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Die HERRenfreien Menschen im Nordland

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Die einzelnen Gegenden im Nordland hatten eine sehr unterschiedliche Natur. Das eine Gebiet lag an einer schroffen Felsenküste, die von tiefen Fjorden eingeschnitten war. Das Land war sehr bergig und reich mit Wäldern bedeckt. Die Flüsse und die See waren fischreich. In den schroffen Bergen gab es Höhlen, tiefe Risse und Klüfte, die den suchenden Menschen Adern und Gänge mit Erz und gediegenem Metall zeigten und zur Gewinnung darboten. Die engen Täler und die Berghänge boten aber wenig Flächen für den Feldbau und für die Weide von Vieh. Der stürmische Winter war lang und kalt und bedeckte das niederschlagsreiche Land lange mit einer dicken Schneedecke. Auch im Frühjahr und Herbst regnete es oft und Nebelschwaden verhüllten die Landschaft. Deshalb wurde dieses Gebiet, auch von den suchenden Reisenden und Händlern, nur „Nebelheim“ genannt. Die Bewohner dieses Landes hießen daher „Nibelungen“, die Leute des Nebellandes.

In einer anderen Gegend des Nordlandes, im großen Ostmeer, lag eine Insel. Diese Insel war nur von wenigen abgeschliffenen Bergen gestaltet. Dafür wies sie weite fruchtbare Ebenen auf, die zwischen ihren Waldflächen ausreichend Platz für fruchtreiche Felder und dichtgrasige Weiden boten. Das Meer um die Insel war stürmisch und strömungsreich. Im Winter trieb viel Eis an die Küsten und staute sich vor der Küste. Dieser winterlichen Eiswälle wegen gaben Fremde dieser Insel den Namen „Eisland“. Die Bewohner dieser Insel nannten ihre Heimat aber „Disenland“ nach den von ihnen verehrten weiblichen Fruchtbarkeitsgeistern, den Disen.

Die Menschen im Nordland lebten noch in der einfachen, naturverbundenen und lebenserhaltenden Weise. Die Weiber und auch Männer bauten auf den Feldern Pflanzen für die Gewinnung ihrer täglichen Nahrung und zur Herstellung von Stoffen an. Sie zogen gemeinsam mit den Kindern in die Wälder, um dort Früchte. Beeren und Pilze, aber auch Material für bestimmte handwerkliche Arbeiten zu sammeln. Die Kinder trieben und hüteten in der guten Jahreszeit die Ziegen- und Schafherden und lernten unter der Anleitung Erwachsener die Verarbeitung der Milch zu haltbaren Produkten. Die Männer gingen zur Jagd und zum Fischfang und schützten im Winter die Herden gegen Wölfe und andere Raubtiere. Von handwerklich Kundigen wurden aus den Häuten der Tiere Leder und Felle hergestellt.

Im Nibelungenland zog ein Teil der Männer in bestimmte Gebiete der Berge und gewann dort Erz und gediegenes Metall. Sie erschmolzen ihr gewonnenes Gut in mühsamer Arbeit zu Barren aus Gold, Silber, Kupfer und Eisen. Sie tauschten dieses Material bei den herbeigefahrenen Händlern gegen Sachen, die sie nicht selbst herstellen oder gewinnen konnten. Einige Männergruppen segelten mit ihren kleinen Schiffen aber auch selbst zu Handelsplätzen, wo das Angebot der vielen Händler reicher als bei den wenigen zu ihnen Kommenden war. Einige Männer der Gemeinschaft waren auch hervorragende Schmiede, die die gewonnenen Metalle mit großem Geschick zu Werkzeugen, Waffen und Schmuck verarbeiteten. Diese wertvollen und von vielen begehrten Produkte bildeten immer eine Reserve in der Gemeinschaft für die Zeiten, in denen die Nahrungsproduktion durch ungünstige Naturbedingungen stark eingeschränkt oder gar unmöglich war. Dann wurden diese Sachen unter anderem gegen Nahrungsmittel eingetauscht.

Alle Mitglieder der Gemeinschaft – Weiber und Männer - arbeiteten ausdauernd für die Herstellung ihrer lebensnotwendigen Produkte. Geschickte und besonders fähige Menschen standen in hohem Ansehen. Faulpelze wurden verachtet. Der Zyklus der Nahrungsmittelproduktion, vor allem der Pflanzenbau und die kleinen Herden, standen unter der organisatorischen Leitung der Weiber und Kinder. Die Frauen waren der lebenserhaltende und lebenstragende Kern der Menschengruppe. Ihre Erfahrungen, ihr Instinkt und ihr Wille sicherten unter gleichberechtigter Mitwirkung der Männer den Erhalt der Gemeinschaft. Besonders waren das Wissen und die Fähigkeiten der alten Frauen geschätzt. Die Frauen bildeten den mehr siedlungsgebundenen Teil und die Männer den mehr dynamischen Außenring der Gemeinschaft.

Im Disenland waren die natürlichen Bedingungen für die Acker- und Weidewirtschaft wesentlich günstiger als bei den Nibelungen, dafür waren die Möglichkeiten zur Gewinnung und Erschmelzung von Erzen nicht gegeben. Sie tauschten deshalb ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse oft gegen begehrte Metallwaren und Schmiedeprodukte. Durch die Dominanz der Landwirtschaft war die Rolle der Weiber im Gemeinschaftsleben stärker als bei den Nibelungen. Dies drückte sich besonders in den Ritualen der Jugendweihen und Initiationen aus, wo die jungen Menschen ihre Fähigkeiten der Gemeinschaft vorzuführen hatten, bevor sie als vollwertige Mitglieder in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen wurden. Diese spirituell ausgeprägten Feierlichkeiten waren bei den Nibelungen mental genauso bedeutend, aber formal weniger aufwendig. Die hohen Fähigkeiten und Weisheiten einiger Weiber aus dem Disenland genossen einen hervorragenden Ruf im ganzen Nordland. Die weisen Weiber des Disenlandes wurden oft von Menschen aus weit entfernten Regionen um Rat und geistige Hilfe gefragt. Die Gemeinschaft war stolz auf den Ruf ihrer weisen Weiber.

In einem späteren Lied wurde aus Disenland der Name Island. Die in dieser Zeit die Medien bestimmenden HERRen wollten mit der Inselbezeichnung keinen Bezug mehr auf die weiblichen namengebenden Kräfte dieses Ortes.

Im Nordland, unabhängig, ob es bei den Nibelungen oder den Menschen im Disenland war, hatten die männlichen und die weiblichen Jugendlichen zur Vorbereitung auf ihr Leben als Erwachsene in ihrer Gemeinschaft, als Mann und Weib, eine umfangreiche physische und mental-spirituelle Ausbildung zu absolvieren. Die Kinder wurden von ihren Onkeln und Tanten und anderen reifen Erwachsenen, aber auch innerhalb ihrer Altersgruppen gebildet. Kurz vor ihrer Reifezeit gingen sie dann aber in eine tiefgreifende Endausbildung bei den Alten und auch den erfahrensten Personen der Gemeinschaft. Nur, wenn sie dann in den harten Initiationsprüfungen physische und psychische Reife und Fähigkeiten nachgewiesen hatten, die zum Leben in und zum Schutz der Gemeinschaft notwendig waren, erhielten sie die Weihen als Mann und Weib. Das Weib musste physisch und mental die Kraft und die Fähigkeiten haben, das Leben zu geben und es aus der Mitte der Gemeinschaft heraus zu organisieren. Der Mann musste seine Leben spendende Kraft an die Weiber übermitteln können und mit seiner dynamischen Stärke zur Verteidigung des Lebens der Gemeinschaft durch produktive und defensive Leistungen beitragen.

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