Читать книгу der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum - Yule Dackelpfötchen - Страница 6
Salidor
ОглавлениеDer Raum, den Bernie und Peter betraten, war gerundet wie ein durch eingeschobene Deckel abgetrenntes Abteil in der wulstigen Mitte eines riesigen Fasses und wurde erhellt von vier Lichtkugeln, die gleichmäßig darin verteilt, diesen wie kleine Miniatursonnen mit angenehm warmen Licht ausleuchteten.
Das besondere an diesen Lichtkugeln war, dass sie in einer Höhe von etwa zwei Metern knapp unterhalb der Decke schwebten und so viel man auch suchen wollte, an keiner Stelle eine Leitung in ihr leuchtendes Inneres offenbarten, die sie mit Strom oder einem sonstigen Brennstoff versorgt hätte. Trotzdem leuchteten sie, - pure Magie.
Der magische Würzrauch aus dem Laden gelangte nicht durch die vom Zwerg verschlossene Tür in diesen Raum hinein. Dies hatte zur Folge, das Bernie und Peter mit jedem Atemzug klarer im Kopf wurden und im gleichen Maße, in dem sie diese Klarheit ihrer Gedanken wiedergewannen, dümmer aus der Wäsche schauten. Wo waren sie denn hier gelandet und vor allen Dingen - wie?
Die vier großen, leuchtenden Kugeln, die schneller um ihre eigenen Achsen rotierten, als eine Eiskunstläuferin bei der Pirouette, gelegentlich aus dieser Rotation ausbrachen um kleine, hektische Hüpfer in Richtung Decke, oder zu den beiden Freunden hin zu machen, waren genauso eindrucksvoll wie die mit großen Karten rundherum behangene Wand, gaben ihnen aber keine Antworten auf ihre Fragen. Sie betrachteten die Karten näher.
Die Kontinente der Erde waren darauf abgebildet. Unmittelbar vor ihnen war das wilde Afrika zu sehen, einschließlich der es umgebenden Inseln. Aber es handelte sich nicht um normale Landkarten, so wie sie wohl jeder schon einmal im Erdkundeunterricht gesehen hat. Die Karten hier waren dreidimensional und erfüllt von miniaturisiertem Leben, alles darauf und unmittelbar darüber schien in Bewegung zu sein. Bergketten ragten dem Betrachter entgegen, einige davon verdeckt und umhüllt von kleineren Wolkengruppen, die unbändig in ausgelassenem Spiel über die Karte fegten. Dort erkannte Bernie die Sahara. Winzige Sandwölkchen wirbelten darüber hin und her, Mikroskopische Spielbälle eines unsichtbaren, aber vorhandenen Luftstroms. Große Teile dieser Karte wirkten deprimierend trostlos, ockerbleich ausgedörrt, farblos leblos, die Hitze die davon ausging war fühlbar, wenn Bernie seine Hand in die Nähe hielt. Andere Abschnitte dagegen ganz üppiges feuchtes Grün, Brutkästen neuen Lebens. Über dieser Karte kunterbunt verteilt, schwebten in geringem Abstand kleine, in kräftigem Rot pulsierende Kügelchen, ganz Miniaturausgaben der großen Kugeln, die den Raum beleuchteten. Diese Kügelchen schienen die selbe Funktion zu haben wie Stecknadeln oder Reißzwecken, die zur Markierung markanter Punkte auf normalen Karten und anderen Dokumenten verwendet werden. Peter wies Bernie gerade auf einen winzigen Regenbogen in besonders kräftig leuchtenden bunten Farben hin, der sich an einer Stelle der Karte über einem winzigen Dschungel gebildet hatte, der von einem niedlichen Monsumregen ordentlich unter Wasser gesetzt wurde, als beide plötzlich das Gefühl hatten, es würde jemand hinter ihrem Rücken stehen und ihnen über die vor lauter Staunen nach hinten geschobenen Schultern schauen.
„Wunderschön nicht wahr?“ drang eine freundliche Stimme durch ihre Betrachtungen hindurch in ihre Ohren. Die Beiden drehten sich um und standen einem schlanken Mann mit langem weißen Bart, dunkelviolettem Umhang und gutmütigen, tiefblauen Augen gegenüber, der gerade etwas, das verdächtig nach Zauberstab aussah, in seinem Umhang verschwinden ließ.
Der Mann war ein Elf und hieß Salidor. Er hatte Bernie und Peter etwas Zeit zum Betrachten der Karten geben wollen und war solange unsichtbar geblieben, hatte sich jetzt aber enttarnt wie ein Klingonenraumschiff in den Weiten des Weltalls. Allerdings waren seine Absichten gutartiger Natur.
Während Bernie, dem Salidor von ihrer ersten Begegnung beim Opferstein bereits bekannt war, sich mit einem gewissen Gefühl der Beruhigung konstatierte, das er seinen fünf Sinnen doch noch trauen könne, fing Peter, dem das alles ein wenig zuviel auf einmal wurde, an zu stottern: „Bernie, ich gla-gla-glaub ich ha-ha-hab schon wie-wie-wieder Halluzinationen!“.
Bernie, der wußte, das er diesmal nicht träumte und dem so langsam klar wurde, was dies bedeutete, machte den Spaß mit: „Was siehst Du denn Peter?“.
„Ich sehe einen Za-Za-Zauberer!“ brachte es Peter mit Müh und Not heraus und nachdem er kräftig Luft geholt hatte „...siehst Du ihn auch?“.
„Hm, ehrlich gesagt nein Peter“, log Bernie mit Schwankungen in der Stimme, die daher kamen, dass er sich vor unterdrücktem Lachen schüttelte und rüttelte wie ein Ochsenfrosch am Bungeeseil, „was macht der Zauberer denn?“ fragte er Peter scheinheilig.
Salidor, immer gerne zu einem kleinen Schabernack bereit, nahm seinen Zauberstab aus dem Umhang hervor und richtete ihn auf Peter.
„Er hält seinen Za-Za-Zauberstab auf mi-mich!“ stöhnte dieser entsetzt.
„Jetzt knipst er mir ein Äu-Äugelchen....“
„Und je-jetzt murmelt er etwa...“, weiter kam Peter nicht. Seine Füße lösten sich vom Boden und ganz gemütlich schwebte der schwere Kerl, friedlich hin und her schaukelnd empor zur Decke.
„Hallo Bernie!“ wandte sich Salidor nun freudig an den halb mitleidig, halb belustigt auf seinen schwebenden Freund Schauenden.
„Äh, hallo ...“, mehr brachte Bernie dann doch nicht heraus, jetzt da sich der Fokus von Salidors Interesse plötzlich auf ihn richtete, sah er die Lipizzanerherde seines Mutes mit fliegenden Hufen davon stoben.
„Ja, ja, es gibt mich! Mein Name ist Salidor und ich weiß, ich werde euch Beiden eine Menge zu erklären haben. Du weißt nun Bernie, dass du nicht, - Moment, wie sagt Zwubicks gleich immer, - äh ja, dass Du nicht plumm – plumm bist, oder hieß das plemm – plemm? Na ja, jedenfalls bist Du in der Lage, mich zu sehen. Noch erstaunlicher aber ist, dass auch dein Freund Peter uns sehen kann!“
Einen Moment lang betrachteten beide den fliegenden Kerl nachdenklich.
„Aber holen wir ihn zuerst einmal wieder zurück auf den Teppich...“.
Der Bauklötze staunende große Dicke drehte an der Decke entlang kleine Kreise. Wenn man seine Miene so betrachtete, schien es ihm gar nicht so schlecht zu gefallen da oben.
Salidor schwang erneut seinen Zauberstab, murmelte etwas und Peter schwebte sanft wie eine Feder hinab zu Boden.
Salidor gab ihm lächelnd die Hand „Willkommen Peter. Entschuldige bitte den kleinen Spaß, aber ich hatte schon gestern Abend den Eindruck, dass Dir dieser Zauber gut gefällt.“
Peter sah verdutzt zwischen dem Elf und seinem grinsenden Freund hin und her. „Ihr kennt euch schon?“ brummte er dann Bernie vorwurfsvoll an.
„Ja Peter, das ist der Zauberer, den ich gestern im Wald gesehen habe“, antwortete Bernie.
„Momentan weiß ich echt nicht, ob ich verrückter bin, oder das was hier gerade geschieht...“, brummte Peter. Salidors Mine wurde ernster, sodass Bernie respektvoll einen Schritt nach hinten machte.
„Keine Angst Peter, Du bist nicht verrückt. Und das hier ist auch kein Traum! Aus einem Traum kann man erwachen ... “, sagte Salidor, als er fortfuhr wurde seine Stimme fast zu einem Flüstern „ ...auch dann wenn es gefährlich wird, wenn’s um Kopf und Kragen geht“.
„Dann gibt es also tatsächlich auch,- Zwerge auf der Erde?“ meinte Peter und Bernie war sich ziemlich sicher, so etwas wie einen Hoffnungsschimmer in den großen, sanftmütigen Augen seines Freundes erstrahlen zu sehen.
Salidor lächelte dem gutmütigen Dicken zu und erklärte: „Es gibt nicht nur Zwerge sondern noch viele, viele andere Wesen auf dieser Welt, manche davon können fliegen, manche schwimmen, manche können zaubern, wieder andere sind in der Lage aus einer Vielfalt von Kräutern und Beeren Tränke herzustellen, mit denen man allerlei Gebrechen heilen kann, es gibt gute Kreaturen, sie dienen dem Licht -“, er hielt einen Moment inne und seufzte tief, während sein Gesicht einen sorgenvollen Ausdruck annahm „und es gibt Kreaturen, in deren Natur es liegt, diesem Bestreben genau entgegen zu wirken. Im Normalfall sind aber alle diese Wesen für Menschen unsichtbar.“ Er sah die beiden eine Zeit lang nachdenklich an, ehe er fortfuhr: „Nun, es ist eigentlich schon unmöglich, das Einer dieses Verborgene sehen kann, aber es ist ein geradezu unglaublicher Zufall, dass gleich zwei Menschen über diese Gabe verfügen, oder vielleicht auch kein Zufall, - sondern Bestimmung, aber laßt mich mal vorne anfangen.“
„Ihr wißt schon,“ Salidor schien in seinem Gedächtnis nach einem Satz zu kramen, dann schnippte er mit dem Finger, „die Würze liegt in den Fürzen ..., so sagt ihr Menschen doch immer.“
Peter korrigierte ihn lachend: „Fast richtig, wir sagen: In der Kürze liegt die Würze...“.
„Ja, genau so war das ...“. Salidor überlegte einen Moment, dann lächelte er „aber ihr müßtet mal erleben, wenn so ein Zwerg furzt, da sucht ihr besser auch das Weite, aber kein Wunder bei dem Zwergenessen, ihr kommt sicher bald mal in den Genuß, da kann ich euch jetzt schon warnen, die kleinen Kerlchen lieben es ganz schön deftig ...“. Alle Drei lachten einen Moment herzhaft, doch dann wurden Salidors Gesichtszüge wieder ernster.
„Ich versuche mich möglichst kurz zu fassen, was immer recht schwer ist bei einer langen Geschichte. Immerhin ist einiges geschehen, seit wir vor Millionen von Jahren auf diese Welt hier gelangten, aber es genügt für das Erste, wenn ihr das Wichtigste erfahrt.
Falls ihr später mehr wissen wollt, dann könnt ihr jeder Zeit zu mir kommen, oder ihr wendet euch vielleicht am besten direkt an den guten Champignioll ...“. Salidor schien einen Moment lang zu überlegen, ob das wirklich so eine gute Idee sei.
„Champignioll ist von uns allen hier der Älteste und mhm, tja, vielleicht könnt ihr es am besten verstehen, wenn ich sage, er ist unser Überlieferer. Er weis eine ganze Menge Dinge, die geschahen, bevor wir ein Teil der Ereignisse wurden. Er wird euch vielleicht etwas merkwürdig vorkommen, wenn ihr ihn mal kennenlernt, aber er ist wirklich ein unheimlich schlauer Kochtopf!
Äh, - sagte ich Kochtopf? Kopf wollte ich natürlich sagen. Kopf, - natürlich. Auf Kochtopf kam ich jetzt nur, weil der Gute immer ein wenig schnell an der Decke klebt ...“, dabei grinste er Peter an, „... ständig unter Dampf. Er ist vielleicht ein wenig zu sensibel für seinen Job, aber er ist nun mal im Besitz des ersten Buches. Er hat es von seinem Vorgänger erhalten, als dieser spürte, das seine Zeit gekommen war und lehrt uns nun daraus. Selber dort hinein sehen darf von uns keiner, es ist sein Heiligtum. Aber ich schweife ab.
Von Champignioll, als unserem Vermittler dieser Niederschriften, wissen wir,
das es in diesem Universum einst zwölf von ihren Eltern verlassene Geschwister gab, alles kleine Götter, die schon im frühen Stadium ihrer Kindheit die Macht dazu besaßen, je nach Gesinnung Gutes oder Übles zu bewirken, was sie auch kräftig getan haben sollen. Dann wurde es eines Tages den meisten dieser Zwölf hier zu langweilig und sie zogen fort, wohin auch immer. Jedenfalls blieben nur zwei der Geschwister zurück. Es waren dies von jeder Gesinnung Eines, ein Wesen, das im ersten Buch und auch von uns als „Lichtwesen“ und Eines, das als die „Dunkle“ bezeichnet wird. Am Anfang waren beide in ihrer Macht einander ebenbürtig und so glichen sich die einander entgegengesetzten Kräfte, die von diesen mächtigen Wesen ausgingen, über Milliarden von Jahren aus, es herrschte ein Gleichgewicht. Doch dann spürte das Lichtwesen, dass es von Jahrmillion zu Jahrmillion immer schwächer wurde.
Bevor es seine Kraft aber ganz verlor, riß es sich uns aus seinem Fleisch und warf uns auf die Erde, um den Menschen in ihrem Kampf gegen die Dunkle beizustehen. Das war alles was es vorerst noch tun konnte.
Dann verschwand es und von da an mehrten sich auf der Erde Unglück, Zerstörung und Not. Die Dunkle genoß ihre nun fast uneingeschränkte Macht. Was ihr noch im Weg stand, war die Erinnerung und der Glaube der Menschen an das Lichtwesen und wir,- ein paar kümmerliche Hände voll Feen, Elfen und Zwerge. Uns beachtete sie in den ersten Millionen Jahren gar nicht. Wir waren zahlenmäßig auch noch viel zu Wenige, um ihrem Werk ernsthaft entgegenwirken zu können. Doch können einige von uns Kinder bekommen und so wuchs unsere Zahl. Zwar nicht in dem Masse, wie die Menschheit, aber irgendwann kam der Zeitpunkt, in dem die Dunkle mitbekam, dass da etwas war, das ihren Machenschaften entgegenstand. Das paßte ihr natürlich ganz und gar nicht. Sie beobachtete von ihrem Lauerposten Lichtjahre von diesem Planeten entfernt voller Verdruß, wie die Menschen, die sie so gerne schikanierte, immer häufiger lachten, sich untereinander vertrugen und sich in ihrem Leid gegenseitig trösteten. Das konnte sie nicht zulassen, denn aus Leid und Schmerz der Menschen bezog sie ihre Labung. Nun erkannte sie, dass ihr besiegt geglaubter Gegner durch uns weiter wirkte. So kam es, das sie beschloß, ebenfalls Kreaturen zu erschaffen und zur Unterstützung ihres zerstörerischen Werkes auf die Erde loszulassen.
Die ersten dieser Kreaturen waren stümperhaft, da die Dunkle keinerlei Geduld bei deren Erschaffung zeigte. Doch zum großen Schrecken erkannten meine Vorfahren, dass weder ihre Magie, noch ihre Waffen diesen Kreaturen etwas anhaben konnten.
Das war eine schlimme Zeit für die Menschen, denn die Biester richteten Unheil an, wo sie nur konnten.
Doch dann erkannten die Helfer, dass nur ein Mensch, der ebenfalls aus dem Staub dieser Erde entstanden war, den Kreaturen der Dunklen etwas anhaben konnte, weil die Dunkle diese ebenfalls aus diesem Stoff erschuf. So kundschafteten unsere Vorfahren unter den Menschen und fanden den ersten „Schüler des Lichtes“, wie sie ihn nannten.
Laut den Überlieferungen hatte er nicht allzu große Probleme im Kampf gegen die erste Kreatur. Wahrscheinlich nahm er einen besonders großen Stein und zerquetschte sie einfach damit.
Natürlich hat das die Dunkle wahnsinnig geärgert. Also begann sie, an ihren grausamen Geschöpfen zu feilen. Schon bald waren diese durch bloße Waffen alleine nicht mehr zu besiegen, die Zwerge fertigten in Zusammenarbeit mit den Zauberern magische Waffen an, aber irgendwann schaffte die Dunkle es, ihre Kreaturen auch gegen diese immun zu machen.“
Salidor hielt einen Moment in seinem Redefluß inne, „aber ich wollte mich ja eigentlich kurz fassen. Bemerkte ich bereits, daß das nicht einfach ist? Na ja, da selbst die ausgefeiltesten materiellen Waffen versagten, erhielten die jeweiligen Schüler des Lichtes von da an zusätzlich eine Ausbildung in der Anwendung von Magie. Und so ist das bis heute. Da die Überlieferung besagt, dass die Menschen nichts von der Anwesenheit der Beschützer auf der Erde erfahren sollen, muß jeder Schüler des Lichtes einen Eid schwören, dass er nichts von dem preis gibt, was er von uns weis. Vielleicht habt ihr euch schon einmal gefragt, wie die vielen Sagen von Zauberern, Zwergen und anderen Helden entstanden sind, die sich die Menschen erzählen. Nun kennt ihr den Grund. Natürlich tranken ein paar dieser ehemaligen Schüler des Lichtes gerne mal einen und vergaßen dann ihren Eid und erzählten eifrig von ihrem Kampf gegen die Kreaturen, Glauben fanden sie jedoch wohl selten. Die Abstände, in denen die Dunkle ihre Kreaturen sandte, wurden immer größer, denn sie verbrachte zunehmend mehr Zeit mit dem Ausklügeln immer abgefeimterer, gemeinerer und diabolischerer Wesen. Aber so sehr sie sich auch mühte, es fand sich letztlich immer ein Mensch, der ihr Werk der Finsternis besiegte.
Wir schienen die Sache im Griff zu haben. Doch dann, der junge Champignioll war bereits auf der Welt und wurde gerade von seinem Vorgänger, einem weisen alten Elf, in die Geheimnisse des ersten Buches eingewiesen, als es geschah ...“
Peter, der Halt suchend mit dem Rücken an der Wand lehnte, hatte vor lauter Gespanntheit seinen Mund soweit offen stehen, dass man bequem einen Sack voll Möhren hätte quer dort hineinstopfen können, als Salidor mit betrübter Mine fortfuhr:
„Der erste Schüler des Lichtes unterlag im Kampf! Champignioll war dabei, als man den scheußlich zugerichteten, armen Kerl nach langem Suchen in einer im Wald verborgenen Mulde gefunden hatte. Er lebte noch, aber selbst beste Zwergenmedizin und mächtige Heilzauber konnten seinen Tod nicht mehr verhindern. Dafür sorgte die siegreiche, teuflische Marionette der Dunklen dafür, dass wir rasch mitbekamen, dass sie den Kampf nicht verloren hatte. Über etliche Jahre zog sich die Spur ihrer Verwüstungen über die Kontinente der Erde. Natürlich suchten wir nach ihr, indem wir dieser Spur folgten, aber es gelang uns nicht, sie aufzustöbern. Dann, kurz vor meiner Geburt, nahm ein weiterer Schüler des Lichtes seinen Kampf auf. Die Lehrer des Lichtes hatten sich bei seiner Ausbildung in der Magie mehr Mühe gegeben, als jemals zuvor. Dieser Schüler wurde nie wieder gesehen. Jedoch wissen wir, dass es ihm nicht gelungen ist, seinen Gegner zu besiegen. Wieder fanden wir einen Beweis dafür, denn wieder zog sich eine Spur der Zerstörung und des Bösen über die Erde, wir folgten dieser erneut und diesmal fanden wir, wonach wir suchten.“ Salidor nahm tief Luft und runzelte seine Lippen „Ja, wir fanden nicht den Schüler, wir fanden das Biest! Wir konnten es zwar weder verletzen noch töten, aber es wirkte auch gar nicht mehr so gefährlich. Es scheint so, dass es während jeden Tages seiner Schreckensherrschaft ein wenig geschrumpft war. Wenn ihr irgendwann einmal in die Zwergenkantine kommen solltet, dann fragt den Kochzwerg mal nach dem Schauderglas. Ich würde euch allerdings raten, vorher nicht allzuviel zu essen ... .
Aber egal, es ist jetzt schon fast zulange her, seit diese letzte Kreatur auf der Erde erschien und wir glauben nicht, dass die Dunkle sich plötzlich ihrer bisher unterdrückten Güte besonnen hat, denn so etwas ist ihr so fremd wie dem Karpfen der Tango, jedenfalls sind wir vom Rat der Beschützer trotz der gegenteiligen Meinung Champigniolls der Ansicht, dass es höchste Zeit wird, einen neuen Schüler auszubilden. Und jetzt erschreckt bitte nicht, aber das ist genau der Punkt, an dem ihr Beide in das seltsame Spiel tretet. Da ist einmal die Tatsache, dass ihr beide uns sehen könnt. Das konnte noch keiner der bisherigen Schüler! Sie haben uns erst sehen können, nachdem wir ihnen dies mit Hilfe eines speziellen Zaubers ermöglichten. Außerdem sind ein paar von uns, denen die Verse der Überlieferung bekannt sind, der Ansicht, dass es irgendwann einmal einen Zeitpunkt geben wird, zu dem es gleich zweier Schüler bedarf, um dem Licht erneut zum Sieg zu verhelfen. Allerdings will ich Euch nicht verheimlichen, dass ihr Euer Leben riskiert, wenn ihr Euch dazu bereit erklärt, Euch zu Schülern des Lichtes ausbilden zu lassen.“
Peter schluckte heftig, Bernie wurde schwindlig, er schwankte leicht, so etwas bekam man schließlich nicht alle Tage zu hören. Jedenfalls kam dieser bärtige Kerl mit den sympathischen Augen schnell zur Sache.
„Des weiteren weist die Überlieferung uns auch an, wie dies zu geschehen hat. Allerdings rückt der gute Champignioll nur Scheibchenweise damit heraus, zudem noch ist dummerweise alles in Gedichtform verschlüsselt, sagte ich das schon? Einige von uns können sich der Annahme nicht ganz erwehren, dass Champignioll da vielleicht ein ganz klein wenig versucht hat, seine persönliche Note mit hinein zu bringen. Wir sind uns nicht aller Interpretationen dieser Verse sicher, manchmal gibt es Streit über deren Auslegung. Aber das ist ja eine andere Sache. Ihr Beide sollt euch natürlich erst einmal gut überlegen, ob ihr solche Gefahren überhaupt auf euch nehmen möchtet.“
Die beiden Freunde sahen einander mit großen Augen an, in denen sich ihre Überraschung und der Schreck spiegelte, während Salidor fortfuhr “Ihr sollt euch Zeit lassen mit eurer Entscheidung. Ihr müßt euch sicher sein. Führt euch vor Augen, was dies wirklich für euch heißt. Wenn ihr euch tatsächlich entscheiden solltet, Schüler des Lichtes zu werden, dann könnt ihr nicht mehr zurück!“
Es herrschte eine Zeit lang Schweigen im Raum, bis Peter, das Rubbellos in seiner Hand betrachtend, fragte: „Was ist eigentlich Poko-Poko?“
Salidor lächelte und antwortete: „Poko-Poko ist der Name des ersten Ausbildungsortes der Schüler des Lichtes. Auf den Karten der Menschen ist er nicht verzeichnet. Aber kommt mal mit rüber...“.
Bernie und Peter folgten Salidor zu der dreidimensionalen Afrikakarte, die sie bereits bewundert hatten.
Salidor zeigte auf eine der kleinen, roten Markierungskügelchen. „Poko-Poko!“ sagte er lächelnd.
Poko-Poko lag, wenn man es großzügig betrachtete, in etwa mitten in Afrika.
Das rote Kügelchen warf einen kleinen Lichtkegel auf die darunter liegende, öde Landschaft, die nur gelegentlich unterbrochen wurde von Miniatur- Dornenhecken und kleineren Waldgruppen.
„Darf ich dich auch noch etwas fragen, Salidor?“ fragte Peter verlegen.
„Nur zu, Peter!“.
„Ist eigentlich dieser Laden hier auch unsichtbar?“
„Nein, aber ich glaube ich weiß was du meinst. Die Eingangstür zum Laden ist mit einem Zauber verschlossen und läßt keinen Menschen herein. Aber für euch haben wir diesen Zauber für einige Zeit lang aufgehoben. Das hatte zur Folge, dass heute Morgen plötzlich ein Polizist im Laden stand. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn da ist ja auch noch der magische Würzrauch im Laden selbst. Jeder Mensch, der den einatmet vergißt kurz nachdem er den Laden wieder verlassen hat alles, was er dort drinnen erlebt hat.“
Wieder war es Peter, der nach einigem Schweigen eine weitere Frage an Salidor stellte:
„Können euch Zauberern und Zwergen diese, äh, diese Kreaturen eigentlich nichts anhaben?“
Salidor antwortete schmunzelnd: „Nein, dem Lichtwesen sei dank, das können sie nicht und versuchen es auch gar nicht. Das Lichtwesen hat uns einen Schutz mitgegeben. Ihr könnt mir glauben, das ist sehr beruhigend.“
Peter und Bernie hätten noch viele, viele Fragen gehabt, schließlich begegnet man nicht alle Tage einem leibhaftigen Zauberer, aber Salidor wurde an vielen Orten gebraucht, das war auch den beiden Freunden verständlich.
Bevor er sich herzlich von ihnen verabschiedete, gab er Peter noch den Tip, nach seinem Papagei zu schauen, sobald er wieder zurück daheim wäre. Dann öffnete er die Tür und rief Zwubicks herab. Dieser brachte die beiden Freunde durch den Laden nach draußen, zurück auf die Gasse.
Derweil den Blicken verborgen, tief im Dunklen unter der Erdoberfläche, wo das Licht des Tages nicht hinab gelangen konnte, sosehr es sich auch bemühte, stand in einer Höhle irgendwo im endlosen Labyrinth der dunklen Gänge ein Mann im schwachen Lichtschein einer Hand voll schwarzer Kerzen.
Hier unten war alles Stille. Nur hin und wieder schüttelte es den Mann heftig und ein höhnisches Kichern bahnte sich den Weg über seine zu hämischem Grinsen verzerrten Lippen hinweg in die Grabesstille der finsteren Brutstätte kommenden Unheils.
Seine kalten Augen stierten auf eine giftgrüne, wild wabernde und zuckende Wolke, die sich wie die Schalen eines überdimensionalen Eies um die abartigen, gigantischen Gliedmaßen einer Kreatur wand, die wohl nicht mehr allzuviel Zeit von ihrem Schlupftag trennte.
Wahnsinniger Stolz erfüllte den Mann während er dachte: „Das ist mein Werk!“
Aber da war noch ein anderes Gefühl, ihm bis zu diesem Tag vollkommen fremd, ein Schaudern, das an Intensität zunahm, als er hinüber zu den Tierkadavern in der hinteren Ecke der Höhle blickte.
Verstreut über den steinigen Boden lagen dort die Überreste der Tiere, die bei seinem Zeremoniell übrig geblieben waren, Utensilien, wie sie in jede gut ausgestattete Hexenküche wohl gehört hätten. Spinnenbeine, Schlangenleiber, quallenförmiges Geklibber – und das waren noch die eher appetitlichen Bestandteile!
Doch dann schüttelte er dieses ungewohnte Gefühl mit einer wegwerfenden Geste seiner Hand von sich und lachte unheilig schrill auf.
„Meine Falle wartet auf sie. Wenn die zwei Trottel ihren dämlichen Papageien suchen, dann ... . Und dann werd ich diesen Salidor zerquetschen. Ha ha, und es wird so einfach sein! Aber ich werde es ihm nicht einfach machen, oh nein. Soll ruhig weiter denken, er wäre der Größte und niemand könne ihm was anhaben, soll sich ruhig noch ein wenig in Sicherheit wiegen während meine Macht wächst und wächst ...“ Er redete jetzt zu dem abscheulichen Lebewesen, das da im Begriff des Entstehens war und rieb sich die Hände in purer Vorfreude.
„Und später schnappe ich mir diese Elfin Bea und mache ein Dutzend Bälger mit ihr, he, he, he, dann wird die Welt uns gehören!“
Er war berufen. Das dachte er. In Wirklichkeit war er nicht mehr als eine Marionette, an die die Dunkle ihre unsichtbaren Spielseile geknotet hatte, ohne dass er es so recht bemerkt hatte, sie war es, die Regie führte.