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1Einführung

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Seitdem die Völker sesshaft geworden sind, betreiben sie Ackerbau. Der Anbau von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen als Nahrungsmittel für den Menschen, als Futter für die Nutztiere und als Rohstoffe zur Weiterverarbeitung ist die Grundlage für die Existenz der Menschheit überhaupt. Angesichts des weiteren raschen Wachstums der Weltbevölkerung und des Umstandes, dass etwa 800 Millionen Menschen ohne ausreichende Ernährung leben, kommt dem Ackerbau eine überragende politische, wirtschaftliche und humanitäre Bedeutung zu.

Die dafür nutzbaren natürlichen Ressourcen sind jedoch begrenzt und nicht wahlweise vermehrbar. Daher müssen insbesondere die Böden so bewirtschaftet werden, dass sie sowohl hohe Erträge in jeweils spezifischer Qualität erbringen als auch geschützt werden. Ackerbauliche Bodennutzung und Ressourcenschutz sind als Einheit zu sehen, denn nur so ist eine nachhaltige Entwicklung heutiger und zukünftiger Gesellschaften möglich.

In den wirtschaftlich entwickelten Nationen wird Ackerbau heute auf hohem agrotechnischem Niveau betrieben. Dies hat sich ab Anfang des 19. Jahrhunderts schrittweise herausgebildet, wobei insbesondere seit der Mitte des 20. Jahrhunderts bedeutende und rasche Fortschritte erzielt worden sind. Dazu zählen standortangepasste Fruchtfolgen, mit denen Krankheits- und Schädlingsbefall der Pflanzen auf biologischem Wege vorgebeugt und höchstmögliche Biomasseproduktion in leistungsfähigen Agrarökosystemen ermöglicht werden. Mit speziell entwickelten Maschinen und Geräten kann die erforderliche Bodenbearbeitung den jeweiligen Standortverhältnissen entsprechend differenziert durchgeführt werden. Über organische und mineralische Düngung werden Pflanzennährstoffe bereitgestellt, um die Nutzpflanzenbestände bedarfsgerecht zu versorgen. Die Konkurrenz durch unerwünschten Pflanzenwuchs wird mittels integrierter Unkrautkontrolle mechanisch und soweit erforderlich durch den Einsatz spezifischer herbizider Wirkstoffe begrenzt. Hochwirksame Pflanzenschutzmittel stehen bereit, um Beeinträchtigungen der Ertrags- und Qualitätsbildung durch Krankheiten und Schädlinge zu verhindern. Auf diese Weise ist es möglich geworden, unter den Standortbedingungen Mitteleuropas mehr als 10 t ha–1 Getreide (siehe Kap. II-4.1) zu erzeugen, über 5t ha–1 Raps (siehe Kap. II-4.3.1) und 10 t ha–1 Zucker (siehe Kap. II-4.4.1) zu ernten und gleichzeitig unbeabsichtigte und schädliche Nebenwirkungen auf die Umwelt zu vermindern.

Ihren Anfang nahm diese Entwicklung vor etwa 7000 Jahren in Mesopotamien, als erste ackerbauliche Tätigkeit mit primitiven Formen des gezielten Anbaus von Kulturpflanzen begann. Seither ist die Geschichte der Menschheit eng mit der Geschichte des Ackerbaus verbunden. Die überwiegende Zeit war dies extraktives Wirtschaften auf sehr niedrigem Niveau und beschränkte sich zunächst ausschließlich auf den Getreidebau. Um das Jahr 800 n. Chr. hatte sich in Mitteleuropa mit der Dreifelderwirtschaft ein Ackerbausystem herausgebildet, welches über die folgenden rund 1000 Jahre Bestand hatte. Seine Überwindung Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts ist verbunden mit der Entwicklung des Ackerbaus als Wissenschaft. In dieser Zeit der Aufklärung in Europa traten wissenschaftlich gebildete Persönlichkeiten auf den Plan, die erkannten, dass in der Förderung des Landbaus ein Schlüssel für die Verbesserung der Lebensverhältnisse lag. Einer von ihnen war der Arzt Albrecht Daniel Thaer (1752–1828). Er hat als erster das bis dahin über die Landwirtschaft vorhandene Wissen systematisiert und in zahlreichen Schriften niedergelegt. Mit seinem Hauptwerk „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft“ erlangte er den Ruf, Begründer der Agrarwissenschaften zu sein.

Albrecht Daniel Thaer – Kurzbiografie

Geb. 14. Mai 1752 in Celle, gest. 26.Oktober 1828 in Möglin bei Wriezen (heute Brandenburg).

Als Sohn eines kurfürstlichen Hofarztes studierte er ab 1770 Medizin in Göttingen und beschäftigte sich während dieser Zeit mit naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen. 1774 promovierte er „Über das Verhalten des Nervensystems bei Fieberkranken“. Danach praktizierte Thaer drei Jahrzehnte als Arzt in Celle. Nach anfänglicher Begeisterung für den Arztberuf wurde er unzufrieden und suchte Ausgleich als Gärtner, Blumenzüchter und Botaniker; dies brachte ihn schließlich zum landwirtschaftlichen Pflanzenbau. Ab 1786 baute er vor der Stadt Celle einen landwirtschaftlichen Gutsbetrieb auf, den er schrittweise zur Versuchs- und Musterwirtschaft umwandelte. Dort richtete er 1802 ein erstes landwirtschaftliches Lehrinstitut ein. 1804 siedelte er nach Preußen über, errichtete auf dem Gut Möglin eine 300 ha umfassende Musterwirtschaft und eröffnete dort 1806 ein neues Lehrinstitut. Ab 1811 hielt er als a. o. Professor für Kameralwissenschaften landwirtschaftliche Vorlesungen an der neugegründeten Berliner Universität. Ab 1819 führte das Institut den Titel „Königlich preußische Akademie des Landbaus“. Sie hatte nach Thaers Tod noch bis 1861 Bestand.

Thaers wissenschaftliches Hauptwerk ist das Buch „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft“ (Bd. 1–4, Berlin 1809–1812), in dem er erstmalig die Teilgebiete der Landwirtschaft zu einem wissenschaftlichen Lehrgebäude zusammengefasst hat (Böhm 1997).

Thaer hat erstmals in Mitteleuropa akademische Lehranstalten des Landbaus gegründet und dort junge Landwirte nach wissenschaftlichen Prinzipien unterrichtet. Aus dieser Schule gingen zahlreiche Vertreter hervor, welche die Agrarwissenschaften in verschiedenen Bereichen weiterentwickelten. Dazu zählt neben anderen der Agrikulturchemiker Carl Philipp Sprengel (1787–1859), der als erster die Mineralstoffernährung der Pflanzen beschrieb. Darauf aufbauend vermochte der Chemiker Justus von Liebig (1803–1870) mit seinem epochemachenden Werk „Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie“ (1840) die Grundprinzipien der Pflanzenernährung und Düngung zu entwickeln.

Justus von Liebig – Kurzbiografie

Geb. 12. Mai 1803 in Darmstadt, gest. 18. April 1873 in München.

Als Sohn eines Drogisten und Farbenhändlers geboren, verließ er mit 14 Jahren das Gymnasium und arbeitete als Apothekerlehrling. 1819 begann er in Bonn mit dem Studium der Chemie, das er 1821 in Erlangen fortsetzte. 1822 ging er nach Paris, um im Laboratorium des berühmten Chemikers Gay-Lussac zu arbeiten. 1823 promovierte er an der Universität Erlangen. Er wurde 1824 zum a. o. Professor für Chemie an die Universität Gießen berufen und 1825 zum o. Professor ernannt. Dort richtete er ein chemisches Laboratorium für experimentellen Unterricht ein, das sich innerhalb weniger Jahre zur bedeutendsten Lehr- und Forschungsstätte auf dem Gebiet der Chemie in Deutschland entwickelte. Aufgrund seiner außerordentlichen Begabung als Lehrer und seiner epochemachenden Forschungsergebnisse war Liebig alsbald ein weltberühmter Chemiker. 1852 folgte er einem Ruf des Königs Maximilian II. von Bayern nach München, wo ihm ein Forschungsinstitut an der Universität neu errichtet wurde. Seit 1859 war er Präsident der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München.

Liebig war auf vielen Gebieten der theoretischen und angewandten Chemie tätig. Sein wissenschaftliches Hauptwerk im Bereich der Landwirtschaft ist das Buch „Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie“ (Braunschweig 1840), in dem er vor allem die Theorie von der Mineralstoffernährung der Pflanzen niederlegte (Böhm 1997).

Die wissenschaftliche Ackerbaulehre basiert heute auf den fortgeschrittenen Erkenntnissen der Bodenkunde, der Agrarklimatologie sowie der Ökologie und integriert Aspekte der Pflanzenernährung und der Phytomedizin ebenso wie der Agrartechnik. Sie stellt somit eine integrative Disziplin dar und behandelt die allgemeinen Grundlagen für den landwirtschaftlichen Pflanzenbau.

Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung

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