Читать книгу der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum - Yule Dackelpfötchen - Страница 7

Der Zwerg Zwubicks

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Salidor stand im Kräuterladen neben Zwubicks, der noch winziger wirkte als er sowieso schon war und raufte sich seine altehrwürdigen weißgrauen Haare.

Zwischen ihm und dem sehr schuldbewußt dreinblickenden Zwerg stand ein großer Bastkorb, Zwubicks bis fast unters Kinn reichend und von enormem Umfang. Es sah fast aus, als versteckte sich der Kleine hinter dem Behältnis.

„Ich sagte Edle Wurzeln, Zwubicks. Edle Wurzeln!“ stöhnte Salidor, ein Büschel seiner Haarpracht in seiner Hand betrachtend.

Der Zwerg blickte für einen kurzen Augenblick über den Korbrand hinweg nach oben in die beiden kleinen Himmel Salidors blauer Augen.

Er sah keine Wölkchen der Enttäuschung, oder gar des Zorns darin, nur einen winzigen Klecks Traurigkeit. Doch dieser kaum wahrnehmbare Schimmer ließ den Kopf des Zwerges wieder sinken. Er hatte Mist gebaut. Konnte man durchaus so sagen.

Es war schon dumm, dass er verstanden hatte „Edelweißwurzeln“ statt edle Wurzeln. Der große Unterschied war, dass die von Salidor benötigten edlen Wurzeln von ihnen, selbst in großen Mengen auf, den Menschen nicht sichtbaren, meist auch nicht zugänglichen Feldern anbauten, während die Edelweißwurzeln, die er hier gerade Fuderweise in dem Korb angeschleppt hatte, eine geschützte Seltenheit in der Naturwelt der Menschen waren. Jedenfalls gab' s diese schöne Rarität jetzt nicht mehr auf allen Alpengipfeln ...

Wie konnte ihm das passieren? Zwubicks wußte warum, aber das konnte er Salidor gegenüber unmöglich zugeben, es lag außerhalb der eher rauhbeinigen Gefühlswelt eines Zwerges, seine Verliebtheit einzugestehen, erst recht nicht gegenüber seinem Chef, obwohl er diesen eigentlich sehr mochte.

„Ist schon gut Zwubicks. Halb so wild. Vielleicht kann unser Getränkemeister einen neuartigen Zaubertrank daraus brauen! Könntest Du bitte den Korb gleich bei Lelell- Lel vorbeibringen?“ schlug Salidor vor.

Ein Leuchten ging über das breite Gesicht des Zwerges. In seine Reuemiene mischte sich ein kleiner Sonnenschein der sich ausweitete und schließlich sein ganzes, kantiges Gesicht erstrahlen ließ. Freudig nahm er den riesigen Korb wie ein Spielzeug vor seine breite Brust und marschierte durch die Ladentür nach draußen auf die Gasse.

Salidor schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich mit einem sportlichen Schwung auf die Ladentheke.

Er überlegte, ob es sinnvoll sei, den extra vom Rat der Beschützer für solche Fälle eingesetzten Schadensregulierer Flabiloll einzuschalten. Dieser hatte die Aufgabe, versehentlich von den Beschützern angerichtete Schäden in der Gastwelt der Menschen nachträglich bestmöglich ungeschehen zu machen.

Kein leichter Job. Flabiloll war im Besonderen auf die Zwerge nicht allzugut zu sprechen. Soviel diese auch dazu beitrugen, die Gebäude der Menschen vor altersbedingten Schäden und vor der Zerstörung durch die Kräfte der Dunklen zu bewahren, so viel Mist verbockten sie auch oft. Sicherheitshalber verfügten die Zwerge daher mittlerweile nur noch über die für ihre Arbeit unbedingt notwendigen Zauber. „Kitt“ zum Beispiel, mit dem sie beliebiges Baumaterial wieder dauerhaft miteinander verbinden konnten. Den Zauber „Heb dich“ hatte man ihnen allerdings wieder wegnehmen müssen, da ein paar der Zwerge diesen Spruch nicht wie vorgesehen dazu genutzt hatten, schwere Lasten, wie Steine oder ähnliches Baumaterial etwa, zu transportieren, sondern ihr innerer Drang mit ihnen durchgegangen war, ein paar Erdbewohnern Streiche zu spielen, oder gar als kleine, selbst ernannte Rächer zu agieren. Salidor, der selbst manchmal ganz gerne einen kleinen Schabernack anrichtete, hatte den Humor der Zwerge anfangs verteidigt, doch leider verloren dann ein paar der Zwerge etwas den Überblick und es war zu einem unschönen Zauberunfall gekommen, als sie in einer Kaschemme, in der man gegen Geld Liliputaner „werfen“ konnte den Wirt und Anbieter dieses fragwürdigen Vergnügens, mit dem „Heb Dich“ Zauber durch seinen Laden hatten fliegen lassen, bis dieser frontal gegen einen Pfeiler geknallt war. Der Wirt hatte über einen Monat im Koma gelegen und die Zwerge, die den Zauber bewirkt hatten, waren sehr besorgt um das Leben des Mannes gewesen und froh, als es diesem endlich wieder besser ging.

Champignioll hatte natürlich einen Mords Trara gemacht. Zuerst wollte er ausgiebig geklärt wissen, was die Zwerge überhaupt in der verrufenen Spelunke zu schaffen hatten.

Bis heute wäre diese Frage ungeklärt geblieben, hätte nicht völlig unerwarteter Weise Lelell -Lel, der Zaubertrankmeister, in einem Anfall von Gewissensbissen zugegeben, das er auf ausdauerndes Bitten und Betteln einer der Zwerge hin, diesen einen Trank gebraut hatte, nach deren Einnahme die Zwerge für die kurze Zeitspanne einer halben Stunde für Menschen sichtbar wurden. Die Zwerge hatten einfach nur den Spaß für sich entdeckt, sich nach getaner, oft sehr harter Arbeit, wenigstens kurzfristig bei einem Humpen Bier und etwas Musik zu amüsieren. Wer konnte ihnen diesen Wunsch übel nehmen, lange genug hatten sie schließlich den Menschen über die Schulter geschaut und gesehen, dass die es genauso machten. In der Kaschemme waren sie nicht besonders aufgefallen, da dort eine Menge Liliputaner zu den Stammgästen gehörten.

So hatten sie dort auch den Zugang zu Bier gefunden. Um Geld, kleine, blinkende Münzen und knisternde Scheine, mit dem die Menschen einander Waren und Dienstleistungen aller Art, wie zum Beispiel tönerne, dämlich grinsende Gartenzwerge, das von Zwergen so begehrte Bier, oder auch einfach nur die Erlaubnis, einer jungen Dame beim Ausziehen und Herumturnen an einer Stange zuzusehen, die Zwerge waren ziemlich verwirrt, als sie diese Inszenierung das erste Mal in dem dunklen Etablissement beobachtet hatten, indem sie gelegentlich verkehrten, bezahlten und das sie von Champignioll natürlich nicht bekamen, für diese allabendlichen Vergnügungen zu gewinnen, hatten sie sich hin und wieder auch selbst von mehr oder weniger betrunkenen Gästen durch die Luft schleudern lassen und auch Nebenjobs für menschliche Gäste der Kneipe durchgeführt, die wie die Ermittlungen Champigniolls ergaben, nicht immer so ganz mit dem Gesetz der Menschen im Einklang gestanden sein sollen. Obwohl das Grüppchen der Bier trinkenden Zwerge, das im Laufe der Zeit zahlenmäßig stark angewachsen war (alle waren neugierig auf das leckere Bier) sich äußerst reumütig zeigte, hatte Champignioll ihnen, zur Untermalung des erzieherischen Effektes, fast die Hälfte ihrer Zauber dauerhaft entzogen. Dies bedeutete für die Zwerge, das sie nun mehr als vorher mit reiner körperlicher Kraft malochen mußten, weniger mit Magie. Klar, das der Name Champignioll von ihnen ab diesem Zeitpunkt oft, aber nie als Kosewort zur gegenseitigen Betitulierung verwendet wurde.

Salidor beschloß, sich gleich auf den Weg zu Flabiloll zu machen. Er verließ den Laden und schlug den Weg durch die verwinkelten Gäßchen in Richtung Wald, zur Weide der Windpferde ein. Er freute sich darauf, wieder einmal mit einem dieser schönen Wesen durch die Lüfte zu gleiten, das war schöner als die atomare Zerlegung und spätere Wiederzusammensetzung seiner sämtlichen Gliedmaßen beim Teleport.

Salidor, der wesentlich längere Beine hatte als Zwubicks und außerdem keinen Korb vor sich her tragen mußte, hatte eigentlich nicht vor gehabt, seinem kleinen Gehilfen hinterher zu gehen. Er folgte vielmehr automatisch den ihm vertrauten Winkeln und Abbiegungen der Gäßchen, während er darüber nachgrübelte, wie er Champignioll davon überzeugen könne, den überlasteten Zwergen ihre Zauber wiederzugeben.

Den Kopf gedankenverloren gesenkt, betrat er eine längere, etwas breitere Gasse, auf der sich ein paar wenige antiquierte, kleinere Tante- Emma- und Trödler- Abraham- Läden der Menschen befanden. Obwohl er für Menschen unsichtbar war, sah er aus alter Gewohnheit kurz auf, um zu sehen, wer in der Gasse unterwegs war.

Er war sehr überrascht, als plötzlich, vielleicht zwanzig Meter vor ihm Zwubicks aus einem Blumenladen herauskam, eine wunderschöne Rose mit extrem großer Blüte in seinen Händen haltend. Der Zwerg hatte ihn nicht bemerkt.

„Nanu?“ wunderte sich Salidor. Nicht Neugier, sondern Freundschaft und Interesse verführten ihn dazu, Zwubicks, der zielstrebig dem anderen Ende der Gasse entgegeneilte, zu folgen. „Wirklich merkwürdig...“, dachte er sich, denn eigentlich war Zwubicks ja unsichtbar, wie sollte er also die Rose gekauft haben können? Er hatte doch alle Tränke abgegeben, hatte er sie vielleicht geklaut? Nein, das glaubte er nicht. Aber was dann ... ?

Zwubicks bog rechts ab und überquerte zielstrebig einen weitläufigen, mit alten, wuchtigen Wackersteinen gepflasterten Platz, auf dem in regelmäßigen Abständen Platanen hinauf in den Himmel ragten.

Diese Platanen als Tarnung nutzend, folgte Salidor dem kleinen, breitschultrigen Blumenkind, das sich jetzt selbst hinter einer Platane, mit besonders korpulentem Stamm, versteckte und nervös von einem seiner stämmigen Zwergenbeine auf das andere wippte.

Salidor schlich sich von Zwubicks unbemerkt hinter den nächst stehenden Baum, wobei er sich etwas albern vorkam und auch ein wenig Gewissensbisse hatte, einen Freund zu bespitzeln, aber er war ja kein Spion, sondern einfach nur gutgemeint neugierig und um das Wohl seines Schützlings besorgt. Zur Sicherheit belegte er sich kurzerhand noch mit einem kleinen Zauber, der ihn auch für Zwerge unsichtbar machte.

Zwubicks, die Rose mit dem schönen roten Kelch nervös in seinen patzigen Händen drehend, spähte an der rissigen Rinde des Baumes vorbei auf das Schaufenster des Metzgerladens, keine zehn Zwergenschritte entfernt.

Salidor, der recht gute Augen hatte, sah in dem Schaufenster nur Preistäfelchen und ausgestellte Fleischwaren, oder Plastikimitate solcher, wie etwa einen großen Ringel Fleischwurst, zwei Kopflose Hühnchenleiber und mehrere Körbe, aus denen kleinere Würste hervorquollen.

Währenddessen tappten Bernie und Peter durch das Labyrinth der Gassen, ohne es zu bemerken in mehr oder weniger großen Zirkeln um den Kräuterladen herum, in der irrigen Annahme, dort müßten sie irgendwann auf das Auto stoßen, mit dem sie in die Stadt hinab gefahren waren. Salidor hatte den Würzrauch in Bezug auf dessen zeitliche Nachwirkung wohl doch etwas unterschätzt. Ohne Gegenzauber gegen diese Erinnerungsdiebstahl waren die Erklärungen des Zauberers somit vorerst sämtlich für die Katz und die beiden Freunde irrten munter ziellos durch die Gegend.

Jetzt kamen sie schon zum dritten Mal an der Bäckerei mit dem daran angrenzenden Blumenladen vorbei.

„Ich glaube, mein Opa wird langsam senil“, meinte Bernie zu seinem nachdenklich neben ihm her trottenden Freund. „Neulich hat er sein Portemonnaie versteckt und nicht wiedergefunden.“

„Warum hat er denn sein Portemonnaie versteckt?“ fragte Peter, während sie an der Gabelung, an der es rechts auf den großen Platz ging, auf dem Zwubicks und Salidor immer noch in ein leeres Schaufenster starrten, links abbogen.

„Er glaubt, meine Oma würde daraus stibitzen und befürchtet deshalb wohl, es könnte einmal nicht mehr genug darin sein, um in seiner Stammkneipe ein Bier zu trinken.“

„Meinst Du wir sind auch senil?“ fragte Peter, nachdem er eine Weile nachdenklich geschwiegen hatte.

Bernie zuckte unsicher mit den Schultern. „Kann schon sein. Ich jedenfalls kann mich nicht mehr daran erinnern, wie wir hierher gekommen sind...“. Peter hielt kurz im Gehen inne, klopfte ihm auf die Schulter und gab zu, dass es ihm nicht anders erging. Dann trotteten sie weiter. Bei ihrer nächsten Runde um den Bäckerladen, aus dessen angelehnten Fenstern sich knusprige Duftwolken frisch gebackener Brote auf die Gasse hinaus zwängten, um vorbeiziehende hungrige Pilger zum Kauf zu verlocken, bogen sie diesmal nach rechts, auf den großen Platz ab, auf dem Zwubicks in genau diesem Moment hinter dem Baum erstarrte, der ihm als Blickschutz diente. Der ganze Zwerg war wie eingefroren, bis auf die wulstigen Finger seiner Hände, die, die Rose haltend, begannen immer heftiger zu zittern.

Jetzt sah Salidor auch warum und schlagartig wurde ihm alles klar. Fast schon hatte er es sich gedacht. Hinter der Theke, nahe am Schaufenster war jetzt eine rundliche, junge Frau mit quirligem, dunkelblondem Lockenhaar erschienen, die mit ihren massigen Händen hierhin und dorthin zeigte, ab und zu eine Wurst von hinter der Theke hervor nahm und mit einer Maschine dünne Scheibchen davon abschnitt.

Die Statur der Frau in der blauweiß karierten Schürze mit den vor Leben glühenden roten Backen hatte, eventuell vom vielen Würste essen, doch schon einen beträchtlichen Umfang bekommen, der Kopf wirkte fast ein wenig klein in der Proportion.

Das schien Zwubicks aber gar nicht zu stören. Wie wild ließ er die Rose zwischen seinen Fingern hin und her wandern und wippte vor und zurück, in einer Agilität, die Salidor bisher noch nicht bei einem Zwerg gesehen hatte und deren stille Zeugnisname ihn nun grinsen lies.

Schmachtend hob der Zwerg sein breites Kinn, seine Augen ganz auf die junge Dame gerichtet, um ja jedes begehrte Gramm von ihr mitzubekommen.

Salidor war so gerührt von dem verliebten Zwerg da vor ihm, das er Bernie und Peter gar nicht bemerkt hatte, die nun den Platz überquerten und den Elf natürlich auch nicht sehen konnten. Aber selbst wenn sie ihn gesehen hätten, waren sie immer noch so benebelt vom Würzrauch und so in ihr Gespräch vertieft, das ihnen da gar nichts Besonderes aufgefallen wäre. Salidor beschloß genau in dem Moment, genug gesehen zu haben und nun hinüber zu seinen geliebten Windpferden zu eilen, als Bernie und Peter gerade hinter im vorbei flanierten. Padautz! Der flott rückwärts schleichende Zauberer krachte mit dem rechts neben Bernie trottenden, wohlbeleibten Peter zusammen.

Es erschreckten sich nun vier Personen: Salidor, der sonst immer ein gutes Gespür dafür hatte, wenn Menschen in seiner Nähe waren, aber diesmal so abgelenkt war, weil er sich für Zwubicks freute, Peter sowieso, weil er auf ein unsichtbares Hartes geprallt war und Bernie und Zwubicks, die der Schreckensaufschrei Peters aus ihrer jeweiligen Träumerei riß.

Während Salidor den Unsichtbarkeitszauber rückgängig machte, damit Bernie und Peter ihn sehen konnten, hatte Zwubicks bereits die Rose fallen lassen, um sich mit seinen rotierenden, kurzen Zwergenbeinen aus dem Staub zu machen. Er hatte seinen Chef gesehen und für sich entschieden, das es wohl besser wäre, wenn dieser nichts von seiner schmachtenden Liebschaft mitbekäme.

Als die Metzgergesellin Roswitha ein paar Minuten später aus dem Schaufenster auf den Marktplatz hinaus schaute, wunderte sie sich über die schöne Rose mit dem kurzen Stiel und der riesigen Blüte, die neben der Platane lag, die dem Schaufenster am nächsten stand. So kam die Rose doch noch in die Hände, für die sie bestimmt war. Wenig später stand sie in einer kleinen Vase auf der Theke der Metzgerei, an diesem Tag noch oft bewundert von der Kundschaft.

der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum

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