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Das Ende der HERRenfreien Zeit im Nordland

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In den südlichen Randgebieten des Nordmeeres, die wegen ihrer ebenen und nur gering über dem Meer liegenden Landflächen in einem späteren Lied als Niederlande bezeichnet wurden, hatten sich an Stelle der Gemeinschaften gleichberechtigter freier Menschen bereits besitz- und damit machtverbundene Abhängigenverhältnisse anstelle des früheren Solidarprinzips zwischen den Menschen herausgebildet.

Im Niederland wurde zur Überwindung der Differenzen im Leistungsvermögen, speziell der Männer, und zur Behebung der Folgen natürlicher Erschwernisse bei der Lebenssicherung der „Erwerbszweig“ RAUB an die Stelle der Arbeit gesetzt. RAUB war für seine Betreiber „effektiver“ als mühsame Arbeit. Er brachte für den eventuellen Preis des Lebens der Raubenden, aber hauptsächlich der Beraubten, den Räubern nicht nur den Lebensunterhalt, sondern sogar noch Luxus. Wer den größten Luxus vorweisen konnte, war der leistungsfähigste Räuber. Das Ergebnis der destruktiven Tätigkeit RAUB belegte gesellschaftlich eindrucksvoller die „Leistungsfähigkeit“ einer - in dem Fall männlichen - Person als das Ergebnis einer produktiven Arbeit anderer Gemeinschaftsmitglieder.

Während der größte Teil der Gemeinschaft, schwerpunktmäßig die Weiber, die Grundproduktion für den Lebensunterhalt absicherten, konnte ein kleiner Teil sich von der normalen Arbeit lösender Männer auf den neuen Erwerbszweig RAUB spezialisieren und sich mit dem dadurch gewonnenen Gut ihr Prestige erhöhen. Dies führte allmählich zu einer Deformation des lebenserhaltenden Gemeinschaftsprinzips. Die lebensbewahrende Funktion der Weiber und ihre Organisation wurden schrittweise durch ein gemeinschaftslebensfeindliches Vorratsdenken und Vorratsanhäufen (ursprüngliche Akkumulation) und dementsprechendes Verbrauchen dieser angesammelten Güter durch bestimmte Männer, die sich damit zu HERRen ENTwickelten, verdrängt. Die zerstörende Gemeinschaft der dem HERRen Folgenden, die Gefolgschaft, trat schrittweise an die Stelle der lebenserhaltenden und -bejahenden Sippengemeinschaften. Die lebenserhaltenden Vorräte der Gemeinschaftszeit waren zum REICHtum einiger weniger männlicher Personen geworden, die sie als Macht gegen die über weniger Vorräte verfügenden und damit jetzt ärmeren Weiber und Männer einsetzten. Die HERRschaft war aber hier noch relativ jung und schwach.

Wenn die sich HERRen nennenden Neumänner genügend REICHtum angesammelt hatten, dann nannten sie das ihrer Gewalt ausgelieferte Gebiet ihr HERRschaftsgebiet, ihr „REICH“, denn aus diesem Gebiet schöpften sie ihren REICHtum und in diesem Gebiet verwahrten und demonstrierten sie ihn auch. Sie entledigten sich ihrer persönlichen „Mann“-schaft und ersetzten sie durch eine Ansammlung von sippenwertfreier männlicher Personen, die sie beim Ausbau und bei der Festigung ihrer HERRschaft unterstützte. Diese Männergruppe, die früher einmal für die Gemeinschaft eine Mannschaft war, wurde nun zur nur noch scheinbar männlichen Gefolgschaft eines HERRen. Sie waren mental keine Männer mehr, sondern ebenfalls nur noch kleine HERRen/DienstHERRen unter der Hand eines größeren HERRen, ihres Anführers.

In der schriftlosen Zeit wurden die Namen und die Taten solcher HERRen in der jetzt entstehenden und von diesen geförderten HERRentradition durch Erzählungen, Geschichten und Sagen und deren mediale Verbreiter, die nun vorzugsweise von den HERRen belohnten Barden, verbreitet und ausgeschmückt. Der Barde, der Sänger oder der Geschichtenerzähler, der von Form und Inhalt her die schönsten – nach Maßstab der HERRen - und vorbildhaftesten Kompositionen und Darstellungen der HERRen, ihrer HERRschaft und ihrer zu REICHtum und Macht führenden Taten, und seien es noch so große Verbrechen an anderen Menschen, vortrug und verbreitete, konnte sich hoher Belohnungen aus dem Raubgut der HERRen sicher sein. Wess´ Brot ich ess´, dess´ Lied ich sing. Es entstand der von allen HERRen gepflegte, geförderte und angestrebte Ruhm der Verbrechen. Je größer das mit RAUBgut belegbare Verbrechen, desto höher und länger - dank der bezahlten medialen Bardenaktivität - der Ruhm in Gegenwart und Zukunft. Ruhm ist die ideelle Heiligsprechung des HERRen-Verbrechens. Dafür bezahlten sie ihre personellen Medien - später wurde das geschrieben und gedruckt. Das gilt bis heute. Mit der Schrift trat die Rolle der Sagen, des Gesagten, des Gesprochenen und damit auch deren Sprachmedien zu Gunsten der schriftlichen Historie, in der aus Geschichten GESCHICHTE der HERRen wurde, in den Hintergrund.

Ausgehend von den später von HERRenmedien schriftlich fixierten ausgesuchten Sagen und Geschichten um den HERRen und HELDen Siegfried und Personen seiner Umgebung, die vor allem aus dem weiten Kreis des HELDenliedes „Nibelungenlied“ stammen, soll - auf die konkreten literarischen Personen bezogen – das „wahre“ Leben und Ableben der HERRen und HELDen hinter der künstlerisch-medialen Verspiegelung betrachtet werden.

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