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II. Die Apokalypse im neutestamentlichen Kanon
ОглавлениеDie ersten vielleicht beachtenswerten Zeugnisse[1] für ein eventuelles Vorhandensein der Apk finden sich in den ignatianischen Briefen. An Apk 21,3 erinnert in der Tat ad Eph 15,3 ἵνα ὦμεν αὐτοῦ ναοὶ (Apk 21,3 lesen ℵ A λαοί!) καὶ αὐτὸς ἐν ἡμῖν θεὸς ἡμῶν. Ferner gewinnt ad Philad. 6,1 der Satz: οὗτοι ἐμοὶ στῆλαί εἰσιν καὶ τάφοι νεκρῶν, ἐφ’ οἷς γέγραπται „μόνον“ ὀνόματα ἀνθρώπων an Prägnanz, wenn man darin eine Anspielung auf Apk 3,12ff. erblicken könnte[2].
Der erste Zeuge, bei dem man mit großer Wahrscheinlichkeit Bekanntschaft mit der Apokalypse konstatieren mann, ist Papias. Eusebius freilich weiß davon nichts zu melden. Aber das ist bei seiner Stellung zu unserem Buch nur zu begreiflich. Aber in dem, was er aus dessen Werk berichtet, finden sich starke Anklänge an die Apk: III 39,12 ἐν οἷς καὶ χιλιάδα τινά φησιν ἐτῶν ἔσεσθαι μετὰ τὴν ἐκ νεκρῶν ἀνάστασιν σωματικῶς τῆς Χριστοῦ βασιλείας ἐπὶ ταυτησὶ τῆς γῆς ὑποστησομένης. Eusebius führt freilich diese Meinung des Papias nicht auf die Apokalypse, sondern dem Zusammenhang nach παράδοσις ἄγραφος (III 39,11) zurück, nennt als mißverstandene Quelle des Papias die „ἀποστολικαὶ διηγήσεις“, und denkt dabei wohl vor allem an das von Johannes stammende bekannte Herrenwort von der fabelhaften Fruchtbarkeit des Weinstockes im Jenseits (vgl. III 39,11 ξένας τέ τινας παραβολὰς τοῦ σωτῆρος). Aber Eusebius Urteil, das sich auf eine Äußerung des Papias über seine Quellen nicht stützt, kann für uns nicht maßgebend sein. – So hat man zunächst keinen Grund zum Mißtrauen gegen das Zeugnis des Andreas von Caesarea, der in der Vorrede zu seinem Kommentar zur Apk bemerkt, daß neben jüngeren Zeugen auch die älteren „Papias“ Irenaeus Methodius Hippolyt τὸ ἀξιόπιστον des Buches bezeugten. Andreas hat den Papias noch selbst gelesen. Zu Apk 12,7 (52,40ff. ed. Sylburg) zitiert er – doch wohl sicher aus den fünf Büchern λογίων κυριακῶν ἐξηγήσεως – zwei Ausprüche des Papias über die zur Verwaltung der Erde gesetzten Engel und deren Fall[3]. Allerdings läßt sich nicht ausmachen, ob A. diese Worte bei Papias als Auslegung zu Apk 12 gefunden habe, – es ist sogar das Gegenteil wahrscheinlich. Aber immerhin ist damit Andreas als ein zuverlässiger Zeuge für das, was er aus dem Werke des Papias zur Frage beibringt, erwiesen.
Wenn endlich Harnack (Chronologie d. altchristl. Litt. I 333ff.) mit der Vermutung recht hat, daß die Aussagen der Presbyter bei Irenaeus (s. den nächsten Abschnitt der Einleitung) auf das Werk des Papias zurückzuführen seien, so ließe sich noch von einer anderen Seite die Bekanntschaft des Papias mit der Apokalypse, ja noch mehr erweisen. Iren V 30,1 (=Eus. H. E. V 8,5) heißt es nämlich, daß alle, die den „Johannes“ noch von Angesicht gesehen, als die Zahl des Tieres (Apk 13,18) 666 überlieferten. Stammt diese Notiz mit den übrigen sogenannten Presbyterzitaten bei Irenaeus aus Papias, so ist damit nicht nur erwiesen, daß Papias die Apk gekannt, sondern auch, daß er sie als ein Werk des bekannten kleinasiatischen Johannes angesehen hat[4]. Bemerkenswert ist es übrigens, daß auch der Presbyter, den Irenaeus IV 42-44, (27,8-28,1), IV 46,1-47,1, (30,1-4) 49,1 (32,1) zitiert und dessen Zeugnis wahrscheinlich (vgl. Harnack a. a. O.) nicht mit dem eben besprochenen Zeugnissen der Presbyter (im Plural) zu konfundieren ist, sich auf die Apokalypse der Johannes ausdrücklich beruft, „si quis autem diligentius intendat his, quae a prophetis dicuntur de fine et quaecunque Joannes discipulus domini vidit in apocalypsi, inveniet easdem plagas universaliter accipere gentes, quae tunc particulatim accepit Aegyptus. IV 47,1 [30,4].
Als bemerkenswertes argumentio e silentio mag erwähnt werden, daß der Hirt des Hermas in seinen eschatologischen Partien vollkommen unabhängig von der Apk erscheint. In Rom scheint diese zur Zeit des Hirten noch nicht bekannt gewesen zu sein.
Das erste ganz gesicherte und schwerwiegende Zeugnis für die Apk liefert Justin. Dialog. 81,14: καὶ ἔπειτα καὶ παρ' ἡμῖν ἀνήρ τις, ᾧ ὄνομα Ἰωάννης, εἷς τῶν ἀποστόλων τοῦ Χριστοῦ, ἐν ἀποκαλύψει γενομένῃ αὐτῷ χίλια ἔτη ποιήσειν ἐν Ἰερουσαλὴμ τοὺς τῷ ἡμετέρῳ Χριστῷ πιστεύσαντας προεφήτευσε καὶ μετὰ ταῦτα τὴν καθολικὴν καί συνελόντι φάναι αἰωνίαν ὁμοθυμαδὸν ἅμα πάντων ἀνάστασιν γενήσεσθαι καὶ κρίσιν[5]. Nach einer deutlichen Anspielung auf die Apk (ὂφις καλεῖται καὶ σατανᾶς καὶ διάβολος) bemerkt er: ὡς καὶ ἐκ τῶν ἡμετέρων συγγραμμάτων ... μαθεῖν δύνασθε. Apol I, 28.
Im Laufe des zweiten Jahrhunderts werden dann die Zeugnisse für die Apk reichhaltiger, kaum ein Buch des NT steht so reichbezeugt da. Was zunächst Kleinasien, die Heimat der Schrift betrifft, so finden wir sie hier, wie später erwiesen werden wird, in Geltung und Ansehen bei den Montanisten[6]. Auch ein kirchlicher, doch wohl mehr vermittelnder Schriftsteller, der Bischof Melito von Sardes[7], schrieb über die Apk ein Werk mit dem rätselhaften Titel ‚τὰ περὶ τοῦ διαβόλου[8] καὶ τῆς ἀποκαλύψεως Ἰωάννου Eus. H. E. IV 26,2. Ob beim anonymen Antimontanisten (Eus. H. E. V 16,3) eine Anspielung[9] auf den Schluß der Apk vorliegt, ist denn doch sehr zweifelhaft. Der antimontanistische Schriftsteller Appolonius, der 40 Jahre nach dem Auftreten des Montanus schrieb (Eus. H. E. V 18,12), gebrauchte Zeugnis aus der Apk und berichtete daneben von der Auferweckung eines Toten in Ephesus durch den Johannes, der die Apk verfaßt. (H. E. V 18,14.) Aus Kleinasien nahm Irenaeus die Hochschätzung der Apk mit nach Gallien. Irenaeus führt (vgl. Abschnitt III) Evangelien, Briefe und Apk auf den einen Johannes in Ephesus, den Apostel und Herrenschüler zurück, vgl. namentlich adv. haer. II 33,3 [22,4], III 1,2 [1], III 3,4, III 11,7 [1], für die Apk V 30,1.3. Er zitiert häufig Johannes in Apocalypsi[10], und sagt nichts von einem Widerspruch, der sich gegen die Apk erhoben hätte. So kann es nicht wundernehmen, wenn gerade in dem Schreiben der Gemeinden von Lugdunum und Vienne die Apk (22,11) als heilige Schrift zitiert wird (ἵνα πληρωθῇ ἡ γραφή) Eus. H. E. V 1,58 [vgl. H. E. V 1,10 = Apk 14,4 und H. E. V 2,2 = Apk 1,5]. In Afrika hat die Apk am Ende des zweiten Jahrhunderts eine ganz feste Stellung. Tertullian nennt ein instrumentum Ioannis (resurrectio [25] 38: si instrumentum Ioannis norunt). Man hat vermutet, daß Apk und der erste Brief dies instrumentum Johaneum bildeten[11]. Vgl. pudicitia (12) 19, fuga 9 (scorpiace 12), praescr. 33. Auch Tertullian kennt nur einen Johannes, den Apostel, und zitiert besonders in seinen montanistischen Schriften die Apk sehr häufig. Zweifel gegen die Kanonizität der Apk scheinen ihm, außer dem des Marcion, nicht bekannt[12]. Über Cyprian, der hier ganz dem Tert. folgt, vgl. man Lücke 579,8. In Aegypten folgt Clemens von Alexandria ohne weiteres der gesamten kirchlichen Tradition.[13] Er zitiert die Apk Paed. II, 108 mit ἡ ἀποκάλυψις φησίν (vgl. II,119 (φωνὴ ἀποστολική)[14]. Selbst für Origenes existieren keinerlei Bedenken. Für ihn ist der Verfasser des Evangeliums, der Apk und des ersten Briefes der Apostel Johannes (in Josuam Hom VI.; Kommentar zum Evangelium des Johannes Tom. V ed. Lommatzsch I 165; Eus. H. E. VI 25,9). Auch die Verteidiger des Chiliasmus, mit denen Dionysius zu tun hatte, berufen sich auf die Apk (Eus. H. E. VII 24). In der antiochenischen Kirche soll der Bischof Theophilus nach Eus. H. E. VII 24,1 in seiner Schrift gegen Hermogenes der Apk Zeugnisse entlehnt haben.
Es zeigt sich also hinsichtlich der Anerkennung der Apk eine so allgemeine Übereinstimmung, wie dies bei vielen Büchern des NT nicht der Fall ist. Aber vereinzelte Bedenken gegen die Schrift finden sich schon in dieser Zeit. Daß Marcion (Tertullian adv. Marc. IV 5) das Buch nicht anerkannte, ist ja weiter nicht auffallend. Aber merkwürdig bleibt der Widerspruch, der sich von Seiten einer kleinen innerkirchlichen Partei Kleinasiens, den sogenannten Alogern, erhob. Irenaeus III 11,12 [11,9] erwähnt bereits solche, welche das vierte Evangelium wegen seiner Lehre vom Parakleten verwarfen, welche zwar die falschen Propheten bekämpfen, aber den Gegensatz gegen die Prophetie so weit übertreiben, daß sie diese der Kirche ganz absprechen[15]. Mit diesen hängen nun wahrscheinlich zusammen, oder sind vielleicht identisch diejenigen Bekämpfer der johanneischen Schriften (Evangelium und Apk), gegen welche Epiphanius Haer. 51 und Philastrius Haer. 60 sich richten. Nun ist allgemein zugestanden, daß Epiphanius und Philastrius (wie Ps. Tertullian), soweit sie sich decken, auf das Syntagma des Hippolyt zurückgehen. Demnach kannte Hippolyt eine Partei, welche Apk und das Ev. Johannes verwarf und diese Schriften dem Cerinth zusprach. Mehr ist zunächst nach Vergleichung der Quellen mit völliger Sicherheit auf Hippolyt nicht zurückzuführen. Nicht einmal die Zeit und die Umstände, unter denen diese Aloger auftraten, sind sicher festzustellen. Doch sind dieselben im Syntagma des Hippolyt wahrscheinlich in unmittelbarer Nähe der Montanisten und Quartadezimaner aufgezählt[16], so daß wir in ihnen wohl eine kleinasiatische Partei derselben Zeit zu erblicken haben. Dann hätte Epiphanius Haer. 51,1 Recht, wenn er dieselben im Zusammenhang mit den Montanisten auftreten läßt.
Noch deutlicher wird der Zusammenhang der Aloger mit den Montanisten aus einer Ausführung, die Epiphanius Kap. 33 über die Art der Bekämpfung der Apokalypse von seiten ihrer Gegner bringt, und die um so wichtiger ist, als Epiphanius dieselbe wohl sicher Hippolyt entlehnte. Hier wird der Vorwurf der Aloger gegen die Apk behandelt, daß in ihr ein Schreiben an die Gemeinde von Thyatira gerichtet sei, während es dort gar keine gäbe. Nach den unklaren und verworrenen Ausführungen des Epiphanius war mit diesem Vorwurf gemeint, daß damals die Montanisten die Gemeinde in Thyatira verführt hätten, und daß der Apokalyptiker bei der Auswahl der Gemeinden, an die er schrieb, dies hätte voraussehen müssen. Dagegen macht der Bestreiter der „Aloger“, den Epiphanius hier ausschreibt, (also Hippolyt)[17] im wesentlichen geltend, daß zu seiner Zeit bereits wieder in Thyatira eine katholische Gemeinde existiere, und daß der Prophet beides, Abfall und Wiederherstellung, vorausgesehen habe. Durch diese Ausführungen wird es sehr wahrscheinlich gemacht, daß die Aloger Zeitgenossen und erbitterte Gegner der Montanisten waren. Damit stimmt denn auch überein, daß Epiphanius die Aloger als Gegner des Geistes und Leugner der Geistesgaben in der Kirche behandelt, so in seiner Beurteilung mit Irenaeus zusammentreffend. Es ist also doch wohl Zahn zuzustimmen, wenn dieser das Hauptmotiv für die Verwerfung der johanneischen Schriften bei den Alogern in dem scharfen Gegensatz gegen die Montanisten findet. Umgekehrt ist dann zu schließen, daß gerade die Montanisten an der Verheißung des Parakleten im vierten Evangelium und an der Hochschätzung der Prophetie in der Apk eine gewaltige Stütze fanden. Dagegen wird Harnack[18] nicht Recht zu geben sein, wenn er vor allem bei den Alogern antignostisches Interesse und eine adoptianische Christologie annimmt. Der den Gegensatz gegen die Logoslehre zum Ausdruck bringende Name Aloger scheint erst von Epiphanius eingebracht zu sein, der doch in demselben Atemzug zugestehen muß (Kap. 4. 424 C) δοκοῦσι γὰρ καὶ αὐτοὶ τὰ ἴσα πιστεύειν ἡμῖν. Recht unerklärlich aber bleibt jedenfalls von jenem Gegensatz gegen die Logostheologie aus die runde Verwerfung der Apk[19]. Daß die „Aloger“ endlich den Gnostiker Cerinth zum Verfasser der Schriften machten, geschah wohl nur, weil man den Cerinth als den häretischen Antipoden des Johannes kannte und mit dieser Behauptung am besten die Schriften diskreditieren konnte.
Einiges aus der Polemik der Aloger gegen die Apk teilt uns Epiphanius mit. Sie erklärten die Erzählungen der Apk von Engeln und Posaunen für nutzlos, spotteten über das Loslösen der vier Engel am Euphrat und die Beschreibung der höllischen Reiterscharen. Einer ihrer Gegengründe ist schon oben besprochen. Es sind die Einwände nüchterner — fast möchte man sagen, was die Behandlung des vierten Evangeliums betrifft — wissenschaftlicher Kritik. Immerhin ist es bedeutsam, daß in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts eine solche Kritik möglich war, daß, wenn auch, wie es scheint, nur in kleinen Kreisen (von Gelehrten?), die Überzeugung ausgesprochen wurde, zwischen der Überlieferung des Johannesevangeliums und der Synoptiker bestehe eine Spannung, in der Apk zeige sich ein phantastisches fremdes Element der Frömmigkeit. Für unsre Untersuchung aber ist ein Punkt besonders lehrreich. Die Aloger sind die frühesten Zeugen für die Zusammengehörigkeit von Evangelium und Apk des Johannes, als einer trotz aller Verschiedenheit aus den gleichen Kreisen hervorgegangenen Literatur. Beide Schriften gelten als die festesten Stützen des Montanismus, beide werden gleicherweise von den Gegnern desselben verworfen. Sie haben von früher Zeit an eine gemeinsame Geschichte gehabt[20].
Den Widerspruch der Aloger hat dann der römische Presbyter Cajus, der zur Zeit des Bischofs Zephyrinus in Rom (199-217) seinen Dialog gegen den Montanisten Proclus schrieb, wieder aufgenommen[21]. Auch er erklärte die Apk für ein Werk des Cerinth (Euseb. H. E. III 28,2): ἀλλὰ καὶ Κήρινθος ὁ δι’ ἀποκαλύψεων ὡς ὑπὸ ἀποστόλου μεγάλου γεγραμμένων τερατολογίας ἡμῖν ὡς δι’ ἀγγέλων αὐτῷ (sc. τῷ ἀποστόλῳ nach Jülicher a. a. O.) δεδειγμένας ψευδόμενος ἐπεισάγει (es folgt die Darstellung der Lehre vom tausendjährigen Reich). Es kann kein Zweifel sein, daß Cajus hier sagen wollte, daß Cerinth die Apk dem Namen des Johannes untergeschoben habe. Neuerdings besitzen wir übrigens auch einige Fragmente aus dieser Streitschrift des Cajus, die uns seine Beurteilung der Apk gut illustrieren. Gegen ihn hat nämlich Hippolyt seinerseits wieder eine Streitschrift zur Verteidigung der Apk geschrieben, deren Titel (Kapitel gegen Cajus) uns Ebed Jesu in seinem catalogus librorum[22] ausdrücklich nennt. Fragmente dieser Schrift sind in einem Kommentar des syrischen Monophysiten Bar-Salibi erhalten, von Gwynn (Hermathenen VI 397-418, VII 137-150; die Zugehörigkeit der Fragmente in Bd. VII zu der Schrift gegen Cajus ist nicht gesichert[23]) veröffentlicht und von Achelis der neuen Hippolytausgabe der Berliner Kirchenväterkommission in deutscher Übersetzung einverleibt: I 2, 241-247. Nach diesen Fragmenten scheint Cajus in der Weise der „Aloger“ — es finden sich direkte Berührungen — die Apk Punkt für Punkt durchgenommen und nachgewiesen zu haben, daß sich die Anschauungen der Schrift mit den übrigen des NT nicht decken. Es ist sehr bemerkenswert, daß der Antimontanist und Antichiliast Cajus mit seiner Kritik[24] der Apk direkt an die Aloger anknüpft, ein neuer Beweis, daß die Beurteilung der Aloger als einer antimontanistischen Partei berechtigt ist, und daß Epiphanius mit seiner Kritik der Aloger in die Irre leitet. Gegenüber den Alogern und dem Cajus erstand der Apk in Hippolyt ein unermüdlicher und begeisterter Verteidiger (vgl. Abschnitt IV)[25].
In noch gemäßigterer Form nahm dann Dionysius von Alexandria (Eus. H. E.VII 25) die Kritik an der Apk wieder auf, und er hatte einen durchschlagenden Erfolg. Er bezieht sich in der Einleitung seiner uns von Eusebius zum Teil erhaltenen Schrift deutlich auf seine Vorgänger: τινὲς μὲν οὖν τῶν πρὸ ἡμῶν ἠθέτησαν καὶ ἀνεσκεύασαν πάντη τὸ βιβλίον, καθ’ ἕκαστον κεφάλαιον διευθύνοντες ἄγνωστόν τε καὶ ἀσυλλόγιστον ἀποφαίνοντες ψεύδεσθαί τε τὴν ἐπιγραφήν (VII 25,1). Er erwähnt dann die Vermutung, daß der Verfasser der Apk der Ketzer Cerinth sei. Er will sich dieser Kritik nicht anschließen. Aber er vermutet, daß ein andrer Johannes als der Zebedaide[26] der Verfasser der Apk sei. Zu Ephesus zeige man zwei μνήματα des Johannes, das lasse auf einen andern Johannes in Kleinasien schließen. Zum Beweise seiner These führt er dann eine geradezu musterhafte Vergleichung der Apk mit dem Evangelium und den Briefen des Johannes nach schriftstellerischer Eigenart, Sprache und Anlage (διεξαγωγή = Ökonomie) durch. Auch des Dionysius Kritik steht im Dienst der Dogmatik. Im Kampf mit der chiliastischen Partei, an deren Spitze der Bischof Nepos von Arsinoe stand (225 p. Chr.), schrieb er seine zwei Bücher περὶ ἐπαγγελιῶν, in deren zweitem er seine kritische Ansicht über die Apk, die Hauptstütze der Gegner, vortrug.
Von dieser ganzen durch theologische Kritik und dogmatische Bedenken gegen die Apk hervorgerufenen Bewegung scheint nur eine einzige Tatsache unabhängig dazustehen: die Nichtaufnahme der Apokalypse in den syrischen Kanon. In der älteren syrischen Übersetzung des NT, der sogenannten Peschita[27], fehlt die Apk. Wir besitzen eine syrische Übersetzung nur aus der Philoxeniana (?) und der von Thomas v. Charkel unternommenen Rezension der Philoxeniana.
Gehen wir weiter in der Überlieferung der syrischen Kirche zurück, so zählt die doctrina Addai[28], die uns freilich nicht mehr in der von Eusebius bezeugten Form vorliegt und in der uns vorliegenden um etwa 400 entstanden ist, wohl einer älteren Aufzeichnung folgend, die vier Evangelien (Diatessaron), die Paulusbriefe und die Apostelgeschichte als einzige Schriftautoritäten des NT auf, kennt also ebenfalls die Apk nicht.
Der wichtigste Zeuge für den Kanon der syrischen Kirche ist Ephraem (373 †.). Über ihn schrieb ich gegenüber den schwankenden Urteilen über seine Zitate in der fünften Auflage: „Es ist unbedingt nötig, daß einmal über die gesamte interessante Literatur eine umfassende Untersuchung angestellt würde, dann erst würde man auch in der vorliegenden Frage zur Klarheit kommen können.“ Das ist nun mittlerweile zum Teil geschehen. In einer ausgezeichneten Untersuchung hat Burkitt[29] die Überlieferung der syrischen Werke Ephraems in der römischen Ausgabe[30] auf eine bessere Grundlage, nämlich auf die der handschriftlichen Zeugnisse der vorislamischen Zeit, zu basieren versucht. Obwohl sich diese Untersuchung zunächst mit den Evangelienzitaten Ephraems beschäftigt, so wirft sie auch auf unsre Frage ein überraschendes Licht. Es erweist sich nämlich dasjenige Zitat, auf Grund dessen einst Michaelis die Bekanntschaft Ephraems mit der Apk, nachdem er sie früher bestritten hatte[31], zugestand[32], als höchst wahrscheinlich unecht. Dies Zitat[33] findet sich in dem Sermo exegeticus in der römischen Ausgabe V, 330-336. Dieses Stück ist nur in einer Handschrift des zwölften Jahrhunderts überliefert (Cod. Vat. Syr. CXVII), die auch sonst nachweisbar unechtes, d. h. in älterer handschriftlicher Überlieferung unter anderem Namen Überliefertes unter dem Namen Ephraems bringt. Es genügt die Tatsache, daß nur in diesem Stück die Apk zitiert wird, bereits, auch dieses Werk von der Liste der echten Werke Ephraems abzusetzen[34]. So findet sich denn weder in den echten Stücken der römischen Ausgabe, nach in den von Lamy[35] herausgegebenen drei Bänden syrischer Hymnen, noch in der sonstigen gut überlieferten Literatur Ephraems[36] ein Beweis seiner Bekanntschaft mit der Apk. Wir werden also folgern dürfen, daß die Apokalypse im Kanon des Ephraem nicht stand[37]. So können wir das Gesamturteil aussprechen, daß in der alten syrischen Kirche die Apk nicht als kanonisches Buch bekannt war, ja daß man nicht einmal eine Übersetzung von ihr hatte.
Aber auch diese zunächst erstaunliche Tatsache findet doch bei näherem Zusehen ihre Erklärung. Das Urteil der syrischen Kirche ist kein isoliertes, sondern erweist sich als ein auch in der griechischen Kirche des Ostens weithin geteiltes. Kein geringerer als Eusebius hat hier das Urteil des Dionysius wieder aufgenommen[38]. Dieser schwankt freilich sichtlich in seinem Urteil über das Buch. Er weiß nicht, ob er, den einen folgend, es zu den Homologumenen rechnen, oder nach den andern es unter die νόθα stellen soll (zusammen mit dem Hirten des Hermas, der Apk des Petrus). H. E. III 25,4. Aber er gibt (III 39) durch Heranziehung der bekannten Papiasstelle über den Presbyter Johannes der Vermutung des Dionysius, daß ein andrer Johannes die Apk geschrieben habe, neuen Halt, und er stellt mit Vorliebe Notizen zusammen, die darauf hinführen, daß gut kirchliche Männer die Apk verworfen haben. So stellt er an die Spitze seiner Notizen über Cerinth III 28,1f. die Nachricht, daß Cajus diesem die Apk zugeschrieben habe, und weist in Verbindung damit auf das zweite Buch der Schrift des Dionysius über die Apk hin, das er später mit seinem Urteil über die Apk so ausführlich mitteilt VII 25. Dagegen erwähnt er die Verteidigungsschriften nicht (z. B. diejenigen Hippolyts) oder geht nur kurz über sie hinweg.
Das Urteil des Eusebius hat nun offenbar weithin gewirkt. Im vierten Jahrhundert steigert sich der Widerspruch gegen die Apk um ein bedeutendes. Cyrill, Catech. IV 33-36 (Zahn II 177) zählt unter den kanonischen Schriften die Apk nicht mit auf, während er doch alle sieben katholischen Briefe kennt, und sagt ausdrücklich τὰ δὲ λοιπὰ πάντα [ἔξω] κείσθω ἐν δευτέρῳ. Gekannt wird er die Apk natürlich haben. Aber Catech. 15 folgt er bei der Entwickelung seiner eschatologischen Ideen nicht der Apk, sondern Daniel, II Th 2 und der sonstigen Überlieferung vom Antichrist. Im Anhang des 59. resp. im 60. Kanon der Synode von Laodicea[39] (um 360), der jedoch wahrscheinlich erst nachträglich eingeschoben, aber doch ebenfalls alt ist, fehlt die Apk (Zahn II,197ff.). Ebenso im Kanon 85 (84) des achten Buches der apostolischen Konstitutionen (Zahn II,191ff.). Ebenso wie Cyrill urteilt Gregor von Nazianz in seinem carmen περὶ τῶν γνησίων βίβλιων τῆς θεοπνεύστου γραφῆς (carmen 33), obwohl er die Apk auch einmal zitiert (Zahn II 216). In den Jamben des Amphilochius von Iconium, (Zahn II 217, 214,1) wird von der Apk gesagt, daß sie nach dem Urteil der meisten zu den νόθοι gehöre. Chrysostomus zitiert sie nicht[40]. In der vielleicht echten Synopsis des Chrysostomus[41] ist in der προθεωρία eine kurze Übersicht über die Schriften des NT erhalten, in welcher ebenfalls die Apk fehlt (Zahn II 230). Theodor von Mopsueste erwähnt die Apk „auch da nicht, wo man es erwarten könnte“ (Lücke 642). Theodoret, der Haeret. fabul. I,3 das Urteil des Cajus über die Herkunft der Apk. von Cerinth erwähnt, zitiert die Apk ebenfalls nicht und spielt nur einige Male auf sie an (Lücke 643). Er erwähnt sie auch da nicht, wo er sie erwähnen müßte (Kommentar zu II Th 2, haeret. fab. 2), wo er gegen Cerinth, Nicolaiten, Montanisten, Nepos und über Dionysius schreibt.
Zahn hat nachgewiesen (vgl. Forschungen zur Gesch. des neutest. Kanons V,131ff.), daß das Verzeichnis der sechzig kanonischen Bücher, die Stichometrie, welche der um 850 in Jerusalem überarbeiteten Chronographie des Nicephorus angehängt ist, die sogenannte Synopsis des Athanasius und endlich die Liste apokrypher Bücher des Armeniers Mechithar von Aïrivank (um 1290) mit einander auf ein älteres Kanonsverzeichnis, das im fünften Jahrhundert in Palästina vom Standpunkt gelehrten Interesses entworfen wurde, zurückführen. Nach der von Zahn versuchten Rekonstruktion (l. c. 133. 136) stand die Apk. hier unter den neutestamentlichen Antilegomenen (etwa neben der Petrusapk, dem Barnabasbrief und dem Hebräerevangelium). — In der Stichometrie des Nicephorus (Zahn, Gesch. d. Kanons II 1. 299) hat sie diesen Platz behalten. Im Kanon der 60 (Zahn II 1. 290ff.) ist sie ganz verschwunden, bei Pseudo-Athanasius (Zahn II 316) wird sie ausdrücklich unter die Homologumenen eingereiht, so daß die hier vollzogene Neuerung noch deutlich heraustritt. Aber noch bei Mechithar von Aïrivank(Zahn, Forschungen V 116) steht im Verzeichnis der apokryphen Bücher unter dem Titel „Bücher, die zugelassen werden können“, Nr. 17 Offenbarung des Johannes.
In der nestorianischen Kirche blieb der Widerspruch der antiochenischen Schule haften. Der Afrikaner Junilius de part. leg. div. I, 4 behauptet auf Grund der Lehrvorträge des Paulus von Basra (Nisibis): „de Ioannis apocalypsi apud Orientales admodum dubitatur“. Die Nestorianer hielten überdies an der Peschita fest. Dagegen ist, wenn Gwynn Recht darin hat, daß die von ihm entdeckte syrische Übersetzung die Philoxeniana ist (s. u. Abschnitt VI), die Apk in der jakobitischen (monophysischen) syrischen Kirche anerkannt. Jakob von Edessa (708 †) ist der erste syrische kirchliche Schriftsteller, der sie nachweislich zitiert (in Ephraems opera ed Assemani I, 192). Aber sogar noch Bar-Hebraeus (1286 †) hält sie für ein Werk des Ketzers Cerinth oder des andern Johannes (Assemani Bibl. or. III, 15). Ebenso läßt Ebed-Jesu (1318 †) sie in seinem Verzeichnis kanonischer Schriften aus. Nach Barhebraeus soll Barsalibi einen Kommentar zur Apk geschrieben haben (vgl. Michaelis 1905)[42].
Es ist schließlich doch ein bestimmtes Gebiet, auf das sich der Widerspruch gegen die Apk beschränkt, nämlich die Bezirke Syrien und Palästina: Cäsarea (Eusebius), Jerusalem (Cyrill und etwa die gemeinsame Grundlage des Kanons der LX, der Synopsis des Pseudoathanasius, des Anhanges der Stichometrie des Nicephorus), Antiochia (Theodor, Chry sostomus, Theodoret). Von dort her wird schon die alte syrische Nationalkirche ihr Urteil über das Buch bezogen haben. Die Nestorianer haben dann das Urteil beibehalten. Daß auch in der von der syrischen abhängigen armenischen Kirche sich Spuren der Verwerfung der Apk finden, kann nicht wundernehmen.
Auf die syrisch-palästinensische Kirchenprovinz scheint sich aber auch der Widerspruch gegen die Apk im wesentlichen beschränkt zu haben. In Aegypten, dem Heimatsland desselben, ist er bald verschwunden. Hier hat offenbar die Autorität eines Athanasius Bahn gebrochen. In dem Osterfestbrief von 367 nennt Athanasius am Schluß der kanonischen Schriften des neuen Testaments καὶ πάλιν Ἰωάννου ἀποκάλυψις (Zahn II 1, 212). Didymus, Cyrill von Alexandria, Nilus, Isidor von Pelusium erkennen sie an[43], auch die Kappadozier Basilius der Große und Gregor von Nyssa, ferner Epiphanius von Salamis. Andreas, Erzbischof von Caesarea in Kappadozien, schrieb im Anfang des sechsten Jahrhunderts einen Kommentar über das Buch. Er fühlt sich allerdings veranlaßt, im Prooemium eine Verteidigung der Apk voranzuschicken unter Berufung auf Papias, Irenaeus, Methodius, Hippolyt. Von späteren Kirchenvätern, welche die Apk anerkennen, wäre, seiner Provenienz wegen, noch Johannes Damascenus zu nennen (de fide orthod. IV,17 vgl. de haeres. 51)[44].
In der abendländischen Kirche herrschte dagegen von Anfang an Einstimmigkeit. Hippolyt hat die Schrift nach allen Seiten hin verteidigt. Er schrieb über sie einen verloren gegangenen Kommentar und bringt ausführliche Zitate aus ihr im Danielkommentar und in de antichristo (das Genauere s. unter Abschnitt IV). Der Kanon Muratori erwähnt die Apk an zwei Stellen. Einmal wird hier behauptet, daß Paulus seine Briefe in der Nachfolge des Johannes, der seine sieben Sendschreiben verfaßte, geschrieben habe. Zum Schluß heißt es: apocalypses etiam Iohannis et Petri tantum recipimus, quam quidam ex nostris legi in ecclesia nolunt. Auch im Kanon Mommsens steht die Apk unter den kanonischen Büchern. (Zahn II 1,144.) Den ersten erhaltenen Kommentar zur Apk schrieb ein Abendländer, der Märtyrer Victorin v. Pettau (ca. 303 †). Wenn Philastrius de haeresibus 88 die Apk unter den kanonischen Schriften nicht aufzählt, so ist das bei dem Schriftsteller, der de haeresibus 60 gegen die Verwerfung des Evangeliums Johannis und der Apk polemisiert, nicht zu begreifen. Zahn (II 1,237,3) zweifelt daher wohl mit Recht an der Echtheit jenes Kapitels. Es mag jedoch auch ein Fehler in der Textüberlieferung vorliegen. Ein lateinisches Kanonsverzeichnis, in dem die Apk fehlt, wäre etwas ganz singuläres. Rufin expositio in symb. 37 rechnet die Apk unter die kanonischen Bücher. In Afrika wird sie von Ticonius (vor 380) kommentiert. Im Reskript Innocenz’ I von Rom (405) (Zahn II 1,245), auf den Synoden von Hippo und Carthago (393. 397) ist sie anerkannt[45]. Nur eine Ausnahme ist in dem ganzen Chor von Zeugen vorhanden: Hieronymus steht unter morgenländisch-palästinensischem Einfluß. Im Brief an Dardanus charakterisiert er die Stellung der morgen- und abendländischen Kirche zum Kanon damit, daß jene den Brief an die Hebräer, diese die Apk annehmen. Er neigt dennoch dazu, die Apk unter die kanonischen Schriften zu rechnen (epist. 123,3, Vallarsi I, 97,1). Genauer weist er psalm 149, Migne P. L. 26. 1343 C. ([apoc] quae in ecclesia legitur et recipitur, neque enim inter apocryphas scripturas habetur sed inter ecclesiasticas) die Apk einer Mittelklasse zwischen kanonischen und apokryphen Büchern zu. Er kennt auch die Tradition von zwei kleinasiatischen Johannes. Sonst taucht in der abendländischen Kirche nur hier und da die Erinnerung daran auf, daß die Apk im Morgenland nicht zu den anerkannten Schriften gehört (Sulpicius Severus, Chronic. II, 31, Junilius s. o.).
Ganz plötzlich und unerwartet kommt in der abendländischen Kirche noch in später Zeit ein Widerspruch. Das Capitulare Aquisgranense[46] (789) entfernt stillschweigend unter Anerkennung der Beschlüsse der Synode von Laodicea (can. 59) die Apk aus der Reihe der kanonischen Schriften, aber es hat in diesem Verfahren im Abendland keine Nachfolge gefunden.
Jahrhunderte später aber erwachte die altkirchliche Kritik an der Apk zu neuem Leben[47]. Kein geringerer als Erasmus in seinen Annotationes[48] zum neuen Testament nahm sie in Anlehnung an Hieronymus unter Hinweis auf die altkirchliche Tradition, auf die Sprachverschiedenheiten zwischen Evangelium und Apk und den in dieser ausgesprochenen Chiliasmus wieder auf. Von den Reformatoren unterschied zuerst Carlstadt (libellus de canonicis scripturis 1520)[49] die Bücher des neuen Testaments in drei Klassen und stellte in die dritte II, III Joh, II Pt, Jud, Jak, Hbr, Apk. Er lehnt sich dabei direkt an Erasmus an. Luthers keckes und geniales Urteil[50] über die Apk ist bekannt. Aber schon in seiner Schrift gegen Ambrosius Catharinus macht Luther Gebrauch von Apk 9,7-12 und gibt eine Exegese zu dieser Stelle. Dann gab er 1528 in antipapistischem Interesse den comment. ante centum annos editus heraus. Wesentlich dies Interesse mag es auch wohl gewesen sein, das ihn allmählich zu einem günstigeren Urteil über unser Buch bewog, das er in der Vorrede von 1534 niederlegte. Das allerwesentlichste ist aber, daß Luther seinem Urteil über die von ihm abgelehnten neutestamentlichen Bücher (Jak, Jud, Hbr, Apk) auch dadurch äußerlich Ausdruck verlieh, daß er diesen Schriften in seiner Ausgabe des neuen Testaments keine Nummer und keine Seitenzahl gab und sie so als Anhang darstellte, eine Anordnung, die sich bis ins siebzehnte Jahrhundert erhalten hat, und die so sehr jetzt aus dem Gedächtnis geschwunden zu sein scheint, daß es wahrlich gut täte, eine alte Lutherbibel einmal wieder im Druck herzustellen[51]. Die Stellung, die Luther diesen Schriften anwies, ist ja bekanntlich bis auf den heutigen Tag geblieben.
Luthers Kritik war eine wesentlich innerlich und religiös begründete, dadurch gerade von hervorragender Bedeutung, aber allerdings auch nicht ohne Gefahr zu starker Subjektivität. Die Folgezeit ist deshalb der, äußerlich angesehen, begründeteren und an die Kritik der alten Kirche sich anlehnenden Beurteilungsweise des Erasmus und Carlstadt gefolgt, und lange Zeit hat sich in der lutherischen Kirche die (Eusebianische) Annahme von den sieben Antilegomenen im neuen Testament gehalten. Zu diesen gehörte auch die Apk, aber es ist bemerkenswert, daß sich dabei durchgehend, wohl entsprechend dem späteren Wandel in der Auffassung Luthers, eine verhältnismäßig günstige Beurteilung der Apk zeigt.
Zu nennen sind hier aus dem XVI. Jahrhundert Veit Dieterich im „Summarium über die ganze Bibel“ (Oeder s. u. 313; bereits mit günstigem Urteil über die Apk), und Chemnitz im examen concilii Tridentini 1565-73 p. 49 sqq. und im Enchiridion 1600. Namentlich bei Chemnitz findet sich die Theorie über die sieben Antilegomenen deutlich entwickelt und zwar in Anlehnung an Hieronymus (Rufin) unter Herübernahme seines terminus technicus (libri ecclesiastici)[52]. Brenz in der confessio Wurtembergica (1551) nahm sogar Luthers scharfes Urteil wieder auf; die Centuriatoren halten an den 7 Antilegomenen fest.
Bis ins siebzehnte Jahrhundert hielt sich der Widerspruch: vgl. Aegidius Hunnius. disput. theol. de sacra scriptura cap. I thes. 11. 117. 119. 120ff. (1601); Hutterus, loci communes theologici 1609 p. 18; compendium 1619, quaestio 2 und 5. Besonders bemerkenswert sind noch Dietrichs Institut. catecheticae p. 19ff. In der offiziellen (von Balduin verfaßten) Wittenberger Widerlegung des Rakauer Katechismus (1619) ist von alt- und neutestamentlichen Apokryphen die Rede. Zu letzteren gehören die sieben Antilegomenen, und ein Unterschied wird noch kaum gemacht. Balduin schrieb selbst die idea dispositionum bibliarum (68f.). Die Liste der Apokryphen beginnt hier mit IV Esr und endet mit der Apk, 164 findet sich ein Abschnitt de tractatione apoc., in der das Buch günstiger behandelt wird. Eine für die Apk günstigere Wendung liegt bei Kromayer vor: ecclesiae Romanae apostasia in mysterio (1662) Diss III. Hier findet sich hinter der Liste der kanonischen Schriften die Bemerkung: quibus tamen a nonnullis adduntur ep. ad Hebraeos, apoc. Johannis.
Erst mit der die alte Sachlage geschickt vertuschenden Unterscheidung Johann Gerhards (Loc. theol. loc. cap. 9. § 241) zwischen kanonischen Schriften und libri canonici NT (später „deutero-kanonisch“) und der dort vorgetragenen Konstatierung eines Unterschiedes, der doch kein eigentlicher Unterschied ist, hörte auf einige Zeit alle Kritik in der lutherischen Kirche auf, und man erinnert sich in „lutherischen“ Kreisen bis zum heutigen Tage der freieren Stellung der Alten nur als einer Kuriosität, die man nach Kräften zu entschuldigen oder zu verschweigen sich bemüht.
Auch die ersten Reformatoren der reformierten Kirche, Zwingli und Oecolampadius, verwarfen unter Zurückgreifen auf die altkirchliche Tradition die Apk[53]. Viel rascher aber ist dann hier der Widerspruch gegen die Apk verstummt. Bei Calvin läßt sich wenigstens kein Widerspruch gegen die Apk nachweisen, doch kommentierte er sie nicht (Lücke 904,2). Bibliander (1549), Bullinger (1557), Beza (in den annotationes) verteidigten und kommentierten das Buch (Lücke 906,1; 904,2). Bemerkenswert ist, daß auch die sozinianische Gemeinde die Authentie derselben nicht anfocht (Lücke 907).
Der erste, der im Sinne der modernen Kritik[54] dann von neuem die Frage im Gegensatz zur Leichtgläubigkeit der englischen Kommentatoren aufnahm, war Abauzit in seinem Discours historique sur l’apocalypse (Oeuvres diverses Tom I 1770)[55]. Abauzit untersuchte die altkirchliche Tradition über die Apk und wies die Übermacht der ungünstigen Zeugnisse nach. Ihm antwortete Twells, Critical examination of the late New Text and Version of the New Testament in Greek and English[56] (1732) in hervorragender Weise. In Deutschland wurde die Untersuchung aufgenommen durch Hermann Oeder[57]. Oeder stützte sich in der Beurteilung der Tradition namentlich auf das Urteil des Cajus Romanus und suchte die Apk dem Cerinth zuzusprechen. In derb rationalistischer Weise zieht er gegen den jüdischen Fanatismus, den mannigfachen Aberglauben, die wilde Phantasie, die Unordnung in der Darstellung, die Sprache zu Felde. Das, wie es schien, ganz moderne Fündlein, daß Apk 12 cerinthische Christologie enthalte (Völter), mag man schon bei ihm nachlesen.
Oeders Untersuchungen wurden fortgesetzt von Vogel (freie Untersuchungen über einige Bücher des neuen Testaments) und durch Semler selbst (freie Untersuchung des Kanons. Halle 1771)[58]. Dieser Schrift trat Knittel-Wolfenbüttel (Beiträge zur Kritik über Johannesoffenbarung, ein Synodalschreiben, Braunschweig 1773), entgegen. Semler antwortete in seinen „neuen Untersuchungen über Apokalypsin“ 1776. Er stürzte sich in seinen Untersuchungen namentlich auf das Zeugnis der Aloger und war der Meinung, daß die Apk aus montanistischen Kreisen stamme. Er bestritt sogar das Zeugnis des Irenaeus und behauptete, daß entweder dessen Werk unecht, oder die betreffenden Stellen interpoliert seien. Dennoch ermäßigt er die Ausführungen Oeders um ein Bedeutendes, und manches in seinen Darlegungen ist noch heute lesenswert. Die bedeutendste Verteidigung der Apk schrieb Hartwig, Apologie der Apk wider falschen Tadel und falsches Lob 1780-83[59]. Weniger bedeutend, und reich an Übertreibungen[60]ist das Werk von Storr „neue Apologie der Offenbarung Johannis“ 1783. Diesen beiden Apologeten trat dann Michael Merkel (historisch-kritische Aufklärung der Streitigkeit der Aloger und andrer Lehrer über die Apokalypsis 1782; umständlicher Beweis, daß die Apk ein untergeschobenes Buch sei 1785) entgegen unter Preisgebung der allzu gewagten Behauptungen von Oeder und Semler[61]. An Bedeutung und Gelehrsamkeit aber ragen zwei weitere[62] hier zu nennende Arbeiten über diese (zum größten Teil) polemischen Eintagserscheinungen hinüber: Corrodis Geschichte[63] des Chiliasmus 1781, in dem ebenfalls die Echtheit der Apk bestritten wurde, und das maßvoll besonnene Einleitungswerk von J. D. Michaelis[64], das in den wiederholten Auflagen in immer steigendem Maße mit einem umfassenden Wissen ein gesundes nüchternes Urteil verbindet und noch jetzt trotz aller neueren Arbeiten in manchen Fragen unentbehrlich ist.
Dann wurde durch die Arbeiten von Herder und Eichhorn das Ansehen der Apk wieder gehoben, durch Heinrichs, de Wette, Bleek, Ewald, Lücke, Düsterdieck einer gemäßigten Kritik Bahn gebrochen. Von der Baurschen Schule wurde mit aller Energie die Echtheit der Apk als des einen Eckpfeilers ihrer Geschichtskonstruktion verfochten (vgl. Lücke 505,3). Über die Wandlungen, die das Urteil über die Apk und dessen Verfasser in der neuesten Zeit durchgemacht hat, wird in den folgenden Abschnitten geredet werden.
Fußnoten:
1. Eine brauchbare Zusammenstellung der einschlägigen Stellen bei Alford The Greek Testament IV. 2². 1884.
2. Nach der alle Instanzen abwägenden Untersuchung Harnacks, Chronologie I, 381-406, sind die Briefe in den letzten Jahren Trajans 110-117 (oder vielleicht einige Jahre später 117-125) geschrieben.
3. Eine merkwürdige Parallele zu diesem Papiasfragment bringt Justin Apol. II,5, vgl. Lücke, Einleitung in d. Offb. Joh 528f.
4. Es lässt sich vielleicht sogar nachweisen, daß die bekannte Notiz des Irenaeus (V 30,3), daß die Apk beinahe zu seiner Zeit am Ende der Regierung Domitians geschrieben sei, aus Papias stammt (s. den folgenden Abschnitt).
5. Das εἷς τῶν ἀποστόλων τοῦ Χριστοῦ wollte Rettig (über das erweislich älteste Zeugnis für die Echtheit der Apk 1829) streichen, s. dagegen Lücke 553ff. Die seltsame Notiz des Hieronymus, de vir. ill. 9 (apocalypsin quam interpretatur Justinus martyr et Irenaeus) und in der Übersetzung der Chronik des Eusebius (apostolus Johannes in Pathmos insulam relegatus apocalypsin vidit, quam interpretatur Irenaeus) ist vielleicht nur aus einem Mißverständnis des Eusebischen Textes der Chronik entstanden (Armen. Übers. uti narrat Irenaeus = ὡς δηλοῖ Εἰρηναῖος Chron. Paschale ed. Bonn p. 468). Man kann aber auch annehmen, daß Hieronymus mit Beziehung auf die langen Ausführungen des Irenaeus über die Apk V 30 absichtlich den Text der Chronik geändert und dann in de vir. illustr. den Justin, dessen Äußerungen über die Apk er ebenfalls kannte, noch eingefügt hat. An einem Kommentar des Justin oder des Irenaeus darf man natürlich nicht denken (vgl. Lücke 558ff.)
6. Die Bestreitung der Apk von Zeiten der Aloger wurde wahrscheinlich durch ihre Benutzung von Seiten der Montanisten hervorgerufen, vgl. Zahn, Geschichte des Kanons I 205.
7. Tertullian bei Hieronymus de vir. ill. 24. Eusebius H. E. IV 26. Hieronymus l. c.
8. Wenn Bonwetsch’ Gesch. d. Montanismus 22 von ihm selbst nicht ernsthaft versuchte Konjektur εὐαγγελίου richtig wäre, gehörte die Schrift in den Streit um die johanneischen Schriften. Nach Hieronymus de vir. ill. 24 waren es überhaupt zwei verschiedene Bücher.
9. Zahn, Gesch. d. neut. Kanons I 112. 115. Zahn selbst weist darauf hin (115,1), daß der hier sich findende Anklang an Apk 22,18f. nichts weiter ist als die allgemein (schon im Judentum) gebräuchliche Formel für die Unverletzbarkeit kanonischer Schriften.
10. Die Stellen bei Zahn I 202,2.
11. vgl. Rönsch das neue Testament Tertullians 528, anders Zahn I 111,1, vgl. I 204.
12. „Es ist fast kein Kapitel der Apk, woraus nicht Tertullian zitiert, oder Anspielungen genommen hätte.“ Lücke 577,3. Die Stellen bei Rönsch 5,28. Zahn I, 204.
13. Zahn hat I 203,2 Anklänge an die Apk in den Akta der Perpetua und Felicitas finden wollen. Aber was er notiert, ist nicht überzeugend. Der Anklang K. 4 (circumstantes candidati multa) ist zu schwach und K. 12 ist nach der Ausgabe von Gebhardt (Acta martyrum selecta 81,9, vgl. den griech. Text 81,24) zu lesen: et in dextra et in sinistra eius seniores quattuor (nicht viginti quattuor).
14. Strom VI 13 106 ὡς φησὶν ἐν τῇ ἀποκαλύψει Ἰωάννης. Zahn I, 205. Lücke Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt 589. Ob Eus. H. E. VI 14,1 bezeugt, daß Clemens in den Hypotyposen die Apk kommentiert habe, ist zum mindesten zweifelhaft. Man müßte schon, um die Frage zu bejahen, annehmen, daß Eusebius hier der Wertschätzung des Clemens folgend, die Apk zu den ἐνδιάθηκοι γραφαί rechnen, die Eusebius nur in Bausch und Bogen nennt, während er unter den Antilegomenen und Apokalypsen, die Clemens kommentiert haben soll, die Apk nicht nennt.
15. Zahn I 239ff. II 967ff; zu lesen ist mit Zahn, dem Jülicher (s. u.) beistimmt: qui pseudoprophetas quidem esse nolunt.
16. Die Reihenfolge der drei Ketzerkataloge ist folgende:
Epiphanius Philastrius Ps. Tertullian
46. Tatian 48. Tatian Tatian
47. Encratiten
48. Montanisten 49. Montanisten Montanisten
49. Quintilianer
50. Quartadezimaner 58. Quartadezim. Quartadezim.
51. Aloger 59. Chiliasten
52. Adamianer 60. (Aloger)
55. Sampsaeer
54. Theodotianer 50. Theodotianer
55. Melchisedekianer 52. Melchised.
Freilich zählt Philastrius die (von ihm nicht benannten) Aloger erst nach den Theodotianern Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt und Sabellianern auf. Aber er stellt auch die Quartadezimaner um und beläßt diese in ihrem Zusammenhang mit den Alogern. Und wenn auch Ps. Tert. die Aloger nicht kennt, so bestätigt er doch die Liste des Epiphanius hinsichtlich der Quartadezimaner. Es scheint also Epiphanius die ursprüngliche Reihenfolge des Syntagma (Montanisten Quartadezimaner Aloger Theodotianer) bewahrt zu haben. Ich glaube deshalb nicht, daß Jülichers Skepsis hinsichtlich Ort und Zeit der Aloger (ThLz. 1889 Nr. 7) berechtigt ist.
17. Das ist bei Epiphanius, der das Syntagma des Hippolyt ausschrieb, an und für sich wahrscheinlich und wird zur Evidenz gebracht durch die außerordentlich nahe Berührung der Ausführungen hier (namentlich K. 54) mit denen in Hippolyts Kapiteln gegen Cajus s. u. Irgendwie muß von hier aus auch das Zahlenrätsel, das K. 33 aufgibt, seine Lösung finden. Hier sagt der Bestreiter der Aloger, daß jetzt nach 112 Jahren die Kirche in Thyatira wieder existiere, und daß der Apokalyptiker eben den Abfall der Gemeinde in den nachapostolischen Zeiten vorausgesehen habe. Diese aber liege 93 Jahre (ἐπὶ ἐνενήκοντα τρισὶν ἔτεσιν) hinter der ἀνάληψις τοῦ σωτῆρος. Über diese Zahlen ist viel gestritten worden. Überraschend bleibt es, daß, wenn man die ἀνάληψις nach Hippolyts Ostertafel in das Jahr 29 setzt und die Intervalle von 93 und 112 (111) Jahren hinzurechnet, das Jahr 234 getroffen wird. Man könnte also versucht sein, in dieses Jahr die Abfassung der von Epiphanius zitierten Schrift des Hippolytus zu setzen. Immerhin erhebt sich dann die schwer zu beantwortende Frage, wie Hippolyt zu der Festlegung dieser merkwürdigen Zeitintervalle gekommen sei. Geistvolle Vermutungen hierüber trägt Schwartz („über den Tod der Söhne Zebdedai“ Abh. d. Gött. Gel. Ges. N. F. VII, 5 separat Berlin 1904) S. 39 vor. Andre beziehen die 93 Jahre auf die Zeit zwischen der Geburt des Herrn, für die irrtümlich die ἀνάληψις gesetzt wäre, und der Abfassung der Apk, so daß dann für die Zeit der Abfassung der von Epiphanius benutzten Schrift das Jahr 205 herauskäme. vgl. Harnack, Chronologie der altchristl. Literatur I 376ff.; Th. Zahn, Gesch. d. neutestamentlichen Kanons II 2, 970f. Durchaus nicht zustimmen kann ich dem Versuche von Schwartz 29ff., die „Aloger“ des Epiphanius ganz zu beseitigen und die Bestreiter von Evangelium und Apk auf die eine Person des Presbyters Cajus zurückzuführen. Diese Annahme steht in unlöslichem Widerspruch mit unsern besten und zuverlässigsten Zeugnissen: Iren. III 11,12 und Euseb. H. E. II 25,6 (ἐκκλησιαστικὸς ἀνήρ). Um den hier drohenden Schwierigkeiten zu entgehen, verwickelt Schw. sich in die seltsamsten Hypothesen (42). Und das alles ohne Grund. Denn die teilweise Übereinstimmung zwischen den Ausführungen des Epiphanius und den „Kapiteln gegen Cajus“ (s. u.) beweist zwar, daß Epiphanius den Hippolyt zitiert, aber nicht, daß der Gegner Hippolyt bei Epiphanius ebenfalls Cajus sei. Es bleibt die Annahme möglich, daß Cajus seine Polemik gegen die Apk von den „Alogern“ (auf den Namen kommt es nicht an) übernommen hat. Und selbst wenn man diesen Ausweg nicht annehmen wollte, bleibt Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt noch der andre möglich, daß H. in seiner Streitschrift gegen die Gegner des Evangeliums (s. u.) und der Apk, die Epiphanius benutzte, zugleich auch die Polemik des Cajus gegen die Apk gelegentlich mitbekämpft hat.
18. Das neue Testament um d. zweite Jahrh. 58ff.
19. Die Unsicherheit, mit der ihnen Epiph. einen Gegensatz gegen die Christologie des vierten Evangeliums aufbürdet, wird deutlich Kap. 3, noch deutlicher Kap. 4, 424 D. sichtbar: καὶ δοκοῦσιν λοιπὸν ἐπιλαμβάνεσθαι τῆς ἁγίας καὶ ἐνθέου διδασκαλίας.
20. Die Nichterwähnung der Johannesbriefe erklärt Harnack a. a. O. gut daraus, daß es sich in jener Zeit nur erst um Evangelium und Apk. als heilige Schriften handelte.
21. Euseb. H. E. II 25,6; VI 20,3.
22. Achelis, Hippolytstudien 1897 S. 19f.
23. Ebenda S. 186f.
24. Cajus fand z. B. die vielen Vorzeichen der Apk unvereinbar mit der Mt 24,43 gegebenen Weissagung von dem plötzlichen Ende; die Strafe der Sünder Apk 9,2ff. im Widerspruch mit den Aussagen der Schrift über das Gedeihen der Gottlosen in der Welt; das Binden des Satan Apk 20,1ff. im Widerspruch mit der nach dem Evangelium schon vollzogenen Fesselung desselben. Gegen Apk 9,14 finden sich ähnliche Einwendungen, wie die der Aloger bei Epiphanius.
25. Es kann nicht bezweifelt werden, daß man von der Schrift des Hippolyt gegen Cajus noch eine andre Verteidigungsschrift zu unterscheiden hat. Das Schriftenverzeichnis der Statue des Hippolyt (Achelis S. 3ff.) erwähnt ein Werk Hippolyts ὑπὲρ τοῦ κατὰ Ἰωάννην εὐαγγελίου καὶ ἀποκαλύψεως. Da Cajus nur die Apk angegriffen hat (s. o.), da ferner Ebed Jesu diesen Titel: „eine Apologie der Offenbarung Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt und der Verkündigung des Johannes des Apostels und Evangelisten“ unmittelbar neben (hinter) dem andern (Kapitel gegen Cajus) anführt, so muß hier noch eine besondre Kampfschrift des Hippolyt vorliegen (vgl. Zahn, Gesch. d. neutestamentlichen Kanons II, S. 982f.; Achelis, Hippolytstudien 22). Es wäre möglich, daß Epiphanius in seinem Kapitel gegen die Aloger (s. o.), der den Hippolyt darin nachweislich benutzte, die besonders ausführlichen Nachrichten über die Bestreiter des Evangeliums und der Apk und teilweise auch deren Bekämpfung nicht dem kürzeren Syntagma des Hippolyt, sondern der ausführlicheren Sonderschrift entlehnt hätte.
26. Er verweist auf Johannes Marcus, läßt diesen Gedanken aber wieder fallen.
27. Das Zeugnis ist um so bedeutsamer, als die Peschita vielleicht erst später, als man bisher annahm, nämlich erst im Jahre 411 (von Rabula von Edessa), übersetzt wurde. vgl. Burkitt, St. Ephraims quotations S. 57.
28. Lipsius, apokr. Apostelgeschichten II 2, 93. Tixeront, les origenes de l’église d’Edesse 1888. Harnack, das neue Testament um das zweite Jahrhundert. 105.
29. F. C. Burkitt, St. Ephraims quotations from the gospel. Text a Stud. ed. by Robinson VII 2 Cambridge 1901.
30. Sancti Patris nostri Ephraem Syri Opera omnia (Tomi I-VI; die syrischen Werke in den letzten drei Bänden) hrsg. von S. E. Assemani.
31. Noch in der zweiten Ausgabe seiner neutest. Einleitung S. 1899.
32. In der vierten Auflage (mir zugänglich in der englischen Übers. IV, 495).
33. V 332: vidit in Apocalypsi sua Johannes librum magnum et admirabilem a Deo scriptum et septem sigillis munitum, et qui scriptum legeret, nullus erat.
34. Auch eine zweite Stelle VI 636, auf die Kalthoff (Apk. Joh. apostolo vindicata. Hafniae 1834 p. 26) verwies, und die in der Tat eine Anspielung auf Apk 20,13 enthält, steht in einem Stück (VI 629-638), das aus derselben verdächtigen Handschr. stammt.
35. S. Ephraemi Syri Hymni et Sermones... ed. ... Th. J. Lamy I-III Louvain 1882. 1889. Ich bemerke nebenbei, daß hier nur Evang. Acta und Paulusbriefe zitiert werden (Ausnahme: vielleicht Lamy I,250, wo Jak 1,12 (oder Sir 5,11 ?) zitiert wird).
36. Vgl. Burkitt S. 3f.
37. Noch viel weniger Zutrauen verdienen unter diesen Umständen die griechisch überlieferten Werke des Ephraem. Und auch hier ist der Gebrauch der Apk ein sehr seltener. Vier Zitate, die häufig zum Beweise der Bekanntschaft Ephraems mit der Apk angeführt werden, II 194. II 214. II 253. III 146, können zunächst nur als eines gelten (Apk 1,7 + 20,16 zitiert). Die Stücke, in denen es vorkommt, sind identisch; es ist nur durch Nachlässigkeit des Herausgebers ein und dasselbe Stück viermal gedruckt (Bousset, Antichr. 23). Die Echtheit dieses Stückes ist nicht gesichert, vor allem auch, weil es nicht in Versen geschrieben ist. Einfach abzusetzen ist übrigens das selbst bei Lücke 598 A. 2 sich findende Zitat II 248. Denn hier liegt gar kein Zitat aus der Apk vor, sondern es wird II Kor 5,17 zitiert. Ebenso sind die vielfach angeführten Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Stellen III 371, II 209, abzusetzen. Die scheinbare Anspielung I 39 auf Apk 6 (πῶς εἱλίσσεται ὡς βιβλίον οὐρανὸς, πῶς ἄστρα πίπτουσιν ὡς φύλλα ἀπὸ συκῆς, πῶς ἐκλείπει ὁ ἥλιος καὶ ἡ σελήνη) muß nicht notwendig daher entlehnt sein, sondern kann aus der Ephraem sonst so geläufigen apokalyptischen Literatur stammen. Besonders bemerkenswert zur Würdigung der Stellung Ephraems zur Apk ist die Stelle III 190. Hier beschäftigt sich E. mit Apk 20,1ff. und weist die chiliastische Deutung ab, und zwar in einer sehr merkwürdigen Weise: εἰ ἀπαιτεῖς με χιλίων ἐτῶν πρώτην ἀνάστασιν, ἀπαιτήσω σε κἀγὼ ἵππον καὶ ὠχριοῦντα ἄγγελον καὶ ζῶον νοερὸν λεγόμενον ἄψινθον ... δός μοι τὰς ἑπτὰ φιάλας καὶ λαβὲ τὰ χίλια ἔτη, ἀπόδειξαι γυναῖκα εἶναι πόλιν, κἀγώ σοι περὶ τῶν χιλίων ἐτῶν παρέξομαι ἀπόδειξιν ... μὴ γεννήσασα γίνεται Ἰερουσαλήμ; μὴ θηρίον ἐστὶν ὁ ἂνθρωπος τῆς ἀνομίας; etc. — Es scheint, als wenn der Schriftsteller, der hier redet, die Apk kennt, aber sie nicht als kanonische Schrift respektiert. Sie scheint ihm wegen ihres Chiliasmus unbequem zu sein.
38. Ich erwähne noch, daß Methodius von Tyrus (311 †) (s. unter Abschnitt IV) und Pamphilius in der Alpologie für Origenes (de la Rue IV 25. 33. Lücke 632. 2) das Buch unumwunden als kanonisch anerkennen.
39. Noch die trullanische Synode (692) nahm diesen Kanon einfach neben den widersprechenden Beschlüssen der afrikanischen Synoden auf (Lücke 648).
40. Suidas unter Joh. Chrysostomus behauptet freilich: δέχεται δὲ ὁ Χρυσόστομος ... καὶ τὴν ἀποκάλυψιν.
41. Die Synopsis ist gleichartig mit dem Verzeichnis des Amphilochius (Jakobus. I. Petrus, I. Joh.) und gibt nach Zahn II 229 den Kanon der antiochenischen Kirche.
42. Ein Katalog der Werke des Bar-Salibi in einer syrischen Handschr. der Vaticana (12. Jahr.) verzeichnet einen liber magnus interpretationis NT et apoc. Ioannis apostoli. — Also auch hier steht die Apk noch außerhalb des neuen Testaments vgl. Lücke 645
43. s. die Stellen bei Lücke 629. 641. 642.
44. Lücke 649. Zahn II, 295.
45. Nachweise aus den Schriften des Lactanz, Hilarius, Ambrosius, Novatus, Anm: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Commodian, Arnobius etc. s. bei Lardner, Credibility of the Gospels history (immer noch eine für die Kanonsgeschichte verwendbare reichhaltige Sammlung).
46. Corpus juris Germanici ed Walter, Tom. II, 77f. cap. 20.
47. vgl. zum folgenden Oeder, christlich freie Untersuchung (s. u.) 51f. 313; Hartwig, Apologie III 35ff.; Bleek, Einleitung in den Brief an die Hebräer 449ff.; Lücke 893ff.; die Einleitungen von Holtzmann² 177ff.; Jülicher 3. u. 4. A. 440.
48. Kurz bereits in der Ausgabe von 1516, ausführlicher seit 1522.
49. Abgedruckt bei Credner, zur Geschichte des Kanons p. 291ff. vgl. Welche Bücher heilig und biblisch 152. Lücke 8990.
50. Vorrede zur Offenb. Joh in der ersten Ausgabe d. deutschen NT 1522 bei Walch, Luthers Schriften XIV 12f.
51. Die letzte Ausgabe, die diese Eigentümlichkeit zeigt, ist die von 1689 (Holtzmann 180); in den plattdeutschen Bibeln, Hamburg 1596, Wittenberg 1599, und noch in der schwedischen, Stockholm 1673, werden die Bücher gar als Apokryphen eingeführt. Bleek, Einl. i. d. Br. an die Hebräer, 463, A. 569.
52. vgl. Bleek a. a. O. 451. s. dort auch die übrigen Stellen aus dem examen Conc. Trid.
53. Religionsgespräch von Bern 1528, s. Zwinglis Werke von Schuler und Schultheis II 1, S. 169ff. (Lücke 903).
54. Zum folgenden vgl. Walch, neueste Religionsgeschichte VII 257-277. Lücke 495ff. Düsterdieck 67.
55. Über die Geschichte der Schrift s. Lücke 497,4; wahrscheinlich ist sie zuerst im Englischen 1730 gedruckt.
56. Aufgenommen in Chr. Wolffs curae philologicae et criticae, V 387.
57. Christlich freie Untersuchung über die sogenannte Offenbarung Johannis aus den nachgelassenen Schriften eines fränkischen Gelehrten, herausgegeben von J. Sal. Semler Halle 1769. Doch vgl. schon vorher Semler in der Ausgabe von Wetsteinss „libelli ad crisin et interpret. Nov. Test. 1766.“
58. S. wandte sich hier hauptsächlich gegen einen Angriff des Tübinger Kanzlers Reuß, der dem Herausgeber Wetsteinss (s. Anm. 5) bereits in den „selecta historiae ecclesiasticae capita“ (de auctore apocal., 1767) geantwortet hatte. Auf die „freie Untersuchung“ erwiderte Reuß in der „Verteidigung der Offenb.“ Tüb. 1772. Ein weiterer Verteidiger der Schrift ist Chr. F. Schmidt (Wittenberg): „Ob die Offenbarung Johannis ein echtes göttliches Buch sei“ 1771; „Historia antiqua et vindicatio canonis V. ac. N. Test.“ 1775; gegen die erstere Schrift: Michael Stroth, „freimütige Untersuchung die Offenb. Joh. betreffend“ (mit einer Vorrede von Semler 1771).
59. Inhalt des Werkes: B I Besprechung des Cajuszeugnisses (H. leugnet die Beziehung desselben auf die Apk), über den Chiliasmus. B II das Zeugnis des Dionysius, über das Fehlen des Stammes Dan in Apk 7,5. B III Verteidigung gegen Semler, der mittlerweile seine theologischen Briefe gegen B I und II geschrieben hatte; über den Plan der Apk. B IV Vergleichung der Apk mit dem Johannesevangelium.
60. Storr läßt z. B. die Apk vor I Kor geschrieben sein (I Kor 15,52 soll die Abhängigkeit beweisen) und deutet das bestimmt widersprechende Zeugnis des Irenaeus in einer merkwürdigen Weise um.
61. Der erste Teil der Schrift ist gegen Storr, der zweite gegen Hartwig, der dritte gegen einen ungenannten Lützower Rezensenten gerichtet.
62. Mehr Literatur bei Lücke 503; Düsterdieck 67.
63. Vgl. Teil II, Abschnitt 12-14.
64. Einleitung in die göttlichen Schriften 2. Aufl. Göttingen 1766 (mir zugänglich auch in der 4. Aufl. in englischer Übersetzung 1802).