Читать книгу Klassenführung - Christoph Städeli, Willy Obrist, Andreas Grassi - Страница 33
Sinnvoll begründete Leistungsanforderungen stellen und sie angemessen kommentieren
ОглавлениеIn dieser Hinsicht hat die Lehrperson zunächst eine Bringschuld zu erfüllen, die in folgenden Vorleistungen besteht:
• Die Lernvoraussetzungen sind geklärt. → Kapitel Überforderung – Unterforderung
• Die Leistungsanforderungen nach den gesetzlichen Grundlagen sind an die Lernvoraussetzungen der Klasse adaptiert.
• Der Unterricht ist gut vorbereitet und strukturiert, flüssig und abwechslungsreich gestaltet. → Kapitel Struktur
Wir sind überzeugt, dass Lernende lernen wollen, wenn ihnen eine reelle Chance gegeben wird, die Dinge zu verstehen und die eigenen Kompetenzen zu entwickeln. Ein solches Lernen ist unter anderem an folgende Bedingungen geknüpft:
• Die Lerninhalte sind in der Erfahrungswelt der Jugendlichen verankert.
Zu dieser Beziehung zwischen Objekt (Lerngegenstand) und Person müssen beide Seiten, Lehrperson wie Lernende, beitragen. Die Lehrperson überlegt sich bei der Vorbereitung mögliche Verbindungen, überprüft im Unterricht, ob ihre Vermutungen zutreffen. Die Lernenden können in der Einstiegsphase zu einem Thema darlegen, welche Beziehung sie zum Unterrichtsstoff aufbauen können, und während der Arbeit immer wieder die Bedeutung des Lehrstoffs für ihre persönlichen Verhältnisse überprüfen.
• Die Lernenden haben angemessene Wahlmöglichkeiten, wie sie sich den Lernstoff erarbeiten wollen.
Lernende reagieren positiv und motiviert, wenn sie sich dem Lernziel auf verschiedenen und ihrem Lernstil angemessenen Wegen nähern können. Dies setzt voraus, dass Lehrpersonen über ein entsprechendes Methodenrepertoire erweiterter Lehr- und Lernformen wie Werkstatt-, Projektarbeit u.a.m. verfügen.
• Leistungsanforderungen sind in einem angemessenen Maße individualisiert.
Wie andernorts ausführlicher dargestellt (→ Kapitel Überforderung – Unterforderung), ist die optimale Anpassung der Leistungsanforderungen an individuelle Gegebenheiten ein wesentlicher Faktor, um die Motivation aufrechtzuerhalten. Von der ganzen Klasse die gleiche Leistung zu erwarten ist unrealistisch. Erfolgreicher Unterricht und ein gutes Unterrichtsklima bedingen ein bestimmtes Maß an Individualisierung.
• Lernende bekommen auf Lern- und Arbeitsleistungen persönliche und differenzierte Rückmeldungen.
Lehrpersonen haben die Pflicht, Arbeits- und Lernleistungen mit Noten zu bewerten. → Kapitel Fair prüfen und bewerten
Lernenden mündlich oder schriftlich eine individuell differenzierte, kriterienorientierte Rückmeldung auf Lern- und Arbeitsleistungen zu geben ist anspruchsvoll. Ziel solcher Rückmeldungen ist es, mit den Lernenden in einen Dialog über ihr Lernen zu treten. Unverzichtbar sind individuelle, differenzierte Rückmeldungen etwa auf das Führen eines Lernjournals oder -tagebuchs, bei Portfoliobeiträgen, Quartalsarbeiten, Wahl- oder Facharbeiten. → Kapitel Kommunikation
• Hoher Anteil an Eigenarbeit und echter Lernzeit für die Jugendlichen.
In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Übergang von einer »Belehrungskultur« zu einer »Lernkultur« vollzogen werden muss. Lernen findet dann statt, wenn sich Jugendliche mit Problemen und Aufgaben auseinandersetzen im Sinne von: »Belehre mich nicht – lass mich lernen.« Für Lehrpersonen ist der Rollenwechsel vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter in den letzten Jahren augenfällig geworden. → Kapitel Struktur