Читать книгу der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum - Yule Dackelpfötchen - Страница 5

Das Rubbellos

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Bernie wachte am nächsten Morgen als Erster auf. Peter hatte ihm noch ein Kissen unter den Kopf geschoben und ihn behelfsmäßig zugedeckt. Einige Zeit lang blieb Bernie noch in dieser Lage auf dem Fußboden liegen und starrte an die rustikale Decke über ihm. Sein Kopf brummte, aber es war noch auszuhalten, sicherlich stand er noch unter Restalkohol und die eigentlichen Kopfschmerzen würden sich erst im Laufe des Tages einstellen. Aber das war ihm vorerst reichlich egal.

Hatte er geträumt? Oder war das wirklich passiert? War Peter geflogen? Geflogen! Dieser schwere Brocken! Nachdem er, Bernie Burgus gezaubert hatte...

Er sah rüber zu Peter, der friedlich über den Tisch gebeugt hing, den Kopf mit den zerzausten Haaren in den massigen Armen vergraben, tief schlummernd, ab und zu merkwürdig glucksende Geräusche von sich gebend, wie wenn ein Hund im Schlaf einen Traum hat und über das darin Erlebte lacht. So hörte es sich an.

Bernie beschloß, den fliegenden Peter vorläufig erst einmal in der Schublade Tagträume zu verstauen.

Falls das wirklich passiert sein sollte, dann würde Peter bestimmt von selbst darauf zu sprechen kommen und er sich nicht blamieren, indem er ihn darauf ansprach.

Nachdem er noch einige Zeit die Plattenquadrate an der Decke gezählt hatte, stand Bernie auf um frischen Kaffee zu kochen.

„Ach ja, wie geht’s denn unserem Rackmatz?“ Bernie lüftete vorsichtig das Tuch vom Käfig.

Ein verdrießlich dreinblickender Papagei, mittlerweile aber immerhin wieder auf seinem Stängchen hockend, blinzelte mehrmals nervös mit dem linken Auge und sah sich hektisch im Zimmer um.

Da saß zwar kein Elefant im Käfig, aber auch dieser gefiederte Freund schien durchaus zu wissen, was es heißt nachtragend zu sein. Als er Peter selig dösend mit dem Kopf auf dem Küchentisch hängend entdeckte, bekamen seine kleinen Äuglein mit den großen Pupillen einen aggressiven, mißbilligenden Ausdruck. Wenn Papageien in der Lage waren, zornig auszusehen, so war dieser hier das Referenzmodell für solche. Auf der Stange wie wild hin und her wippend, fing er an, ein extra lautes und schrilles Weckkonzert für Peter loszulassen.

Bernie, der sich die Ohren zuhielt, bewunderte, mit welcher Hartnäckigkeit Peter dieses Quietschen und Dröhnen ignorierte. Doch der gefiederte Krummschnabel setzte noch eins drauf. Wie wild begann er auf seiner Stange festgekrallt, hin und her zu schaukeln, bis der Käfig mit seiner metallenen Bodenplatte abwechselnd auf den Seiten abhob, um dann mit immer lauter werdendem Scheppern auf die Kacheln der Anrichte zurück zu knallen.

Der Papagei kannte kein Pardon mehr, er hatte sich mittlerweile so in Rage gesteigert, dass er glucksende, wahnsinnige, menschlichem, hämischem Lachen ähnelnde Geräusche ausspie, während sich der Käfig immer mehr aus dem Gleichgewicht schaukelte.

Bernie wollte gerade die Hände von den Ohren nehmen, um den absehbaren Absturz des Käfigs noch zu verhindern, doch es war schon zu spät. Der wild gewordene Papagei hatte sich von der Küchenanrichte geschaukelt.

Krachend stürzte der jetzt nicht mehr ganz so selbstbewußt dreinblickende Wüterich mit seinem künstlichen, metallenen Nest auf den mit Fliesen ausgelegten Küchenboden.

Der Knall beim Auftreffen und das anschließende bösartige Gekeife des gefiederten grünen Monsters hätte Tote erwecken können. Peter schnellte nach hinten und kippte mit dem Stuhl um, noch bevor Bernie ihn auffangen konnte, was eh nicht geklappt hätte, genauso gut hätte er versuchen können, einen umstürzenden Mammutbaum zu stützen.

Peter, mit dem Rücken auf dem Fußboden liegend, jetzt endlich wach, öffnete die leicht geröteten Augen und bekam einen Schreck, als er erst mal nur kleine, schmale Gitterstäbe vor sich sah. Dieser Schreck vervielfachte sich, als ein Papageienschnabel rapide den Gitterstäben entgegen gehoppelt kam und durch diese hindurch nach seiner Nase schnappte.

Bernie hätte nicht für möglich gehalten, dass der wohlbeleibte Peter so schnell auf den Beinen sein konnte.

„Morgen Peter. Dein kleiner grüner Freund hier wollte es sich nicht nehmen lassen, Dich persönlich zu wecken.“

„Da hol mich doch der Papagei! Sonst ist Muppel doch immer friedlich“, meinte Peter während er sich am Kopf kratzte.

„Liegt wohl an dem Wein, Peter. Zuviel davon und es geschehen manchmal merkwürdige Dinge...“, antwortete Bernie, die sich bietende Gelegenheit durch die Palme auf die fragliche Zauberflugaktion anzuspielen, sogleich beim Schopfe packend,.

„Ja, ja Bernie ...“, brummte Peter mit nachdenklichem Gesicht, sich dabei erneut am Kopf kratzend. Dabei blickte er nachdenklich zwischen der Küchendecke und seinem Freund hin und her, druckste dann endlich: „Äh Bernie...?“

„Ja Peter?“ antwortete der Angesprochene aufmunternd.

„Äh, hmmm, wie soll ich sagen?“ tottelte Peter und sah erneut rauf zur Decke. Bernie deutete dieses Verhalten als erste, unausgesprochene Bestätigung seiner abenteuerlichen Vermutung. Glauben würde er es aber erst, wenn er es direkt aus Peters Munde gehört hätte.

Padautz! „Du kannst nicht zufällig zaubern?“ fiel Peter auch schon mit der gußeisernen Tür ins Haus. Jetzt war es heraus. „Man bin ich froh das Du mich danach fragst! Ich dacht schon, ich wär vielleicht doch balla. Also stimmt es wirklich! Ich werd ja nicht mehr...“, staunte Bernie, seine Knie waren ganz wackelig. Er mußte sich setzen, sonst wäre er umgefallen. Das Grinsen auf seinem Gesicht ähnelte stark dem eines Schiffbrüchigen, der nach einem einsamen Jahr auf einer noch viel einsameren Insel eines Morgens einen wasserdicht verpackten Fernseher vorfindet und nun überlegt, woher er den Strom zu dessen Verwendung bekommen soll. Eine Spur leichten Wahnsinns lag darin.

Peter stellte seinen Schlafstuhl wieder zurück an den Tisch, goß sich und Bernie eine Tasse starken Kaffees ein und setzte sich gegenüber seinem Freund nieder.

Beide schwiegen sie. Von Zeit zu Zeit blickten sie sich an, schüttelten den Kopf im Parallelschwung, um dann eine weitere Minute schweigsam vor sich hin zu starren. Was sollte man sonst tun, wenn man sich gerade der logischen Schlußfolgerung näherte, das man zaubern konnte. Das diese Überzeugung ein fataler Trugschluß war, konnten die Beiden ja nicht wissen.

„Machs noch einmal, Bernie!“ sagte Peter, dem das Schweigen dann doch zu lange dauerte. „Laß den guten alten Ballon Peter noch mal so fliegen, wie gestern Abend!“

Natürlich versuchten und probierten die beiden Freunde vergeblich. Kein unsichtbarer Elf war in der Küche, wie am Abend zuvor, um Schabernack mit ihnen zu treiben und so sehr sich Peter auch bemühte, sich so leicht wie möglich zu machen, er bewegte sich auch nicht einen einzigen kleinen Millimeter Richtung Decke.

„Peter, ich bin total frustriert, aber ich muß trotzdem sagen, ich glaub wir haben gestern Abend geträumt!“ brachte Bernie es schließlich auf den Punkt.

„Schade Bernie. Es wäre so schön gewesen!“.

Dann fiel Peter plötzlich siedend heiß ein, das ja gar kein Feiertag, sondern ein ganz normaler Werktag war und er bereits seit zwei Stunden auf der Arbeit hätte sein müssen.

„Wenigstens können wir jetzt noch was zusammen unternehmen!“ versuchte Bernie seinen Freund aufzuheitern.

„Du hast Recht. Was machen wir denn Schönes? Also in den Wald zieht es mich heute nicht noch mal. Aber, - warte mal, heute ist Mittwoch. Ich muß noch meinen Lottoschein für die Ziehung heute Abend abgeben. Der Jackpot ist reichlich gefüllt. Wenn Du möchtest, beteilige ich Dich an meinen Zahlen. Was ist, - Du kannst noch einsteigen...“ schlug Peter vor.

Bernie überlegte nicht erst lange. Bei dem Glück, das Peter bei Spielchen aller Art meistens hatte, war sein Kleingeld gut angelegt.

Während sein Freund sich im Badezimmer ausgiebig wusch, schaltete Bernie das kleine Radio auf der Küchenfensterbank an und lehnte sich zurück, um einen Moment bei morgendlicher Musik zu dösen.

Doch es kam keine Musik, sondern eine merkwürdige, ständig kichernde Stimme überfiel ihn mit einer Werbebotschaft: „Kommen Sie heute in unseren Laden in der So und so Straße in Bla bla bla, (zufällig genau die Stadt in ihrer Nähe) und Sie erhalten von uns drei Gratis - Rubbellose mit ganz, ganz tollen Gewinnaussichten. Phänomenal! Übergalaktisch!! Magisch!!! Und - jedes zweite Los gewinnt!“ dann gab es ein lautes Knacken im Lautsprecher und anschließend nur noch Rauschen.

Peter kam aus dem Bad und sah Bernie am Radio rumfummeln: „Bernie, der alte Kasten ist kaputt. Muppel hat ihn vor zwei Wochen vom Küchentisch runter geschubst!“

„Das kann nicht sein. Eben kam gerade Werbung, ein Scherzkeks, der dauernd am kichern war hat gesagt, dass es heute in der Stadt drei Rubbellose mit tollen Gewinnen umsonst gibt!“

Nachdem Bernie seinen Freund davon überzeugt hatte, dass er ihn nicht auf den Arm nehmen wollte, war Peter, der alte Zocker, sofort Feuer und Flamme. Er drängelte Bernie, sofort zu diesem Laden hinzufahren.

Nachdem sie Muppel, der eingedöst war, in seinem Käfig wieder auf die Anrichte zurückgestellt hatten, fuhren sie, da sie noch Restalkohol hatten, mit dem Bus runter in die Stadt. Sie entstiegen dem Bus in einem Stadtteil, in den sich bisher noch keiner von ihnen verirrt hatte, in dem aber, so hatte der Radiosprecher behauptet, der Laden lag und marschierten los. Wohin, das wußten sie beide nicht so genau, da sie keinen Stadtplan dabei hatten, sie folgten ihrer Intuition.

Schließlich kamen sie doch noch zu einem schmalen Gäßchen, an dessen Ecke ein Straßenschild mit dem von dem Mann im Radio genannten Straßennamen angebracht war. Aber das nahmen sie kaum wahr, denn sie waren vertieft in eine heiße Diskussion.

„Hätten, hätten, hätten Peter. Hat aber leider nicht! Sag mal, ist Dir auch aufgefallen, dass uns seit einiger Zeit kein Schwein begegnet ist?“ unterbrach Bernie die Phantasien Peters.

„Die sind sicher alle auf der Arbeit. Aber schau mal, da vorne der Laden, der sieht doch so aus wie ein Tabakladen?“ Peter zeigte auf ein im Rundstil gebautes Haus am Ende der Gasse, über dessen Ladentür ein ovales Schild sanft im Wind hin und her pendelte, auf dem ein kleiner Drache zu sehen war, der einen winzigen Flammenstrahl hauchte, an dem sich eine elegante Dame eine Zigarette anzündete.

„Der Ladenbesitzer scheint Humor zu haben, so ein Schild hinzuhängen. Das gefällt mir, komm laß uns rein gehen!“ meinte Bernie.

Die beiden betraten gespannt den Laden. Sofort wurden sie überwältigt von kräftigen, aromatischen Düften. Eine süßliche, pfeffrig- frische Würze hing in der Luft.. Diese wirkte so belebend, das Peter und Bernie, die noch immer leichtes Kopfweh vom Weingenuß des Vorabends hatten, sich plötzlich leicht und wieder gänzlich fit fühlten. Allerdings hatte das Einatmen dieser Luft auch Nebenwirkungen anderer Art. Eine davon war, dass die logische Denkfähigkeit der beiden Freunde nach spätestens dem Dritten Atemzug stark gegen Null tendierte. So erschien ihnen Merkwürdiges fortan als vollkommen Normal.

Sie standen in einem runden Raum mit spitz zulaufendem Dachgebälk, ein Rund mit aufgesetztem, hölzernem Indianerzelt. Das wenige Licht, das den Raum spärlich erleuchtete fiel durch vier kleine, verglaste Dachluken herab auf den mit festgetretenem Stroh bedeckten Boden. Überall entlang der Kreise bildenden Balken an der Wand waren Körbe, Pappbehälter und Kisten aufeinander gestapelt, aus denen Kräuter, Früchte, Farne, Gräser, Knollen und Blüten aller Farben und Formen herausschauten. Eine ganze Rasselbande von kleinen Drachen lümmelte sich vor und zwischen den Behältern herum, einige waren miteinander am balgen, andere saßen einfach nur herum und glotzten sie mit ihren großen, feurigen Augen dumm an. Aber wie bereits erwähnt, erschien dies Bernie und Peter nicht ungewöhnlich, weil sie unter einem Zauber standen.

Hinter einer niedrigen Ladentheke stand ein sehr, sehr kleiner Mann, ein winziger Zwerg mit strubbeligem Haar und wildem Bartwuchs und grinste sie mit breitem Gesicht und neugierigen großen, gutmütigen Augen erwartungsvoll an. Aber auch das juckte Bernie und Peter nicht im Geringsten, obwohl es sich bei dem Zwerg um einen der drei Zwerge handelte, die ihnen zwei Nächte zuvor im Märchenwald begegnet waren und nach dem sie am Tage zuvor noch gesucht hatten.

Peter handelte vollkommen automatisch, von einer unsichtbaren Kraft wie am Bändel geführt. Er ging zur Theke, wo ihm der kleine Zwergenmann ein paar goldbeschichtete Kärtchen entgegen reichte. Peters Kennerauge erkannte sofort, das es sich um Rubbellose handelte. Und es gab gleich drei Stück davon! Peter griff in seine Tasche und überreichte dem freundlichen Zwerg noch seinen Mittwochslottoschein. Der schaute etwas verdutzt, bedankte sich dann aber artig, beäugte den Zettel mit den vielen Kreuzchen darauf aufmerksam und steckte ihn dann in ein Kistchen unter der Theke. Peter war sich sicher, das der Zwerg berechtigt war, seinen Lottoschein als Bezahlung für die drei wunderschönen Rubbellose einzubehalten.

Bernie kramte aus seiner Hosentasche eine Münze hervor und überreichte sie feierlich seinem Freund. Dieser nickte ihm und dem Zwerg zu und begann das erste der drei Lose auf der stabilen Thekenoberfläche frei zu rubbeln. Kein Gewinn. Beim zweiten ebenso, doch, wer hätte es anders erwartet, beim dritten Los stimmten drei der Felder in ihrer Symbolik miteinander überein.

„Poko – Poko“ stand dort in prägnanter Schrift.

Der Zwerg stellte sich auf seine Zehenspitzen, legte Peter seine kräftige Hand auf den Unterarm und lugte auf die drei gleichen Felder des Loses.

Dann machte er eine Verbeugung und sagte mit bedeutungsvoller Mine: „Willkommen neue Schüler des Lichtes. Bitte folgt mir.“

Die beiden Freunde traten hinter die Theke und folgten dem grinsenden Zwerg die Treppe hinab, die oben recht schmal war, sich aber im Verlauf ihrer Wendelungen nach unten hin verbreiterte. Am unteren Ende angelangt, standen sie vor einer Tür, die der Zwerg öffnete. Wie von unsichtbarem Band gezogen, gingen Bernie und Peter hindurch, der Zwerg schloß von außen.

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