Читать книгу Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 12

6.

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Als Falk am nächsten Morgen das Kommissariat betrat, saß Ewa bereits vor ihrem Computer und trug die Ergebnisse ihrer Ermittlungen in die elektronische Akte ein, wobei sie ihm ein knappes „Guten Morgen“ schenkte. Zunächst war Falk etwas irritiert und dann schmunzelte er innerlich. Mit einer solchen Reaktion von ihr hatte er fast gerechnet.

„Oberinspektor Grabowski will uns sehen“, sagte sie, ohne Falk dabei anzuschauen.

„Wer ist Oberinspektor Grabowski?“

„Mein Vorgesetzter. Er hat eben angerufen.“

„Und was schreibst du da?“

„Ich ergänze unsere Ermittlungsergebnisse von gestern in der Akte.“

„Hat Grabowski die bereits gesehen?“

„Wie sollte er?“, schaute sie nun auf und blickte ihn verwundert an.

„Lösch das. Das kannst du später auch noch machen. Da ist was faul, glaube mir.“

„Aber wieso?“, fragte sie Falk irritiert.

„Überlege mal. Dein Boss hat mir seit meiner Ankunft keinerlei Beachtung geschenkt, mich noch nicht einmal bei meiner Ankunft begrüßt, was eigentlich normal gewesen wäre. Man will doch schließlich wissen, wer mit seinen Leuten unterwegs ist, wer mit ihnen in einem Mordfall ermittelt. Und plötzlich, nachdem wir in Koszalin waren und dort einige Nachforschungen getätigt haben, bestellt er uns zu sich? Woher kommt sein jähes Interesse an unserer Arbeit? Wenn du jetzt unsere Ermittlungsergebnisse ergänzt, weiß er, was wir herausgefunden haben … Glaube mir, da stimmt was nicht. Das spüre ich.“ Er zögerte kurz, bevor er fortfuhr: „Du sollst ja die Ergebnisse nicht unterschlagen, sondern nur ein wenig warten, bis du sie dokumentierst“

Etwas unwillig löschte Ewa die Dateien. „Zufrieden?“, fragte sie ihn leicht verärgert.

„Besser! So können wir ihm das erzählen, was wir wollen und ein paar kleine Details auslassen. Ich kann mir schon den Inhalt des Gespräches vorstellen.“

„Und der wäre. Glaubst du, nur, weil du in Polen bist, sind hier alle korrupt“, fragte sie ihn wütend.

„Nein, natürlich nicht“, antwortete er und legte ihr seine Hand auf ihre Schulter. „Vielleicht will er uns ja nur zum Essen einladen“, grinste er sie hinterhältig an und Ewas Zorn verrauchte augenblicklich und wich einem Lächeln. Unwillkürlich legte sie kurz ihren Kopf auf seine Hand, um ihn dann schnell zurückzuziehen.

„Grabowski ist Karrieregeil und ein Arsch, aber korrupt? Das glaube ich nicht.“

„Jeder Mensch hat seinen Preis. Spricht er Deutsch?“

„Ja, recht verständlich.“

„Umso besser. Komm, ich bin neugierig, was er von uns will.“

*

Die beiden betraten das Büro von Oberinspektor Grabowski, der hinter seinem Schreibtisch thronte und auf seinen Monitor schaute. Falk sah sich einem etwa einen Meter neunzig großen Mittvierziger gegenüber, der nun hinter seinem Schreibtisch hervorkam und als er Falk die Hand zur Begrüßung reichte, hatte dieser den Eindruck, ihn von irgendwoher zu kennen.

„Herr Möller, wie ich annehme. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie jetzt erst bei uns willkommen heiße, aber Sie wissen ja, die Arbeit“, sprach er Falk mit einem aufgesetzten Lächeln an. Für Ewa hatte er lediglich ein Kopfnicken übrig. Falk fielen Ewas Worte über seine Person ein und er konnte ihr nur recht geben.

„Nehmen Sie doch Platz. Ich hoffe, Sie haben sich in der kurzen Zeit bereits etwas einleben können.“

„Dank der Hilfe von Kommissarin Stepinska recht gut.“

„Deshalb habe ich sie Ihnen für Ihre Ermittlungen zur Seite gestellt“, lächelte er. Aber dieses Lächeln wirkt eher gezwungen als von Herzen kommend. „Wie mir zugetragen wurde, kommen Sie recht gut bei Ihren Ermittlungen voran. Sie sehen eine Verbindung zwischen dem ermordeten Taucher und dem toten Kapitän auf dem Fischkutter?“ Ewa behandelte er, als sei sie gar nicht vorhanden, was Falk mächtig störte.

„Ja. Man hat Gerber gesehen, wie er sich an Bord der Grom begeben hat. Da liegt es natürlich nahe, an eine Verbindung der beiden Verbrechen zu denken. In diese Richtung haben wir dann auch weiter ermittelt und werden es weiterhin tun.“

„Gut, dass sie das zur Sprache bringen, Herr Möller. Gestern Abend hat mich der Firmeninhaber der „Trans Shipping Poland“ angerufen und mich über ihren Besuch unterrichtet. Haben sie die Leute dort im Verdacht, etwas mit der Sache zu tun zu haben?“

„Wir müssen in alle Richtungen ermitteln“, warf nun Ewa ein.

„Der Kapitän, Henryk Stala heißt er, glaube ich, war spielsüchtig?“

„Er hatte wohl Spielschulden, das ist richtig“, erklärte Falk.

„Na bitte, da haben wir doch schon ein Motiv“, grinste Grabowski.

„Aber was hat der tote Taucher damit zu tun? Der wurde zweifelsfrei auf See getötet und er stand mit Stala in Verbindung.“

„Wahrscheinlich rivalisierende Schmugglerbanden. Stala brauchte Geld und das verdient man am besten mit dem Schmuggel von Drogen.“

„Das kann ja sein, aber da passt Gerber nicht ins Bild. Er war Berufstaucher.“, fügte Ewa an.

„Vielleicht ist den Schmugglern eine Ladung abhandengekommen und man hat Gerber beauftragt, sie aus der Tiefe zu bergen“, beharrte Grabowski. „Das wäre eine logische Erklärung. Und dabei hat er versucht, sich ein Päckchen unter den Nagel zu reißen. Das war dann sein Fehler, den er mit seinem Leben bezahlen musste. Und den Kapitän musste man beseitigen, weil er wohl unliebsamer Augenzeuge wurde. So passt eins ins andere. Ich möchte, dass Sie Ihr Hauptaugenmerk in diese Richtung lenken. Sie können sich auf die volle Unterstützung der Kollegen der Drogenfahndung verlassen. Und lassen Sie die Leute aus Koszalin in Ruhe. Das alles sieht doch stark nach einem Alleingang des Schiffsführers aus.“

Mit diesen Worten betrachteten sich Falk und Ewa als entlassen und verließen das Büro.

*

„Der spinnt doch“, sagte Ewa aufgebracht und trat gegen einen unschuldigen Mülleimer.

„Nein, der will etwas vertuschen und das auf eine plumpe Art und Weise. Und dabei verlässt er sich voll und ganz auf seine Autorität als Vorgesetzter. Was hat er eigentlich gegen dich? Seine Animosität war ja offensichtlich.“

„Ich hab ihn nicht drangelassen“, zuckte Ewa mit den Schultern. „Ganz einfache Sache. Und das trägt er mir nach. Du hast doch gesehen, was er für ein Typ ist. Er hält sich für unwiderstehlich, zumal er den Chef-Posten inne hat und meint, alle liegen ihm zu Füßen.“

„Braves Mädchen“, sagte Falk und Ewa lächelte schwach.

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie ihn.

„Na was wohl, unsere Spur weiterverfolgen. Wieso wusste er nichts von der Fibel, die Gerber bei sich trug?“

„Weil sie noch nicht in meinem bisherigen Bericht stand. Diesen Punkt wollte ich gerade ergänzen, als du mich, Gott sei Dank, daran gehindert hast“, sagte sie schelmisch grinsend, um gleich wieder ernst zu werden. „Das bedeutet aber auch, dass Grabowski wirklich irgendetwas vertuschen will. Ich kann es nicht glauben.“

„Solche Leute wie er kommen sicherlich nicht ohne krumme Machenschaften auf ihre Posten. Wenn ich ihn mit meinem Vorgesetzten vergleiche; dass ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ohne ihn, würde ich schon längst Streife laufen, besonders nach der Nummer mit Kogler.“

„Dem Kollegen, dem du, wie hattest du dich ausgedrückt? Eine auf die Zwölf gehauen hast?“, kicherte Ewa.

„Genau. Der hatte es aber auch verdient. Er hat während eines Einsatzes, bei dem wir einen flüchtigen Mörder fassen wollten, sein Handy nach privaten Nachrichten gecheckt und dadurch ist uns der Typ fast durch die Lappen gegangen. Dabei wurde noch eine Kollegin vom SEK verletzt. Nübel hat ihn vor die Wahl gestellt: Mich anscheißen und sich dann selbst ein Disziplinarverfahren einhandeln oder das Ganze als bedauerlichen Unfall darstellen. Da hat er sich für das zweite Los entschieden. Freunde werden wir allerdings jetzt nicht mehr“, grinste Falk. „Zurück zu unserem Fall. Eigentlich hat uns Grabowski eine Steilvorlage gegeben.“

„Steilvorlage?“, fragte Ewa.

„Das nennt man so, wenn man beim Fußball einem Stürmer den Ball so zuspielt, dass …“

Falk schaute in das völlig verständnislose Gesicht von Ewa, die mit Fußball wahrscheinlich genauso viel anfangen konnte, wie er mit Dressurreiten.

„Ach egal“, schmunzelte er. „Was ich meine ist, dass er uns praktisch mit der Nase auf eine Fährte gestoßen hat. Und die heißt Trans Shipping Poland.“

„Wenn Grabowski herausbekommt, dass wir seine Order ignorieren, wird er uns von dem Fall abziehen.“

„Mich kann er nicht so einfach abziehen, da hat meine Dienststelle auch noch ein Wörtchen mitzureden. Aber du hast recht: Wir müssen vorsichtig agieren und einfach schlauer sein als er. Zunächst lassen wir die Privatkonten der drei Herren checken. Das kann mein Kollege Robert von Deutschland aus machen. Mal sehen, wie deren Finanzen aussehen. Es dürfte auch nicht allzu schwer sein, an deren Privatadressen zu kommen. Ich würde mir gerne mal anschauen, in welchen Verhältnissen sie leben, ein bisschen beobachten, den Müll überprüfen, Gewohnheiten auskundschaften.“

„Den Müll durchwühlen?“, fragte ihn Ewa mit einem gewissen Ekel im Gesicht.

„Du glaubst gar nicht, was die Leute alles wegwerfen, was sie belasten könnte. Aus dem Auge, aus dem Sinn. Mit wem fangen wir an?“

„Nowak steht bei mir an erster Stelle. Er lebt auf ziemlich großem Fuß und Geld scheint ihm über alles zu gehen.“

*

Während Ewa die Adressen der drei Hauptverdächtigen ermittelte, rief Falk seinen Freund Robert an und bat ihn, die Finanzen der Männer zu überprüfen.

„Du meinst, die drei stecken hinter der Sache“, fragte ihn Robert.

„Da bin ich mir fast sicher. Ob einer von ihnen nun Gerber umgebracht hat, weiß ich nicht. Solche Typen machen sich nicht die Finger schmutzig. Aber dieser arrogante Pinsel von Oberinspektor hängt mit Sicherheit drin. Hier wagt keiner seine Anweisungen zu missachten und darauf verlässt er sich.“

„Hör ich da eine persönlich Animosität raus?“, fragte Robert und Falk konnte sein amüsiertes Grinsen durch den Hörer förmlich spüren.

„Quatsch. Davon habe ich mich doch noch nie leiten lassen“, antwortete Falk und löste damit ein schallendes Gelächter seines Freundes aus.

„Ich werde tun was ich kann“, sagte Robert, als sein Lachanfall abgeebbt war. „Und grüße deine Kommissarin unbekannterweise von mir.“

*

Währenddessen war Ewa mit den Privatadressen der drei Hauptverdächtigen zurückgekehrt.

„Und jetzt brauchen wir ein Elektronik-Fachgeschäft“, sagte Falk.

„Wozu?“, fragte Ewa.

„Wir brauchen ein Richtmikrophon mit Schalltrichter. Mit Sicherheit habt ihr so etwas auch, aber ich will keine schlafenden Hunde wecken.“

„Das ist illegal. Ohne richterlichen Beschluss sind die Ergebnisse nicht zu verwerten. Das weißt du so gut wie ich.“

„Klar weiß ich das. Aber wir brauchen Anhaltspunkte und da wir die drei nicht befragen dürfen, müssen wir eben zu anderen Methoden greifen. Ich will den oder die Mörder hinter Schloss und Riegel bringen und mich nicht mit den Spitzfindigkeiten dieses Möchtegernplayboys herumschlagen“, antwortete Falk leicht verärgert.

Ewa zuckte die Schultern. „Von mir aus. Aber zunächst müssen wir uns mit den Kollegen vom Rauschgiftdezernat kurzschließen und so tun, als wenn wir uns Grabowskis Anweisungen fügen.“

Falk folgte Ewa durchs Präsidium und schließlich landeten sie in den Räumen der Drogenfahndung. Falk hatte noch niemals zuvor solch leere Büroräume gesehen. Ein Beamter lungerte vor einem Monitor herum und spielte tatsächlich Solitär.

„Welch seltener Gast in unserer Hütte“, sagte der Mann auf Polnisch und begrüßte Ewa und Falk mit Handschlag.

„Das ist Falk Möller, ein Kollege aus Deutschland, der uns in der Mordsache Gerber unterstützt. Falk, mein Kollege Jurek Bonk“, stellte sie ihren polnischen Kollegen nun auf Deutsch vor.

„Ich hab schon gehört, dass du mit ihm zusammenarbeitest. Was kann ich für euch tun?“, fragte er Ewa.

„Grabowski meint, unsere Sache hat etwas mit Drogenschmuggel nach Dänemark zu tun. Deshalb sollt ihr mit uns zusammenarbeiten.“

„Was glaubt Grabowski wo er hier ist? In Stettin? Das ist ein Urlaubsort wo es nur eine kleine Kifferszene gibt. Meint er, von hier aus findet der große Drogenaustausch statt? Das ist doch nicht sein Ernst.“

„Doch“, grinste Ewa, „sein voller Ernst.“

„Dann muss ich sofort unsere gesamte Truppe zusammentrommeln … ach ja, hatte ich vergessen, Andrzej ist im Urlaub, und Pawel hat sich krank gemeldet“, grinste er breit.

Ewa übersetzte Falk und der konnte sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen.

„Sehr beliebt scheint dein Chef hier nicht zu sein.“

„Wir sind froh, dass er uns in der Regel in Ruhe lässt“, sagte nun Jurek auf Englisch an Falk gewandt. „Ich verstehe etwas Deutsch, aber mein Englisch ist besser.“

„Du gibst uns Rückendeckung, wenn Grabowski nachforscht?“

„Klar. Ehrensache“, grinste Jurek. „Und wenn ihr Unterstützung braucht; meine Nummer hast du ja, Ewa.“

„Danke, Jurek.“

*

„So, das wäre geklärt. Und jetzt holen wir unsere Ausrüstung. Jurek hat sich übrigens bereiterklärt, uns zu unterstützen, wenn es nötig ist.“

„Du vertraust ihm?“

„Unbedingt. Er ist so ein bisschen dein polnisches Gegenstück“, kicherte sie. „Genauso unkonventionell in seinen Methoden.“

„Im Gegensatz zu dir“, schmunzelte Falk.

„Ja. Bei mir muss immer alles korrekt ablaufen.“

„Dann schau bitte weg, wenn ich Nowak später einen Sender unter sein Auto montiere.“

„Du willst was?“, rief Ewa aus, blieb abrupt stehen und schaute ihn fassungslos an.

„Einen Sender platzieren. Ich will wissen, wo er sich rumtreibt. – Hör mal, wir wissen, dass mindestens einer der drei Dreck am Stecken hat. Kowalski bekommt auch einen und Meller verpasse ich einen Sender unter dem Schutzblech seines Fahrrads, wenn es sein muss. Ja, ich weiß, was du sagen willst; das ist illegal. Aber mir ist es Scheißegal. Ich will den oder die Mörder fassen und da ist mir jedes Mittel recht.“

Schweigend legten die beiden die letzten Meter zu Falks Auto zurück. Er sah, wie sie an ihrer Unterlippe nagte und mit ihrem Gewissen haderte.

„Alles wird gut“, sagte Falk beruhigend, als sie im Auto saßen und er den Motor startete, während sie verlegen lächelte.

Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis

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