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Rolle und Stellenwert der Methoden im AVIVA©-Modell

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Was verstehen wir unter »Methoden«?

Unterrichtsmethoden sind, wie Hilbert Meyer (2005, S. 45) schreibt, »Formen und Verfahren, in und mit denen sich Lehrer und Schüler die sie umgebende natürliche und gesellschaftliche Wirklichkeit unter institutionellen Rahmenbedingungen aneignen«. Bezogen auf den kompetenz­orientierten Unterricht nach AVIVA©, bedeutet dies, dass durch den Einsatz von Methoden gezielt »Situationen« geschaffen werden, die möglichst viel mit der »natürlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeit« zu tun haben. In diesen Lehr-Lern-Arrangements unter den »institutionellen Rahmenbedingungen« von Unterricht können sich die Lernenden Ressourcen aneignen oder die bereits erworbenen Ressourcen in noch wenig bekannten Feldern anwenden. Diese Zusammenhänge sind in Abbildung 10 dargestellt.


Bei der Planung von Unterricht stellt die Lehrperson aber nicht die methodischen Settings in den Vordergrund, sondern überlegt sich zuerst, welche Ressourcen aufgebaut und gefördert werden sollen. Bei der Ressource ­Wissen erstellt sie eine inhaltliche und thematische Struktur (vgl. Städeli/Obrist 2013, S. 39) und denkt darüber nach, mit welchen Ressourcen aus den Bereichen Fertigkeiten und Haltungen die entsprechenden Inhalte verbunden werden können – dies natürlich in Übereinstimmung mit den Zielen, die in den Lehrplänen vorgegeben sind. Unterrichtsziele, -inhalte und -methoden stehen immer in Wechselwirkung zueinander.

Wir dürfen also unsere methodischen Vorbereitungsarbeiten und unser methodisches Handeln einerseits nie von den Inhalten und Zielen abkoppeln. Zum andern aber – und das ist entscheidend – soll unsere Methodik in einem kompetenzorientierten Unterricht kurz-, mittel- oder langfristig dazu führen, dass die Lernenden ihr Arbeiten selbstständig angehen können. Wir wählen demzufolge methodische Settings, in denen die Lernenden immer häufiger selbstreguliert arbeiten können, wechseln also mit der Zeit vom direkten zum indirekten Vorgehen (→ Seite 13) – das ist das Ziel.

Hier stehen wir allerdings vor einem Dilemma (vgl. Meyer 2005, S. 55): Durch die methodische Vorstrukturierung der Lehrperson sollen die Lernenden in Situationen gebracht werden, in denen sie etwas lernen sollen, was sie noch nicht können; dieses können sie aber nur erlernen, wenn sie es tun. Und dabei sind es immer die Lehrpersonen, die bestimmen, durch welche methodischen Settings die Lernenden zur Selbstständigkeit geführt werden sollen. Die Lernenden ihrerseits geraten in den Widerspruch, selbstständig handeln zu wollen, aber doch auf die Unterstützung der Lehrperson angewiesen zu sein, die dann letztlich auch beurteilt und durch ihre Bewertung entscheidet, ob ein Ziel erreicht worden ist oder nicht.

Im Bewusstsein dieser paradoxen Ausgangslage haben wir dennoch versucht, eine Methodenlandkarte für den kompetenzorientierten Unterricht unter institutionellen Rahmenbedingungen zu entwickeln. Wir gehen davon aus, dass eine Lehrperson entweder eher das direkte oder das indirekte Vorgehen wählt, also mehr oder weniger lenkend auf den Unterricht Einfluss nimmt (senkrechte Achse). Auf der waagrechten Achse werden die Lernenden in die Verantwortung genommen. Am rechten Pol (»eher geringe Selbstverantwortung«) werden die Lernenden den Unterricht gut meistern können, wenn sie hauptsächlich Oberflächenstrategien einsetzen; am linken Pol (»eher große Selbstverantwortung«) wird von den Lernenden schon sehr viel Selbststeuerung beim Lernen erwartet sowie ein mehr oder weniger autonomer Einsatz von kognitiven, metakognitiven und motivationalen ­Strategien.

Wie lässt sich die Landkarte im Unterricht einsetzen? Die Lehrperson muss, nachdem sie eine inhaltliche und thematische Struktur erstellt hat, die Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler einschätzen können; sie muss ferner in der Lage sein abzuschätzen, mit welchen Methoden die Lernenden sinnvollerweise an die Arbeit gehen. Sie muss sich schließlich überlegen, mit welchen Ressourcen und Strategien die Lernenden vertraut sein müssen, um mit den vorgegebenen Formen zu arbeiten. Lernende, die über wenig ausgeprägte metakognitive Strategien verfügen, können beispielsweise kaum ohne Vorbereitung erfolgreich an projektorientiertem Unterricht teilnehmen. Umgekehrt werden Lernende, die gut selbstständig arbeiten können, in einem weitgehend von der Lehrperson gelenkten und geprägten Unterricht nur widerwillig mitarbeiten.

Das Ziel eines kompetenzorientierten Unterrichts muss es allerdings immer sein, zusammen mit den Lernenden den Weg auf der Landkarte von oben rechts (eher lenkend, Selbstverantwortung der Lernenden eher gering) nach unten links (wenig lenkend, Selbstverantwortung eher groß) zu gehen. Entscheidend für das Gelingen sind dabei motivationsfördernde Lernumgebungen und informationshaltige, unterstützende Rückmeldungen (vgl. Brugger 2010, S. 26–30, vgl. dazu auch den Abschnitt Rückmeldungen, → Lernjournal, Seite 123).


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