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Vater haucht seine Seele aus. Der Sohn spürt Erleichterung, und dann – Trauer. Die unerwartete Abfolge widersprüchlicher Gefühle war auch dem Vater bekannt – denkt der Sohn. Das ist der Trost, mit dem er sich selbst bestraft!

Zwischen den Stimmungen: Erleichterung und Trauer (diese setzt Ströme unkontrollierter Erinnerungen in Bewegung), erstreckt sich, undeutlich, Gleichgültigkeit, eine gewisse Leere – daran denkt der Sohn auch.

Erinnerte Szenen1,2,3 treten dem Sohn aus dem Vergessen heraus vor die Augen. Bilder der Erinnerung, verwurzelt im Augenlicht. Denn Vergessen ist nicht Verschwinden, sondern Verstecken.

1 Die hohle Innenfläche von Vaters rechter Hand – geschützt durch eine Kette aus vier gestauchten, knotigen Fingern, abgeschirmt durch den Damm des anliegenden Daumens – nahm den erbrochenen Inhalt auf: das halbverdaute Frühstück des Sohnes. Als der Bus, mit dem sie fahren, stehen bleibt, verwandelt der Vater durch eine furiose tektonische Erschütterung die Gebirgslandschaft seiner Hand in eine diluviale Ebene und lässt den erbrochenen See aus Schlamm in die nächste Mülltonne gleiten.

Wie alt muss der Sohn gewesen sein, wenn der Inhalt in Vaters Handfläche damals so tief war, dass er sein Gesicht darin hätte versenken können? Wie alt muss der Sohn gewesen sein, wenn der Inhalt seines Magens restlos in Vaters mittelgroßer Hand Platz hatte?

2 Der Sohn hat seine Arme um Vaters Hals gelegt, die gekreuzten Hände zu Fäusten geballt – darin hält er die weichen Zungen von Vaters Winterschuhen gefangen. Der Körper des Sohnes wiegt sich hin und her, von Zeit zu Zeit hüpft er in die Höhe, weil der Boden, über den Vaters nackte Füße gehen, uneben, steinig und rutschig ist, und das kalte Wasser, das Vaters Waden bespritzt, schnell fließt. Rundherum ist alles Rauschen, und hätte der Sohn seine Lippen nicht direkt an Vaters Ohr gelegt, müsste er schreien, damit Vater ihn hören kann. Der Vater trägt den Sohn und watet durch den Fluss, um dem Sohn die Höhle am anderen Ufer und Schwärme von Fledermäusen zu zeigen.

3 Vor dem Morgengrauen weckt Vater den Sohn auf und nimmt ihn mit in den Garten, zu den ersten Frühlingsblättern auf dem Birnenbaum. In der Morgendämmerung zeigt Vater dem Sohn einen Tautropfen. Sie betrachten ihn und warten darauf, dass er in der aufkommenden Hitze verdunstet. Das vergisst der Sohn niemals, etwas, das weder Erinnerung noch Traum ist, sondern etwas, das er sich selbst ausgedacht hat, etwas, das außerhalb seines Verstandes niemals und nirgends stattgefunden hat. Ganz deutlich sieht er den Tautropfen auf dem Birnenblatt, und im Tropfen wie in einem Wölbspiegel, den Vater und sich selbst, Kopf an Kopf, und einen Teil des Gartens hinter dieser zweiköpfigen Gestalt, und er sieht zu, wie all das, auf den Kopf gestellt, allmählich dem stärker werdenden Licht weicht.

Gutta roris in folio piri – schreibt der Sohn ins Register seiner Erinnerung, diesen Eindruck legt er zwischen die Blätter seines Fabulariums ab.

Wann hat er sich zum ersten Mal dieses Bild ausgedacht, das er jetzt in seiner Erinnerung mit sich trägt wie seine wirklichste Wirklichkeit? – das hat der Sohn vergessen.

Die gemeinsame Asche

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