum die Schulmedizin mit einer ausgefeilten Diagnostik arbeitet, wenn dann doch fast alle Erkrankungen mit nur wenigen Mitteln therapiert werden: meist mit Antibiotika, Kortison und Schmerzmitteln.
Symptomidentische Erkrankungen werden, vollkommen unabhängig von der vorliegenden »Diagnose«, sehr ähnlich oder sogar gleich behandelt.
Die Eigenschaften der Borrelien
Der Erreger der Borreliose erhielt seinen Namen Borrelia burgdorferi nach seinem Schweizer Entdecker Willy Burgdorfer, der das Bakterium 1981 in den USA entdeckte. Borrelien sind dem Erreger der Syphilis ähnliche, spiralförmige Bakterien, die etwa 10 bis 30 Mikrometer (µm, Tausendstel Millimeter) lang und etwa 0,2 Mikrometer dick sind und wenige, relativ große Windungen aufweisen; im Unterschied zu anderen Spirochäten lassen sie sich mit üblichen Färbemitteln gut darstellen.
Der Aufbau der Borrelien ist komplexer als jener der Syphilis-, Pinta- oder Frambösie-Spirochäten. Sie haben drei Hüllen, wobei die äußere Zellwand, ähnlich wie bei anderen Bakterienarten, aus einer schleimigen Schicht von Oberflächenproteinen (bakterielle Lipoproteine BLP) besteht. Diese schützt sie vor den T-Zellen des Immunsystems und wirkt wie eine Tarnkappe, die verhindert, dass Antikörper und Fresszellen sie als fremd erkennen. Bei gewöhnlichen gramnegativen Bakterien sind diese Oberflächenproteine nur in drei Genen verschlüsselt, bei Borrelien dagegen sind 150 Gene beteiligt, die es ihnen erlauben, ihre Erkennungsmerkmale fortwährend und augenblicklich zu verändern.
Borrelien sind in der Lage, ihre normale längliche Gestalt in eine Kugel umzuwandeln. Zudem zeigen Studien, dass sie in weiteren Formvarianten vorkommen können, die unter dem Oberbegriff Sphäroblasten zusammengefasst werden. Diese besitzen eine defizitäre Zellwand oder sind zellwandlos. In Studien wurde nachgewiesen, dass diese Formen sowohl intrazellulär als auch extrazellulär vorkommen können und in der Lage sind, sich trotz ihrer zellwandlosen Form zu teilen und sich auch wieder in komplette Formen zurückzuentwickeln. In dieser Form können Borrelien auch in Knorpelgewebe eindringen und sind damit für Antibiotika unerreichbar. In verkapselter Form bleiben sie mindestens zehn Monate lebensfähig.
Borrelien können an Körperzellen wie auch an Abwehrzellen andocken, sie können mit Hilfe von Enzymen ein Loch in deren Zellwand bohren, deren Kern abtöten und dann die Zellhülle als »Maske« benutzen. Auf diese Weise gelingt es ihnen, von Immunzellen unerkannt zu bleiben. Sie kopieren Teile ihrer Gene, bauen diese dann in ihre Zellwand ein, zwicken diesen Zellwandteil ab und schicken diese Blebs im Wirtsorganismus auf Reisen. Sie manipulieren ihren Wirt durch die Ausscheidung von Peptiden und Stoffwechselabfallprodukten, wodurch sie ein für sich günstiges Milieu schaffen.
Außerhalb der Zellen ist ihr Lebensraum vor allem der Zwischenzellraum. Dieser besteht hauptsächlich aus den gallertartigen Substanzen (Knorpel, Gelenkschmiere, Augenflüssigkeit, Endothelialzellen10, Nervenmyelien, Narbengewebe). Deswegen sind sie, obwohl im Körper vorhanden, im Serum oft nicht nachweisbar.
Borrelien sind sehr beweglich. Mit Hilfe von Geißeln und einem dehnbaren Achsenfaden schrauben sie sich durch das Körpergewebe und die Körperflüssigkeiten. Auf diese Weise können sie den Körper durchwandern und auch in tiefere Gewebe eindringen, wo Antibiotika sie nicht erreichen. Die Spirochäten können alle Gewebe, Augen, Leber, Milz, Gelenke, Blase, Kapillaren und so weiter, durchdringen. Innerhalb von zehn Tagen nach der Ansteckung haben sie bereits die Blut-Hirn-Schranke überwunden, was nicht einmal weißen Blutzellen möglich ist. Borrelien benötigen für ihren Stoffwechsel kein Eisen, sondern verwenden stattdessen Mangan11. Sie können angeblich sowohl aerob als auch anaerob existieren, eine stark sauerstoffhaltige Umgebung ist aber für sie tödlich. Sie bevorzugen dennoch eine saure Umgebung und machen ihre Umgebung durch ihre Ausscheidungen sauer.
Borrelien gehen dorthin, wo Manganstoffwechsel erfolgt und verbrauchen das dort befindliche Mangan. Das sind schwerpunktmäßig die Gelenke (Sehnen, Knorpel und Knochen) und alles was mit Enzymbildung und Nerven zu tun hat, auch Rückenmark und Gehirn. Es gibt intrazelluläre Ruheformen, die kein Mangan verbrauchen, vor allem im Fett- und Bindegewebe. Möglicherweise können Borrelien mit dem Mangan im Blut gar nichts anfangen, sondern brauchen eine bestimmte Verarbeitungsstufe, was eine Ursache für ihre Wanderung in die Zellen sein könnte.
Da sie wenig Sauerstoff brauchen, um zu überleben, können sie sich in Knorpel, Narbengewebe, Nervensträngen, den endothelialen Auskleidungen der Blutgefäße sowie anderen wenig durchbluteten, sauerstoffarmen Geweben vor den Abwehrzellen verstecken.
Borrelien vermehren sich äußerst langsam. Sie teilen sich alle 12 bis 24 Stunden. Das macht sie weniger angreifbar für Antibiotika, da die meisten Antibiotika die sich neu bildenden Bakterienzellwände während der Teilungs- und Vermehrungsphase angreifen. Wenn ihnen das Milieu nicht angenehm ist, können Borrelien auch lange Zeit in Ruhephasen verharren, ohne sich zu teilen. Generell kommt es bei ihnen einmal in einem lunaren Rhythmus von 28 Tagen zu Vermehrungsschüben. Im Gegensatz dazu können Bakterien, die sich alle 20 Minuten teilen, mit Antibiotika innerhalb von ein oder zwei Wochen abgetötet werden.
Spirochäten haben die Fähigkeit, antibiotische Gifte schnell aus ihrem Körper auszuscheiden und können Kälte bis 50 Grad minus ertragen. Hitze über 42 Grad vertragen sie jedoch nicht.
Die wichtigsten Borrelien
Unter dem Oberbegriff Borrelia werden mindestens 30 Unterarten zusammengefasst.
Von den etwa 30 Unterarten der Borrelia sind nur die Borrelia burgdorferi als Erreger der Lyme-Borreliose beim Menschen und ein paar andere im Veterinärbereich erforscht.
– Borrelia burgdorferi: Erreger der durch Zecken übertragenen Lyme-Borreliose. Aufgrund der Zeckenaktivität häufen sich Infektionen vor allem im Sommer und Herbst. Kennzeichen der Erkrankung sind vor allem Kopfschmerzen, Erytheme und arthritische Beschwerden. Viele weitere Symptome können folgen.
– Borrelia recurrentis: Erreger des Läuserückfallfiebers. Sie werden durch die Kleiderlaus (Pediculus humanus) übertragen. Diese Krankheit ist durch starke Fieberschübe gekennzeichnet. In früheren Zeiten kam es zu regelrechten Krankheitsepidemien, vor allem in Gegenden mit mangelnder Hygiene und starkem Läusebefall. Heute ist sie vor allem in den kühleren Gebieten Afrikas, Südamerikas und Asiens verbreitet.
– Borrelia duttoni: Erreger des Zeckenrückfallfiebers. Wird durch Lederzecken (Ornithodorus moubata) übertragen. Diese Krankheit entspricht im Wesentlichen dem Läuserückfallfieber, ihr Vorkommen ist jedoch auf die wärmeren Gebiete der Tropen und Subtropen beschränkt.
Mischinfektionen verschiedener Borreliengattungen kommen oft vor, wobei mehrere Erregergattungen übertragen werden können. Viel öfter jedoch kommt es zu Mischinfektionen von Borreliose und anderen bakteriellen oder viralen Erkrankungen, da durch die Borreliose das Immunsystem massiv geschwächt ist und eine Zweitinfektion, etwa Babesiose, Ehrlichiose oder Rickettsiose, sich dadurch leichter ausbreiten kann.
Verbreitung des Erregers und Meldepflicht
Borrelia burgdorferi, der Erreger der Borreliose, ist weltweit in Zecken verbreitet. In Deutschland gibt es ein Nord-Süd-Gefälle bei der Durchseuchung der Zecken, die auch regional sehr variieren kann. Während in den nördlichen Bundesländern die Zecken nur etwa zu 6 bis 10 Prozent mit Borrelia burgdorferi durchseucht sind, liegt die Durchseuchungsrate im süd- und mitteldeutschen Raum bei 20 bis 30 Prozent und kann regional bis zu 50 bis 60 Prozent betragen. Es fehlen jedoch bisher flächendeckende epidemiologische Studien sowie Daten über die Ausbreitung und das Infektionsrisiko für den Menschen.
Jährlich erkranken allein in Deutschland schätzungsweise 50 000 bis 70 000 Menschen an Borreliose (2006); damit ist sie die zweithäufigste Infektionserkrankung in Deutschland. In der Schweiz beträgt die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen 3000 und in den USA 200 000 Menschen12. Das Center for Disease Control Atlanta, Georgia, schätzt die Gesamtzahl der Infizierten in den USA auf 18 Millionen. Die Anzahl der weltweit Infizierten wird auf fast 1 Milliarde geschätzt.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum immer noch veraltete oder schlichtweg falsche Zahlen in der Presse, aber auch in den offiziellen Statistiken über die Krankheitsfälle im Umlauf sind. Anscheinend findet hier eine absichtliche Verharmlosung eines ernstzunehmenden Problems statt. Die Öffentlichkeit wird durch falsche Angaben seit Jahren absichtlich belogen, eine trügerische Sicherheit wird vorgegaukelt.
Im Gegensatz zur artverwandten Syphilis, der durch Läuse übertragenen Borrelia recurrentis sowie der ebenfalls durch Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis wurde die Borreliose nicht in das Infektionsschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. In den neuen Bundesländern und in Berlin besteht jedoch eine Meldepflicht für Borreliose. Dabei werden die Falldefinitionen des Robert-Koch-Instituts zugrunde gelegt, die lediglich eine Meldung des Erythema migrans und der frühen Neuroborreliose (das heißt in Zusammenhang mit einer Borrelieninfektion auftretende Symptome, die das Nervensystem betreffen) vorsieht. Das Erythema migrans tritt in 50 bis 60 Prozent der Neuerkrankungen auf. Eine Neuroborreliose, Borreliose-Arthritis und andere Organmanifestationen der Borreliose können sich auch noch nach einer längeren Latenzzeit entwickeln.
Es wäre sinnvoll, eine reale Meldepflicht für alle Erkrankungen durch Borrelien und Mischinfektionen (Ehrlichose, Rickettsien, Chlamydien, Yersinen usw.) in allen Bundesländern in Deutschland sowie auch in allen Ländern der EU einzuführen. Entsprechende Daten aus anderen Ländern zeigen, dass die Meldepflicht nicht konsequent eingehalten wird. Es kann inzwischen davon ausgegangen werden, dass nur ein Viertel der tatsächlichen Fälle gemeldet werden.
Verbreitung der Borreliose-Erkrankung
Nicht jede Infektion mit Borrelien bedeutet auch eine Borreliose. Mit steigender Zahl der »Experten« steigt auch das prognostizierte Risiko an einer Infektion zu erkranken – schließlich kann niemand sagen, ob im konkreten Fall die Infektion harmlos bleibt oder nicht. Die Meinungen der »medizinischen Experten« dazu gehen weit auseinander, die Schätzungen variieren zwischen 3 und 15 Prozent, dass bei einem mit Borreliose Infizierten die Krankheit ausbricht. Diese Verwirrung zeigt, dass die »bakterielle Infektion« allein das »kleinste Risiko« ist, wenn die Spirochäten nicht ein geschädigtes Milieu vorfinden würden.
In Deutschland stehen 250 Neuerkrankungen (2005) mit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) jährlich 50 000 bis 70 000 Neuinfektionen mit Borreliose gegenüber! Das Verhältnis beträgt also offiziell 1:200 bis 1:300. Da aber viele Borreliosefälle nicht gemeldet werden, liegt das Verhältnis wohl eher bei 1:600 bis 1:800.
Nach Schätzungen des Center for Disease Control Atlanta, Georgia, infiziert Borrelia burgdorferi in den USA jährlich etwa 329 000 Menschen. Obwohl sich die meisten sofort mit Antibiotika behandelten Patienten schnell erholen, zeigt ein Fünftel langfristige und potenziell lebensbedrohliche Symptome, einschließlich Herzproblemen, Seh- und Gedächtnisstörungen und kraftzehrenden Gelenkschmerzen. Die Fälle von Lyme-Borreliose haben sich in der Zeit zwischen 1992 und 2014 in den USA verdreifacht, auch wenn ein Teil des zahlenmäßigen Anstiegs vielleicht eher auf ein gewachsenes Bewusstsein in der Bevölkerung zurückzuführen ist.
Vor der FSME wird öffentlich panikartig gewarnt, und Apotheken werben mit Unterstützung der Pharmaunternehmen großflächig für Impfmassnahmen, die Borreliose hingegen wird totgeschwiegen. Noch lässt sich mit der Impfung mehr Geld verdienen.
Man nimmt an, dass in Deutschland inzwischen 500 000 (oder mehr) Personen an Borreliose leiden, die weitaus meisten, ohne die Ursache zu kennen, mit mehr oder weniger starken Symptomen der Borreliose, für die kaum ein Arzt eine Erklärung hat oder gar eine Abhilfe kennt.
Das Dilemma wird deutlich, wenn man bedenkt, dass nach wie vor bei einer erkannten Borreliose die Therapie mit Antibiotika als ärztliche Pflicht beziehungsweise deren Unterlassung als Kunstfehler gilt, wenngleich die Medizingeschichte zeigt, dass dazu keine Notwendigkeit vorliegt.
Borreliose ohne Beschwerden?
Die sogenannte »klinisch stumme« Borrelieninfektion stellt für die Schulmedizin einen Sonderfall dar. Der betroffene Mensch spürt nichts, kann an sich nichts Auffälliges entdecken und ist im Grunde genommen auch nicht »krank« im Sinne der sozialmedizinischen Definition. Für die meisten Ärzte gibt es die »Borreliose ohne Beschwerden« nicht. Es ist ein »unvorstellbarer« Zustand, der nicht einer Borreliose zugeordnet werden kann. Je mehr jedoch unspezifische Symptome der Borreliose mitberücksichtigt werden, desto mehr verschiebt sich die Feststellung »nicht borreliosekrank« zum Krankheitsbild der Borreliose.
Sobald eine weitere Schwächung des Immunsystems oder eine Regulationsstörung eintritt, können Symptome der klinischen Borreliose auftreten. Erst dann gilt der Betroffene als borreliosekrank. Umstritten ist, ob diese »Zündschnur-Infektion« nicht viel häufiger ist als allgemein angenommen. Irgendwann kommt die Borreliose doch noch zum Ausbruch und zwar dann, wenn durch einen weiteren Tropfen (z. B. Antibiotika oder Umweltgifte) das Fass der gestörten Immunabwehr zum Überlaufen gebracht wird.
Übertragung der Borreliose
Borreliose ist nicht ansteckend; eine direkte Übertragung der Borrelien von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Bei einer infizierten Frau besteht in der Schwangerschaft jedoch durch die Übertragung der Borreliose auf dem Blutweg die Gefahr einer Totgeburt oder der Schädigung des ungeborenen Kindes. Eine Übertragung durch Blutprodukte ist zwar grundsätzlich möglich, wird aber bislang als gering angesehen. Borreliose gilt bisher auch nicht als sexuell übertragbar.
Im Gegensatz zu Wildtieren werden Haustiere wie Hunde, Rinder und Pferde stärker von Borrelien befallen, da ihr Immunsystem durch Antibiotika, Desinfizierung, Entwurmungskuren und Impfung stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine Übertragung der Borreliose durch einen Hund oder eine Katze wurde bisher in der medizinischen Literatur aber noch nicht beschrieben, dokumentiert ist dagegen eine Borreliose nach einem Biss durch ein infiziertes Pferd.
Borrelien werden zwar hauptsächlich, aber nicht ausschließlich durch Zecken übertragen. Inzwischen geht man nach einer längeren Beobachtung davon aus, dass außer der Zecke auch Flöhe, Läuse, Mücken, Spinnen, Milben und Wanzen eine Borreliose übertragen können. Die Schätzungen nicht durch Zecken übertragener Borreliose-Erkrankungen liegen heute je nach Quelle bei 10 bis 30 Prozent und 20 bis 35 Prozent der Infizierten.
Zecken und ihre Biologie
Nach ihrer biologischen Systematik gehört die im ausgewachsenen Stadium achtbeinige Zecke zur weltweit verbreiteten Ordnung der flachen, derbhäutigen Milben (Acari) und der Klasse der Spinnentiere (Arachnida). Weltweit gibt es etwa 650 Zeckenarten.13 Allen Zecken gemeinsam ist die blutsaugende, parasitische Lebensweise.
Die Entwicklung der meisten Zeckenarten verläuft in drei Zyklen. Aus den Eiern der Zecken entwickeln sich zunächst sechsbeinige Larven, dann achtbeinige Nymphen und schließlich die geschlechtsreifen Zecken.
Die in Deutschland hauptsächlich vorkommende Waldzecke Ixodes ricinus, bekannt unter der Bezeichnung Gemeiner Holzbock, ist im Hungerzustand 2,5 Millimeter (Männchen) bis 4 Millimeter (Weibchen) groß und meist schwarz, selten rot gefärbt. Vollgesogen nach einer Blutmahlzeit kann sie auf über 1 Zentimeter Größe anschwellen (bis 11 mm).
Borreliose ist eigentlich eine Krankheit der Nagetiere; aber auch andere kleine Säugetiere, vorzugsweise Mäuse, Ratten, Siebenschläfer, Eichhörnchen, Marder, Maulwürfe und Igel werden von Zecken befallen, daneben auch Füchse, Rehe, Wildschweine und andere Tiere wie Vögel und selten Eidechsen, aber auch Haustiere wie Hunde, Katzen14, Schafe, Rinder15 und Pferde. Siebenschläfer sind in vielen Gebieten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz das Hauptreservoir der Borrelien. Der Mensch ist biologisch ein »Irrwirt«, woraus sich auch die Vielfalt der Symptome erklärt. Da die Symptome oft uncharakteristisch sind, wird die Borreliose das »Chamäleon unter den Infektionskrankheiten« genannt.
Zecken sind blind und haben, um einen geeigneten Wirt zu erkennen, im vordersten Beinpaar ein Sinnesorgan, das Hallersche Organ, das auf thermische und chemische Reize des Wirts reagiert. Zecken nehmen potenzielle Opfer an der Erschütterung und über die Infrarotstrahlung wahr, die jeder Warmblüter abgibt, außerdem über den ammoniak-, butter- und milchsäurehaltigen Schweißgeruch. Der Aspekt des Geruchs mag die gelegentliche Beobachtung erklären, dass unter gleichen Bedingungen der eine Spaziergänger nicht behelligt wird, während der andere, und zwar der Übersäuerte, die Zecken geradezu anzuziehen scheint. Schließlich können Zecken die Lichtveränderung durch Schatten und Wärmeunterschiede von wenigen Hundertstel Grad wahrnehmen.
Lebensraum und Aktionsradius der Zecke
Zecken finden sich vorzugsweise an Orten, wo ihre natürlichen Wirte besonders häufig vorkommen. Ideale Bedingungen bieten Waldränder und Waldlichtungen mit hoch gewachsenem Gras oder Farn, auch Bachränder mit entsprechendem Bewuchs. Die weit verbreitete Ansicht, dass sich Zecken von Bäumen herabfallen lassen, trifft nicht zu. Zecken klettern an den Pflanzen nach oben, wobei Larven bis zu 25 Zentimeter, Nymphen bis zu 50 Zentimeter und erwachsene Zecken bis zu 1,5 Meter Höhe erreichen können. Gefährdet ist, wer sich mit frei zugänglichen Beinen, Armen oder Oberkörper in einem entsprechenden Gebiet bewegt, das heißt im Gras liegt, im Gebüsch nach Brombeeren, Heidelbeeren oder Pilzen sucht oder beim Waldlauf durch das Unterholz joggt.
Zecken benötigen ein Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit und relativ warmen Temperaturen. Im Winter sind sie deshalb nicht aktiv, überleben jedoch. Eis und Frost scheinen ihnen nichts auszumachen.16 Sie werden erst an warmen Frühlings- und Sommertagen bei Temperaturen ab 10 Grad Celsius wieder aktiv, in unseren Breitengraden also zwischen März und November, wobei ihre Hauptaktivität – mit Abweichungen je nach der aktuellen Wetterlage – im Mai, Juni und im September liegt. Im heißen Hochsommer ist die Zeckenaktivität geringer, da sie sich zum Schutz vor Austrocknung sicherer verstecken.
Lebenszyklus der Zecke
Der volle Entwicklungszyklus der Zecke dauert durchschnittlich zwei bis drei Jahre, unter ungünstigen Bedingungen, wenn sich kein Wirt finden lässt, bis zu fünf Jahre. Den größten Teil ihres Lebens verbringen die Zecken auf der Suche nach einem Wirt.
Nach dem Schlüpfen durchlaufen Zecken drei Entwicklungsstadien (Larve, Nymphe und erwachsenes Tier). Die weiblichen Tiere saugen in jedem dieser Zyklen einmal Blut, und zwar bis fünf Milliliter pro Mahlzeit. Die Larven befallen für ihre erste Blutmahlzeit vor allem kleine Säugetiere wie Igel oder Mäuse. Haben sie sich vollgesogen, verlassen sie das Wirtstier und häuten sich. Etwa 1 Prozent der Larven wird von mit Borrelien befallenen Kleintieren infiziert. Nachdem die Nymphe ihre Blutmahlzeit eingenommen hat, entwickelt sie sich zur geschlechtsreifen Zecke. Je nach Region und Untersuchung liegt bei den Nymphen schon eine 10- bis 100-prozentige Infizierung durch Borrelien vor.
Auch die erwachsene Zecke braucht erneut eine Blutmahlzeit. Weibliche Zecken saugen erheblich mehr Blut als Männchen. Sie brauchen das Blut zur Bildung ihrer bis zu 3000 Eier. Die Eier enthalten jedoch keine Borrelien. Eine vollgesogene weibliche Zecke wiegt ungefähr zweihundertmal so viel wie vor der Blutmahlzeit. Um so viel Blut aufzunehmen, braucht sie bis zu zehn Tage. Dabei schwillt ihr Hinterteil wie eine Kugel an. Fällt die Zecke nach einer Saugzeit von mehreren Tagen von ihrem Wirt ab, ist sie kaum noch in der Lage, sich fortzubewegen.
Bei den erwachsenen Männchen ist die Nahrungsaufnahme je nach Zeckenart unterschiedlich. Manche Arten benötigen eine Blutmahlzeit, die sie über mehrere Tage bis hin zu Monaten saugen, andere saugen gar nicht. Sie besuchen einen Wirt nur, um dort nach einem Weibchen Ausschau zu halten.
Der Beißapparat der Zecke ist mit Widerhaken versehen. Schon beim Zubeißen gibt sie Speichel ab, in dem immun- und histaminhemmende Substanzen enthalten sind; dadurch werden die Widerhaken fest in der Haut verankert und gleichzeitig die Bissstelle betäubt und die normale Wundreaktion bei Verletzungen der Haut, wie Entzündung und Blutgerinnung, verhindert. Auf diese Weise bleibt mehr als die Hälfte aller Zeckenbisse unbemerkt.
Zeckenbisse können am ganzen Körper auftreten, bevorzugt werden aber dünne, warme und feuchte Hautstellen – insbesondere die Kniekehlen, der Haaransatz, die Region zwischen den Beinen und unter den Armen. Auch lange Kleidung bietet keinen absoluten Schutz; das bisschen Haut zwischen Hosenbein und Socke reicht der Zecke, um sich festzuhaken. In der Regel krabbelt sie dann unter der Kleidung an eine warme, dunkle Stelle und und bohrt dort ihr Beißwerkzeug in die Haut.
Nach einem Aufenthalt in gefährdeten Gebieten ist daher der Körper nach Zecken abzusuchen. Indem man die Zecke entfernt, wird einerseits das Infektionsrisiko reduziert, andererseits kennt man die Bissstelle und kann sie dann regelmäßig auf Veränderungen kontrollieren.
Zeckenbisserkrankungen
Kein anderes Tier in Deutschland verursacht jährlich so viele Erkrankungen wie die Zecke. So lautet das Resümee des 1. Süddeutschen Zeckenkongresses an der Universität Hohenheim 2012. Etwa 300 Menschen erkranken jährlich nach einem Zeckenstich an einer Gehirnhautentzündung.
Die Zahlen für die Borreliose sind weitaus dramatischer. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind sieben Prozent der 14- bis 17-Jährigen mindestens einmal von einer mit Borrelien infizierten Zecke gestochen worden. Das ergab eine bundesweite Studie. Es existieren keine exakten Zahlen über die tatsächliche Verbreitung der Borreliose. Man weiß im Prinzip nicht, worüber man spricht. Das wird an einer Meldung in der Ärztezeitung deutlich: »An Borreliose erkranken jährlich bundesweit 60 000 bis 750 000 Menschen«, heißt es dort. Patientenorganisationen sprechen hingegen von Neuinfektionen im Millionenbereich. Nach Angaben der AOK waren 2008 insgesamt 80 000 Patienten wegen der Diagnose Lyme-Borreliose in Behandlung.
An sich sind die kleinen Blutsauger harmlos. Dennoch können sie, wenn sie mit Keimen infiziert sind, Krankheiten übertragen und haben dadurch eine große Bedeutung als Krankheitsüberträger beim Menschen, bei Nutztieren (v. a. Pferde, Rinder, Schafe) und Haustieren (Hunde, Katzen). Von den bekannten 820 Zeckenarten können etwa 120 Arten Krankheiterreger auf den Menschen übertragen, meist durch den Biss, selten über den Kot. Dabei ist die Zecke nur der Zwischenwirt; sie selbst wird, obwohl sie infiziert ist, nicht krank.
Zecken übertragen neben Borreliose auch andere Krankheiten:
– Rückfallfieber (eine Spirochätenerkrankung) mit wiederholten Fieberschüben, Milzvergrößerung, fleckenförmiger Haut- und Schleimhautblutungen, Muskel- und Gliederschmerzen und diversen Komplikationen,
– Babesiose (eine Protozoenerkrankung) mit Blutharnen, Blutarmut und Gelbsucht,
– Fleckfieber (verschiedene Rickettsienerkrankungen) mit schwerem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, fleckenförmigem Hautausschlag, eventuell Hirnhautentzündung und Kreislaufkollaps
– sowie die seltene Frühsommer-Meningoenzephalitis (Viruserkrankung) mit grippalem Vorstadium (Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Fieber) und in wenigen Fällen, vor allem bei älteren Menschen, einer Hirnhautentzündung, die aufs Gehirn übergreift.
Weitere durch Zecken übertragbare bakterielle oder parasitäre Krankheiten sind unter anderem die Anaplasmose, Bartonellose, Ehrlichiose und Tularämie (Hasenpest), die jedoch bei uns in der Humanmedizin kaum eine Bedeutung haben. Dies sieht jedoch in der Tiermedizin anders aus: Die von Zecken übertragenen 5 Anaplasmose-Arten bei Hunden, Katzen und Pferden, aber auch bei Rindern, Schafen und Ziegen nehmen zu.
Nicht jeder Zeckenbiss ruft jedoch eine Infektion hervor. Etwa 20 Prozent (je nach Quelle auch 5 bis 35 Prozent) der Zecken im europäischen Raum sind mit Borrelien infiziert. Mit den Erregern der Frühsommer-Meningoenzephalitis sind nur 1 bis 2 Prozent infiziert, und dies auch nur in speziellen Infektionsgebieten. Auch nicht jeder Biss einer infizierten Zecke überträgt eine Krankheit. So bleiben 90 bis 99,5 Prozent der Bisse virustragender Zecken folgenlos. Das Risiko einer dauerhaften Schädigung liegt bei etwa 1:78 000 – im Gegensatz dazu beträgt das Risiko eines Impfschadens 1:32 000.
Etwa 20 bis 30 Prozent der Menschen, die von einer mit Borrelien infizierten Zecke gebissen wurden, entwickeln Antikörper gegen Borrelien. In Europa tragen etwa 11 Prozent der erwachsenen Bevölkerung den entsprechenden Antikörper im Blut, wobei nur wenige davon tatsächlich an Borreliose erkrankt waren. Da jedoch davon auszugehen ist, dass erheblich mehr Menschen an Borreliose leiden, deren Symptome aber anders gedeutet werden, kann ich mich dieser »offiziellen« Zahl nicht anschließen. Die Antikörper bieten keinen Schutz vor einer weiteren Ansteckung und Erkrankung.
10 Die Auskleidung der Blut- und Lymphgefäße, des Herzens, der Rippen und des Bauchfells.
11 In der Steinheilkunde wurden verschiedene Mangan-Mineralien wie Braunit, Hausmannit, Hollandit, Manganit, Pyrolusit und Rhodochrosit in einer Testphase bei Borreliose eingesetzt.
12 Zahlen gemäß einer 2006 veröffentlichten Harvard-Studie.
13 www.wikipedia.org/wiki/Zecken.
14 Unsere Katze wurde im Mai 2007 von durchschnittlich fünf Zecken pro Tag »besucht«.
15 Eine Schweizer Studie berichtet von 30 Prozent positiven Resultaten auf Borrelien-Antikörper bei Rindern.
16 Am 30.12. 2015 kam unser Hund (das erste Mal im Jahre 2015) mit einer Zecke vom täglichen Feld-/Wald-Spaziergang zurück. Temperatur in der Nacht zuvor -3 Grad Celsius, Temperatur morgens noch etwa 0 Grad, das Gras war reifbesetzt.