Читать книгу Tingas Reise durch Feuerland - Wiebke Sohst - Страница 9
Оглавление*
Der Kondor erzählt vom Leuchtturm
Rund um das prasselnde Lagerfeuer kam plötzlich ein lautes Gemurmel in Gang. Die Bewohner der Ebene rückten näher zusammen. Was der Kondor da so erzählte, war wirklich sehr abenteuerlich. Ein Leuchtturm im Süden von Feuerland. Dann musste da ja auch das Meer sein. Das klang spannend.
Tinga richtete sich auf und rief schon fast ein bisschen verärgert: „Was ist das denn nun eigentlich für ein Leuchtturm?“
Der Kondor sah ihn verwundert an und schaute dann in die Runde. Durch das Feuer hindurch erkannte er lauter weit aufgerissene Augenpaare, die ihn erwartungsvoll anstarrten. „Na, der Leuchtturm am Ende der Welt. Ganz im Süden von Feuerland.“ Die Tiere sahen sich verständnislos an.
Plötzlich musste der Kondor lauthals lachen. „Sagt bloß …“, er schnappte nach Luft und lachte weiter, „… ihr habt noch nichts von dem Leuchtturm gehört? Dem Leuchtturm am Ende der Welt?“ Dann wischte er sich eine kleine Lachträne aus dem rechten Auge und begann zu erklären: „Okay, ich merke, ihr habt noch nicht weit über den Tellerrand geguckt. Kennt ihr denn nur eure Ebene und sonst gar nichts in und rund um Feuerland?“
Die versammelte Mannschaft schüttelte etwas verlegen die Köpfe. Nun ja, weit gereist war nur der Professor. Sie kamen sich alle ziemlich dumm vor. Es ging um ihr eigenes Land, ihr Zuhause und keiner wusste so richtig darüber Bescheid.
Der Kondor seufzte und versuchte eine bequemere Sitzposition zu finden. Dass er hier auf solche Hinterwäldler gestoßen war, bereitete ihm langsam Vergnügen. Konnte er doch mal richtig schön aus dem Nähkästchen plaudern und die Tiere Feuerlands mit seinem Wissen beeindrucken. Noch nie in seinem Leben hatte ihm jemand so gebannt zugehört.
Er wollte gerade fortfahren, als sich ein leises Schnarchen breitmachte. Die Mäuschen Sin und San waren eingeschlafen. Seit den frühen Morgenstunden waren sie auf den Beinen und hatten eine lange Wanderung hinter sich. Nun waren ihnen vor Erschöpfung die Augen zugefallen. Pichi pflückte rasch zwei mittelgroße Blätter von einem nahen Busch und deckte die Mäuschen damit zu.
Es war kühl geworden, denn die Sonne war längst untergegangen. Grison, der Graufuchs, und zwei Rotfüchse legten noch einige Stöckchen auf das Feuer.
Diesmal war es wirklich ein ganz besonders interessanter Abend beim Lagerfeuer-Treffen. Obwohl die meisten Tiere schon hundemüde waren, zwangen sie sich, wach zu bleiben.
Der Kondor gähnte und nahm den Faden wieder auf: „Ihr kennt wirklich den Leuchtturm am Ende der Welt nicht? Ich kann das gar nicht glauben.“
Professor Uhu lehnte sich genüsslich zurück. Seine Reise zum Leuchtturm am Ende der Welt lag schon Jahre zurück. In Gedanken sah er den rot-weiß gestreiften Leuchtturm auf dem kleinen Felsen im Meer vor sich. Gerne hörte er dem Kondor weiter zu.
„Nun ja, was soll ich euch sagen … dieser Leuchtturm steht wie gesagt auf einer klitzekleinen Insel in einer wunderschönen Bucht. Dort wo es hinaus aufs offene Meer geht. Im Süden Feuerlands. Am Ende der Welt eben.“
Tinga guckte den Kondor zweifelnd an. „Soll das wirklich heißen, dass es von hier nicht mehr weit bis ans Ende der Welt ist? Wir bräuchten nur durch unser Land nach Süden gehen, an die Küste? Und dort ist schon das Ende der Welt?“
„Ja, ja, natürlich! Für mich als Flieger ist es von hier ein Katzensprung dorthin. Für dich wäre das schon eine größere Wanderung.“ Der schwarz-weiße Vogel grinste. Es kam ihm vor, als hätte er ein Geheimnis gelüftet. Wahrscheinlich werden die Tiere Feuerlands noch in einigen Jahren von ihm erzählen. Von ihm, dem Hüter des Wissens, dem Gelehrten der Lüfte … Er bemerkte, wie das kleine Stinktier lächelnd, mit gerunzelter Stirn und wachen Augen in Richtung Süden starrte.