Читать книгу Den haben wir voll abgezogen! - Wolfgang Kindler - Страница 6

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Nach der Pause, in der ich Martini nicht aus den Augen gelassen hatte, stand eine Doppelstunde Sport auf dem Programm. Brownie ließ uns entgegen seiner sonstigen Gewohnheit nicht warmlaufen, sondern forderte alle auf, sich zunächst auf die Bänke zu setzen. Brownie hieß eigentlich Behnke. Aber alle Schüler nannten ihn Brownie, weil er so aussah, als ob er frisch von der Sonnenbank käme. Brownie war etwas kleiner als ich, hatte blonde Strähnchen im Haar, eine Goldkette um den Hals und tat enorm sexy. Nicht, dass er was mit Schülerinnen hatte, glaube ich wenigstens, aber er tat so, als ob er alle haben könnte.

„Hartmann, komm mal nach vorne.“ Zögernd stand ich auf. Was wollte der denn von mir? „Hartmann, warum hast du mir nie gesagt, dass du schon seit Jahren boxt?“

Ich zuckte mit den Achseln.

„Da muss man erst in der Zeitung lesen, was für einen begabten jungen Boxer man unterrichtet. In meinen Augen ist das falsche Bescheidenheit. Oder schämst du dich etwa, weil du boxt? Das Image von Boxern ist ja in gebildeten Kreisen, zu denen ich unsere Schüler selbstverständlich auch zähle, nicht besonders gut.“

„Kann ich mich wieder hinsetzen?“ Langsam wurde mir die Sache zu dumm. Ich hatte den Eindruck, dass mich Brownie vorführen wollte, aber ich hatte keine Lust, da mitzumachen.


Brownie ließ mich jedoch nicht in Ruhe:

„Nicht so schnell, junger Mann. Ich finde, du bist uns noch was schuldig, nachdem du uns so lange dein Talent vorenthalten hast.“ Brownie machte eine Pause.

Vermutlich wollte er allen Zeit geben, um über seinen lahmen Witz zu lachen.

Aber keiner tat ihm den Gefallen. Trotzdem grinste er, als er fortfuhr: „Wir haben doch in einer Woche unser Schuljubiläum.

Da könntest du eine Kostprobe deines Könnens zum Besten geben. Das kriege ich bis dahin schon organisiert. Ich fordere dich zu einem Boxkampf in der großen Halle auf.“ Mir sackte die Kinnlade runter. „Aber das … das geht doch gar nicht …“, stotterte ich.

„Du musst keine Angst haben, wir machen nur einen Schaukampf. Ich verspreche dir, dass ich nicht richtig zuschlage. Dir wird schon nichts passieren. Und meinetwegen darfst du so hart kämpfen, wie du willst.

Ist das nicht ein Angebot?“

Die Klasse brüllte vor Freude. „Mach es, mach es!“, schrie Stevie, und seine Gang johlte mit. Immer mehr Schüler brüllten: „Mach es, mach es!“

Mit einer Handbewegung brachte Brownie sie zur Ruhe. „Nun, Arne, wie ist es? Willst du deinen Mitschülern nicht die Freude machen? Du brauchst wirklich keine Angst zu haben.“

„Es geht nicht um Angst. Wir dürfen nur im Rahmen des Verbandes boxen. Wilde Kämpfe sind uns verboten. Tut mir leid. Wenn ich mit Ihnen kämpfe, werde ich gesperrt.“

Brownie schien nachzudenken: „Es geht ja nicht um einen wilden Kampf, sondern um eine Schulveranstaltung, auf der für den Boxsport geworben werden soll. Wir prügeln uns ja nicht, sondern wir boxen, ganz sportlich. Wie heißt dein Trainer?“

„Das ist Herr Özcan.“

„Und wenn ich deinen Trainer um Erlaubnis bitte, dich bei einer Schulveranstaltung boxen zu lassen, und er sie dir gibt? Würdest du dann mitmachen? Oder hast du Angst, dass du dich blamierst?“

„Nee, habe ich nicht.“

„Also abgemacht. Wenn dein Trainer einverstanden ist, boxen wir an unserem Schulfest gegeneinander. Ich schlage vor, fünf Runden zu drei Minuten.“

„Aber Herr Behnke, wir sind Amateure.

Wir boxen nur drei Runden.“

„Nur drei Runden? Wie willst du dann zeigen, was du kannst? Du wirst dich schon nicht überanstrengen.“

Ehe ich antworten konnte, rief Stevie:

„Fünf Runden, fünf Runden.“

Marvin, Timo und Dominik machten mit.

Auch andere Schüler brüllten: „Fünf Runden.“ Wieder brachte Brownie die Klasse zum Schweigen. „Arne, du hörst, was das Volk wünscht. Aber wenn dir fünf Runden zu anstrengend sind, können wir es auf drei Runden verkürzen, vorausgesetzt, der Kampf findet statt. Aber vielleicht hat dein Trainer Angst, dass du dich blamierst, und verbietet dir den Fight.“


Langsam wurde ich sauer. Und wenn ich sauer werde, sage ich Sachen, die mir nachher immer leidtun. „Nein, nein, das mit den fünf Runden geht schon in Ordnung. Ich wollte Rücksicht auf Sie nehmen. Boxen ist anstrengend. Und Sie sind ja fast vierzig.

So einen alten Körper sollte man nicht mehr so großen Belastungen aussetzen.“

Brownie schnappte nach Luft. Er war erst Mitte dreißig und erzählte jedem, der es hören wollte, und jedem, der es nicht hören wollte, wie gut er in Form wäre.

Bevor er antworten konnte, fuhr ich fort: „Ich möchte nicht, dass Sie sich überfordern. Nachher geht es Ihnen nicht gut, und ich bin schuld, weil ich Sie nicht gewarnt habe.“

Die Klasse brüllte vor Lachen, und Brownie wurde rot. Er schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft. Die Klasse tobte immer noch. So hörte niemand, wie er mir zuflüsterte: „Ich mach dich fertig.“

Den haben wir voll abgezogen!

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