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9.

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Die frische Brise am Meer tat beiden gut. Auf ihren Tellern lagen die traurigen Überreste der Dorschfilets, an denen sie sich gütlich getan hatten und die Möwen balgten sich um die Reste der Nahrung. Falk schlürfte an seinem Espresso und beobachtete die Fischer, die gerade ihren Fang ausluden.

„Das sind aber mächtige Brocken die sie da an Land hieven“, sagte er zu Ewa und plötzlich erstarrte er.

„Was hast du?“, fragte sie ihn leicht besorgt, da sie sofort bemerkt hatte, dass mit ihm etwas nicht stimmte.

„Der Fisch!“, rief er laut aus, sodass die Leute in seiner Nähe sich umdrehten und ihn merkwürdig anstarrten. „Jetzt weiß ich, wo ich Grabowski schon mal gesehen habe. Er kam mir gleich so bekannt vor. Das Foto, das Meller an seiner Wand im Büro hängen hat. Davon hatte ich dir gar nichts erzählt, weil ich es für unwichtig hielt. In Mellers Büro hängt ein Foto, das ihn wohl auf einer Big Game Fishing Tour zeigt.“

„Big Game Fishing?“

„Das sind Angeltouren, bei denen man die richtig großen Fische fängt, Marlin, Thun und auch Barrakudas. Und genau so einen Fisch hält Meller in die Kamera. Und neben ihm steht …?“

„Grabowski? Aber das würde ja bedeuten …“

„… dass er Meller decken wollte. Deshalb war er so aufgekratzt, als wir ihm Nowak praktisch auf dem Silbertablett serviert haben. Und deshalb sollten wir auch unsere Ermittlungen in Richtung der „Trans Shipping Poland“ einstellen.“

„Aber was will er, unabhängig von den zwei Morden, vertuschen?“

„Ewa, kommen wir zu dem zurück, was wir am Anfang über Gerber wussten. Berufstaucher, skrupellos und spezialisiert auf antikes Wracktauchen. Wir haben diese Aspekte ein wenig aus den Augen verloren. Die Fibel ist der Schlüssel zum Ganzen. Da draußen liegt ein Wrack aus dem Mittelalter und seine Ladung muss sehr, sehr wertvoll sein, sodass es sich lohnt, dafür über Leichen zu gehen. Und mit einem Führungsoffizier der hiesigen Polizei im Rücken fühlen sich die Hintermänner sehr sicher. Das Ganze hat sich wahrscheinlich so abgespielt. Durch irgendeinen Zufall, und ich kann mir schon denken durch welchen, wurde das Wrack am Grund der Ostsee entdeckt. Irgendjemand hat davon Wind bekommen, es näher untersucht und ist dabei auf die Ladung gestoßen. Das Schiff kann nicht allzu tief liegen, da man Profitaucher, von denen einer Gerber war, damit beauftragt hat, die Schätze unauffällig zu bergen. Er hat ja, wie wir wissen, nicht alleine gearbeitet.

Gerber muss aber mit Stala sein eigenes Süppchen gekocht haben. Wahrscheinlich sind die beiden öfter heimlich zum Wrack gefahren um es auf eigene Rechnung auszuplündern, aber seine Auftraggeber haben Wind von der Sache bekommen, wahrscheinlich auf einen Hinweis seiner Kollegen unter Wasser hin. Sie sind ihnen heimlich gefolgt und haben das Schiff geentert, als Gerber von seinem Tauchgang zurückgekehrt ist. Dort haben sie ihn dann ermordet und über Bord geworfen. Danach haben sie die Grom zurück in den Hafen gebracht und anschließend Stala erschossen.

Grabowski hätte die Sache dann vertuscht und den Mord mit Stalas Hang zum Glücksspiel in Verbindung gebracht. Aber dann tauchte plötzlich Gerbers Leiche in Grinzbowo auf und die Sache wurde kompliziert.“

„Der Ort heißt Grzybowo“, verbesserte ihn Ewa.

„Wie auch immer. Du weiß was ich meine“, gab Falk ungeduldig zurück. „Es gab nun eine Verbindung zur Trans Shipping Poland, da man Gerber an Bord der Grom gesehen hatte.

Ich kann mir vorstellen, was in Grabowski vorging: Da taucht plötzlich ein Kommissar aus Deutschland auf, über den er keine richtige Weisungsbefugnis hat. Dich hat er ausgesucht, weil er weiß, dass du überkorrekt bist, und darauf spekuliert, dass du mich ausbremsen würdest, wenn ich etwas halblegales plane. Und dann stellt sich heraus, dass der andere Partner, Nowak, in illegale Drogengeschäfte mit der polnischen Mafia verwickelt ist. Das war für ihn wie ein Sechser im Lotto. Er konnte den Fall abschließen und alles Nowak in die Schuhe schieben, dem man sowieso nichts glaubt. Fall erledigt. Deckel drauf.“

„Du hast gesagt, dass du ahnst, wie man das Wrack entdeckt hat“, fragte Ewa.

„Erinnerst du dich an die rot gestrichelte Linie, wegen der du Kwiatkowski noch einmal angerufen hast?“

„Die Verlegung von Nordstream 2 meinst du?“

„Ja. Selbstverständlich muss man, bevor man eine Rohrleitung dieses Umfangs verlegt, den Meeresboden genau sondieren. Und dabei sind sie auf das Wrack gestoßen. Die Bergung der Ladung ist in diesen Tiefen, es muss sich ja in relativ flachen Gewässern befinden, nicht sonderlich schwer. Aber die Bergungsrechte sind das Problem. Innerhalb einer Zwölf-Meilen-Zone hätte zunächst das Anrainerland Ansprüche angemeldet. Aber auch in internationalen Gewässern ist die Sache kompliziert. Es gibt Fälle, so habe ich es mir erklären lassen, bei denen die Nation, aus der das Schiff ursprünglich stammte, den Anspruch auf die Ladung erhebt, und das wird in der Regel vor einem internationalen Gericht entschieden.

Kommen wir zu Leszek Meller. Jemand, der ihn von früher her kennt, muss Verbindung zu ihm aufgenommen haben, um ein Schiff, in diesem Fall die Grom, zu chartern. Wahrscheinlich wusste er von Stala, vielleicht aus einem Eintrag in dessen Personalakte, dass dieser Spieler war und Schulden hatte. Er ist an ihn herangetreten und hat im Anschluss seinen alten Freund Grabowski, denn das ist dieser zweifellos, über die Sache unterrichtet, um sich Rückendeckung zu verschaffen.

Die Observierung von Meller hat jetzt oberste Priorität, und ich bin davon überzeugt, dass jetzt, wo der vermeintliche Täter festgesetzt ist, die Plünderung des Wracks munter weitergeht.“

„Dann nehmen wir Jurek mit ins Boot. Mit diesen Leuten ist nicht zu spaßen und nur mit meiner Dienstwaffe sind wir etwas schwach auf der Brust.“

„Das mit schwach auf der Brust trifft bei dir eigentlich nicht zu, aber in Bezug auf die Bewaffnung hast du sicherlich recht“, grinste Falk anzüglich und fing sich einen Tritt vors Schienbein ein.

„Aber so ganz stimmt das zweite nun auch nicht“, und er zeigte Ewa heimlich die 22er, die er von Jurek erhalten hatte.

„Wo hast du die her?“, fragte sie ihn erschrocken.

„Von deinem Kumpel Jurek. Er hat sie mir im Haus von Nowak zugesteckt. Du hast doch selbst gesagt, dass er mir ähnlich ist“, feixte er. „Ich hätte nichts anderes getan.“

„Ich bin zu gut für diese Welt“, schüttelte sie nur den Kopf.

„Aber du bist gut für mich, mein Schatz“, sagte Falk als er aufstand und ihr einen Kuss gab.

*

„Eine abenteuerliche Geschichte, die ihr mir da auftischt“, sagte Jurek skeptisch, als Ewa ihm die Einzelheiten des Falls präsentierte. „Aber schlüssig. Klar bin ich dabei und wenn ich Grabowski an den Kragen gehen kann, freut mich das doppelt. Habt ihr die Pressekonferenz von heute gesehen?“

„Nicht alles. Wir hatten …“

„… was anderes zu tun“, ergänzte Jurek mit einem Grinsen und Augenzwinkern, dem die Blicke, die sich die beiden zuwarfen, natürlich nicht verborgen geblieben waren.

Ewa wurde etwas rot im Gesicht und Falk deutete Jureks polnische Worte richtig, da sich dessen Mundwinkel verdächtig verzogen.

„Der Beau hat es so dargestellt, als wenn er selbst die Übergabe des Stoffes verhindert habe und mit seinem Einsatz sowie ein wenig Unterstützung durch uns, Nowak dingfest gemacht hat. Wenn das zutrifft, was ihr beide vermutet, haben wir ihn am Haken.“

Ewa übersetzte fast simultan die Worte ihres Kollegen, damit Falk im Bilde blieb. Nur seine Anspielung hatte sie weggelassen, aber ihr Gesicht sprach Bände.

„Gut, dass wir auf deine Unterstützung zählen können“, wandte sich nun Falk auf Englisch an Jurek.

„Kennst du jemanden, der uns ein Boot leihen kann? Wir könnten auch die Küstenwache bitten, aber ich befürchte, dass es da Querverbindungen zum Präsidium gibt und ich möchte unter allen Umständen vermeiden, dass Grabowski Wind von unserer Aktion bekommt.“

„Würde ich auch nicht machen. Aber mein Onkel ist Kommandant eines Minenräumbootes in Swinemünde. Er könnte das Ganze vielleicht als Übung deklarieren, um unauffällig zu operieren. Außerdem glaube ich nicht, dass Grabowski über einen solchen Einfluss verfügt. Er mag lokal eine Größe sein, aber im Grunde ist er, über seinen Verwaltungsbereich hinaus, ein Niemand.“

Falk übersetzte nun für Ewa ins Deutsche und deren Gesicht hellte sich auf.

„Und ich werde meine Dienststelle, beziehungsweise meinen Vorgesetzten in Stralsund über die Sachlage informieren. Mal sehen, ob er für die Operation ein paar Strippen ziehen kann. Dann ist das Ganze offiziell. Ewa und ich legen uns bei Meller auf die Lauer und du überwachst den Hafen. Ich vermute ganz stark, dass er die erste Fahrt nach der relativ langen Pause mitmachen wird.“

*

Nachdem er Ewa zu Hause abgesetzt hatte, fuhr Falk ins Hotel zurück und rief seine Dienststelle in Stralsund an.

„Wir haben es bereits gehört“, sagte Robert. „Ihr habt den Täter gefasst. Glückwunsch!“

„Wir haben einen Täter gefasst und dass war ein Drogenschmuggler. Der Mörder von Gerber läuft immer noch frei herum. Ist Werner in der Nähe?“

„Hockt in seinem Büro. Ich hole ihn rasch.“

Falk hörte wie Robert sich entfernte und kurze Zeit später hatte er seinen Vorgesetzten am Hörer.

„Was hat mir Robert gerade berichtet? Der Verhaftete ist nicht unser Mann?“

„Nein. Schalte mal auf Laut, damit Robert mithören kann, und ich erzähle euch alles.“

*

„Und du bist dir sicher, dass der Vorgesetzte von Kommissar Stepinska in der Sache mit drin hängt?“, fragte Nübel ihn, als er seinen Bericht beendet hatte.

„Ganz sicher. Aber ihm wird schwer etwas nachzuweisen sein. Nur die Tatsache, dass er Meller kennt und uns das verschwiegen hat, reicht nicht aus, um ihn dranzukriegen. Aber das ist ja sekundär. Meller ist derjenige, den wir haben wollen und zumindest er kann Licht ins Dunkle bringen.“

„Gut. Ich werde mit Meisen sprechen und sehen, was ich von hier aus veranlassen kann. Das mit dem Minensuchboot war eine gute Idee. Ich denke, dass ich das auf dem kurzen Dienstweg regeln kann. Wenn da draußen wirklich was liegt, ist dem polnischen Staat mit Sicherheit daran gelegen, zu wissen, was es ist, zumal es auch noch um einen Mord an einem polnischen Staatsbürger geht.“

Zufrieden legte Falk auf und rief Jurek an.

„Ich habe die Sache mit meinen Vorgesetzten in Deutschland abgeklärt. Hast du mit deinem Onkel gesprochen?“

„Hab ich. Er wird einen spontanen Übungseinsatz anordnen. Für die Fahrt hierher brauchen die etwa zwei Stunden. Wollen wir hoffen, dass du recht hast und unsere Freunde wirklich heute Nacht auf Tour gehen werden.“

„Darauf verwette ich meinen Hintern. Kannst du noch ein Boot mit einem fetten Außenborder besorgen? Wir müssen unbedingt dem Kutter folgen, wenn er in See sticht und deinem Onkel die Koordinaten durchgeben.“

„Kein Problem. Jetzt im Winter leiht sich kein Mensch Boote aus, und ich weiß auch schon von wem ich eins bekommen kann.“

„Gut. Ich muss mich beeilen und Ewa abholen. Meller wohnt am Stadtrand von Koszalin, und wir dürfen ihn nicht verpassen. Wir bleiben in Verbindung.“

„Alles klar. Und grüß Ewa von mir. Wenn alles so läuft wie wir denken, sehen wir uns später.“

Falk legte auf und machte sich auf den Weg. Nachdem er Ewa eingeladen hatte, fuhren sie in Richtung Koszalin und trafen noch vor dem Dunkelwerden bei Mellers Haus ein. Falk parkte in einer Seitenstraße, von wo aus er einen freien Blick auf das Haus hatte.

„Und du glaubst wirklich, dass er sofort tätig wird?“

„Ich denke, dass er keine andere Wahl hat. Seine Auftraggeber setzten ihn mit Sicherheit unter Druck und wenn ich mit meiner Vermutung recht habe, hängt hier die Mafia auch mit drin und mit denen ist nicht zu spaßen. Deshalb bin ich auch froh, dass wir Unterstützung von der polnischen Marine bekommen. Wir drei alleine hätten das nicht so ohne Weiteres hinbekommen und mit dir alleine hätte ich das auch nicht durchgezogen.“

„Ich bin Polizistin, genau wie du“, fuhr sie ihn empört an. „Es ist meine Pflicht, einen Mörder dingfest zu machen und nur, weil wir beide eine Beziehung haben, musst du nicht denken, dass du deinen männlichen Beschützerinstinkt auspacken musst. Ich weiß sehr wohl auf mich aufzupassen und …“

Erst jetzt sah sie, wie es in Falks Mundwinkel verdächtig zuckte.

„Du Schuft. Du hast mich nur aufgezogen“, rief sie scheinbar empört und schlug mit ihren Händen auf seine Schultern ein.

„Stopp“, sagte Falk plötzlich ernst. „Es tut sich was.“

Sie sahen Meller und zwei weitere Männer, die in einem großen SUV die Garage verließen.

„Von wegen, fährt nur Fahrrad“, sagte Falk, startete den Motor und folgte in einigem Abstand dem Fahrzeug, während Ewa Jurek anrief.

„Wir fahren jetzt von Koszalin aus los. Meller hat gerade in Begleitung von zwei Männern in einem silbernen Mercedes SUV das Haus verlassen, wahrscheinlich sind es die beiden Taucher. Die waren wohl die ganze Zeit in seinem Haus.“

„Okay. Ich warte im Hafen auf euch. Auf der Grom herrscht hektische Betriebsamkeit. Ich denke, Falk hat mit seiner Vermutung recht gehabt. Mein Onkel ist mit dem Minensucher ebenfalls in der Nähe. Er hat übrigens eine offizielle Weisung erhalten. Falks Kontakte haben wohl einiges ins Rollen gebracht.“

„Schön zu hören, dass wir Rückendeckung haben.“

„Ja. Das Schiff von meinem Onkel hat einige sehr beeindruckende Geschütze an Bord, abgesehen von den Bord MGs. Da widersetzt sich keiner, der nicht gerade lebensmüde ist.“

„Wir melden uns, wenn wir in der Nähe des Hafens sind.“

„Ich liege mit dem Boot am Ende des Piers außer Sichtweite der Grom“, sagte Jurek und legte auf.

Ewa unterrichtete Falk vom Inhalt ihrer kurzen Unterhaltung und dieser nickte zufrieden.

„Auf Nübel kann man sich verlassen“, sagte er. „Du wirst ihn ja bald kennenlernen.“

„Du meinst es wirklich ernst mit uns beiden“, schaute ihn Ewa von der Seite an.

„Todernst. Dich und natürlich auch Iga, lasse ich nicht mehr los“, antwortete Falk und griff nach ihrer Hand.

Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis

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