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Der weltweite Horizont
ОглавлениеSchon früh unternahm Hasenhüttl zahlreiche Forschungsreisen. Als Assistent von Hans Küng begleitete er diesen 1964 auf dessen Indienreise (vgl. Küng 2004, S. 536). Längere eigene Forschungsaufenthalte führten ihn neben vielen anderen Zielen 1982/83 für mehrere Monate nach Südamerika, 1987 in viele Länder Afrikas, 1988 nach Taiwan und 1991 auf die Philippinen. Im Laufe der folgenden Jahre besuchte er fast alle Länder dieser Erde und knüpfte Kontakte zu zahlreichen Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Einrichtungen.
Aus diesen Forschungsreisen sind viele Bücher und wissenschaftliche Aufsätze hervorgegangen. Die Ergebnisse seiner Erkundungen in Lateinamerika legt Hasenhüttl in dem Band „Freiheit in Fesseln. Die Chance der Befreiungstheologie. Ein Bericht“ (1985) vor. Die Ausgangsbasis seiner Analyse der geschichtlichen und gegenwärtigen Begegnungen zwischen Europa mit seiner spezifischen Kultur und Religion und der Geschichte und Kultur Lateinamerikas beschreibt er so: „Bei der Begegnung mit anderen Menschen, Völkern, Kulturen und Religionen gibt es drei Grundeinstellungen, die die Interpretation der Fakten bestimmen: 1. die koloniale, 2. die patriarchalische und 3. die dialogische. Es gibt Richtungen in Theologie und Kirche, die sich heute noch kolonial gebärden, die patriarchalische Fürsorge leisten oder auch in einem echten Dialog, sei er innerkirchlich oder nach außen gewendet, eintreten“ (1985, S. 9). Kommunikation, Dialog, das Ernstnehmen des Gegenübers als gleichberechtigten Partner und dies alles verbunden mit der unverzichtbaren Dimension der Freiheit – dies sind für Hasenhüttl die Voraussetzungen dafür, dass sowohl in Kultur und Religion als auch auf gesellschaftlich-politischer Ebene wirklich Neues entstehen kann.
An der Ambivalenz, die Hasenhüttl am Ende seiner lateinamerikanischen Studienzeit feststellte, hat sich wohl grundsätzlich auch in den seither vergangenen Jahren nichts geändert: „Dieser Kontinent könnte aufrütteln und wach machen. Er könnte uns zur Veränderung und Umkehr aufrufen. Vielleicht ist Südamerika auch ein Vulkan, der jeden Moment |35|ausbricht, uns unvorhergesehen trifft und sogar vernichtet. Vielleicht aber bricht ein Sonnenstrahl durch die Wolken und erweckt neues Leben, neue Menschen in einer neuen Gesellschaftsordnung“ (1985, S. 139). Denn: „Die Tür zum Licht wurde in den Jahrhunderten nie ganz zugeschlagen, die Hoffnung blieb den Unterdrückten – und wenn auch die Freiheit verwehrt wurde, der Spalt, durch den die Sonnenstrahlen fallen, er ist geblieben als der Ausweg, der auf Befreiung hinweist“ (1985, S. 138).