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Partnerschaftsastrologie aus tiefenpsychologischer Sicht

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Um die Partnerschaftsastrologie in ihrem tieferen Sinn zu verstehen, müssen wir das Prinzip von Ursache und Wirkung verlassen. Dieses Prinzip ist nur ein Kunstgriff unseres Verstandes, um uns die Strukturen in der Welt einsichtiger zu machen (denn die Voraussetzungen unseres Verstandes zwingen uns, die Welt nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung zu betrachten). Wir müssen begreifen, daß die Ursachen, aus denen sich die Wirkungen ergeben, selbst nur Wirkungen zurückliegender Ursachen sind, die sich auf immer weiter zurückliegende Voraussetzungen zurückführen lassen. Probleme in der Beziehung sind die Wirkungen weiter zurückliegender Ursachen, die wiederum Wirkungen noch tieferer Ursachen sind. Man muß sich Gedanken über die Gesamtzusammenhänge machen, um sich mit seinen Problemen spirituell oder tiefenastrologisch auseinandersetzen zu können.

Es ist nicht nur der Partner, der uns gibt oder nicht gibt, was wir von ihm erwarten; genauso sind wir es selbst, die den anderen unbewußt dazu zwingen, uns das Bild zu vermitteln, das wir aufgrund unserer Vorstellung von ihm erwarten. Solche Beobachtungen helfen uns zu erkennen, daß unsere objektive Wirklichkeit einem Denken entspricht, das sich aus seinen Beobachtungen selbst ausschließt, weil es glaubt, außerhalb zu stehen und den anderen getrennt von der eigenen Vorstellung zu sehen. In Wirklichkeit gibt es nur die Wechselwirkung zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten, wobei der Beobachter das, was er sehen will, in das zu Beobachtende einfließen läßt, um in der Außenwelt die Bestätigung für das zu bekommen, was er sehen will.

Erst wenn wir den anderen von unserem inneren Bild abziehen, können wir ihn wirklich sehen, da er sonst mit unserer inneren Vorstellung verschmilzt. Wir sehen eine Sache nicht so, wie sie ist, sondern nur so, wie wir sie sehen wollen. Wenn Disharmonien zum Partner in unserer Psyche angelegt sind, dann kann sich der andere verhalten, wie er will – immer wird er von unserem unbewußten Verhalten in eine Lage gezwungen, in der sich die Spannungen auch auslösen. Das, was mir im anderen begegnet, sind meine inneren Bilder, die mich zwingen, mich denjenigen Umständen in der Umwelt auszuliefern, die mich dorthin dirigieren, wo mich mein gelebtes, akzeptiertes Schicksal freudig belohnt oder mich meine Verdrängungen zwangsweise von außen wieder einholen. Immer sind es die Gefühle uns selbst gegenüber, die uns einladen, den anderen aus jener Perspektive zu beurteilen, die den Gefühlen entspricht, mit denen wir uns identifizieren. Es sind die uns anziehenden Gefühle, an die wir uns je nach Anlagen zu binden haben und die dann über diese Bindungen die Funktionen oder Wirkungen in unserem Leben festlegen, die wir aufgrund unserer Veranlagungen über den Partner in unser persönliches Schicksal übernehmen.

Dieses Geflecht, das dem Verhalten der menschlichen Psyche entspricht, sich immer auf irgend etwas zu beziehen, ist die Welt, die sich aus dem Bewußtsein dieser Bilder nährt. Es ist also wichtig zu wissen, daß die Probleme in einer Partnerschaft auch Probleme einer Folge von Wirkungsprinzipien sind, die auf Ursachen folgen, deren Grundlagen in uns selbst zu suchen sind. Dieses Beziehungsgeflecht zieht sich durch die Geschichte der Menschheit und wird gleichsam zu der Straße, auf der sich Generationen vererbter Vorstellungen bewegen. Und so, wie die Menschheit keinen Frieden finden wird, solange sie ihr Verhalten nicht ändert, weil der Krieg exakt den Auswirkungen menschlicher Verhaltensmuster entspricht, so werden sich die Partnerschaftsprobleme nicht ändern, wenn man dem anderen die Schuld gibt. Der andere ist nicht nur Ursache, sondern auch Wirkung in unserem eigenen Verhalten, das gleichzeitig in die Vergangenheit und in die Zukunft weist.

Der kybernetische Ansatz

Ein ins Wasser geworfener Stein verursacht Wellen – doch der Flug setzt das Werfen eines Werfenden voraus und beginnt beim Loslassen des Steins. Psychologisch relevant sind beide Aspekte: der «Hintergrund der Erwartungshaltung des Werfenden» ebenso wie die «Zukunft der Wellen, die der Stein (= die Erwartungshaltung des Werfenden) auslöst». Beide Aspekte ein und desselben Vorgangs überlagern sich im Moment des Aufschlagens des Steins auf der Wasseroberfläche. Dies ist der magische Brennpunkt, den es zu untersuchen gilt, weil sich hier das Bild des anderen fokussiert.

Nehmen wir einmal an, Eva wünscht sich einen lieben, netten und zärtlichen Mann. Ein solcher Wunsch ist niemals der Anfang – genausowenig wie ein Keimling nur Anfang ist, sondern immer auch Frucht einer vorangegangenen Blüte –, sondern er impliziert bereits zwei entscheidende Voraussetzungen oder Vorgeschichten: zum einen den Wunsch selbst und zum anderen den Hintergrund dieses Wunsches. Wir gehen davon aus, daß das, was wir uns wünschen, uns deshalb fehlt, weil es uns zufälligerweise noch nicht über den Weg gelaufen ist. Das Fehlende auf der horizontalen Ebene ist uns noch nicht begegnet, weil wir uns noch nicht genügend auf der flächendeckenden Ebene der Realität umgesehen haben, um dem Gewünschten zu begegnen. Doch im Grunde verhält es sich gerade umgekehrt: Das Fehlende verbirgt sich vor uns auf der rationalen Ebene gerade aus dem Grund, weil es uns fehlt. Was sich hier auf der dualen Ebene wie ein Widerspruch andeutet, ist gerade ein Grund, warum wir aus der dualen Ebene des Verstandes die psychologischen Probleme der Seele nie erkennen können. Denn das, was uns fehlt, kann gerade deshalb nicht von uns gesehen werden, weil es sich vor uns verbirgt. Um das Problem überhaupt zu erkennen, müßten wir unsere Sichtweise ändern, da alles, was wir aus der alten Perspektive betrachten, immer genau das ungesehene Problem ausdrückt. Das bedeutet im konkreten Fall: Solange Eva mit ihren abgespaltenen inneren männlichen Anteilen keinen inneren Frieden findet, solange kann sie keinen entsprechenden Mann in der Außenwelt anziehen. Der Mann, von dem sie sich anziehen läßt, muß sie zwangsläufig enttäuschen, weil das ganz genau ihrer unbewußten inneren Abmachung entspricht, solange in der Außenwelt enttäuscht zu werden, solange sie ihre inneren Verstrickungen nicht erkennen kann.

Wenn also Eva die Werfende und ihre Absicht die ist, einen lieben Mann zu finden, dann ist die «Vergangenheit der zukünftigen Absicht der Werfenden» wahrscheinlich eine unbewußte Ablehnung des Mannes (der verdrängte Hintergrund ihrer Partnerschaftssituation), die sich unbeabsichtigt und ohne Evas Wissen in jeder Absicht inkarniert.

Was passiert jetzt? In dem Moment, wenn sich der Wunsch in der Realität verwirklicht (das ist der Moment des Aufschlagens des Steins auf der Wasseroberfläche, wo sie dem Partner in der Realität begegnet), begegnet Eva ihrem beabsichtigten Mann, der ihr aber nicht objektiv, sondern auf der Grundlage ihrer unbewußten inneren Disposition begegnet. Wenn wir annehmen, daß Eva nicht die Zuneigung ihres Vaters bekam, könnte sich dieses Muster in der Partnerschaft so auswirken, daß sie sich nur von einem Mann angezogen fühlt, der sie enttäuschen wird, ja geradezu enttäuschen muß, damit sich die auf die unterbliebene Vaterliebe entwickelte psychische Reaktion, das «Zuneigungs-Verhinderungsmuster», also «das, was ich sowieso nicht kriege, auch nicht zu wollen», erfüllen kann. Denn was Eva nicht weiß: In jedem äußeren Wunsch fährt ihre unbewußte Verhinderung als blinder Passagier mit und zwingt sie, ihre Option einzulösen – zum Beispiel, die Zuneigung eines Mannes niemals annehmen zu wollen. Die Partnerschaftsanziehung funktioniert also nicht, sondern es ist vielmehr so, daß sich die Anziehung nach ihren eigenen komplexen Gesetzen vollzieht, die die unbewußt in den Wunsch eingelagerten Konditionen mit einschließt, und nicht nach den Gesetzen der bewußten Absichten der Wünschenden. Dies kann mit Hilfe der astrologischen Komponenten besser nachvollzogen werden.

Natürlich genügt die astrologische Sichtweise nicht, um die Zusammenhänge in der Psyche, die die Seele zu dem einen oder anderen Menschen hinzieht, vollständig erkennen zu können. Deshalb sei an dieser Stelle auch die ketzerische Frage erlaubt, was unsere Eva in diesem Fall unternehmen müßte, wenn sie sich wirklich tiefer mit ihrer Partnerwahl auseinandersetzen möchte? Sie müßte sich zuerst einmal damit auseinandersetzen, welches die Voraussetzungen ihrer Wünsche sind, also welche unbewußten Verhinderungen an ihren geäußerten Wunsch gebunden sind. Sie müßte ihre eigene Geschichte «rekapitulieren», um die Zusammenhänge zu erkennen, warum sie ist, was sie ist. Vielleicht erklärt sich ihre persönliche Geschichte dann so: Die kleine Eva, die sich von ihrem Vater beleidigt und zurückgestoßen fühlte, weil er ihr die jüngere Schwester vorzog, reagierte darauf, indem sie sich als nicht liebenswert empfand. Da sie auf ihre Gefühle aber nicht verzichten konnte, versuchte sie, die negative Situation zu kontrollieren, um wenigstens (aktiv) nicht zu wollen, was sie in Wirklichkeit sowieso nicht erhielt. Deshalb wollte sie als Kind niemals Zärtlichkeiten von «Vätern» annehmen. Bei der erwachsenen Eva ist diese negative Fixierung noch immer vorhanden, denn jetzt interessiert sie sich nur für Männer, die sie aus ihrer negativen Prägung als Strafe gegen den Vater ablehnen kann – was auf eine unbefriedigende Weise in sich stimmt.

Zur Vertiefung noch ein anderes Beispiel: Ein gehemmter Mann mit unterdrücktem Geschlechtstrieb wünscht sich eine Frau mit großem Busen und Rubens-Figur. Auch hier sind die Voraussetzungen schon vorher relevant: «Die Vergangenheit der zukünftigen Absicht des Wünschenden» beabsichtigt wahrscheinlich das dominante Mutterbild. Dieses Bild schwingt als unsichtbare Frequenz durch Zeit und Raum und findet in der mütterlichen Frau Resonanz, die einen «kleinen Jungen» sucht. Vergessen wir nicht: Die Zukunft der Wellen muß einen inneren Zusammenhang mit der Vergangenheit «der zukünftigen Absicht des Werfenden» haben, wenn das Ganze funktionieren soll. Dies bedeutet: Eine mütterliche Frau, die sich einen Macho wünscht, empfängt nicht auf dieser Frequenz.

Dieser Mann kann nur eine Frau anziehen, die in ihrer eigenen Prägung mit seiner inneren Anlage übereinstimmt. Deshalb ist auch der oft gehörte Ausspruch nicht relevant, daß man in der Partnerschaft jemand negativ beeinflussen könnte. Man kann jemanden nur zu sich selbst (hin) beeinflussen, also zu dem, was in ihm latent schon angelegt ist, und selbst das auch nur zu dem Zeitpunkt, wenn der andere diese Auslösung selbst anstrebt. Ja, der Beeinflussende ist hier selbst Opfer, denn er wird vom Opfer angezogen, wenn es Zeit ist, daß sich diese Latenz manifestieren will. Es ist also gar nicht falsch, wenn man umgekehrt behauptet, daß der Zu-Beeinflussende den Beeinflussenden genauso sucht, um seine unbewußten Schicksalsmuster aus der Latenz heben zu können. Damit sind wir wieder bei der Partnerschafts-Astrologie.

Die Lüge in der Partnerschaft

Eines der unentschlüsselten Geheimnisse des Lebens ist die Liebe, denn darin drückt sich die Anziehung der Gegensätze aus, die Sehnsucht zwischen Mann und Frau, um die verlorene Einheit wiederherzustellen, oder – allegorisch ausgedrückt – den Zustand vor der Vertreibung aus dem Paradies. Mit dem Sündenfall zerbrach die Einheit zwischen Gott und Schöpfung, zwischen Mensch und Natur, und seither stehen sich diese als Polaritäten unversöhnlich gegenüber. Aufgrund ihrer inneren, wesenhaften Zusammengehörigkeit ziehen sich alle Gegensätze unwiderstehlich an. Jedes Wesen ist ein Teil des Ganzen und versucht deshalb immer wieder, mit dem Ganzen zu verschmelzen. Im ewigen Schöpfungsplan, der die Vorgänge in der Natur steuert und für die Erhaltung der Arten und die Weitergabe der Fackel des Geistes sorgt, liegt der Drang nach Einswerdung der Geschöpfe in der Liebe. Auch die Vergeistigung seelischer Lebensformen, die an eine materielle Form gebunden sind, ist in diesem Plan als eine natürliche, gleichsam evolutionäre Notwendigkeit enthalten. Die Liebe steht also für das universale Streben der Vielheit nach der Einheit auf der Ebene der Seele, des Leibes und des Geistes.

Aber das ist nur die eine, von unserem Ego verklärte Seite. Mephisto würde auf die Frage, was Liebe ist, antworten: «Liebe ist nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses, sondern die Voraussetzung für alle anderen». Was mag das bedeuten? Zuerst einmal, daß wir von der Liebe ergriffen werden wollen. Dann wäre die nächste Frage: Was ist die Voraussetzung eines solchen Wunsches? Die Antwort ist klar: Die eigene Unvollständigkeit und das daraus abgeleitete Streben nach Vollständigkeit. Was aber ist Vollständigkeit? Hier wird die Antwort schon schwerer, denn wir können nicht annehmen, daß das Streben nach Vollständigkeit und das Verschmelzen mit dem anderen uns wirklich Vollständigkeit schenken kann. Aber vielleicht geht es gar nicht um Vollständigkeit; vielleicht geht es nur um das Bild von Vollständigkeit. Dann fiele die Antwort schon leichter: Das angesteuerte Ziel von Vollständigkeit wäre das aus sich ausgelagerte, niemals zu erreichende Ziel, das trotzdem ständig angepeilt werden will. Nicht um es zu erreichen, sondern um von der Illusion abzulenken, daß es gar nicht erreicht werden kann. Denn ließe es sich erreichen, dann brächte sich der Mensch um sein Ziel. Damit drückte sich in der Liebe die illusionäre Sehnsucht des Unvollkommenen aus, in den Schoß des Vollkommenen wieder aufgenommen zu werden, dem es (durch die Paradiesvertreibung) eben entkommen war. Deshalb müssen wir uns an dieser Stelle mit der Frage auseinandersetzen, was ist Vollkommenheit? Vollkommenheit wäre nach unseren psychologischen Erkenntnissen der Naturzustand und der Zustand vor dem Fall aus dem Zustand der Unschuld. Was aber ist der Zustand vor dem Fall aus dem Zustand der Unschuld? Es ist das Verharren im Unbewußten.

Im Prinzip entspricht die Liebe dem Zustand, bevor wir uns von unserer Umwelt als verschieden bewußt wurden, und das wiederum entspricht dem Rückfall in die numinose Phase vor der Bewußtwerdung durch den menschlichen Verstand: also gewissermaßen bevor wir mit dem zweischneidigen Denken, das uns unsere Erkenntnisbilder polarisieren läßt, ausgestattet wurden. Das individuelle Bewußtsein, das feststellt «ich bin», stellt im gleichen Gedankengang auch fest, daß das «Nicht-Ich» etwas Fremdes ist, vor dem es sich in acht nehmen muß. Gleichzeitig ist das der Preis, der uns aus der Paradieseinheit katapultiert, die wir unbewußt wieder erreichen wollen, obwohl wir ihr auf der bewußten Ebene alles entgegenstellen. Und hier offenbart sich der schizoide Mechanismus unseres instinktiven Verhaltens. Im Bauch wollen wir miteinander verschmelzen, im Kopf wollen wir jedoch voneinander getrennt bleiben, und das ist es, was auch den Unterscheidungsmechanismus in unserem Wahrnehmungsverhalten beeinflußt. Denn der Kopf, der sich mit dem anderen nicht verschmelzen, sondern ihn sich nach seinen eigenen Gesichtspunkten einverleiben möchte, wird in der Partnerschaftsanalyse nicht den anderen, sondern nur die «Beschreibung des anderen» anstreben, und zwar nach seinem eigenen Bild. Deshalb ist das Problem, das wir haben, daß wir niemals den anderen anstreben, sondern nur das eigene Spiegelbild, von dem wir uns anziehen lassen, und zwar nach den Kriterien der Werte, die wir dem Partner oder der Partnerin vorher aufoktroyiert haben. Es sind deshalb immer unsere eigenen Bilder, mit denen wir kommunizieren, weil wir den anderen gar nicht so, wie er ist, wahrnehmen, sondern nur so, wie wir ihn sehen. Wir sehen ihn durch die Verschmelzungssehnsucht der in uns selbst unerfüllten Bilder, von denen wir uns durch einen geeigneten Träger, auf den wir zuvor unsere eigenen Wünsche übertragen haben, anziehen lassen. Wir lassen also unsere Übertragungen in der Partnerschaft «sich durch sich selbst lieben», indem wir ihnen unsere eigene Identität «hinterherspiegeln», damit wir nicht das Gefühl bekommen, daß was «nicht uns entspricht», etwas mit unseren inneren Sehnsüchten zu tun haben sollte. Somit sind wir für einen kurzen Augenblick wieder innerhalb des Paradieses, obwohl wir uns in Wirklichkeit natürlich außerhalb befinden.

Normalerweise hat also das, was wir in einer Beziehung sehen, mit dem anderen wenig zu tun. Denn wir sehen den anderen ja nicht so, wie er ist, sondern nur so, wie wir ihn sehen wollen. Wenn wir voraussetzen, daß wir die Welt so sehen, wie wir gelernt haben, sie wahrzunehmen, und wir aus dem Angebot, wie wir wahrnehmen können, nur aus den Möglichkeiten unserer ererbten Anlagen wählen können, wird uns klar, daß das, was wir im anderen erkennen, immer auch etwas mit uns selbst zu tun hat. Im Prinzip begegnen wir im anderen immer auch den eigenen Möglichkeiten, die wir durch den anderen reflektiert bekommen. Weil wir alle dazu neigen, immer sehr subjektiv etwas für richtig und falsch zu halten, bedingt jede Auseinandersetzung mit dem anderen zuerst einmal die Auseinandersetzung mit unserem eigenen Selbst.

Dieses Selbst ist die Gesamtheit. Deshalb schließt es notwendigerweise auch alles, was wir beim anderen betrachten, mit ein. Darum ist auch die Frage müßig, ist es der andere, der auf mich einwirkt, oder bin ich es selbst, der seine ausgelagerten Teile durch den anderen zurückreflektiert bekommt. Es ist immer sowohl das eine als auch das andere. Damit ich das, was ich bei mir selbst nicht sehe, zurückreflektiert bekomme, brauche ich eine geeignete Projektionsfläche. Und deshalb suche ich mir unbewußt den Partner aus, der geeignet ist, das bei mir Ungesehene zu reflektieren, so daß ich meinen unbewußten Teilen im anderen begegnen kann. Deswegen ist der andere immer auch das, was er für mich reflektiert. Wenigstens für mich. Was er außerhalb von mir für sich selbst und andere noch sein könnte, braucht mich nicht zu interessieren. Weil ich ihn aus dieser Perspektive, also außerhalb der Ausrichtung, wie ich ihn sehe, sowieso nicht wahrnehme. Weil alles, was wir im anderen sehen, immer nur mit uns selbst zu tun hat, müßten wir folgerichtig feststellen, daß es gar keine Partnerschaftsastrologie geben kann, sondern nur eine psychologische Selbstanschauung der Teile, die ich in mir abgespalten und ausgelagert habe und die ich nun über den anderen wieder zurückzubekommen hoffe.

Die Aspekte

Die Beziehungsaspekte zeigen an, wie sich die Teile, die wir bei uns ausgelagert haben, mit den Teilen, die andere bei sich ausgelagert haben, zu Reaktionsmustern und Verhaltensabläufen verbinden, die an unsere Bewußtseinstüre pochen und um Wiederaufnahme in unsere überpersonale Seelenstruktur bitten. Die wechselseitigen Verbindungen verraten, wie sich Menschen in Gruppen energetisch aufeinander abstimmen, denn «das, was wir zu sein glauben», ist die eine Seite unserer Persönlichkeit, und «das, was durch die anderen auf uns zukommt», entspricht dem unbekannteren Teil unseres Wesens, das uns mit den abgespaltenen Teilen unserer Persönlichkeit über die anderen berührt. Deshalb sind Beziehungen nicht nur ein Ergebnis der Art und Weise, wie Menschen untereinander kommunizieren, sondern auch das Ergebnis der Suche nach der eigenen Vollständigkeit. Das, was der andere uns spiegelt, ist der uns selbst unbekannte Teil unseres Wesens, der erkannt und wieder zurückgenommen werden möchte, und wir, die wir so tun, als seien wir das, was der Verstand glaubt, das wir sind, müssen uns damit abfinden, daß es uns nicht gelingen wird, uns zu erkennen, solange wir den Schatten im anderen nicht zulassen können. Da jene unbequemen Kräfte im Außen unsere eigene Schöpferkraft und unseren schöpferischen Willen mit darstellen, müssen wir wissen, daß es in dieser Hinsicht keine Entwicklung geben kann, solange wir den Partner und alles, was uns aus der Außenwelt berührt, nicht auch in unsere Entwicklung miteinbeziehen können.

Im Grunde genügt es nicht, nur einfach die Beziehung zu betrachten; es wäre wichtig, auch die Voraussetzungen zu sehen, warum mich der eine oder andere Partner in einer Lebensphase anzieht. Das Festhalten am Ich entspricht der Angst vor dem Verlust des Egos. Man hält an Bildern fest, auf die man das Bild seiner Identität übertragen hat, und verteidigt nun mit den Waffen der Ausgrenzung die eigene Vorstellung des anderen! Damit ist der Schatten, den wir vor uns selbst verstecken und auf die anderen projizieren, zu einem Teil des eigenen Verhaltens geworden, indem wir stellvertretend für das bei uns selbst Unerkannte das Unbequeme in der Umwelt angreifen und zerstören. Damit werden wir wieder mit der Frage konfrontiert: Nehmen wir die objektive Außenwelt wahr oder nur unsere subjektiven Vorstellungen, die wir der Außenwelt nachgebildet haben? Ist es der Partner oder die Partnerin, die wir sehen, oder sind es unsere eigenen Übertragungen, die wir im anderen zurückbetrachtet erhalten? Nehmen wir ihn überhaupt objektiv wahr oder nur unsere subjektiven Vorstellungsmuster, wie wir ihn sehen? Gibt es ein Ziel, auf das wir uns ausrichten, oder gibt es nie ein Ende für das, was innerhalb der «Innenwelt unser Außenwelt unserer Innenwelt» nicht weiterführt?

Auf unserer Reise durchlaufen wir endlose Lernschlaufen, also Erfahrungen, die unseren Persönlichkeitskern mit anderen Energiemustern zu endlosen Kombinationen an Lern- und damit an Bewußtseinserfahrung verschmelzen. Jedesmal, wenn uns das Unbewußte mit neuen Perspektiven (und damit neuen Seelenanteilen) konfrontieren möchte, dann ruft es gewissermaßen als Schicksalsauslösung solche Begegnungen in unser Leben, die uns Teile der Antworten reflektieren, nach denen wir suchen. Denn schließlich ist es kein Zufall, wer in unser Leben tritt, weil wir im Unbewußten wie ein riesiges Energiegebilde miteinander vernetzt sind und dann die passenden Partner in unser Leben ziehen, wenn es gilt, unsere Bewußtseinserfahrungen auszudehnen und über den anderen unerkannt neue Perspektiven auf unseren Weg zu ziehen, die darauf warten, in uns entdeckt und in unsere Entwicklung integriert zu werden. Im Grunde können wir den anderen als eine mögliche Ergänzung des bei uns selbst Unerkannten betrachten, der uns in der Konfrontation mit den unangenehmen Teilen seiner Persönlichkeit an die bei uns selbst ungelebten Inhalte erinnert. Umgekehrt kann mir auch eine vertiefte Betrachtung der Probleme, die mir durch den anderen bewußt werden, etwas von dem zeigen, was an mir selbst unerlöst ist und in die Beziehung eingebracht werden kann.

Mit anderen Worten, die Partner, so wie sie sich uns darstellen, entsprechen der Summe unserer Erfahrungen, die wir mit den Widersprüchen in uns selbst gemacht haben. Das entspricht gleichzeitig auch unserem Bewußtsein, in das ständig neue Erfahrungen einfließen, was sich in einem immer wieder leicht modifizierten Partnerbild niederschlägt. Wir müssen wissen, daß wir nicht generell Erfahrungen anziehen, sondern uns von Erfahrungsmustern anziehen lassen, die zu unserer inneren Persönlichkeitsstruktur irgendwie in Verbindung stehen. Da diese persönliche Innenschau sich wechselwirkend mit den gemachten Erfahrungen verbindet und gleichzeitig auf sich selbst zurückreflektiert, d. h. auf den eigenen Standpunkt einwirkt, ist es leicht nachvollziehbar, daß das persönliche Streben nicht primär darauf zielt, den anderen kennenzulernen, sondern sich mehr darauf beschränkt, sich in seinen eigenen Erfahrungen zu bestätigen: den Erfahrungen, den anderen aufgrund der eigenen Ausrichtung kennenzulernen.

Setzen wir weiter voraus, daß unsere persönlichen Erfahrungen unserem persönlichen Wirken in der Welt entsprechen und dieses Wirken unseren ererbten Anlagen, so können wir vermuten, daß wir uns nicht nur gegenseitig ergänzen, sondern vor allem voneinander lernen, uns selbst im anderen zu verstehen. Dies wiederum bedeutet, unsere karmischen Lektionen zu begreifen, auch wenn die meisten von uns diese falsch als äußeres, unbeeinflußbares Schicksal interpretieren. Wir können also schlußfolgern, daß die Schaltzentrale für unsere Taten nicht in unserem Bewußtsein sitzt, sondern in jenem übergeordneten Menschengeist, der die Welt in allen Seelen zusammen wahrnimmt, was sich unserem Ego dann als kollektiver Zeitgeist auswirft. Unser Ego wäre dann also nur ein Ausschnitt des kollektiven Geistes; unsere individuellen Anlagen zögen dabei die noch fehlenden Erlebnismuster an, um sie über den Filter des bewußten Erlebens in die Gesamtpersönlichkeit zu integrieren. Das würde dann bedeuten, daß es gar kein individuelles Ego mehr gibt, sondern nur noch die Illusion des Egos, das sich als «Ich» wahrnimmt, während sich in Wirklichkeit das Ganze durch seine eigenen Teile in den verschiedenen Beziehungskonflikten selbst erfährt. Die Dualitäten wären dann nichts anderes als die Projektionen unseres Ich, um sich die Außenwelt zu entschlüsseln. Wir schaffen unsere Realitätsebenen durch die Wirkungen unserer Handlungsbilder und gleichzeitig erschaffen die Wirkungen dieser Bilder erst die Identität unseres Ich.

Zusammenfassung

Wenn wir akzeptieren können, daß der erste Schritt zum Sehen ist, uns mit dem Widerspruch zu versöhnen, daß der andere gleichzeitig der ist, der er ist und es andererseits doch nicht ist, sind wir der Wahrheit näher. Er ist einerseits nicht so, wie uns unsere bewußte Wahrnehmung dies glauben machen will, denn der Gesehene entspricht nur dem, was wir von ihm wahrnehmen und was wir wechselwirkend aus unserer Psyche in ihn hineinspiegeln können. Andererseits ist das, was wir an ihm sehen, genau das, was er für uns ist. Er entspricht demzufolge genau unserem Vorstellungserleben, das wir auf ihn übertragen. Da sich das Bewußtsein des Menschen immer über die Erlebnisse in der Welt selbst erfahren will, legt es in die Betrachtungen des anderen seine persönlichen Vorstellungen hinein, um aus den Reflexionen des Partners etwas über seine individuellen Vorstellungsmuster zu erfahren. Der Mensch versucht also stets, die Welt in sich hineinzuspiegeln, um darauf reagieren zu können. Dem spirituell Interessierten, der sich selbst betrachtet, eröffnet sich dabei eine Vielzahl verschiedener Einsichten, und diese relativieren seine Zweifel über sich selbst, die er im anderen reflektiert, und daraus schöpfen sich Wissen und Erkenntnis. Dem Uninteressierten schlägt die Sache um. Denn hat er erst einmal angefangen, den anderen in seinen eigenen Fehlern zu erkennen, ist bald kein Halten mehr. Seiner selbst völlig ungewiß, weiß er sich sicher: Er versucht wenigstens dem Partner klarzumachen, daß er an den Konflikten unschuldig ist.

Schwellbrunn, Walpurgis 1999

Akron

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