Читать книгу Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 21

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Moderne Kugelleuchten tauchten den Parkplatz in gleißende Helligkeit. Chrom blinkte, polierter Karosserielack glänzte matt. Ausschließlich Fortbewegungsmittel der gehobenen Luxusklasse waren vertreten — vom Mercedes 450 bis zum Cadillac Fleetwood.

Das Restaurant entsprach der Noblesse jener Karossen, die sich unter den Kugelleuchten sonnten. Kein klappriger Volkswagen, Chevy oder Pontiac verirrte sich hierher.

»La Fonda Del Sol« war in großen roten Leuchtbuchstaben über dem flachen Gebäude zu lesen, das stilistisch einer mexikanischen Hazienda nachempfunden war; oder so, wie sich ein New Yorker eine mexikanische Hazienda vorstellte. Schneeweiße Mauern, Säulenportal, Rundbogenfenster, die mit kunstvoll gefertigten schmiedeeisernen Gittern verziert waren. Hinter den Fenstern brannte gedämpftes Licht. Leise Klänge von Mariachi-Musik wehten ins Freie. Der würzige Duft mittel- und südamerikanischer Spezialitäten hing in der Luft.

Ein Laden für die gehobene Feinschmeckerklasse. Verkehrsgünstig gelegen, nur drei Meilen vom Hempstead Turnpike im Nassau County entfernt, zu erreichen über die Abfahrt Franklin Square.

Joaquin Venera hockte regungslos zwischen den blühenden Rhododendronbüschen am südlichen Ende des Parkplatzes. Der schlanke, fast hagere Mann mit dem blauschwarzen, leicht gewellten Haar trug einen nachtblauen Trainingsanzug und leichte Sportschuhe. Selbst unter der dünnen Jacke trug das Holster nicht auf, denn es war eine Spezialanfertigung.

Das Heck des silbergrauen Lanciat Beta HPE 2000 war zum Greifen nahe vor ihm. Ein ziemlich seltenes Fahrzeug in diesen Breiten. Deshalb so auffällig. Aber diese Sizilianer liebten es eben, sich mit Statussymbolen aus ihrer alten Heimat zu zieren.

Venera verzog geringschätzig die Mundwinkel. Ein grausames Lächeln huschte über sein scharfgeschnittenes Gesicht.

Drüben, vor der zweiten Reihe der parkenden Limousinen patrouillierte der Wachmann. Ein Angestellter des Restaurants vermutlich, weil er keine Uniform trug, sondern wie ein mexikanischer Vaquero gekleidet war. Sein breitkrempiger Sombrero, die silberbesetzte Charro-Kleidung und die hochhackigen Reitstiefel wirkten verrückt in dieser Umgebung.

Nur der breite Revolvergurt mit dem langläufigen 45er Colt zerstörte diesen lächerlichen Eindruck.

Der Kerl war Veneras einzige Sorge. Aber ein kalkulierbares Risiko. Also kein Grund, vorzeitig die Nerven zu verlieren.

Der Killer wartete geduldig, verharrte über Stunden auf dem gleichen Fleck, ohne sich zu rühren. Er war trainiert darauf, besaß einen Kreislauf, der topfit war.

Kurz vor Mitternacht fuhren die ersten Gäste des Restaurants ab. Gutgekleidete Gents mit albern kichernden Ladys, die das zu viel getrunken hatten, was ihre Begleiter als Wagenlenker nicht mehr riskieren konnten. Meist waren es Pärchen. Nur wenige der Limousinen rollten vollbesetzt davon.

Bei jedem der Wagen öffnete der mexikanische Cowboy die Türen, half den Ladys beim Einsteigen, verneigte sich, lüftete den Sombrero und wünschte gute Fahrt.

Gegen halb eins wurde der Betrieb auf dem Parkplatz spärlicher. Nur noch fünf Wagen waren übriggeblieben, den Lancia mitgezählt.

Vier Ladys in eleganten Hosenanzügen verließen schnatternd das Portal der Pseudo-Hazienda. Gesichter mit weinseligen Lachfalten unter toupierten Haarprachten, unverkennbare Selbstgefälligkeit über die Freiheit, den Geldverdiener allein zu Hause sitzen zu lassen. Sie steuerten auf den klobigen Bentley zu. Der Vaquero überschlug sich vor Eifer, riss Türen auf, verneigte sich, zog den Sombrero. Sie saßen schon im Wagen, als eine der Ladys den Colt des Vaqueros auszuprobieren verlangte. Er zierte sich; hingerissen von dem weiblichen Interesse, das ihm entgegengebracht wurde; im Widerstreit mit den Sicherheitsvorschriften, die er beachten musste. Nach Minuten forderten alle vier lautstark und mit der Beharrlichkeit, die der Alkohol verursacht hatte, den Sechsschüsser zum Löschen der Kugelleuchten testen zu dürfen.

Das Geschnatter zwischen den angetrunkenen Ladys und dem schwankenden Vaquero schwoll an. Noch ruhte der schwere 45er im nägelbeschlagenen Holster.

Zwei weitere Gestalten erschienen unter dem Säulenportal.

Joaquin Veneras Haltung spannte sich an.

Er verkniff sich einen Fluch. Por dios, wenn diese elenden Putas nicht gleich verschwanden…

Der Vaquero besann sich zum Guten. Er deutete gestikulierend auf den Mann und die junge Frau, die soeben das Lokal verließen. Wortreich erläuterte er, dass es seine Pflicht war, auch diesen beiden einen stilgerechten Abschied zu servieren. Die Ladys ließen von ihm ab, erst widerstrebend, dann beleidigt. Schlingernd röhrte der Bentley davon.

Venera grinste erleichtert. Er konzentrierte sich auf die entscheidenden Minuten. Zog die Waffe und den Schalldämpfer aus dem Spezialholster und setzte beides zusammen. Der Schalldämpfer, nach einem völlig neuen Prinzip in Deutschland konstruiert, war noch relativ neu auf dem schwarzen Waffenmarkt. Dazu gehörte die deutsche Walther PPK, Kaliber 7,65 Millimeter. Beides war aufeinander abgestimmt, ergab ein Abschussgeräusch, das leiser war als eine Luftpistole.

Die handliche Pistole war durchgeladen. Venera brauchte lediglich den Sicherungsflügel herumzulegen. Das leise Klicken war außerhalb der Büsche nicht zu hören.

Sie kamen näher, steuerten auf den Lancia zu.

Tony Miragli und sein Girl, begleitet von dem dienernden Vaquero.

Miragli war ein unansehnlicher Bursche. Untersetzt, mit leichtem Bauchansatz. Breites Gesicht mit zu kleinen Knopfaugen, die ihm das Aussehen einer großköpfigen Ratte gaben. Nur der schwarze Anzug, das weiße Batisthemd und die rote Fliege verliehen ihm ein wenig Eleganz.

Die Blondine schmiegte sich an ihn, stöckelte auf hohen Absätzen neben ihm her. Sie war käuflich, wenn auch gehobene Luxusklasse. Die einzige Sorte Frau, die sich von Miragli erobern ließ. Per Brieftasche.

Letztere zückte Miragli kurz vor der Motorhaube des Lancia und stopfte dem Vaquero ein stattliches Zehn-Dollar-Trinkgeld unter den Revolvergurt.

Zu dritt kamen sie auf die Beifahrerseite des silbergrauen Flitzers. Miragli zückte seine Schlüssel, um das Girl galant zuerst einsteigen zu lassen. Der Vaquero wartete darauf, den Schlag offenhalten zu dürfen.

Joaquin Venera hob die Waffe, die zusammen mit dem Schalldämpfer fast einen halben Yard lang war.

Sein Zeigefinger krümmte sich in dem Moment, als Miragli den Schlüssel ins Türschloss schob.

Die Walther gab ein helles Klicken von sich, das seltsam harmlos klang. Doch die tödliche Wirkung zerstörte diese Harmlosigkeit.

Der Killer feuerte in rascher Folge, brauchte keine zehn Sekunden, um sieben Schuss hinauszujagen. Die letzte Patrone blieb in der Kammer, als Sicherheitsreserve, wie üblich, für Unvorhersehbares.

Miragli, sein blondes Girl und der Vaquero brachen fast gleichzeitig zusammen, verhedderten sich ineinander, starben, noch ehe sie als blutüberströmtes Knäuel Mensch den Asphalt erreichten.

Drei Projektile hatten Tony Miraglis Schädel in der oberen Hälfte durchschlagen.

Mit je zwei Geschossen hatte sich Venera für das Girl und den Parkplatzwächter begnügt.

Er brauchte nicht nachzuprüfen, ob seine Arbeit hundertprozentig war. Er kannte seine Fähigkeiten, konnte sich darauf verlassen.

Er verließ sein Versteck, rannte vom Parkplatz weg in das angrenzende Brachland und erreichte zwei Minuten später seinen Wagen, der in einer Schneise des nahegelegenen Waldes wartete.

Die Beleuchtung schaltete er erst ein, als er auf die wenig befahrene Franklin Avenue in Richtung Valley Stream einbog.

Er war bereits fünf Meilen von »La Fonda Del Sol« entfernt, als ihm die ersten Streifenfahrzeuge der County Police mit hoher Geschwindigkeit entgegenkamen.

Joaquin Venera lächelte sein grausames Lächeln noch, als er sich schon wieder innerhalb der Stadtgrenzen von New York City befand.

Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis

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