Читать книгу 5 lange und 7 kurze Krimis - A. F. Morland - Страница 12

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Oaks war keine Großstadt mit seinen siebzigtausend Einwohnern, aber groß genug, um hier das Büro der „Time“ einzurichten. Es war allerdings nur ein „Ein-Mann-Betrieb“ oder, noch besser gesagt: Ein Ein-Frau-Betrieb, in dem Miss Helen Teflin nicht nur die Artikel und Meldungen schrieb, sondern sie auch durch den Fernschreiber an die Zentrale meldete, die Korrespondenz führte, als lokale Reporterin fungierte und sich hier in der Provinz die Sporen verdienen sollte.

Helen Teflin hatte dafür zwei wesentliche Voraussetzungen mitgebracht, dazu sogar noch eine dritte, die allerdings nicht in den Personalpapieren vermerkt war, trotzdem mitunter eine ziemlich große Rolle spielte, Voraussetzung eins: sie war sehr intelligent und gut gebildet. Voraussetzung zwei: sie war eine passionierte Journalistin und hatte bei der New York Times volontiert, dazu noch unter Michel de Coboulier, einem der aggressivsten Journalisten im politischen Fach, Spezialgebiet Innenpolitik und Rechtsfragen. Auch Helen hatte Jura studiert. Die dritte, nicht vermerkte Voraussetzung war: Helen war hübsch, und das war sie von solcher Ausstrahlung, dass der bullbeißige Inspektor Wyan, dem sie gerade gegenübersaß, wie Schnee in der Sonne schmolz, als sie ihn nur scharf ansah. Scharf ansehen, das war vielleicht der falsche Begriff. Sie machte Augen, die wie ein Versprechen wirkten, auf den, der sie ansah. Und Wyan sah sehr genau hin.

„Also, Inspektor, wie war das denn nun?“, fragte sie, und dabei lächelte sie. „Hat er nun einen Fehler in der Bedienung gemacht oder liegt es an der Maschine? Dass Sie die Maschine stillgelegt haben und die Betriebsleitung dagegen eine einstweilige Verfügung beim Gericht beantragt hat, beweist mir eigentlich, dass es kein menschliches Versagen gewesen sein kann. Oder irre ich mich?“

Wyan, den so viel Schönheit ein wenig verwirrt hat, meinte spontan: „Stimmt.“ Er lächelte entschuldigend und fügte ergänzend hinzu: „Ich meine, es stimmt, dass menschliches Versagen auszuschließen ist. Weil…“ Er sah sie forschend an und fragte: „Kennen Sie die technischen Zusammenhänge?“

Er unterschätzte Helen Teflin bei weitem. Dieses sechsundzwanzigjährige blonde Wesen war nicht nur wegen des Zahltages Journalistin geworden. An ihr hätte ein Staatsanwalt — oder ein Kriminalbeamter — einiges absehen können. Wyan zwar nicht, der war selbst sehr gründlich. Und darum ging es. Helen Teflin hatte sich indessen mit diesen Pressen und wie sie funktionierten so befasst, dass sie in der Lage gewesen wäre, mit sachverständigen Ingenieuren darüber zu diskutieren.

„Ich weiß Bescheid“, sagte sie. „Die Presse fährt hoch, der hydraulische Doppelkeil blockiert sie, die Druckhydraulik der Kolben wird durch das Ventil abgeleitet, und alles geschieht, solange der Lichtstrahl, der auf die Photozelle fällt und sonst quer über die Zugangsfläche zum Pressenboden fällt, unterbrochen wird. Der Arbeiter, der da umgekommen ist, hat sich vorgebeugt, wie die Zeugen sagen, damit den Lichtstrahl unterbrochen.“

„Ja, aber nun sagt die Betriebsleitung“, erklärte Wyan, „dass dieser Charly, wie sie den Mexikaner Zamrico genannt haben, die Blockierung ausgeschaltet haben könnte. Nach unseren Feststellungen war das nicht der Fall, aber bei diesem Maschinentyp ist das immerhin möglich, obgleich es unzulässig ist, diese Sache überhaupt einzubauen.“

„Was geschieht dann?“

„Ist das Ventil, das den Ölstrom ableitet, so geschaltet, dass es geschlossen bleibt, fällt die Presse ungeachtet der Photozellensignale nach drei Sekunden wieder nach unten. Sie sagen im Werk, dass Akkordarbeiter wider die Bestimmungen so handeln, weil es um eine Sekunde schneller geht, bis die Presse kommt als sonst. So könnten sie schneller schaffen.“

„Glauben Sie das?“, wollte Helen wissen, und sie sah Wyan forschend an.

Wyan, der wie ein ledergesichtiger Seemann aussah, schüttelte den Kopf.

„Nein. Denn das erfordert eine reine Bergsteigerarbeit bis hinauf zum Kopf der neun Meter hohen Presse. Dort oben sitzt das Ventil des Ableitungsschlauches. Niemand kann bestätigen, dass es nach dem Unfall jemand geöffnet hätte. Also war es immer offen. Ich kenne da einen Fall in der Lastwagenfabrik für Fahrerhäuser, die kürzlich Dodge angeschlossen wurde. Da steht die gleiche Presse, und dort ist dasselbe vor einiger Zeit passiert. Deshalb meine Meldung an den staatlichen Untersuchungsausschuss.“

„Danke. Und was sagt der Hersteller der Pressen, der Deburo-Konzern? Immerhin ein weltweites Unternehmen, das riesige Pressenstraßen gebaut hat.“

Wyan zuckte die Schultern.

„Es kann mir gleich sein, ob die viele oder wenige Pressen gebaut haben. Für mich ist das Resultat wichtig. Dieser Pressentyp ist gefährlich. Weiter nichts.“

„Haben Sie von anderen Vorfällen mit diesem Typ gehört, außer der Sache bei Dodge?“

„Noch nicht“, erwiderte Wyan.

„Nun, da kann ich Ihnen helfen. Ich weiß von noch drei Fällen, allerdings nicht tödlich. Einem Mann wurden die Arme abgequetscht, einem anderen die Hände, der dritte verlor die Finger einer Hand.“

„Und woher haben Sie diese Kunde, Sie Tausendsassa?“, fragte Wyan überrascht.

Sie lächelte.

„Da sind Sie baff, was? Hätten Sie von einer Frau nicht erwartet, nicht wahr? — Nun, so etwas durfte die staunende Mitwelt vor einigen Monaten einem Bericht des staatlichen Sicherheitskommissars entnehmen, allerdings gab es dazu nur die spärliche Auflage von zehntausend Exemplaren. Doch bereits ein Ingenieur der Harrison Traktoren Werke konnte mir davon berichten und mir ein Heft beschaffen. Und da diese Zeitschrift, die der Sicherheitskommissar alle halben Jahre herausgibt, auch von der Betriebsleitung gehalten wird, dürfte zumindest sicher sein, dass man dort davon Kenntnis haben konnte. Ich sagte: konnte, nicht muss.“

„Ja, aber das ist gut, dass Sie es sagen. Danke.“ Wyan notierte. „Und wer ist der Ingenieur?“

„Patterson, ein sehr hilfsbereiter Mensch.“

„Behalten Sie es für sich, meine Liebe, sonst ist er morgen gekündigt! — Noch Fragen?“

„Wann kommt die Kommission?“

„Morgen.“

„Da bin ich aber gespannt!“, meinte Helen und lächelte Wyan an, dass ihm ganz warm unter dem Hemd wurde.

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