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Das Zirkulationsmittel

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Ist die Sache mit dem Privateigentum geregelt und Gott und die Welt hinter dem Geld her, damit sie auf dem Markt etwas ausrichten, dann zirkulieren nicht nur Waren, sondern auch Gemeinsprüche der begriffslosesten Sorte. „Das Geld ermöglicht den Tausch,“ heißt es da in den VWL-Büchern wie im kleinen Brockhaus und im großen Meyer. Und um einen guten Eindruck zu machen und den wissenschaftlichen Schein zu wahren, zu dem ein Quäntchen Notwendigkeit gehört, wird der Hinweis auf die Arbeitsteilung bemüht, welche im „Tauschmittel Geld“ die Verteilung der weit und breit verstreuten Güter glücklich herbeiführe.

An solchen Weisheiten, die freudig vermelden, dass das Geld „Zugang zu“ und „Verteilung von Gütern“ ermögliche, muss eine kleine Korrektur angebracht werden. Das Geld, das Maß des Reichtums, stellt den Zugang zu nützlichen Produkten und deren Verteilung auch ein wenig in Frage. Es verunmöglicht das, was es „möglich macht“, auch: Schließlich trennt das gewaltsam in Kraft gesetzte Eigentum erst einmal sämtliche Bedürfnisse von den ihnen entsprechenden Gegenständen. Es lässt sie nur unter der Bedingung zum Zug kommen, dass der geforderte Preis an den entrichtet wird, dem die Dinge gehören. Wenn ein Staat mit seiner Gewalt das Geld als Mittel der Bedürfnisse vorschreibt, dann erhebt er also ganz bestimmt nicht die Bedürfnisse zum Zweck des Wirtschaftslebens. Er unterwirft vielmehr ihre Befriedigung der Zahlungsfähigkeit derer, die sie verspüren. Vom Quantum des öffentlich-rechtlich beaufsichtigten Stoffes, das einer besitzt, hängt seine Betätigung in der Welt der Genüsse ab. Anders ausgedrückt: Die Güter finden den Weg zu ihren Liebhabern nur, wenn diese zahlen. Als Waren bevölkern sie dann den Markt, sie sind Geschäftsartikel, und ihre Eigentümer stellen sie äußerst ungern zur Verfügung, wenn sie sich nicht versilbern.

Dass durch das Geld eine Verteilung stattfindet, soll damit gar nicht bestritten werden. In Frage steht jedoch, ob es sich beim Geld um eine glückliche Erfindung aus fernen Tagen handelt, durch die ein mit der „Arbeitsteilung“ auf die Welt gekommenes Problem einvernehmlich gelöst wurde: Güter von dem Ort, wo sie nicht gebraucht werden, dorthin zu verfrachten, wo sie jemand haben will. Dagegen spricht schon jeder Werbespot mit seiner Botschaft von der „preiswerten Ware“. Die zeugt nämlich von nichts anderem als dem Bemühen um eine beschränkte Zahlungsfähigkeit; und an den Mann gebracht werden soll die eine Ware statt der anderen, was auch gleich die Behauptung widerlegt, das Geld sei, wenn schon keine Lösung des Verteilungsproblems, dann dessen Not-Lösung, angesichts der „Knappheit von Gütern“ – auch dies eine Deutung, die einen Hinweis auf die unübersehbaren Gegensätze des Marktes enthält, auf dem Waren und Geld die Hände wechseln.

Anders gesagt: Zunächst einmal vermittelt das Geld tatsächlich den Austausch von Waren beliebiger Herkunft untereinander. Zeitliche und örtliche Schranken der Produktion, wie sie neben den Zufällen individueller Bedürfnisse immer als Manko des „Naturaltausches“ ausgemalt werden („Der eine hat das (nicht), was sein gerade hereingeschneiter Tauschpartner (nicht) braucht...“), sind mit dem Geld beseitigt – ob das glücklich gelöste Problem außerhalb einer Geldwirtschaft, aus der man sich das Geld weggedacht hat, überhaupt eine Rolle spielen würde, mag dahingestellt bleiben. Deswegen ist das Geld aber noch lange keine „Recheneinheit“ und kein „Steuerungsinstrument“, das garantiert, dass Güter ihren Benützer finden. Immerhin macht es sich selbst zur Bedingung dafür, dass die Waren in Bewegung geraten und von ihrem ursprünglichen Besitzer zu ihrem Benützer gelangen. Vor dem allseits beliebten Resultat, dem gelungenen Austausch von Waren hier gegen Waren dort und anderswo, hat immerhin noch jede Ware ihre Verkäuflichkeit zu beweisen. Und das heißt: Sie muss sich nicht nur am Interesse an ihrem Gebrauchswert bewähren, sondern an der Zahlungsfähigkeit der Interessenten. Insofern verrichtet das Geld die ihm so hoch angerechnete Wohltat, den Gütern und Menschen als Verteilungsinstrument zu dienen, nur sehr bedingt. Unerfüllte Bedürfnisse zeugen ebenso deutlich wie unverkäufliche Waren davon, dass die Trennung von Kauf und Verkauf – jene „Technik“, die die Möglichkeit des Austauschs jeder beliebigen Ware gegen jede andere eröffnet – einen handfesten Gegensatz stiftet: Unterwegs kommt es offenbar so sehr aufs Geld an, dass Ware gar nicht erst zu Ware findet...

Wenig Trost bietet da auch die angesichts der Störungen des Marktes erhobene Klage, das Geld würde mengenmäßig verkehrt gehandhabt und Störungen deshalb hervorrufen. Den Idealismus, „das“ Geld der Marktwirtschaft, in der es auf die ausschließliche Verfügung von Privateigentümern über Geld und Ware ankommt, zu einer Gesamtmenge zu addieren, mit der, wenn richtig bemessen, der „Markt geräumt“ und jedes Bedürfnis befriedigt würde, treibt ja doch keiner der einschlägigen Experten bis zu dem Vorschlag, für den guten Zweck der Warenverteilung und Menschenversorgung einfach mehr Geld unter die Leute zu bringen, damit ein fröhlich Kaufen und Verkaufen anhebt: Das geht auf keinen Fall, weil die Kaufkraft, die so geschaffen würde, durch höhere Preise ausgenützt und nur dazu führen würde, dass das Geld nichts mehr taugt... Auf die Anzahl der Geldeinheiten kommt es demzufolge also an: nicht im Hinblick auf den Dienst als Zirkulationsmittel, den das Geld angeblich so zweckmäßig versieht und bisweilen dann doch versagt, sondern weil es auf die Einheit ankommt, von deren Inhalt kein marktwirtschaftlicher Kopf etwas wissen will. Immerhin geben insofern selbst die Freunde der „quantitätstheoretischen“ Deutung der Inflation (deren Geheimnisse im übrigen im Kredit und nicht in den Güterbergen und Geldmengen liegen!) noch zu, dass der Markt für den Nutzen des Geldes geradezustehen hat und nicht umgekehrt.

Dass die Beschaffung von Geld, jener Privatmacht über den gesellschaftlichen Reichtum in „schlagfertiger Form“, den Zweck des Marktes ausmacht, lässt sich freilich leichter bemerken als über falsche Theorien, die sich dann am Interesse ihrer Urheber blamieren. Darauf sind vor allen Marxisten schon ganz andere Leute gekommen.

Das Geld

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