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MARKTRICKS

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Während der Sommermonate fuhr ich jeden Freitag die Tournee durch das Tal, bis hinunter nach Castillon. Außerdem machte ich jede Woche einen Markt in Castillon oder Sentein und manchmal einen besonderen Markt von Landprodukten, den jemand irgendwo organisiert hatte, zum Beispiel bei den regionalen Pflug-Meisterschaften. Diese liefen bisweilen gut, waren aber oft völlige Pleiten, wo man den Eindruck hatte, man sei nur zur Dekoration eingeladen worden! Anfangs war immer das Gedränge um die Plätze. Dadurch, dass ich vorher den Stall machte, kam ich erst so gegen 9 bis halb 10 Uhr hin. Nachbarn hielten mir meist meine Zwei-Meter-Lücke frei. Und auch der Garde Champêtre, der bisweilen die Plätze zuwies, wusste, dass ich später komme. Doch schien ich nicht nur wohlmeinende Bekannte zu haben! Es kam vor, dass jemand meinen Platz eingenommen hatte, weil der Platzanweiser ihm gesagt hatte, dass der Käser heute nicht kommt. Wer steckte dahinter? Der Lebensmittelladen? Die andere Käserei, die auf dem Schulplatz gebaut worden war? Auch verbat man mir, den Honig zu verkaufen. Ich hatte ihn eine Weile in Kartons unter dem Stand, bis ein anderer Klein-Imker mir sagte, dass ich nichts auf solches Gerede geben soll, bei ihm hätte man auch versucht, ihn vom Markt zu ekeln! Da seien der lokale Großimker dahinter und die eifersüchtigen Krämer, die am liebsten den Markt abschaffen würden, weil wir für sie eine Konkurrenz sind, die ihnen angeblich die Kunden wegschnappt!

Wichtig ist, auf dem Markt immer denselben Platz zu haben, damit einen die Stammkunden gleich finden. Anfangs tat sich nicht viel auf dem Markt. Das gab mir Gelegenheit, die anderen Händler und deren Stände zu beobachten. Doch nach ein paar Wochen wurden es immer mehr Kunden, die auch wiederkamen, da sie nun wussten, dass wir nur eigenen Käse verkauften und nicht, wie die meisten Verkäufer, zugekaufte Ware. Mit der Zeit erkannten auch wir die Betrüger, die Käseverkäufer, die einen auf Bauernkäser machten und die Ausschussware von den Fabriken, die sie billig gekauft hatten, an den Mann zu bringen versuchten. Stapelweise schichteten sie die Käse auf ihrem Stand, und so mancher Tourist fiel darauf rein, weil deren Käse Risse hatten oder auseinanderliefen, angeblich ein Zeichen von Authentizität! Unsere hingegen waren gleichmäßig, hatten eine glatte Rinde, waren einfach zu „perfekt“!

Im Wurstbereich fand das gleiche statt. Eigentlich nur Wiederverkäufer, die oft billige Supermarktware, von der sie die Etiketten entfernt hatten, haufenweise auslegten, dazu ein paar schöne Fotos von Schweinen, und die Leute ließen sich übers Ohr hauen. Ein krasses Beispiel war eine alte „Bäuerin“ auf dem Markt in St. Girons, sie saß auf dem Boden, an eine Platane gelehnt, eher wie eine Bettlerin, vor sich auf der Erde ein Korb mit Heu ausgelegt, darin ein paar Dutzend Eier. Die Touristen fotografierten sie. Niemand käme auf die Idee, dass da etwas unecht war! Und außerdem, an Eiern ist doch so gut wie nichts verdient… War ihr Korb leer, verschwand sie für ein paar Minuten. Ich folgte ihr mal, mehr durch Zufall. Anstatt heim zu gehen, lief sie zu einem dicken Mercedes, öffnete den Kofferraum und füllte ihren Korb neu auf, mit Industrieeiern, die sie in mehreren Kartons darin gelagert hatte! Wir als Marktverkäufer kannten bald die Betrüger und die wenigen Ehrlichen, die trotz der illoyalen Konkurrenz versuchten, zu überleben. Aber auch hier war nicht immer alles so fair. Es gab eine Ferienkolonie in der Nähe, die ein paar Bienenstöcke besaß und mit den Kindern Honig erntete. Sie verkauften den Honig zum halben Preis, ebenfalls ihre Marmeladen, weil sie ja nicht vom Erlös davon lebten, sondern von dem Geld, was die Eltern für den Ferienaufenthalt der Kinder zahlten…

Viele Verkäufer warteten, bevor sie den Preis ihrer Waren festlegten. Sie wollten etwas billiger sein als die Konkurrenz. Oder schlugen einen Kilo-Preis an, der billig war und sich auf den Käse am Stück bezog. Die Passanten kauften meist die kleinen Käse, die nur als ganze verkauft wurden, als Souvenir zum Mitnehmen. Und deren Preis war das Doppelte! Wir, als ein beim Gesundheitsdienst als Hof-Käserei eingeschriebener Betrieb, hatten die Auflage, eine Vitrine zu haben, unsere Betriebsnummer auszuhängen. Wer laktischen Käse verkaufte, musste diesen gekühlt transportieren und anbieten. Für eine Weile wurde das auch für uns Vorschrift. Völlig widersinnig, da doch die Keller- und Lagertemperatur bei uns 12 bis 15 Grad ist! Wahrscheinlich steckten die Großbetriebe dahinter, die dadurch, dass sie den Kleinen das Leben erschwerten, lästige Konkurrenz loswerden wollten! Denn wer von uns konnte sich schon eine gekühlte Vitrine auf einem Anhänger leisten, und auf welchem Markt befand sich überhaupt ein Stromanschluss? In diesem Fall war es wiederum gut, dass es die AFFAP, den Verein der Kleinkäser gab! Der setzte sich dafür ein, durch Papierkrieg und Studien, dass diese Regelung für Hartkäsehersteller entsprechend abgeändert wurde. Doch störte das die Wiederverkäufer nicht, die weiterhin ihre Käse auftürmten, ohne Schutz vor Sonne oder Fliegen. Denn diese hatten keine Betriebsnummer und konnten nicht belangt werden! Schlimmstenfalls packten sie ein und kamen die Woche drauf wieder, denn Kontrollen gab es nur ein- bis zweimal im Jahr!

Meist ist auf einem Markt eine tote Periode. Die ist in der Regel zu Anfang, weil die Kunden erst so gegen zehn Uhr erscheinen. Auch zwischendrin kann es Momente geben, wo keiner am Stand ist, während sich an den Nachbarständen vielleicht die Kunden drängen! Anstatt darüber zu verzweifeln, versuchte ich das Verhalten der Kunden zu analysieren, auch das Verhalten der Käufer, um eine eigene Strategie daraus abzuleiten. Was eine große Rolle spielt, ist in erster Linie das Optische. Entweder macht man einen auf rustikal und riskiert, dass einem die „Saubermänner“ durch die Lappen gehen, oder man macht einen auf professionell und riskiert, für einen Wiederverkäufer gehalten zu werden.

Ich machte ein Zwischending: Geordneter, übersichtlicher Stand, der Käse in einer Plexiglasvitrine, fliegensicher, der angeschnittene auf einer großen Keramikfliese unter einer durchsichtigen Kuchen-Glocke. Daneben die Waage, natürlich geeicht, weil das das Erste ist, was kontrolliert wird. Es war eine Roberval, mit zwei Schalen und Gewichten. Alleine sie zog schon den Blick auf sich! Die Honiggläser waren auf der anderen Tischhälfte gut sichtbar aufgestellt, aber nicht zu viele, damit die Leute sahen, man ist ein Kleinimker. Saubere, aber nicht zu professionelle Kleidung (nie in Weiß kleiden, bestenfalls eine weiße Schürze an!), gut sichtbare Preisschilder, Adresse vom Hof, die DSV Gesundheits-Nummer, eine Tafel mit Fotos von Kühen und Käseherstellung ausgehängt und eine weitere mit Fotos der Imkerei. Diese in einer Höhe, dass sie auch von Kindern angeschaut werden können, denn diese sind in der Regel die Neugierigsten. Zugleich eine Schiefertafel (Schiefer gibt es bei uns überall) mit der Aufschrift „Kosten kostet nichts“ und „Besuch des Hofes jeden Abend zur Melkzeit“. Kein Hund oder Katze am Stand, obwohl das Kinder mögen!

Viele Verkäufer haben kleine Stückchen als Kostproben ausliegen. Ich finde es besser, als Probe eine kleine Scheibe frisch am Käse abzuschneiden und flach auf dem Messerrücken anzubieten. Dann ist der Kunde sicher, dass es derselbe Käse ist, den er eventuell kaufen wird. Meist sind Kinder die ersten, die ein Stückchen probieren wollen. Dann wollen die Eltern auch. Und wenn sie nichts nehmen, gehen lassen, nicht drängen! Sollen sie erst bei den Anderen probieren! Meist kommen sie wieder! Seit Beginn schon hatten wir eine Ansichtskarte machen lassen. Das erschien anfangs als eine Menge Geld! Andere verteilen Visitenkarten. Mittags, beim Einpacken findet man die Visitenkarten irgendwo im Rinnstein wieder. Nicht aber eine schöne Ansichtskarte! Diese wird verschickt und landet bei der Oma oder Bekannten auf dem Kaminsims. Oder nach ein paar Tagen kommt die Familie am Hof vorbei, die Karte in der Hand, glücklich, uns gefunden zu haben, denn für die Heimfahrt hatten sie noch nichts Passendes zum Mitnehmen gefunden…

Wichtig ist, nicht hinterm Stand zu sitzen, zu rauchen oder in der Nase zu bohren. Ein Zwischending ist eine Art Klappsessel in der Höhe eines Barhockers. Der Kunde muss den Eindruck haben, dass man für ihn da ist! Sitzt man da, will er einen nicht belästigen. Andererseits darf er nicht den Eindruck bekommen, dass der Verkäufer ihn belästigt! Ich hatte versucht, alles auf eine Gleichung zu reduzieren. Aber so einfach ist das nicht. Doch hatte ich gesehen, dass von einem Winkel ab 45 Grad man den Kunden aufmerksam machen muss. Bis 90 Grad. Dann ist es zu spät. Oder noch nicht ganz, wenn Kinder dabei sind! Diese lauern oft regelrecht auf eine Kostprobe! Beim Näherkommen hebe ich die Glocke vom Käse und schneide gut sichtbar eine kleine Scheibe ab, die ich ihnen anbiete, wenn sie sich fast vorm Stand befinden. Aber auf eine Weise, dass sie sich nicht vom Messer bedroht fühlen oder irgendwie gezwungen sehen. Selten dass sie ablehnen! Man muss das Gespräch suchen, eine witzige Bemerkung parat haben, Auskunft über Wanderziele geben! Man muss den Kunden so empfangen, wie man gerne selber empfangen werden will, wenn man wo in Urlaub ist!

Wichtig ist, sich Zeit zu nehmen. Wichtig ist auch, keinen Kunden warten zu lassen! Während einer probiert, und sich nicht entscheiden kann, kann man den anderen Wartenden schon mal was zum Probieren geben oder den Kindern eine Postkarte. Oder notieren, was der Andere will, und ihm sagen, dass man die Ware fertig macht, und er sie in einer halben Stunde abholen kann, wenn es seine Tour über den Markt beendet hat, vor allem, wenn es ein Stammkunde ist.

Auch muss der Stand sicher stehen. Oft haben die Straßen eine Rundung oder Plätze ein Gefälle. Es ist gut, immer ein paar Brettabschnitte zum Unterkeilen zu haben. Der Sonnenschirm soll nicht weiter als die der anderen Stände überstehen, da sonst vielleicht ein Lieferwagen daran streifen kann! Hunde im Auge behalten, denn wenn der erste gepisst hat, folgen alle anderen! Auch haben Hunde schon mit einem Happs einen Käse geschnappt und sind damit abgehauen! Und dann finde mal den Eigentümer! Niemanden hinter den Stand lassen, da schon manche Kasse auf diese Weise verschwunden ist! Die Kasse nicht abschließen, damit sie aufgeht, falls ein Langfinger sie mitgehen lassen will. Ab und zu unauffällig das Großgeld rausnehmen und in die Hosentasche stecken! Am besten, den Stand vorne und seitlich zumachen, damit der sich darunter befindliche Vorrat nicht sichtbar und geschützt ist. Das einfachste dazu ist ein Vorhang oder eine Plane, auf die man ein schönes Bild gemalt hat. Den Vorrat in Kühlboxen aufbewahren. Diese nicht auf die Erde stellen, sondern auf Bretter. Denn irgendwann landen sie im Keller, spätestens, wenn man sie wieder auffüllt, und nichts ist gefährlicher im Keller als Schmutz von anderswo und Erdrückstände!

Bei Wind ist es besser, den Sonnenschirm zu schließen oder gut festzuhalten! Nichts ist vorteilhafter für einen Markt, als gelöste Stimmung. Warum nicht die Nachbarn zu einem Frühstück einladen? Jeder bringt dann automatisch was mit, man öffnet eine Flasche, quatscht miteinander, besser kann ein Markttag gar nicht beginnen!

*

Bei Regen war das alles anders. Wer seine Käufe aufschieben konnte, tat es. Oder die Leute trafen sich in den Kneipen. Davon gab es genügend in Castillon. Am Platz vor der Schule, wo auch die neue Käserei ihre Aktivität aufgenommen hatte, befand sich das ‚Chai‘, ein Weinhandel, geführt von Georges, dem ‚Griechen‘. Dieser Name hing ihm noch an, obwohl er in Paris geboren war. Dort war er auch zur Schule gegangen. Zum Abitur hatten die Eltern ihm eine Fahrt nach Griechenland, das Land seiner Großeltern geschenkt. Als er dort angekommen war, brach gerade die Revolution aus und man integrierte ihn in die Armee, ihn, der kein Wort Griechisch sprach und einen französischen Pass hatte! Er landete sogar im Gefängnis, weil man ihm unterstellte, mit falschen Papieren dem Dienst fürs Vaterland entkommen zu wollen! Es dauerte eine Weile, bis er endlich wieder zurückkam. Seitdem hält er nichts mehr von Auslandsreisen… Später lernte er in den Ferien hier seine Frau kennen und übernahm deren familiären Weinhandel.

Sein Laden war ein hoher Kellerraum, in dessen Hintergrund Plastik- und Holzfässer herumstanden, in denen sich Weiß-, Rot- und Rosé-Wein befand, den er mit einem Schlauch ansaugte und in die untergehaltenen Kanister oder Korbflaschen der Käufer laufen ließ. Auch machte er regelmäßig Fahrten durch die Weiler und Dörfer, um die Leute mit dem lebensnotwendigen Treibstoff zu versorgen. Er hatte einen alten Peugeot-Lieferwagen, der vorne mit Schiebetüren ausgestattet war, die aber oft rausfielen. Dann diente eine Kordel mit Karabinerhaken dazu, einen eventuellen Insassen, meist ein angetrunkener Marktkunde, nicht zu verlieren. Manchmal durften auch seine Enkel mitfahren. Für die schien das jedes Mal ein Abenteuer zu sein. Ansonsten kamen diese, wie die anderen Lausebengel des Dorfes so oft es ging an meinem Stand vorbei, um eine Scheibe Käse als Kostprobe zu ergattern.


War ein trüber Regentag oder es fiel Schnee, gingen die Bauern, die Tiere mitgebracht hatten, nicht weiter als bis zu ihm. Dort konnten sie ihren Durst wecken und später löschen und hatten zugleich ihre Tiere auf dem Platz im Auge. Auch ich kehrte dort ein. „Hast du Käse dabei?“, fragte der erste. Und plötzlich wollten alle ein Stück haben. Ich öffnete die Heckklappe und machte mich ans Abschneiden und Wiegen. Später dann hatte ich schon auf dem Markt auf gut Glück meine Pakete abgewogen. Mit einem Blatt Papier, gut bestückt mit Aperitif-Portionen, kam ich gegen Mittag da rein. Und jedes Mal stand ein Bier vor mir, ohne, dass ich zahlen brauchte. Das wurde so eine Tradition.

Meist waren das dieselben Bauern, die sich hier trafen. Einige kannte ich schon von der Alm, als wir noch die Schafe auf dem Berg hatten. Da war Jean-Pierre, der außer seiner Korpulenz immer sein Scheckheft zur Schau stellte, das ihm hinten aus der Jeanstasche baumelte. Auch die Viehhändler verbrachten hier den Vormittag, ebenso wie mancher Marktverkäufer, der hier seinen Stand und seine Sorgen für einen Moment vergaß. Denn die Geschäfte gingen nicht mehr so wie früher. „Wenn du das erlebt hättest“, meinte Georges mit einer weitausholenden Geste, „Stände überall, die Häuser bestanden im Erdgeschoss aus Butiken, die Kühe standen unter den Platanen, wo die Tankstelle ist, bis hoch, wo jetzt das Foyer Rural, der Festsaal, steht! Und all die Leute, die Käse verkauften! Damals hättest du noch Konkurrenz gehabt, aber jetzt!“ „Da ist doch die neue Käserei auf dem Platz!“, warf ich ein. „Das ist doch kein Käse, was die machen! Die Milch kommt noch nicht mal von hier. Das ist ein Zeug, um an die Städter zu verkaufen, die keine Ahnung haben!“

So ging es da zu. Rauch schwärzte nicht nur die Decke, sondern hüllte bei geschlossenen Türen den Keller in einen bläulichen Nebel. Draußen, neben der Tür hatte Georges ein Barbecue errichtet, worin er mit Abfällen gegen Mittag ein Feuer entzündete. Dann ein paar Schaufeln Holzkohle drauf und er grillte das Fleisch, was die Zecher gekauft hatten, vielleicht für zu Hause. Stolz stellte er eines Tages eine Flasche Franziskaner Weißbier vor mir auf den eichenen Tresen. Das nächste Mal brachte ich ihm das dazugehörige Glas mit, von denen ich eine Sammlung zu Hause hatte. Darin schmeckte das Weizen noch besser! Er erzählte mir, dass er das Bier in Spanien gefunden hatte. Und ich dachte, es käme aus München! Ich schaute mir daraufhin die Flasche genauer an. Darauf stand, dass es in Athen hergestellt war! Man sah, Europa war dabei, sich zu gestalten! Das Dumme mit den Weizengläsern ist, dass sie sich schlecht reinigen lassen. Als das Bier bald darauf beim Einschenken nicht mehr schäumte schaute ich mal genauer hin. Unten drin war ein Rand Schmodder von eingetrockneten Bier und Hefe, der sich durch normales Nachfüllen von frischem Bier nicht mehr entfernen ließ. Da wäre Waschen das Einfachste! Hefebier ohne Schaum? Nein Danke! Als seine Kiste dann leer war, meinte ich, dass Kronenburg auch trinkbar sei, und nur wegen meiner Nostalgie bräuchte er das Bier nicht mehr hertun! Denn außer mir trank es niemand. Schade um das gute Bier!

*

Auf dem Markt hatte mich der Knecht eines Viehhändlers aus Galey angesprochen. Anfangs verstand ich gar nichts, da er nuschelte und nur ‚Patois‘, den Dialekt sprach. Nach einer Weile des Nichtverstehens griff er zu einem von meinen Honiggläsern, zeigte darauf und machte das Summgeräusch der Bienen nach. Nachdem er eine Weile gestikuliert hatte, wurde mir klar, dass er mir erklären wollte, dass irgendwo in einem umgefallenen Baum ein Bienenschwarm versteckt war und die Leute gestochen hatte. Als er dann auf mich zeigte, kapierte ich, dass ich diesen beseitigen sollte. Zum Glück kamen dann noch andere Bauern an den Stand, die mir übersetzten, wo dieser zu holen war. Nach dem Markt fuhr ich mit dem Knecht zu besagter Stelle und schaute mir die Sache an, um die richtige Strategie zu entwickeln. Der Schwarm, wohl schon eine Kolonie aus dem Vorjahr, hatte sich in einem Wildkirschen-Baum eingenistet. Dieser Baum war umgefallen und lag oberhalb der Straßenböschung. Zusammen mit Doris hatten wir ihn bald herausgeschnitten und in einen Kasten gesetzt. Am Tag darauf waren alle umherirrenden Bienen drinnen, und wir holten ihn am folgenden Morgen, ziemlich früh, wo alle Bienen noch leicht erstarrt waren, zu uns.

Bei der nächsten Käsetour hielt ich in der Kneipe von Galey an und traf dort auf den Wiesenbesitzer. Wie es in Deutschland Brauch ist, gab ich ihm ein Kilo Honig für den Schwarm. Er war etwas verwundert darüber, nahm ihn aber gerne. Er hatte wohl befürchtet, dass ich ihn für das Entfernen bezahlen lassen wollte. Dann schien er eine Idee zu haben. „Du hast mir den Honig gegeben. Dann sind das jetzt deine Bienen?“, meinte er. „Kann man wohl sagen“, antwortete ich, nicht schlüssig, worauf er hinauswollte. „Also gibst du zu, dass es deine Bienen sind?“ Wollte er mehr Honig herausschlagen, oder warum diese blöde Frage? Ich bejahte wieder. „Letztes Jahr haben sie ein Fohlen von mir in der Wiese angegriffen, was an den Stichen eingegangen ist. Das musst du mir bezahlen!“ Ich glaubte, schlecht gehört zu haben. „Ich kapiere nicht ganz, was du meinst!“, sagte ich etwas diplomatisch, denn gegenüber den angesäuselten Anwesenden musste ich vorsichtig sein. „Na ja, du hast doch eine Versicherung!“, führte er aus. „Die kann doch zumindest den Schaden, den deine Bienen gemacht haben, ersetzen!“ „Weißt du was?“, fragte ich ihn, „das nächste Mal holst du deine Bienen selber heraus! Pass nur gut auf, sonst geht es dir so wie deinem Fohlen!“ Ich lieferte dem Wirt die Bestellung ab und verließ die Kneipe, bevor denen noch was Neues einfiel.

Die Pyrenäenträumer - Band 2

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