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2. Pilger und Beter
ОглавлениеIgnatius beim Beten zugeschaut und zugehört
Was gibt es zu sehen und zu hören, wenn man einen Blick auf Ignatius’ Gebetsweg wirft? Sicher ist das Kind Inigo, geboren 1491 auf Schloss Loyola im Baskenland, in die üblichen Gebete, ins Morgengebet und Abendgebet, eingeführt und gesegnet worden und hat das Kreuzzeichen gelernt, worüber er später selber eine kurze Betrachtung schreibt. Er lauschte auf das Beten der Erwachsenen, lernte das Vaterunser und Ave Maria, nahm an den Messfeiern teil, lief bei Prozessionen mit und stimmte in die Gesänge ein. Beten »nach der Gewohnheit«, so wie es von Jesus heißt, dass er nach seiner Gewohnheit in die Synagoge ging.
Anders, innerlicher, persönlicher wurde Ignatius’ Beten, als er 1521 infolge einer schweren Kriegsverletzung sterbenskrank lange Zeit im Krankenbett lag und dort seine Innenwelt, seine Regungen wahrnahm und das Buch von Ludolf von Sachsen über das Leben Christi mit seinen an den Evangelien orientierten Betrachtungen las und meditierte. Dort und damals richteten sich sein Beten, seine inneren Gespräche immer mehr auf Christus hin aus, mit dem und auf dessen Spur er leben wollte. In der täglichen »Gewissenserforschung« brachte er sein Leben und Erleben in Verbindung mit Gott. Zu einem Schrei aus der Tiefe kam es, als er in eine spirituelle Krise geriet, die schließlich in ihm Gedanken an Selbstmord aufkommen ließ. Die monatelange »Auszeit«, die Ignatius sich in Manresa nahm, ließ ihn täglich bis zu sieben Stunden in der Stille, im Gebet, in der Meditation, in der Gottsuche verharren. In dieser Zeit machte er viele und intensive innere Erfahrungen der Nähe Christi, erlebte er Ekstasen und eine so fundamentale Gotteserfahrung, dass er sich danach »als ein anderer Mensch« erlebte. Dieses umfassende »Tiefen- und Gipfelerlebnis« bildete fortan die Mitte und Grundlage seiner Existenz (vgl. BP 30).
Trotz dieses intensiven Rückzugs in die eigene Innenwelt mit entsprechenden starken seelischen Erfahrungen brachte er sich selber, sein Leben, seine spirituelle Suche in vielen Gesprächen immer auch in Beziehung zu anderen Menschen (BP 26). Die Geschichte des Betens von Ignatius zeigt, wie sein Beten sich mit seinem Leben entwickelte und seine Gestalt in immer neuem Suchen und Finden entfaltete. Die Exerzitien, »seine Exerzitien«, die aus seinem Gebetsleben und Lebensgebet heraus erwuchsen, sind eine »Gebetsschule« für jeden, der sich darauf einlässt. Vor allem auch in den so genannten Zusätzen zum Beten und Meditieren wird dies deutlich.
Mit 53 Jahren (!) nahm er noch einmal eine entscheidende Ausrichtung und Vertiefung seines seelisch-spirituellen Lebens wahr: Nach einem sich über Wochen hinziehenden Prozess schrieb er in sein Tagebuch, endlich habe er den Weg gefunden, der »sich ihm zeigen wollte« – der Weg der »ehrfürchtigen Liebe« zu Gott, zum Kosmos, zur Natur, zur ganzen Wirklichkeit. Dies erfuhr er als die Grundqualität seiner Beziehung zu allem (vgl. GGJ S. 399; 400; 402; 404). Gestorben ist er – und auch dies mag kennzeichnend sein für ihn – allein; nur der Krankenpfleger hörte als letzte Worte »Ay Dios, Ay Jesus« – »O Gott, O Jesus«. War es ein Schmerzensruf? Ein Aufjubeln: endlich!? Oder beides? Gott weiß.
Der Blick auf den Gebetsweg von Ignatius kann die Einladung sein, gelegentlich selber auf die Geschichte des eigenen Betens zu schauen. Franz Xaver, einer der vertrautesten Gefährten von Ignatius, schreibt einmal, wenig helfe mehr auf dem geistlichen Weg, als gelegentlich auf das Wachsen und Werden des Betens zu schauen.