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Die schlauen Hasen

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Glück ist nicht, was wir morgen haben.

Glück ist, zu wissen,

was wir heute haben.

Aber leider wissen wir meistens nur,

dass wir das Glück gestern hatten.

Die schlauen Hasen

Es war einmal, da saß an einem schönen Morgen ein Hase am Waldesrand, strich sich über seine langen Ohren und blinzelte in den Sonnenschein. Missmutig verjagte er eine Biene, die ihn umsirrte. Hunger plagte ihn. Aber das Gras hier am Wegesrand oder mal ein kläglicher Löwenzahn dazwischen, hing ihm schon zum Halse heraus. Er träumte von einer richtig großen Rübe. Die müsste er mal wieder zwischen seine Zähne bekommen. Hier hatte er bereits alles abgegrast, da gab es für ihn nicht mehr viel zu finden. Was wollte er noch hier? Einen neuen Bau konnte er sich überall graben. So machte er sich auf den Weg und hoppelte davon, immer am Waldesrand entlang. Vielleicht gab es ja irgendwo ein Feld, in dem er sich so richtig satt fressen konnte.

Genau das aber dachte auch ein anderer Hase und machte sich auf den Weg. So hoppelten beide aufeinander zu, ohne es zu wissen.

Gerade als sie sich sehen konnten, lag zwischen ihnen ein Feld mit Rüben und Kohl. Überrascht richteten sie sich auf. Damit zeigten sie dem andern ihre ganze Größe. Doch dann duckten sie sich und hoppelten so schnell sie konnten voran. Jeder dachte für sich: Ich muss dass Feld vor dem andern erreichen, dann gehört es mir und ich kann ihn wegjagen.’ Atemlos beeilten sie sich hinzukommen und sprangen zur gleichen Zeit mit einem Satz hinein. Geschafft!

Vorsichtig richteten sich beide auf und einer schaute suchend über das Kraut hinweg nach dem andern. Da bemerkten sie, dies waren zwei Felder, nur durch einen schmalen Rain voneinander getrennt. So saß nun der eine im Feld voller Kohl und der andere im Feld voller Rüben. ‚Na gut’, dachte jeder für sich‚ ‚Wenn der da in dem andern Feld bleibt, so will ich ihn in Ruhe lassen.’ Und dann meinte der eine noch: ‚Was hat der schon an seinem Kohlfeld’ und der andere: ‚Was hat der schon an seinem Rübenfeld.’

Gierig begannen sie zu fressen. War das ein Genuss! Doch ab und an blickte jeder misstrauisch zum anderen hinüber, ob der dem eigenen Feld nicht zu nahe käme. Als sie sich satt gefressen hatten, kein Stück Rübe mehr in den Bauch des einen und kein Blatt vom Kohl mehr in den Bauch des andern ging, da legten sie sich träge zwischen all ihre fressbaren Schätze und malmten vor sich hin. Doch auch jetzt passten beide höllisch auf, dass sich keiner von ihnen vom Feld des andern bedienen konnte. Jeder war ja davon überzeugt, das bessere Futter gewonnen zu haben, und frohlockte darüber. Wenn sie sich auch sonst aus dem Wege gingen, so konnten sie doch in dem Glauben, dass der andere nun darauf neidisch sein müsse, friedlich nebeneinander leben. Tag für Tag fraß so der eine Rüben und der andere Kohl.

Viele Male hatten sie die Sonne aufgehen sehen, da kam der Tag, an dem schmeckte dem einen die Rübe und dem andern der Kohl nicht mehr. Misstrauisch äugte einer zum andern hinüber. Wie konnte das angehen? Hatte der andere doch das bessere Feld bekommen und er den Kürzeren gezogen? So grübelten sie. Das musste man doch ändern können. Jeder glaubte von sich, sehr listig zu sein, als sie sich - so ganz zufällig - einander näherten und miteinander verabredeten, ihre Felder zu tauschen. Schnell sprang einer in das Feld des andern, ehe der es sich noch überlegen konnte, und dachte: ‚So ein dummer Hase, wenn er denn das schlechtere Feld unbedingt haben wollte, warum sollte ich es ihm nicht geben?’ Wieder fraßen sie einträchtig nebeneinander, immer mit dem triumphierenden Gefühl, den andern übervorteilt zu haben.

Doch nach einiger Zeit, hatte der eine auch genug von dem nun ständigen Kohl und der andere von den nun ständigen Rüben. Jeder sehnte sich nach der Frucht seines früheren Feldes zurück. Wie konnte das sein? Jetzt glaubte einer vom andern, er hätte ihn übers Ohr gehauen. Wütend näherten sie sich dem Rain zwischen den Feldern und einer forderte vom andern sein Feld zurück. Doch keiner wollte nachgeben, denn jeder hätte lieber beide Felder gehabt, um mal Rüben und mal Kohl zu fressen.

Feindselig beobachteten sie sich gegenseitig. „Der Kohl soll dir im Halse stecken bleiben!“, rief der eine und der andere: „Die Rübe soll dir oben wieder rauskommen!“ Wehe, wenn nun einer von ihnen der Grenze zwischen den Feldern zu nahe kam, dann gingen sie aufeinander los, balgten sich und schlugen aufeinander ein. Jeder wollte dem anderen die Freude am Feld verderben und hoffte nur auf die Gelegenheit, ihn verjagen zu können.

*

Da kam ein dritter Hase des Weges am Waldesrand. Er hatte vor Hunger schon einen faltigen Leib. Er sah die Felder, den Kohl und die Rüben, und konnte seine Gier danach kaum bezwingen. Er sah aber auch die sich prügelnden Hasen und wusste, wenn die sich schon gegenseitig nichts gönnten, dann würden sie auch ihn nicht mitfressen lassen. Doch das wäre ja gelacht, wenn er es nicht schaffen sollte, trotzdem zu einem Kohlkopf oder einer Rübe zu kommen.

Gelangweilt dreinschauend hoppelte er zu den Streitenden heran, setzte sich aber so vor sie in das Gras am Feldesrand, dass sie seinen faltigen Leib nicht sehen konnten. „He, was streitet ihr um so schlechtes Futter. Rübe oder Kohl, was ist das schon?“

Da ließen die Streithähne voneinander ab. Misstrauisch musterten sie den dürren Hasen. Fast schien es, als machten sie sich bereit, jetzt gemeinsam gegen ihn ihre Felder zu verteidigen. Drohend richteten sie sich nebeneinander auf.

Der Dürre aber lachte nur überheblich. „Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich euch euer minderwertiges Zeug streitig machen will? Wahrlich, das braucht ihr nicht zu befürchten.“

Misstrauisch wollten die beiden Hasen wissen: „Warum sollen wir dir das glauben?“

„Weil ich von einem saftigen Salatfeld herkomme. Das ist vielleicht einen halben Tag entfernt. Wenn man davon genug gefressen hat, kann man mehrere Tage wandern, ohne Hunger zu bekommen. Was soll ich da mit einem Kohl oder einer Rübe? Pah! Behaltet euer Zeug nur.“ So sagte der Dürre mit listigem Grinsen.

Die beiden Hasen spitzten die Ohren. Salat! Ihnen lief das Wasser zwischen den Zähnen zusammen. Sie glaubten nun sehr schlau zu sein, als sie den Dürren fragten, ob er keine Angst hätte, das Salatfeld nicht mehr zu finden, wenn er sich davon so weit entferne.

Der Dürre aber feixte sich eins und erklärte ihnen: „Aber nein! Das ist nicht schwer zu finden. Wenn ich wieder Hunger bekomme, brauche ich nur diesem Weg zurück zu folgen, am Ende rechts abzubiegen, weiter geradeaus und dann immer wieder nur rechts herum, so komme ich ganz leicht dahin.“ Dann tat er gelangweilt und hoppelte weiter, immer darauf achtend, dass die beiden nicht sehen konnten, wie mager er war. Doch schon im nächsten Busch versteckte er sich. Neugierig wartete er darauf, was die beiden wohl tun würden.

Die ließen voneinander ab und krochen in ihren Bau. Doch als es dunkel wurde, verließ erst der eine sein Rübenfeld, dann der andere sein Kohlfeld. Eilig hoppelten sie von dannen. Im Schutze der Nacht wollte einer dem andern zuvorkommen und das Salatfeld suchen. Jeder träumte davon, als Erster dort zu sein. Dann sollte der andere, dieser dumme Hase, nur kommen, er würde ihm schon zeigen, dass er nun in seinem Salatfeld - Jawohl, in seinem Salatfeld! - nichts mehr zu suchen hätte. So hoppelten beide, immer mit dem verlockenden Bild von knackigem Salat vor Augen, tiefer und tiefer in den Wald hinein.

Als die Sonne wieder aufging, saß der dürre Hase in den verlassenen Feldern und genoss es, mal eine Rübe und mal einen Kohlkopf zu fressen. Satt davon legte er sich danach ins Kraut und ließ sich von der Sonne den Bauch bescheinen, während die beiden andern Hasen weiter und weiter durch den Wald irrten, immer auf der Suche nach dem verheißungsvollen Salatfeld. Den Weg zurück hatten sie längst verloren und ihre Wegzehrung war mageres Gras am Wegesrand.

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