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2.2Klima und Witterung
ОглавлениеDas Klima eines Ortes wird durch den langjährigen statistischen Durchschnitt der Wetterbeobachtungen beschrieben. Dazu werden im Wechsel von Dezennien die jeweils letzten drei Jahrzehnte herangezogen und Mittelwerte für einzelne Parameter gebildet.
Das sind die Daten der jeweils gültigen Referenzperiode. In Tabelle I-10 ist beispielhaft die Entwicklung klimatologischer Referenzwerte für den Standort Berlin-Dahlem in den drei Perioden von 1961/1990 bis 1981/2010 angegeben. In der dargestellten Zeitspanne hat die Sonnenscheindauer um rund 100 Stunden pro Jahr zugenommen. Damit einher geht eine höhere Jahresmitteltemperatur von 0,6 °C, eine größere Verdunstungsrate von 41,4 mm pro Jahr und eine um 24 mm zugenommene negative klimatische Wasserbilanz. Diese Daten deuten darauf hin, dass sich die klimatischen Bedingungen für den Ackerbau an diesem Standort verändern. Wenn diese als Klimawandel bezeichnete Entwicklung zukünftig weiter fortschreitet, gilt es rechtzeitig Strategien zu entwickeln, mit denen die Bodennutzung an die zu erwartenden veränderten Produktionsbedingungen angepasst werden kann.
Zwischen Klima und Vegetation besteht ein enger Zusammenhang, der besonders bei großräumiger Betrachtung augenfällig wird. Wichtige Hinweise darauf liefern phänologische Beobachtungen. In internationalen Netzwerken werden hierfür entsprechende Daten erhoben und übergreifend ausgewertet.
Tab. I-10. Entwicklung klimatologischer Referenzwerte am Standort Berlin-Dahlem, 1961–2010 (Chmielewski 2011) | ||||
Parameter | Maßeinheiten | Referenzperioden | ||
1961–1990 | 1971–2000 | 1981–2010 | ||
Mittlere Jahressumme der Globalstrahlung | MJ m-2 | 3377,1 | 3404,7 | 3561,5 |
Mittlere Summe der Sonnenscheindauer | Stunden | 1603,7 | 1654,3 | 1705,8 |
Jahresmittel der Lufttemperatur | °C | 9,3 | 9,6 | 9,9 |
Mittlere Jahresniederschlagshöhe | mm | 544,6 | 540,1 | 561,9 |
Mittlere Verdunstungshöhe (nach Haude) | mm | 655,9 | 672,1 | 697,3 |
Mittlere klimatische Wasserbilanz | mm | -111,3 | -132,0 | -135,4 |
Dazu zählen unter anderem die Blüte von Wild- und Kulturpflanzen (Hasel, Schneeglöckchen, Weide, Süßkirsche, Apfel, Flieder, Hollunder, Winterroggen, Linde, Herbstzeitlose), Laubentfaltung und Fruchtreife der Rosskastanie, Blüte von Roggen und Hafer, Laubverfärbung der Rotbuche und allgemeiner Laubfall. In Abbildung I-4 ist als Beispiel der Verlauf der Winterroggenblüte in Deutschland dargestellt.
Abb. I-4 Mittlere Termine der Winterroggenblüte in Deutschland, 1961–2000 (Chmielewski 2003, zit. in Chmielewski et al. 2003)
Das Klima an einem Standort bestimmt dessen Energiehaushalt. Dieser hängt im wesentlichen von der eingestrahlten Sonnenenergie ab. Die Gesamtstrahlung, welche an der Grenze der Erdatmosphäre ankommt (Solarkonstante 1368 +/– 5,3 W m–2), erreicht jedoch nur etwa zur Hälfte als Globalstrahlung die Erdoberfläche, der Rest wird in der Atmosphäre absorbiert oder in den Weltraum reflektiert. In Abhängigkeit von geografischer Breite, Jahreszeit, Tageszeit, Bewölkung, Höhenlage, Hangneigung und -richtung unterliegt die Globalstrahlung wiederum erheblichen Schwankungen. Für die Pflanzen ist nur der sichtbare Teil des elektromagnetischen Spektrums und hiervon wiederum lediglich der Wellenbereich 350–780 nm (blau, orangerot) von Bedeutung, da nur dieser für die Photosynthese und für Entwicklungsprozesse genutzt werden kann.
Die benötigten Lichtintensitäten für lichtabhängige Vorgänge in den Pflanzen sind verschieden (siehe auch Kap. II-2.2). Für die Photosynthese liegt der Sättigungswert bei den meisten Pflanzen (C3-Typen) im Bereich von 1000 bis 1500 μmol m–2 s–1 photosynthetisch aktiver Strahlung. Von C4-Pflanzen (Mais und Hirsen) kann die Strahlung hingegen bis in den Bereich von 1500 bis 1800 μmol m–2 s–1 genutzt werden. Dies liegt in der Nähe des Einstrahlungsmaximums an hellen Sommertagen, welches in Abhängigkeit von der geografischen Lage zwischen 1800 und 4500 μmol m–2 s–1 beträgt.
Das Lichtklima eines Standortes ist ein ertragsbegrenzender Faktor, weil die Prozesse der Stoffbildung, des Wachstums und der Entwicklung lichtabhängig sind. Dies sind die Keimung (Licht- und Dunkelkeimer), der Phototropismus (Hinwachsen des Sprosses zum Licht), die Photosysnthese (Assimilation), der Photoperiodismus (Einfluss der Tageslänge auf den Eintritt der generativen Entwicklungsphase) sowie sonstige morphogenetische Wirkungen (z. B. höhere Zellteilungsraten im Licht).
Eng mit dem Lichtklima ist das Temperaturklima eines Standortes verbunden. Es wird durch die Jahresmitteltemperatur charakterisiert, die jedoch nicht sehr aussagefähig ist, da gleiche Mittelwerte bei sehr unterschiedlichen Amplituden während eines Jahres zustande kommen können. Daher ist der Temperaturverlauf insbesondere während der Vegetationsperiode von größerer Bedeutung. Als Vegetationsperiode werden entweder jene Zeiten zusammengefasst, an denen die Tagesmitteltemperatur 5 °C überschreitet, oder bei empfindlichen Pflanzen die Dauer der zusammenhängend frostfreien Zeit. Steigende Temperaturen fördern Wachstum und Substanzbildung, da sich die Reaktionsgeschwindigkeit biochemischer Prozesse im Bereich zwischen 0 und 30 °C durch eine Temperaturerhöhung um 10 °C etwa verdoppelt. Nur bei ungenügender Wasserversorgung wirken hohe Temperaturen ertragsbegrenzend oder schädigend, denn in den gemäßigten Breiten erreichen Temperaturmaxima selten ein Niveau, welches das Temperaturoptimum höherer Pflanzen von 25 bis 30 °C wesentlich überschreitet.
Größere Bedeutung als die Temperaturmaxima haben aus pflanzenbaulicher Sicht die Minimumtemperaturen. Sie bestimmen über die Länge der Vegetationsperiode und damit über die anbaufähigen und -würdigen Kulturpflanzenarten auf einem bestimmten Standort. In strengen Wintern sind bei andauernden Frostperioden überjährige Kulturen wie Wintergetreide und Winterölfrüchte durch Auswinterung gefährdet, deren Frostresistenz etwa zwischen –15 °C (Gerste, Raps), –20 °C (Weizen) und –25 °C (Roggen) liegt (Tab. I-11).
Tab. I-11. Auswinterungsschäden an Wintergetreide und Winterraps in Ostdeutschland 2002/03 (ergänzt n. Lindloff 2003) | |||||
Land | Minimumtemperaturen | Auswinterung (%) | |||
Dezember | Januar | Februar | Wintergetreide | Winterraps | |
Brandenburg | –13,3 | –20,4 | –12,7 | 8 | 15 |
Mecklenburg-Vorpommern | –13,8 | –19,8 | –14,4 | 6 | 7 |
Sachsen | –13,9 | –20,5 | –14,6 | 6 | 10 |
Sachsen-Anhalt | –15,7 | –17,9 | –14,7 | 4 | 6 |
Thüringen | –13,6 | –17,5 | –15,2 | 4 | 5 |
Neben Stoffbildung und Wachstum ist der Temperaturhaushalt des Standorts auch für die Entwicklung der Pflanzen von Bedeutung. Bestimmte Arten benötigen für den Eintritt in die generative Phase eine mehr oder minder lange Zeitspanne (20 bis 40 Tage) mit niedrigen Temperaturen (0 bis 6 °C). Dieser als Vernalisation bezeichnete Effekt stellt sicher, dass die betreffenden Pflanzen im nachfolgenden Frühjahr und Sommer zum Blühen und Fruchten kommen.
Anders als Strahlung und Temperatur, die als Standortfaktoren durch ihre Energie für die Pflanzen wirksam werden, wird Wasser als Stoffkomponente sowie als Transport- und Lösungsmittel benötigt. Etwa 1% wird im Zuge der Photosynthese mit CO2 in Kohlenhydrate eingebaut, der weitaus größte Teil dient der Transpiration. Die Menge an Wasser, welche Kulturpflanzen verbrauchen, um ein Kilogramm Trockenmasse zu erzeugen, wird als Transpirationskoeffizient bezeichnet (Liter Wasser je kg TM) (engl. water use efficiency – g TM je Liter Wasser). Die Effizienz der Wasserausnutzung variiert zwischen verschiedenen Nutzpflanzen stark um bis zum Dreifachen, kann aber auch innerhalb einer Art sehr unterschiedlich ausfallen (Tab. I-12).
Tab. I-12. Transpirationskoeffizienten ausgewählter Kulturpflanzen (n. Geisler 1988) | |
Arten | Transpirationskoeffizient(l H2O kg–1 TM) |
Hirsen | 200–300 |
Mais, Beta-Rüben | 300–400 |
Gerste, Roggen, Hartweizen | 400–500 |
Kartoffel, Weichweizen, Sonnenblume | 500–600 |
Hafer, Raps, Erbse, Ackerbohne, Rotklee | 600–700 |
Luzerne, Lein, Soja, Kohlrübe | > 700 |
Die an einem Standort auftretenden Niederschläge in Form von Regen, Schnee, Hagel, nässendem Nebel, Tau oder Reif können sehr unterschiedliche Dichte und Partikelgröße aufweisen und demzufolge auch sehr verschiedene Wirkungen hervorrufen. Ihre Höhe und Verteilung hängt von den Zirkulationsverhältnissen in der Atmosphäre ab. Sind die Niederschläge höher als die potenzielle Evapotranspiration, spricht man von humidem Klima mit abwärts gerichteter Wasserbewegung im Boden, Nährstoffverlagerung bis zur Auswaschung und Grundwasserneubildung. Überwiegt hingegen die potenzielle Evapotranspiration an einem Standort, dann herrscht semiarides Klima mit aufwärts gerichteter Wasserbewegung und gleichzeitiger Gefahr der Bodenversalzung durch Auskristallisation der im Bodenwasser gelösten Stoffe an der Bodenoberfläche vor.
Die atmosphärische Luft besteht zum überwiegenden Teil aus Stickstoff (rd. 78%) und Sauerstoff (rd. 21%). Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe, doch die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen kann ihn nicht direkt nutzen. Dazu sind nur Schmetterlingsblütler (Fam. Leguminosae) aufgrund ihrer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien (Rhizobium-Arten) in der Lage (s. II-4.2). Freilebende Bodenbakterien (siehe I-2.1.2), die ihren Energiebedarf aus dem Abbau leicht zersetzbarer organischer Substanz bestreiten, vermögen ebenfalls atmosphärischen Stickstoff zu binden. Die Mengen sind jedoch gering und für den Ackerbau ohne praktische Relevanz.
Der Sauerstoff der Luft wird zur Atmung der Pflanzen sowie aller heterotrophen Organismen benötigt. In der Sprossumwelt der Pflanzen ist O2 stets in ausreichendem Maße vorhanden. Die Konzentration in der Bodenluft kann hingegen infolge von Gefügestörungen durch Verdichtungen sowie Verschlämmung und Verkrustung an der Bodenoberfläche (s. I-2.1.2) vermindert sein. Pflanzen reagieren unterhalb von 8 bis 10% mit vermindertem Wurzelwachstum auf sinkende Sauerstoffgehalte.
Der für die grünen Pflanzen essentiell wichtige Inhaltsstoff der Luft ist das Kohlendioxid (CO2), da es der Ausgangsstoff für die Assimilation ist. Mit durchschnittlich 0,037 Vol.-% (= 370 ppm; im Jahr 2001) ist der Gehalt sehr gering. CO2 resultiert aus der Atmung und dem Abbau organischer Substanz. Dem steht eine entsprechende Größenordnung an Assimilation gegenüber, die über Jahrmillionen ein Gleichgewicht bildeten. Seitdem wir Menschen zunehmend intensiver Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen und die natürliche Vegetation in großem Umfang durch Brandrodung beseitigen, haben wir dieses Gleichgewicht gestört (Tab. I-13).
Tab. I-13. Globale CO2-Bilanz; Mittel der Jahre 1990-1998 (Volz und Nauser 2000) | |
Bilanzgrößen | Mengen (109 t a–1) |
Emissionen durch Verbrennung fossiler Rohstoffe | +23,1 |
Emissionen aus Rodungen und Waldbränden | +5,9 |
Aufnahme durch die Ozeane | –8,5 |
Aufnahme in Wäldern und Böden | –8,4 |
Nettoaufnahme durch die Biosphäre | –2,5 |
Verbleib in der Atmosphäre | +12,1 |
Auf der Messstation Mauna Loa auf Hawai (USA) wird die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit mehr als fünf Jahrzehnten kontinuierlich aufgezeichnet. Dort wurde für die Jahre 1959 bis 2010 ein stetiger Anstieg um bislang 23 % festgestellt (Abb. I-5).
Abb. I-5 Entwicklung der Co2-Konzentration in der Atmosphäre; Monatsmittelwerte der Messstation Mauna Loa, Hawaii/USA, 1959-2014 (n. Keeling and Whorf 2002; Keeling 2015)
Dies ist für den Pflanzenbau zunächst nicht von Nachteil. Es fördert im Gegenteil sogar das Wachstum und verbessert die Strahlungs- und Wassernutzungseffizienz (Tab. I-14).
Tab. 2-1Einfluss von CO2-Anreicherung (318 vs. 671 ppm) auf pflanzenphysiologische Parameter von Sommerweizen (Manderscheid et al. 1999) | |||
Parameter | Normal CO2 | CO2-Anreicherung | CO2-Effekt (%) |
Absorbierte Strahlung (MJ m–2) | 414 | 413 | – 0,4 |
Evapotranspiration (mm) | 292 | 225 | – 14,8 |
Trockenmasse (g m–2) | 1919 | 2083 | + 8,5 |
RUE (g TM MJ–1)1 | 4,64 | 5,04 | + 8,7 |
WUE (g TM kg–1)2 | 4,9 | 6,2 | + 27,4 |
1 radiation use efficiency; 2 water use efficiency |
Allerdings wird die Anreicherung der Atmosphäre mit Spurengasen (neben CO2 auch N2O, NOx und CH4) für Klimaänderungen verantwortlich gemacht, welche primär mit steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen einhergehen. So wurde an der meteorologischen Station in Berlin-Dahlem auf der Grundlage von kontinuierlich durchgeführten Messungen für die Zeit von 1931 bis 2010 ermittelt, dass das Jahresmittel der Lufttemperatur im linearen Trend um 0,0113 °C je Jahr zugenommen hat. Über den gesamten Zeitraum ist somit ein Anstieg um 0,90 °C zu verzeichnen (vgl. Tab. I-10). Dieses lokale Ergebnis bestätigt den globalen Trend. Welche Auswirkungen dieser Wandel des Klimas auf den Ackerbau, die Landwirtschaft insgesamt und die menschliche Zivilisation haben wird, ist Gegenstand vielfältiger Forschung und lässt sich bislang nicht abschließend beurteilen. Außer Zweifel steht aber, dass die pflanzliche Erzeugung davon unmittelbar betroffen sein wird und dass es darum gehen muss, geeignete Maßnahmen zur Anpassung an die sich ändernden Verhältnisse zu ergreifen.
Fragen zu Kap. I-2
Wie ist der Boden aus ackerbaulicher Sicht zu charakterisieren?
Was sind wesentliche ackerbaulich relevante Bodeneigenschaften?
Was versteht man unter Bodenfruchtbarkeit und wie wird sie quantifiziert?
Wie beeinflussen Klima und Witterung die Standorteignung für den Ackerbau?
Weiterführende Literatur
Chmielewski, F.-M. (1998): Gebiete der Angewandten Meteorologie (Kap. 14). In: P. Hupfer, W. Kuttler (Hrsg.): Witterung und Klima. Begründet von E. Heyer. 10. Aufl., Teubner, Stuttgart und Leipzig, pp. 365–393.
Hanus, H. (1997): Klima und Witterung als Standortfaktoren. In: E.R. Keller, H. Hanus und K.-U. Heyland (Hrsg.), Handbuch des Pflanzenbaues, Bd. 1, Verlag E. Ulmer, Stuttgart, pp. 42–68.
Montgomery, D.R. (2010): Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert. oekom verlag, München