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Silizium als Rohstoff
ОглавлениеIn der Natur ist Silizium das zweithäufigste Element überhaupt, allerdings kommt es nicht elementar rein vor, sondern in natürlichen Verbindungen, zum Beispiel als Silikat in Form von Sand oder Quarz.
Diese natürlich vorkommenden Stoffe sind für die Photovoltaik aber so nicht verwendbar. Sie müssen in aufwendigen Prozessen gereinigt werden, bis man schließlich reinstes Silizium zur Weiterverarbeitung erhält. Dieses Reinstsilizium ist deshalb erforderlich, um den später im Inneren der Modulzelle stattfindenden Stromfluss nicht durch Fremdstoffe zu behindern oder sogar unmöglich zu machen, wie wir bei der späteren Beschreibung des Zellaufbaus noch sehen werden (siehe Seite 16).
Im ersten Schritt wird beim Reinigungsprozess durch die Reduktion von Sauerstoff Rohsilizium hergestellt, da der Sauerstoff sich später bei der Zellfunktion störend auswirken würde. Ausgangsmaterialien sind dabei faustgroße Quarzkiesel oder -bruchstücke, die mit Kohlenstoff gemischt werden. Bei 2 000 °C wird dieses Gemisch elektrothermisch erhitzt, wobei der Sauerstoff entweicht. Das entstandene Rohsilizium, ein graues Pulver, hat einen Reinheitsgrad von 98 bis 99 Prozent, enthält jedoch weiterhin Fremdbestandteile wie Eisen, Aluminium, Kalzium, Titan und Kohlenstoff. Um Reinstsilizium von 99,9-prozentiger Reinheit zu gewinnen, müssen verschiedene weitere Reinigungsprozesse folgen. Dabei wird das Rohsilizium zunächst verflüssigt und später durch Erhitzen wieder in eine feste Konsistenz gebracht.
Das gewonnene Reinstsilizium wird nun – so verwunderlich das klingt – wieder verunreinigt, und zwar mit dem Element Bor. Das hat folgenden Grund: Silizium hat in seinem Atomaufbau neben seinem Atomkern vierzehn Elektronen in drei definierten Energiezuständen („Schalen“ um den Atomkern). Die Atome gehen über die 4 „äußeren“ Elektronen chemische Verbindungen mit anderen Siliziumatomen oder anderen chemischen Elementen ein.
Bor hat fünf Elektronen, von denen nur die drei Elektronen der äußeren „Schale“ für die Ausbildung von chemischen Bindungen zur Verfügung stehen. Wenn man sich nun vorstellt, wie sich Silizium- und Boratome in einem atomaren Gitter miteinander verbinden, dann verbleiben im Verbund „Elektronenlücken“, weil die Anzahl der reaktiven Elektronen zum Verbinden (Silizium 4 – Bor 3) ja nicht aufgeht. Dementsprechend wird das Silizium damit automatisch „positiv dotiert“ (p-Schicht). Es gibt im Silizium-Bor-Kristallgitter zu wenige Elektronen, also viele Fehlstellen. Die Fehlstellen werden auch „Löcher“ oder „Elektronenlöcher“ genannt.
Elektronenlücken an den Boratomen
Systemprozess für polykristalline Zellen
Wie man an dem Atommodell erkennt, ergeben sich freie Stellen, die durch „springende“ Elektronen aufgefüllt werden können. Dies ist für die spätere Funktionsweise wichtig.
Das so hergestellte Silizium wird nun in der Regel über zwei unterschiedliche Verfahren zu Solarrohzellen verarbeitet. Dabei unterscheidet man im Ergebnis poly- beziehungsweise multikristallines und monokristallines Silizium. Der Unterschied dieser Siliziumformen liegt in der unterschiedlichen Herstellungsweise.
Polykristallines Silizium wird nach der Schmelze in quadratische Blöcke (Ingot) gegossen, worauf beim Auskühlen das Silizium auskristallisiert und eine Vielzahl von Kristallstrukturen bildet; hiervon leitet sich auch der Name ab: „poly“ = viel (also von der griechischen Vorsilbe übernommen). Die Kristalle unterscheiden sich in Form und Größe deutlich voneinander. Sie können nur wenige Millimeter, aber auch einige Zentimeter groß sein und sind sehr fest miteinander verbunden. Aus diesem geschmolzenen Block werden zuerst quadratische Zylinder und aus diesen wiederum hauchdünne Scheiben (Wafer) geschnitten, die zu Solarzellen weiterverarbeitet werden.
Die Dicke der entstehenden Scheiben lag in der Anfangszeit der Solarzellenherstellung bei etwa 0,4 Millimetern und wurde mit der Zeit stetig reduziert, um die Ausbeute, also die Anzahl der Wafer pro Kilogramm Silizium zu erhöhen. Seit einiger Zeit beträgt die typische Waferdicke etwa 0,18 Millimeter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat eine Dicke von 0,05 bis 0,08 Millimeter. Eine weitere Erhöhung der Ausbeute ist durch eine Verringerung der Sägeverluste (Sägestaub) möglich. Neben der Steigerung des Zellwirkungsgrads trägt dies auch zu einem Rückgang des Siliziumbedarfs pro Watt Spitzenleistung und somit zu einer Kostenreduzierung bei.
Systemprozess für polykristalline Zellen
Obwohl eine Schmelze unter hohen Temperaturen nötig ist, um polykristallines Silizium herzustellen, wird weniger Energie benötigt als bei der Herstellung monokristallinen Siliziums. Dadurch sind die Fertigungsverfahren kostengünstiger und die entstehenden polykristallinen Solarzellen waren in der Praxis zumindest in der Vergangenheit weit verbreitet.
Bei monokristallinen Zellen ergibt sich optisch eine homogene Zellstruktur; das heißt die Zelle wurde aus einem Einkristall hergestellt. Dabei wird das Reinstsilizium erneut geschmolzen. Im Allgemeinen wird die Schmelze mit einem Impf- oder Keimkristall, der sich an einem drehbaren Stab befindet, in Berührung gebracht und langsam unter Drehung wieder von ihr weg-/hochgezogen (Czochralsky-Verfahren). Man kann sich das grob wie beim Kerzenziehen mit flüssigem Wachs vorstellen. Hierdurch entsteht ein säulenförmiger Einkristall (Ingot) mit einem Durchmesser von 200 bis 300 mm, einer Länge von rund zwei bis drei Metern und einem Gewicht von ca. 100 kg.
Aus diesem Einkristall werden dann ebenfalls hauchdünne Scheiben geschnitten. Im Gegensatz zu den quadratischen polykristallinen Zellen entstehen runde Scheiben. Früher wurden diese als Grundlage für den Modulbau verwendet. Um diese platzoptimiert in einem Modul unterzubringen und dessen Effizienz zu steigern, werden an vier Seiten der Scheiben die Kreissegmente abgeschnitten. Dadurch verbleiben meist nur noch kleine runde Ecken an den Wafern, wodurch sich im späteren Zellverbund der Module dort die typische Rautenstruktur an den Eckbereichen der aneinandergefügten Zellen zeigt. Der Schnittabfall wird wiederverwendet.
Neben dem Unterschied bei der Herstellung (poly-)multikristalliner und monokristalliner Zellen ergeben sich bei monokristallinen Zellen höhere Wirkungsgrade. Dies ist auch ein Grund, weshalb die monokristallinen Zellen aufgrund der sich entwickelnden höheren Zellwirkungsgrade die polykristallinen Zellen trotz der höheren Herstellungskosten vom Markt nahezu verdrängt haben.