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Einleitung

1. Die Schreibweise von Sanskrit-Wörtern

Jeder Autor eines Nachschlagewerkes mit Sanskrit-Wörtern muss zunächst deren Schreibweise bestimmen. Bei den Sanskrit-Schriftzeichen gibt es keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Zeichen, daher müsste man eigentlich alle Wörter einheitlich klein schreiben wie krishna, yoga, cakra, mantra. Aber es hat sich im Deutschen (teils auch im Englischen) eingebürgert, nicht nur die Eigennamen, Götternamen, Literaturtitel etc. groß zu schreiben, sondern auch alle gängigen Begriffe wie eben Yoga oder Mantra. Aus Gründen der Einheitlichkeit werden deshalb im Lexikon alle Sanskrit-Wörter am Anfang mit Großbuchstaben geschrieben, außer wenn es sich um die Wiedergabe von Original-Sanskrit-Zitaten handelt wie etwa den Text eines Mantras.

Aber auch abgesehen von dieser Frage gibt es zum Teil mehrere Optionen für die Schreibweise. Das Wort Shiva zum Beispiel erscheint in deutschen Büchern in vierfacher Version: Shiva, die englische Schreibweise; Schiwa, die eingedeutschte Version; Śiva, mit „diakritischem“ Zeichen; und Siva, ohne dieses Zeichen, wie z.B. auch in „Sivananda“.

2. Die diakritischen Zeichen

Die diakritischen Zeichen haben im Sanskrit eine wichtige Funktion, wie leicht anhand des Wortes kali demonstriert werden kann. Mit kurzen Vokalen bedeutet es „Streit“, „Zwist“, mit langen Vokalen, kālī, ist es der Name der bekannten Göttin, der Gemahlin Shivas. Ähnlich ist t nicht gleich ṭ oder ṣ nicht gleich ś.

Da es aber für die meisten Leser ziemlich ungewohnt sein dürfte, ständig Wörter wie Kṛṣṇa oder Viṣṇu zu lesen, wurde im vorliegenden Buch die folgende Lösung gewählt: Alle Wörter, außer Eigennamen, erscheinen grundsätzlich mit den Längenzeichen, z.B. Prāna. Falls das Wort noch zusätzlich ein diakritisches Zeichen enthält, wird dies zu Beginn des Eintrags in eckigen Klammern vermerkt: [prāṇa]. Dadurch wird es jenen Lesern, die in eigenen Büchern oder Artikeln durchweg diakritische Zeichen verwenden, ermöglicht, die betreffenden Wörter exakt nachzuschlagen und richtig zu schreiben.

Eigennamen werden in den Texten so wiedergegeben, wie sie allgemein in der spirituellen Literatur erscheinen, z.B. Sivananda oder Yogananda, aber in eckigen Klammern erscheinen wiederum die diakritischen Zeichen als Aussprachehilfe, [śivānanda].

Bei den Āsanas wurde auf die eckigen Klammern verzichtet, weil alle Āsanas am Ende des jeweiligen Eintrags in Wort-für-Wort-Übersetzung wiedergegeben werden und dabei dann die diakritischen Zeichen erscheinen. Zudem können die entsprechenden Schreibweisen auch in der „Āsana-Tabelle“ im Anhang nachgeschlagen werden.

3. Die Transkription

Da die Umschrift der indischen Devanāgarī-Schrift zuerst von Engländern erarbeitet wurde, folgt die Logik der Transkription jener der englischen Sprache. Deswegen lesen wir so oft Shiva oder Krishna statt Schiwa oder Krischna. Und niemand schreibt Tschakra für Cakra bzw. Chakra, obwohl dies aus deutscher Sicht logisch wäre. Hier ist übrigens „Cakra“ die bessere Schreibweise, aus indo-logischer Sicht, aber das ist eine komplizierte Materie für alle, die sich nicht eingehend mit der Devanāgarī-Schrift beschäftigt haben.

Im vorliegenden Buch wurden die Schreibweisen Shiva, Upanishad, Vishnu, Shakti etc. übernommen, weil sie auch in der deutschen Yoga-Literatur am häufigsten verwendet werden. Aber in einigen Fällen wird die alternative, eingedeutschte Schreibweise hinzugefügt, wenn sie auch gebräuchlich ist, z. B. Arjuna, Ardschuna.

4. Das Genus

Sanskrit-Hauptwörter können drei verschiedene Geschlechter haben, Maskulinum, Neutrum oder Femininum. Dies wurde jeweils durch kursives m, n, f bezeichnet und hat auch seinen praktischen Nutzen. Wer sich z.B. die Frage stellt, ob man besser der oder das Yoga sagt, kann es nachschlagen und findet dann Yoga m, also der Yoga. In einigen seltenen Fällen kann ein Wort sowohl m als auch n sein, z.B. Āshrama, daher der oder das Ashram, wobei die erstere Version im Deutschen wohl etwas gebräuchlicher ist. Wenn das betreffende Wort sowohl als Adjektiv als auch als Hauptwort auftritt, steht dort z.B. adj oder m.

5. Lautgesetze

Insbesondere die Āsana-Namen setzen sich oft aus vielen einzelnen Wortelementen zusammen, es handelt sich um sogenannte Komposita. Wir schreiben in diesem Wörterbuch alle Namen in einem Wort, so wie im Original, doch bei sehr langen Komposita werden die einzelnen Elemente noch einmal mit Bindestrich aufgeschlüsselt, um das Lesen und Verstehen zu erleichtern, zum Beispiel Adhomukhashvanāsana, adho-mukha-shvan-āsana. In der Yoga-Literatur finden sich oft auch Schreibweisen wie Adho Mukha Svanasana etc., indem aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit die Bestandteile des Kompositums auseinandergezogen werden.

Wenn die einzelnen Wortelemente im Kompositum zusammengesetzt werden, tritt oft ein bestimmtes Lautgesetz in Kraft. So wird Koṇaāsana zu Koṇāsana oder Baka-āsana zu Bakāsana. Das Gesetz lautet: Gleichartige Vokale verschmelzen in ihre Länge. Wenn also ein kurzes oder langes a auf ein kurzes oder langes a trifft, wird daraus immer ā.

In relativ seltenen Fällen treten auch andere Lautgesetze in Kraft, so wird z.B. Marīci-āsana zu Marīcyāsana oder adhaḥ-mukha zu adhomukha. Bei den Upanishaden findet sich in der Literatur oft statt Īsha-Upanishad oder Kena-Upanishad etc. die Schreibweise Ishopanishad, Kenopanishad. Hier kommt ein Lautgesetz zur Anwendung, nach dem ein auslautendes a mit anlautendem u zu o verschmilzt.

6. Die Aussprache

Die genaue Aussprache der Laute zu lernen ist eine Wissenschaft für sich. Im folgenden werden zwei Stufen angeboten. Die erste Stufe ist für diejenigen Anwender, die ein Wort einigermaßen richtig aussprechen möchten, ohne die Feinheiten zu beachten. Wer auch letztere meistern möchte, um etwa beim Mantra-Chanten dem Original noch näher zu kommen, kann sich auch an der zweiten Stufe versuchen. Hier wird es letztlich hilfreich sein, mit einer Mantra-CD zu arbeiten, um die Originalklänge aufzunehmen.

Aussprache I

Beachten Sie bei der Aussprache grundsätzlich die langen und kurzen Vokale, dadurch ergibt sich auch fast automatisch die richtige Betonung, z.B. Bhagavad’gītā, Rā’māyana, Yoga’sūtra. Das e und o sind lang wie in Deva bzw. Govinda. Die Vokale a, i, u sind kurz oder lang wie im Deutschen, das für die Aussprache ohnehin eine viel bessere Ausgangsposition bietet als etwa Englisch oder Französisch.

Wie schon erwähnt ist c als tsch zu sprechen, also citta wie tschitta. Das j kennen wir am besten aus Mahārāja, welches bekanntlich Mahārādscha ausgesprochen wird, so auch Rāja-Yoga, Rādscha-Yoga. Ein wenig schwierig ist jña wie in Vijñāna. Dies kann als Vidschnyāna gesprochen werden, aber Vidnyāna oder Vignyāna sind ebenso gebräuchlich und weniger zungenbrecherisch. Diese dreifache Option gilt für alle Wörter mit jñ.

Sh entspricht deutsch sch, das s wird immer scharf ausgesprochen wie in Song oder Sun. Gelegentlich hört man die Aussprache ā’zāna (falsch) für ’āsana (richtig). Die Betonung sollte auf der ersten Silbe liegen und das s scharf gesprochen werden.

Das r ist ein gerolltes Zungen-r ähnlich wie etwa im Spanischen. Wer dies hinbekommt, sollte es so aussprechen, ansonsten aber die deutsche Version benutzen (wie es übrigens auch viele deutsche Indologen tun).

Bleibt abschließend noch das v, das wie deutsch w gesprochen wird, weshalb wir manchmal auch die Schreibweise Wischnu für Vishnu finden.

Aussprache II

Die Konsonanten werden, wenn kein h folgt, ohne Hauch ausgesprochen, so wie ein Franzose das P in Paris ausspricht. Im Deutschen sprechen wir eigentlich, aus der Sicht des Sanskrit, Pharis. Man kann dies feststellen, indem man beim Sprechen ein dünnes Blatt Papier vor den Mund hält. Bei dem nicht-aspirierten Laut sollte es sich nicht oder wenig bewegen.

Im Sanskrit gibt es nun für die Konsonanten jeweils den Laut mit und ohne Hauch, z.B. ka, kha oder ta, tha. Dementsprechend sind etwa die Wörter karma oder kundalinī mit einem k ohne Hauch auszusprechen, was Inder meist automatisch richtig sprechen, während es für uns Übung erfordert. Letzteres gilt auch für bh oder dh, zumal am Anfang eines Wortes wie in Bhārata. Hier folgt direkt hinter dem B noch ein Hauchlaut, etwas leichter fällt es in Mahā-bhārata. Ähnlich klingt auch Rādhā etwas anders als Rādā, wie man es im Deutschen aussprechen würde.

Bei den Konsonanten t, d, n gibt es jeweils eine dentale und eine retroflexe Version. Das dentale t, th, d, dh, n wird ausgesprochen, indem die Zunge vorne an die Zähne geführt wird. Beim retroflexen ṭ, ṭh, ḍ, ḍh, ṇ wird die Zunge nach hinten an den Gaumen gebogen.

Den Nasallaut ṅ wie in aṅga sprechen wir im Deutschen automatisch richtig, d.h. wie in „lange“. Das ṁ wie in haṁsa wird leicht nasaliert ausgesprochen. Wir finden den ungefähren Laut, indem wir französisch Orléans sprechen, dann nur die letzte Silbe nehmen, ans, und diese zu hansa ergänzen.

Der Unterschied zwischen dem palatalen ś und dem retroflexen ṣ ist so fein, dass er in der Praxis wohl nur von Indern nachvollzogen werden kann: im ersteren Falle ist die Zungenspitze gesenkt, im zweiten nach oben zurückgebogen. Wir sprechen beides wie sch.

Das Yoga-Lexikon

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