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Kapitel 5

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Tailor – Sonntagabend

Eiseskälte dringt durch jede Pore meiner Haut und mein Schädel straft mich mit einem lauten, taktlosen Pochen. Der Geruch nach feuchtem Gras liegt in der Luft und mein Körper fühlt sich ungewohnt schwer an, als hätte ich über Nacht 100 Kilo zugenommen. Suchend fahren meine Hände blindlings über den Boden, während ich damit kämpfe, die Augen zu öffnen. Was ist passiert? Wo bin ich? Jedenfalls nicht in meinem Bett. Langsam öffne ich meine Lider und bin schlagartig hellwach. Tausende von grünen Grashalmen wehen leicht im Wind. Wie von Sinnen springe ich auf meine Beine und wirble um meine eigene Achse.

„Was zum … wo bin ich?“

Meine Augen fahren suchend die dunklen Mauern der Ruine ab, doch ich kann nichts Bekanntes entdecken. Wie bin ich nur hierher gelangt? Es kann sich unmöglich um einen Traum handeln, dafür ist die Nässe, die meine Kleider von dem feuchten Boden aufgesogen haben, zu real. Was geht hier nur ab? Wie komme ich hierher?

„Mum? Gerhard? Seid ihr hier? Hallo? Mum?“

Meine hektische Stimme hallt unnatürlich wider und ich setze mich zögernd in Bewegung. Es muss doch einen Hinweis geben, wo ich bin. Irgendwo muss noch jemand anderes außer mir hier sein. Wie bin ich hergekommen? Schlafgewandelt? Unmöglich. Das hab ich noch nie gemacht … Suchend sehe ich mich um und entdecke vereinzelte Grabsteine auf dem Boden, sowie etliche Kreuze und ähnliche Abbildungen auf dem halb verwitterten Mauerwerk. An solch einen Ort bin ich noch nie gewesen. Was geht hier nur vor? Für ein Versteckspiel fehlt mir die Geduld. Wer auch immer der Spaßvogel ist, der mich verschleppt hat, der soll sich schnellstens zeigen! Mein Geduldsfaden ist momentan sehr dünn.

„Verflucht! Nie wieder nehme ich diese beschissenen Schlaftabletten“, murmle ich mit steigendem Ärger vor mich hin und kicke einen losen Stein vor mich her.

„Du solltest die Stätte von Toten besser achten!“

Die ermahnende Stimme lässt mich herumwirbeln und ich sehe herab auf eine kindsgroße Gestalt, eingemummelt in eine altmodische, braune Kutte. Ich runzle nachdenklich meine Stirn. Weder die Stimme noch die Aufmachung kommen mir bekannt vor.

„Wer bist du und wo bin ich hier?“

Mit Mühe und Not gelingt es mir, meinen Tonfall ruhig zu halten. Immerhin steht vor mir ein kleines Kind. Ich möchte es nicht erschrecken.

„Mein Name spielt keine Rolle. Du bist in meinem Traum, doch du gehörst hier nicht her.“

Ungläubig starre ich das Wesen an, dessen Gesicht völlig durch die tiefgezogene Kutte verdeckt ist. Nicht nur seine Worte werfen mich aus dem Gleichgewicht, sondern besonders der monotone, fast gleichgültige Klang macht mich ganz durcheinander. Wenn das ein Scherz sein soll, dann wird es jetzt Zeit, ihn aufzulösen. Meine Laune nähert sich unaufhaltsam dem Tiefpunkt.

„Was für ein Traum? Warum gehöre ich nicht … Wie bin ich überhaupt hier gelandet? Was soll das ganze Theater?“, gebe ich etwas patziger zurück als geplant. Der Himmel beginnt, bedrohlich zu donnern, als wolle er meinem Gefühlschaos Ausdruck verleihen. Doch das fremde Kind bleibt unbeeindruckt.

„Dieser Traum ist nur den Auserwählten vorbestimmt. Du musst eine enge Verbindung zu ihr haben, anders ist es nicht zu erklären.“

„Was für 'ne Verbindung? Zu wem? Könntest du mal aufhören, in Rätseln zu sprechen? Es tut mir leid, aber mir reißt echt die Geduld! Also, was soll der ganze Mist?!“

Meine Hände krampfen sich zu Fäusten und der Schmerz meiner Fingernägel, die sich in meine Haut bohren wie spitze Eisennägel, macht mir nochmals bewusst, dass es sich hier keineswegs um einen Traum handeln kann.

„Ich spreche von der seelischen Verbindung zu deiner Schwester“, erfolgt die Antwort des Kindes, das mir von jeder Sekunde zur nächsten unheimlicher wird. Allerdings lassen mich seine Worte aufhorchen. Ich gehe in die Knie und packe die zierliche Gestalt an den Schultern.

„Melisse? Was ist mit meiner Schwester? Weißt du, was mit ihr passiert ist? Wenn du etwas weißt, dann musst du es mir sagen, hörst du?!“

Ohne es zu merken, habe ich angefangen, die kleine Gestalt zu schütteln. Als mir dies bewusst wird, höre ich sofort damit auf, lasse sie jedoch nicht los. Sie scheint zu überlegen, nur das immer lauter werdende Donnern am Himmel erfüllt die Luft. Reglos steht sie da, ihr Gesicht immer noch von der seltsamen Mönchskutte verdeckt. Das Kind, obwohl ich mir gar nicht mehr so sicher bin, ob es sich hierbei um ein Kind handelt, nickt leicht. Eine böse Vorahnung pflanzt sich in meine Magengegend und füllt sie in Sekundenschnelle aus.

„Deine Schwester war in dem gleichen Traum, in dem du jetzt bist, bevor sie ins Koma gefallen ist.“

Ich stutze und meine Hände werden mit einem Mal zittrig, als wäre ich auf Entzug. Was hat das zu bedeuten?

„Woher … woher weißt du das?“

Es ist mehr ein Hauchen als deutlich ausgesprochene Worte, doch die kleine Gestalt versteht mich.

„Weil ich sie in den Traum geholt habe, um sie zu treffen.“

Meine Augen weiten sich und es dauert eine Weile, bis ihre Worte mein Gehirn erreichen. Das kann nicht passieren! Ich verstehe gar nichts mehr. Stattdessen verselbstständigt sich mein Mund von allein und lässt meinen Verstand zurück.

„Warum wolltest du sie treffen?“

„Weil ich sie um Hilfe gebeten habe“, antwortet die vermummte Person weiterhin emotionslos. Ein Schauer rennt über meine Haut und ich erschauere. Noch bevor ich nachfragen kann, fährt das Kind fort: „Meine Welt schwebt in Gefahr, seinen Frieden zu verlieren. Etliche unschuldige Menschenleben sind in Gefahr. Sie sagte zu und nun ist ihre Seele auf der Teirish Dominion – ein riesiges Unterwasserboot für Leute der unterschiedlichsten Schichten – und sucht dort nach der Person, die das Schiff mitsamt allen Passagieren mit einer Bombe in die Luft jagen möchte. Deswegen liegt sie in deiner Welt im Koma. Sobald die Fahrt vorbei ist oder der Täter entlarvt und aufgehalten, wird sie wieder erwachen und normal weiterleben. Du musst dir keine Sorgen machen.“

Mein Mund klappt weit nach unten, doch kein Ton entweicht meinen Lippen. Meine Gedanken fahren Achterbahn. Meine Schwester liegt im Koma, weil sie dasselbe geträumt hat wie ich jetzt? Weil sie den Worten des vermummten Wesens geglaubt hat und irgendeiner irrsinnigen Bitte nachgekommen ist? Deswegen erwacht sie nicht mehr, sondern begibt sich in einer Parallelwelt, um einen Selbstmordattentäter zu stoppen? Wie soll das nicht gefährlich sein? Verzweifelt raufe ich mir meine Haare. Meine Kopfschmerzen, die sich in diesem Moment mit einem lauten Schlagen wieder bemerkbar machen, machen mich rasend. So kann ich nicht nachdenken. Was wird jetzt nur? Nur was soll ich tun? Das kann ich einfach nicht zulassen.

„Was heißt hier, sie wacht auf, wenn sie den Attentäter gefunden hat? Was, wenn sie ihn nicht ausfindig machen kann?“, fauche ich die vermummte Traumgestalt an, während ich mir mit meinen Händen die Schläfen massiere. Doch ich bekomme keine Antwort. Stattdessen zuckt es nur schweigend mit den Schultern. In diesem Moment blitzen lauter Sterne vor meinem Auge auf.

„Was soll der Mist? Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein! Meine Schwester ist in Lebensgefahr! Hol sie sofort zurück!“, schreie ich das Wesen an, dass sich keineswegs von meinem Wutausbruch beeindruckt zeigt.

„Sie ist freiwillig gegangen.“

„Sie wusste nicht, was sie tat!“

Einen kurzen Moment herrscht Stille. Nur mein pochendes Herz kämpft gegen die Ruhe an. Dann fährt das Wesen fort.

„Beeindruckend. Du machst dir wirklich Sorgen um sie.“

„Natürlich tue ich das! Sie ist meine kleine Schwester, verdammt noch mal! Jetzt hol sie endlich zurück! Lass sie frei!“

Meine Stimme überschlägt sich und mein gesamter Körper zittert. Ich würde der vermummten Gestalt am liebsten meine Faust in das verdeckte Gesicht rammen.

„Bedaure. Selbst wenn ich es wollte, so kann ich es nicht mehr. Es ist zu spät. Die Teirish Dominion ist schon abgefahren. Ich kann sie nicht zurückholen.“

Ich beiße mir auf meine Unterlippe und schlage verzweifelt gegen die Mauer. Die Panik überrollt mich geradezu wie eine Lawine. Unaufhaltsam und unaufhörlich. Tränen rennen mir über die Wangen. Ich muss doch etwas tun können. Das kann es doch nicht gewesen sein?!

„Faszinierend, deine Besorgnis. So etwas habe ich noch nie gesehen. Nun, hör mir gut zu. Ich kann deine Schwester zwar nicht vorzeitig zurückholen, aber ich kann dich zu ihr schicken, um ihr zu helfen. Allerdings wirst dann auch du für die Dauer der Fahrt ins Koma fallen. Das ist alles, was ich dir anbieten kann. Entscheide dich. Jetzt.“

Mein Herz macht einen Sprung und ich brauche nicht über meine Antwort nachdenken. Ich werde meine Schwester finden und da rausholen. Koste es, was es wolle.

„Tu es – bring mich zu ihr!“

Teirish Dominion

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