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Das Nachrichtensystem funktionierte mit der Präzision eines Uhrwerks und der Schnelligkeit eines Elektronenhirns.

Tony Miragli.

Benito Scalzone.

Zwei Namen, die auf der Rangliste keineswegs nebeneinander standen. Der eine weit oben. Der andere im unteren Drittel. Doch zwei Namen, die in Zusammenhang gebracht werden mussten. Zwangsläufig. Denn die Geschehnisse dieses Abends passten in ein gleichartiges Schema.

Drähte liefen heiß, und es waren überwiegend italienische Worte, die in dieser Nacht durch die Kabelschächte der Bell Telephone Company schwirrten.

Alarmstimmung.

Männer, die es gewohnt waren, dass andere nach ihrer Pfeife tanzten, mussten es sich gefallen lassen, mitten in der Nacht aufgescheucht zu werden. Und es gab keinen unter ihnen, der auch nur in Gedanken ein Wort des Protestes dagegen riskierte.

Angelo Marchiani erteilte keine Befehle. Für die Familienmitglieder waren seine Worte Gesetz. Deshalb konnte er diese Worte in nette Floskeln kleiden, wie es einem sizilianischen gentiluomo, einem Ehrenmann, gut zu Gesicht stand.

Nach Mitternacht rollten schwere Limousinen auf das Villengrundstück an der York Avenue in Manhattans Eastside. Nur gedämpftes Licht drang durch die verhangenen Fenster des schmucken dreigeschossigen Gebäudes mit seinen weißen Säulen und Erkern. Männer in dunklen Anzügen, mit weißen Hemden und Krawatten, stiegen aus den Limousinen, eilten die flachen Stufen zum Villenportal hinauf und nickten den beiden Männern in dunklen Anzügen zu, die wie Palastwächter vor dem Eingang postiert waren.

Die Teilnehmer der nächtlichen Konferenz trafen sich in einem Raum, dessen Wände mit kostbarem Mahagoni getäfelt waren. Hausbedienstete brachten Espresso in kleinen dickwandigen Tassen und zogen sich eilends zurück, als alle Anwesenden versorgt waren.

Alle Plätze an dem ovalen Konferenztisch waren besetzt, bis auf den einen Lehnsessel am Kopfende des Tisches. Der Espresso verbreitete einen aromatischen Duft im Raum. Zierliche silberne Löffel, von manikürten Fingern bewegt, rührten den Zucker in dem pechschwarzen, brühheißen Getränk. Gespräche wurden nur halblaut geführt.

Das Gemurmel brach schlagartig ab, als eine Tür in der Holzverkleidung an der Stirnseite des Besprechungszimmers geöffnet wurde. Die Männer erhoben sich von ihren Plätzen.

Angelo Marchiani bewegte sich mit unsicheren Schritten zu seinem Sessel. Die beiden Leibwächter, die ihn begleiteten, stützten ihn, als er sich setzte. Er machte den Eindruck eines hilflosen Greises. Niemand kannte sein genaues Alter, selbst die engsten Vertrauten unter seinen Capos nicht. Einige schätzten ihn auf siebzig, andere schworen, dass er bereits achtzig Jahre alt war.

Das Oberhaupt der Marchiani-Familie war klein und hager. Stechende Habichtsaugen blickten aus einem schmalen Gesicht mit tiefen Furchen. Bis auf wenige Haarsträhnen war sein Schädel kahl.

»Ich danke euch für euer vollzähliges Erscheinen, meine Freunde.« Seine Stimme klang wie raschelndes Herbstlaub. »Geschehnisse, über die ich sehr bestürzt bin, haben dieses Zusammentreffen erforderlich gemacht. Jeder von euch ist bereits telefonisch über die Einzelheiten informiert worden. Wir wollen uns deshalb darauf beschränken, über die erforderlichen Gegenmaßnahmen einen Beschluss zu fassen.« Er bewegte seine schmale, welke Greisenhand, deutete auf den Mann, der in seiner unmittelbaren Nähe an der rechten Seite des Tisches saß. »Pietro, es war deine Aufgabe, dir darüber Gedanken zu machen. Bitte!«

Pietro Belluno, Marchianis Schwiegersohn und engster Vertrauter, erhob sich, blickte mit einer angedeuteten Verbeugung in die Runde.

»Signori, ich möchte mit dem geringeren Problem beginnen. Wir alle haben Benito Scalzone als einen unserer verlässlichsten und strebsamsten Mitarbeiter geschätzt. Doch so, wie die Dinge jetzt stehen, wird er kaum jemals wieder in der Lage sein, uns seine volle Einsatzkraft zur Verfügung zu stellen. Die Verletzungen, die er erlitten hat, sind zu schwer. Überdies weiß jeder von uns, wie leicht man in dem Zustand, in dem sich Benito jetzt befindet, zur Labilität neigt. Ich will damit sagen: Selbst wenn er die besten Vorsätze gefasst hat, ist Benito gefährdet. Man wird versuchen, seinen Zustand auszunutzen und ihn zur Redseligkeit zu veranlassen. Wir alle wissen, dass Benito niemals redselig war. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass es so bleibt.«

Die Männer in der Runde nickten beifällig. Einer hob die Hand.

»Bitte, Giovanni«, sagte Angelo Marchiani. »Pietro wird alle Fragen beantworten.« Der Angeredete stand auf. »Was wir über Scalzone wissen, ist mir zu wenig… Ich meine, was wir über diesen Zwischenfall wissen. Ist es absolut sicher, dass diese elenden Spics dahinterstecken? Wenn ja, bin ich dafür, dass wir ein Exemple statuieren. Und zwar so schnell wie möglich.« Er setzte sich wieder.

Angelo Marchianis Furchengesicht blieb unbewegt.

»Der Vorfall liegt noch keine zwei Stunden zurück«, sagte Belluno. »Die Informationen, die wir haben, stammen von unserem Gewährsmann im Hospital. Alles weitere wird noch an Ort und Stelle eruiert. Ich möchte jetzt erst einmal auf Tonio Miragli zu sprechen kommen. Es dürfte keine Frage sein, dass uns sein Verlust äußerst schwer getroffen hat. Als Rechtsberater unserer Familie hat sich Tonio größte Verdienste erworben. Ich will ganz offen sein, Signori: Der Don betrachtet den Mord an Tonio Miragli als eine eindeutige Kriegserklärung.«

Angelo Marchiani nickte.

»Also die verdammten Puerto-Ricaner!«, ertönte ein Zwischenruf. »Wir müssen die Spics zurechtweisen, bevor sie uns zu großmäulig werden.«

»Entsprechende Schritte werden in die Wege geleitet«, antwortete Pietro Belluno. »Der Don hat mich beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Im Falle Benito Scalzone brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Und was Tonio Miraglis Tod betrifft, gibt es meiner Meinung nach nur eine mögliche Konsequenz…« Er blickte auffordernd in die Runde.

Angelo Marchiani lächelte.

Die Männer an dem ovalen Tisch murmelten nur ein einziges Wort.

»Vendetta! — Blutrache!«

Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis

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