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Owen hat schon lange keine Grippe mehr und Mr. McArthur und Mr. Gibbs sind jetzt schon fast eine Woche auf der Insel.

„Touristen sind das jedenfalls nicht, so viel ist sicher“, hat Owen gestern gesagt.

„Was sind sie dann?“, wollte ich wissen.

„Ich weiß noch nicht“, hat Owen geantwortet, „aber ich krieg’s noch raus, verlass dich drauf.“

Vorsichtig balanciere ich das voll beladene Frühstückstablett durch die schmale Küchentür. Schinken und Eier, gegrillte Tomaten und Würstchen für Mr. Gibbs und gebratene Heringe für Mr. McArthur. Mr. McArthur mag keine Würstchen und Mr. Gibbs keine Heringe. Und Mr. Gibbs kriegt erst ein Glas Orangensaft und dann einen Becher heiße Milch zum Frühstück und Mr. McArthur literweise Kaffee. Ohne Milch.

„Die rauben mir den letzten Nerv“, hat Mary Catherine gerade erklärt und sich die Hände an der alten Kittelschürze abgewischt, „warum können sie nicht einfach beide Tee trinken? Ich bin ja schließlich kein Hotel! Bring du ihnen ihre Milch und ihren Saft und ihren Kaffee, ich kümmere mich solange um den Toast.“

Ich darf nämlich helfen. Mache Frühstück mit Mary Catherine und die Betten in Seamus’ Zimmer, und nachher soll ich Mr. McArthur und Mr. Gibbs den Weg durchs Torfmoor zeigen und den Abstieg die steilen Klippen hinunter, gleich hinter John Joes Haus.

„Na, ausgeschlafen?“, fragt Mr. McArthur und zwinkert mir zu. „Klar“, antworte ich, „schon lange“, und setze das Tablett auf der Tischkante ab. Mr. McArthur hilft mir, die heißen Teller herunterzunehmen. Mr. McArthur ist eindeutig der Nettere von beiden, finde ich. Jedenfalls hat er freundliche Augen und außerdem legt sich Dog immer an seine Füße. Was er nicht bei jedem macht. Aber Mr. Gibbs scheint der Chef zu sein. Wenn er was sagt, gibt ihm Mr. McArthur jedenfalls sofort Recht, und wenn Mr. Gibbs etwas braucht, springt Mr. McArthur auf und holt es.

Allerdings sagt Mr. Gibbs nicht besonders viel. Und wenn, dann klingt es wie abgehackt, als würde eine Maschine sprechen. Genauso isst er übrigens auch, wie eine Maschine. Schneidet immer genau gleich große Stücke von seinem Würstchen und steckt sie mit einer einzigen eckigen Bewegung in den Mund. Dann kaut er jeden Bissen mindestens hundertmal, wobei seine Kinnmuskeln arbeiten wie bei einem Kaninchen. „Ich weiß nicht weshalb“, hat Mary Catherine gesagt, „aber ich mag ihn nicht.“ Dog mag ihn auch nicht. Zeigt immer die Zähne, wenn er ihn sieht und knurrt ganz tief unten in der Kehle.

Ich mache mir ein bisschen an der alten Anrichte zu schaffen. Tue so, als würde ich Staub wischen, und poliere mit einem fleckigen Lappen den großen Silberteller, von dem Mary Catherine sagt, dass er bestimmt ’ne Menge wert ist. Auch wenn er einen tiefen Kratzer hat und eigentlich nie richtig glänzen will, egal wie lange man an ihm herumpoliert.

Ich warte darauf, dass Mr. Gibbs und Mr. McArthur endlich irgendwas reden. Ich habe nämlich Owen versprechen müssen, dass ich genau aufpasse und ihm jedes Wort wiedererzähle. „Jedes Wort, hörst du“, hat Owen gesagt, aber Mr. Gibbs und Mr. McArthur reden nicht. Kümmern sich nur um ihr Frühstück, die Köpfe tief über die Teller gebeugt, und sonst gar nichts. Zwischendurch starrt Mr. Gibbs auf die Wand neben der Tür, als gäbe es dort irgendetwas zu sehen. Für alle Fälle gucke ich auch schnell mal hin. Aber da ist wirklich nichts, nur ein heller Fleck auf der Tapete, wo früher das Farbfoto von Bischof McNamara hing. Seamus hat das Bild gemacht, als der Bischof mal auf Inishturk war um den Gemeindesaal zu segnen, und die Menschen und die Tiere gleich noch dazu.

Hat aber nichts genützt, im selben Jahr noch sind Paddy O’Toole und der Bruder von John Joe mit ihrem Ruderboot von der Brandung gegen die Klippen gedrückt worden und ertrunken. Von dem Ruderboot haben sie nur noch ein paar Holzplanken gefunden. Und die Leichen von Paddy und John Joes Bruder sind erst viele Wochen später auf Achill Island angespült worden, weiter oben, im Norden. Wenn Paddy nicht seinen Pullover mit dem O’Toole-Muster angehabt hätte, hätten sie nie rausgekriegt, dass er es war, den die Wellen da auf den Strand von Achill geworfen haben. Reichlich angenagt von den Fischen und so, Vater war da und hat es gesehen.

Zwei Zickzacklinien, die sich dreimal überkreuzen, das ist das Zeichen der O’Tooles, so wie wir eine Art dickes Schiffstau genau gerade runter in unsere Pullover stricken und die Prendergasts nur eine einzige Schlangenlinie, von rechts unten nach links oben. Aber alle Linien bedeuten das Gleiche: Glück beim Fischen und glückliche Heimkehr. Nur Paddy und John Joes Bruder hatten kein Glück.

Seamus hat das Bild vom Bischof trotzdem mit nach Deutschland genommen und in seiner Kneipe aufgehängt. Und John Joe hat gesagt, dass er jetzt endlich wieder Mary Catherine besuchen könne, ohne andauernd auf den „heuchlerischen Pfaffen“ starren zu müssen. John Joe mag nämlich keine Pfaffen. Und erst recht keine Bischöfe. Er sagt, sie machen alles nur noch schlimmer mit ihrem Geschwätz, und wenn man sich nicht selbst hilft, hilft Gott einem bestimmt nicht. Da hat Mary Catherine ihn einfach rausgeschmissen. Und Vater hat gesagt, an irgendetwas müsste man ja schließlich glauben, wenn man den ganzen Tag auf dem Meer ist und nichts sieht als immer nur Wasser. Aber John Joe ist eben auch kein Fischer, sondern baut Steinmauern und Häuser und hat keine Ahnung, wie es ist, wenn man mutterseelenallein in seinem Boot sitzt und die Wellen von vorn und hinten zugleich kommen und Mann und Boot und alles verschlingen wollen. Hat Vater gesagt.

Jetzt wischt Mr. Gibbs mit einem Stück Toastbrot den letzten Rest Eigelb von seinem Teller und legt Messer und Gabel genau parallel zueinander an den Rand. Guckt auf die Uhr, schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf. Wieder alles ohne ein einziges Wort zu sagen.

„Bin gleich soweit“, murmelt Mr. McArthur mit vollem Mund und nimmt schnell noch einen Schluck Kaffee. „Okay, dann wollen wir mal“, sagt er dann zu mir und nickt freundlich. Als wollte er sich für Mr. Gibbs’ schlechtes Benehmen entschuldigen.

Ich hole meine Regenjacke und pfeife nach Dog.

„Muss das sein?“, murrt Mr. Gibbs mit zusammengekniffenen Lippen. „Muss sein“, antworte ich einfach und marschiere los. Und Mr. Gibbs bleibt nichts weiter übrig, als mir und Dog zu folgen. Als ich kurz zu Mr. McArthur hinüberblicke, sehe ich gerade noch, wie er übers ganze Gesicht grinst und mir dann heimlich zublinzelt.

Mr. Gibbs hat einen Seesack über der Schulter, aus olivgrünem Segeltuch mit einem doppelt genähten Boden, und oben ragen ein paar Metallstangen heraus. Und Mr. McArthur schleppt einen glänzenden Aluminiumkoffer, der stand bisher immer oben auf dem schmalen Flur vor Seamus’ Zimmer, und ich weiß, dass an der Unterseite ein kleines Schild angeschraubt ist: Barvin Explorations und eine Adresse in Dublin. Owen hat gesagt: „Vielleicht ist Geld drin oder eine zerhackte Leiche.“

Aber gerade, als er versuchen wollte, den Koffer aufzumachen, ist Mary Catherine gekommen und hat ziemlich geschimpft. „Stell sofort den Koffer wieder hin“, hat sie gesagt, „das geht uns überhaupt nichts an, was da drin ist, und ich will es auch gar nicht wissen!“ Stimmt natürlich gar nicht, Mary Catherine ist so neugierig, dass sie bestimmt auch gerne wissen würde, was in dem Koffer ist. Aber man kann ja nicht einfach den Koffer von anderen Leuten aufmachen, da hat sie schon Recht. Und ich glaube auch nicht, dass Geld drin ist. Und auch keine zerhackte Leiche.

Mr. Gibbs und Mr. McArthur stapfen hinter mir und Dog den Berg hinauf. Und dann weiter auf dem alten Karrenweg, der außen um die Nordseite der Insel herumführt. Überall liegt Schafsdreck zwischen den Steinen und ich latsche mit Absicht immer mitten rein in die frischen Köttel, dass es nur so spritzt. Dog jagt ein paar Schafe über den steilen Abhang. Mit weit aus dem Maul hängender Zunge bleibt er dann stehen und guckt zu, wie die Schafe aufgeregt blökend zwischen den Felsen herumspringen. Manchmal glaube ich, dass Dog das Leben einfach einen riesengroßen Spaß macht. Und stimmt ja auch, denke ich, ist ja auch toll! Und renne ein Stück mit Dog um die Wette. Aber Dog gewinnt immer. Ist ja auch klar, er hat ja auch keine Gummistiefel an!

„He, warte!“, ruft Mr. McArthur, „so schnell sind wir nicht!“

„Ich warte oben am See!“, rufe ich zurück und renne weiter, denn wenn der beste Hütehund der Welt neben einem herjagt, dann kann man nicht einfach wie eine lahme Schnecke den Berg hinaufkriechen!

Der See liegt mitten im Moor. Die Leute, die früher, vor der großen Hungersnot, auf Inishturk gewohnt haben, haben aus Steinen und Baumstämmen einen Damm gebaut, damit man am Seeufer entlang bis zum großen Torfgraben kommt. Ich kenne jeden Fleck hier oben, weil wir oft hoch müssen um Torf zum Heizen zu holen. Auch wenn es regnet oder stürmt, so dass man am liebsten gar nicht rausgehen würde. Großvaters Esel hat dann die beiden großen Tragekörbe über dem Rücken und Vater trägt den schmalen Torfspaten und den Beutel mit dem Frühstück.

Man muss genau wissen, wie man den Torf sticht, sonst laufen die Gräben wieder voll Wasser und alles war umsonst. Ich muss immer die Torfstücke in die Tragekörbe packen, dicht an dicht und bis hoch über den Rand hinaus. Und wenn wir dann beide genug gearbeitet haben, holt Vater die große Glasflasche aus dem Beutel, die mit dem alten Socken drüber, damit der Tee schön lange heiß bleibt.

„Besser als jede Thermoskanne“, sagt Vater jedesmal und dann sitzen wir nebeneinander und schlürfen heißen Tee. Mit viel Milch und Zucker, dass er süßlich klebrig über die Zunge rinnt bis hinunter zum Magen, wo er dann warm und schwer hin- und hergluckst. Eine feine Stelle haben wir zum Teetrinken entdeckt, direkt am Seeufer, hinter einem großen Felsbrocken, der den Wind abhält. Wenn man sich ein bisschen nach vorne beugt, sieht man weiter links das Meer, mit der Nachbarinsel Inishbofin, und rechts sieht man auch das Meer und die hohen Klippen von Clare Island und die Küste dahinter.

Ich pfeife nach Dog. Grell hallt der Pfiff über den See und kommt als Echo von den Felsen zurück. „Dog!“, rufe ich, „Dog-og-og-og“, schallt es zurück. Kläffend kommt Dog um die Ecke gefegt und steht da, mit weit aus dem Mund hängender Zunge, den Kopf ein bisschen zur Seite gelegt, die Ohren steil aufgerichtet, als wollte er sagen: „Was ist los? Kannst du nicht mehr?“

„Ich schon“, sage ich lachend und lege Dog die Arme um den Hals, „aber die anderen sind lahme Enten! Komm, wir lassen solange Steine flippen.“

Ich bücke mich, um zwischen den Kieseln am Ufer nach einem schönen, runden, flachen zu suchen. Da! Der sieht genau richtig aus. Mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk schleudere ich den Stein über die glatte Wasserfläche, jetzt kommt er auf, und wieder hoch, tak, tak, tak, in immer kürzeren Abständen, ganz schnell zum Schluss, kaum dass man noch erkennen kann, ob er das Wasser berührt oder nicht, dann ist er weg. „Neunmal“, sage ich und nicke zufrieden, „nicht schlecht.“

„War nur siebenmal“, höre ich plötzlich Owens Stimme direkt hinter mir, „sieben, nicht neun, ich hab genau gezählt.“

„Was machst du denn hier?“, frage ich überrascht, aber da zieht Owen mich schon hinter den großen Felsblock. „Pssst, nicht so laut“, flüstert er und legt mir beschwörend den Finger über die Lippen. „A mhatair ta me marbh!“

„Hä?“, frage ich, „was soll das?“ Mein Gälisch ist nämlich nicht besonders gut und ich habe kein Wort verstanden; ich kann nur „cead mile failté“, „hunderttausendfach willkommen“, aber das kann sowieso jeder, und „sl´n“, das heißt „mach’s gut“ und meinen Namen natürlich: Niamh. Und vielleicht noch ein paar einzelne Worte, mehr nicht. Maureen, die Lehrerin, hat vor den Ferien gesagt, dass es so nicht weitergehen kann und dass ich gefälligst mal richtig büffeln sollte, sonst würde ich die Prüfung nie bestehen.

Aber ich habe einfach keine Lust, Gälisch zu lernen, die Leute im Dorf reden sowieso Englisch. Bis auf den alten Lewis, aber den versteht man ohnehin nicht, egal ob er Gälisch oder Englisch spricht, weil er nämlich nuschelt wie verrückt und die Zähne nicht auseinander bekommt beim Reden. Aber neulich hat er mir erklärt, dass es kein gälisches Wort für Fahrrad gibt, stattdessen muss man sagen „Pferd mit zwei Rädern“! Haha, ich muss jedesmal lachen, wenn ich daran denke.

„Ich habe gesagt: Oh Mutter, sie bringen mich um“, erklärt Owen jetzt hastig. Owen spinnt. Und hat zu viel mit John Joe gequatscht.

„Wer bringt dich um?“, frage ich.

„Der Feind“, sagt Owen.

„Hä?“, mache ich und kapiere überhaupt nichts. „Welcher Feind?“

„McArthur und Gibbs, mit denen stimmt was nicht. Sie haben Dreck am Stecken, verstehst du? Denk mal an den Koffer! Kein normaler Mensch schleppt einen Koffer mit ins Moor. Bestimmt haben sie Leichenteile drin, die sie hier einfach verschwinden lassen wollen.“

„Quatsch!“, flüstere ich zurück, „du spinnst. Sie haben gesagt, sie sammeln Steine und so ’n Zeug, genau wie der Professor letztes Jahr.“

„Das glaubst du doch selber nicht“, erwidert Owen aufgeregt, „die und Steine sammeln, haha! Dafür brauchen sie ja wohl kaum ’nen Koffer. Und hast du nicht die Stangen gesehen, die oben aus dem Sack von Gibbs rausgucken? Von wegen Steine sammeln, kein Mensch kommt hierher um Steine zu sammeln, glaub mir.“

„Erinner dich an den Professor“, sage ich noch mal, „der kam auch aus Dublin. Und Steine gesammelt hat er auch. Und überall Fotos gemacht und so.“

„Mann, das war was ganz anderes“, sagt Owen, „das war ’n Professor! Und …“ Da hören wir plötzlich McArthurs Stimme: „Niamh! He, wo steckst du?“

„Verdammt, schnell weg“, flüstert Owen, „die dürfen mich hier nicht sehen …“, und zieht sich nach oben auf den Felsen zurück. „Caithfimid bheit réidh chun troda an tám go léir“, flüstert er noch hinter mir her, und diesmal habe ich ihn verstanden: Wir müssen bereit sein zum Kampf, hat Owen gesagt. Sein Gälisch ist nämlich auch nicht das Beste, und der Satz steht auf einem alten Buch von Großvater, den hat er einfach auswendig gelernt. Kichernd gehe ich wieder auf den Weg zurück.

„Da bist du ja“, sagt Mr. McArthur und stellt den Koffer neben sich. „Ganz schön steil, der Weg hier rauf“, stöhnt er und fummelt eine zerdrückte Zigarettenpackung aus seiner Jacke.

„Und wo ist Mr. Gibbs?“, will ich wissen.

„Musste pinkeln“, Mr. McArthur grinst, „aber das kann länger dauern, weil er nicht will, dass dein Hund ihm dabei zuguckt, also geht er hinter den Felsvorsprung, aber dein Hund ist schon da. Dreht er sich zur anderen Seite, aber dein Hund dreht sich mit. Wahrscheinlich drehen sich jetzt immer noch umeinander herum, so …“ Und macht mir vor, wie sich Mr. Gibbs im Kreis dreht, bis ich mir vor Lachen den Bauch halten muss und Mr. McArthur sich prustend am Rauch seiner Zigarette verschluckt.

Da kommt Dog und hinter ihm Mr. Gibbs, mit unbeweglichem Gesicht setzt er einen Fuß vor den anderen und marschiert wortlos an uns vorüber. Mr. McArthur verdreht die Augen und nimmt stöhnend den Aluminiumkoffer hoch. „Auf geht’s“, sagt er und setzt sich in Bewegung. Aus dem Augenwinkel sehe ich gerade noch, wie Owens Kopf hinter der Felskante verschwindet, dann muss ich machen, dass ich Mr. Gibbs wieder einhole.

Gleich führt nämlich ein Trampelpfad vom Damm weg, unter Heidegestrüpp und Farnkraut halb verborgen hinüber ins Tal, wo der spärliche Boden kaum noch den Fels bedeckt, bis es über glatt geschliffenes Gestein und Geröll zur äußersten Spitze geht, wo man noch hundert Meter über dem Meer das Salz auf den Lippen schmecken kann.

Meter für Meter stapfen die beiden Männer schwerfällig hinter Dog und mir her über den schmalen Pfad. Einmal gerät Mr. McArthur mit dem rechten Fuß in ein Moorloch und ist schimpfend und schwankend bemüht, das Gleichgewicht wiederzufinden, dann hält Mr. Gibbs so abrupt an, dass Mr. McArthur ihm mit voller Wucht in den Rücken rennt. Aber außer einem unwilligen Blick zeigt Mr. Gibbs keine Reaktion. „Tut mir leid“, stammelt Mr. McArthur, „war meine Schuld.“ Und ich finde, dass es fast schon ein bisschen peinlich ist, wie sich Mr. McArthur benimmt und immerzu versucht, es dem anderen recht zu machen. Obwohl Mr. Gibbs nun wirklich ein ausgemachter Affe ist.

„Was ist?“, frage ich, „wollen wir nicht weiter?“

„Du nicht“, antwortet Mr. Gibbs, „dein Job ist erledigt, du kannst wieder nach Hause. Wir kommen jetzt alleine klar.“

„Aber …“, stottere ich verblüfft, „ich dachte, ich sollte Ihnen noch den Weg die Klippen hinunter zeigen. Es ist nicht mehr weit, gleich da vorne, hinter der Felsspitze, die aussieht wie ein schlafender Riese, sehen Sie, man muss nur die Augen ein wenig zusammenkneifen, dann sieht man’s.“

„Wir kommen alleine klar, danke“, sagt Mr. Gibbs noch einmal und dann, als ich immer noch unschlüssig herumstehe: „Du kannst jetzt gehen. Und nimm deine Töle mit.“

„Die Töle hat auch einen Namen“, sage ich sauer und leise sage ich: „Komm, Dog, wir gehen zurück zum See und lassen Steine flippen …“ Drehe mich ohne ein weiteres Wort um und mache mich auf den Rückweg.

„Setz schon mal Kaffeewasser auf für mich!“, ruft Mr. McArthur wie zur Entschuldigung hinter mir her, aber ich zucke mit den Schultern und gebe keine Antwort.

Einer so blöd wie der andere, denke ich, sollen sie doch die Klippe hinunterstürzen, mich geht’s nichts an. Ich bin ja wohl schließlich kein … kein, mir fällt nichts Passendes ein. Keine jedenfalls, die man einfach herumkommandieren kann. Hierhin schicken und dahin schicken und dann einfach irgendwo abstellen wie irgendein Ding. Das ist immerhin meine Insel, ich wohne hier, und wenn ich zu Gast wäre, würde ich mich sicherlich anders benehmen …

Vielleicht hat Owen doch Recht, mit denen stimmt was nicht. Die haben Dreck am Stecken. Steine sammeln, so ’n Quatsch. Dabei hätte ich ihnen genau zeigen können, wo die besten Steine sind. Ganz glatt geschliffene, mit einem weißen Streifen Quarz mittendurch. Und welche mit Löchern drin und kantiger Bruchstein, der glitzert und funkelt, wenn man ihn in die Sonne hält! Blödmänner!

Wo ist Owen überhaupt? Ich lege die Hände wie einen Trichter an den Mund und rufe so laut ich kann: „Èire do na h-Èireannaigh!“ Das heißt „Irland den Iren!“, und steht auf einem anderen Buch von Großvater.

„… annaigh!“, hallt es von den Felsen zurück. Aber von Owen ist nichts zu sehen. Keine Spur.

Giftiges Gold

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