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Um elf Uhr fünfzehn zerriss das schrille Klingeln des Telefons die totenähnliche Stille im dunklen Haus an der Hicksville Road, in der Nähe des Wilshire Boulevard. Freed nahm den Hörer an sich.

„Hallo?“, meldete er sich.

„Ich bin’s, Barbara.“ Barbara Kristof war Doris’ Schwester. „Sie liegt jetzt im Bett“, sagte Barbara. „Aber sie schläft noch nicht.“

Freed sagte nichts dazu.

„Art, hörst du mich?“

„Ja, natürlich.“

„Willst du mir die Wahrheit sagen? Ich meine, ich könnte sie vielleicht eher vertragen.“

„Ich weiß.“

„Wirst du Ronny zurückholen?“

„Ja.“

„Ich meine, Art, verstehe mich nicht falsch, du bist ein G-man, und ich kenne dich lange genug um zu wissen, wie korrekt du bist, wenn es sich um die Gesetze handelt. Du bist, verzeih, richtig kleinlich.“

Freed starrte die Tapete an. War er kleinlich? Ein Paragraphenreiter? Mein Gott, hatte Barbara recht? Natürlich hatte sie recht! Er hatte sich dem Gesetz verschrieben. Es war die Leitlinie seines Lebens!

„Schau, Barbara, das Gesetz“, begann er steif, um jedoch gleich wieder zu verstummen. Das Gesetz – schützte es ihn oder Ronny? Half es ihm? Oder band es ihm nicht vielmehr die Hände, indem es ihn zwang, untätig zu Hause herumzusitzen und zu warten, dass andere Männer eine Arbeit taten, die er auch tun konnte. Vielleicht sogar besser als sie.

Er kannte die Mafia dieser Stadt wie kein anderer.

Oder zumindest so gut wie kaum ein anderer. Nur einer kannte sie vielleicht besser, aber der stand auf der anderen Seite des Gesetzes.

Verdammt, warum nahm er nicht seinen Smith & Wesson und holte sich einen von ihnen?

„Art! Art! Hörst du mir zu?“

„Ja, Barbara, verzeih, ich musste gerade an etwas denken ...“

„Doris vertraut dir, Art. Enttäusche sie nicht.“

Art Freed legte den Hörer zurück. Dann trat er wieder ans Küchenfenster und starrte auf die Straße hinaus.

Natürlich hatte er die beiden Wagen bemerkt, die vor einer Stunde gekommen waren, oben an der Straße gewendet hatten und jetzt unten an der Einmündung in den breiten Boulevard standen.

Gotthart ließ ihn überwachen. Das war ganz natürlich, denn es war möglich, dass die Gangster versuchen würden, irgendwie Kontakt mit ihm aufzunehmen. Er hatte ein Papier unterschrieben in dem er sich damit einverstanden erklärte, dass sein Telefon überwacht wurde. Das war ihm alles als selbstverständlich erschienen. Doch jetzt dachte er auch daran, dass man ihn zu überwachen versuchte. Um ihn von einem privaten Krieg abzuhalten. Um ihn vor sich selbst zu schützen. Er erinnerte sich, solche salbungsvollen Worte schon selbst gegenüber Kollegen benutzt zu haben. Allerdings hatte er keinen gekannt, dessen Kind entführt worden war.

Art Freed kontrollierte seine Waffe. Aus dem Safe im Kleiderschrank holte er zwei Schachteln Munition. Er stopfte die Patronen in seine Jackentaschen, die daraufhin tief nach unten zogen.

Er verließ sein Haus, ohne die Tür abzuschließen. Es war immerhin möglich, dass sie Ronny einfach in der Nähe absetzten.

Er startete und stieß den Wagen rückwärts aus der Einfahrt. Er schaltete die Scheinwerfer ein und trat das Gaspedal durch. Das Malibu schoss die abschüssige Straße hinab.

Im Haus gegenüber, oben in der Mansarde, schaltete der Todesengel das Funkgerät ein und flüsterte eine Nachricht ins Mikrofon.

Mit wimmernden Reifen preschte der Wagen auf den Boulevard hinaus. Im Rückspiegel konnte Freed die beiden Limousinen sehen, die sich jetzt gegenseitig behinderten, als ihre Fahrer die Verfolgung aufnehmen wollten.

Freed fuhr in Richtung Innenstadt. Er wusste, wie er sich einen von ihnen greifen konnte, und er wusste, wie er Stufe um Stufe an den Mann an der Spitze herankommen konnte.

Aber dazu konnte er keinen Schatten brauchen.

Er sah die tanzenden Lichtbündel im Rückspiegel. Er musste die Kollegen abschütteln. Er tat nur, was er tun musste, die Folgen bedachte er nicht mehr. Aber er durfte die Kollegen nicht mit hineinziehen. Diesen Kampf musste er allein ausfechten.

Freed tippte aufs Gas, wobei er hoffte, nicht gleich einem Motorrad Cop in die Hände zu fallen. Er wusste nicht, wen Gotthart auf ihn angesetzt hatte, aber er wusste, dass es kaum einen Kollegen gab, der diese großflächige Stadt am Pazifik besser kannte als er.

Bei Windsor Hills gab es ein paar Seitenstraßen, die um diese Zeit verlassen daliegen mussten. Auf einer Kreuzung hatte es einen Unfall gegeben, doch ein Stau hatte sich nicht gebildet. Zwei Cops leiteten den Verkehr vorbei. Mitten auf der Fahrbahn standen zwei Krankenwagen. Freed spähte in den Rückspiegel.

Ein Wagen fiel ihm durch sein hohes Tempo auf. Der Kollege durfte ihn nicht verlieren. Freed wirbelte das Lenkrad herum und kurvte um die beiden Ambulanzen. Ein roter Einsatzwagen der Feuerwehr deckte ihn, als er in die Seitenstraße hineinschoss. Hinter einem Kleinlaster stoppte er und schaltete die Scheinwerfer aus.

Er sprang aus dem Wagen und lief zur Kreuzung zurück, wo er gerade zurechtkam, um den braunen Chevrolet zu sehen, der vor ein paar Minuten noch an der Hicksville Road gestanden hatte. Der zivile Wagen des FBI District Office rauschte vorbei. Die zweite Limousine folgte ein paar Minuten später. Freed sah, wie der Mann am Steuer in den Hörer des Autotelefons sprach.

Sie hatten ihn verloren. Feed buchte diesen Umstand als seinen ersten Erfolg.

Er hielt ein Taxi an und ließ sich zum Bus Terminal Los Angeles West bringen. Dort mietete er einen zweitürigen Plymouth Fury, mit dem er nach Los Angeles zurückfuhr.

Er konzentrierte sich auf das, was ihm in den nächsten Minuten bevorstand, wobei er versuchte, nicht an Ronny zu denken. Es gelang ihm jeweils für Augenblicke. Er fühlte sich einsam und frei zugleich.

Wenigstens für Augenblicke.

Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten

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