Читать книгу Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 16

10.

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Dunkel lag der Hafen von Kolberg vor ihnen, als sie die offene Schranke zum Hafengelände passierten. Falk hatte genügend Abstand zu Mellers Wagen gehalten, da er dessen Ziel genau kannte. Ewa und er sahen die Silhouette des SUVs, der vor der Grom zum Stehen kam und dessen Lichter gerade ausgingen. Falk parkte seinen Wagen am Anfang des Piers und sah Jurek, der ihnen zuwinkte. Die beiden gingen eine schmale Treppe nach unten und sahen ein etwa sechs Meter langes, schwarzes Schlauchboot mit zwei Außenbordmotoren als Antrieb. Jurek half den beiden an Bord, drückte ihnen zwei Schwimmwesten in die Hand, die sie sofort anlegten und gemeinsam beobachteten sie die Grom, die im Begriff war, vom Kai abzulegen.

„Sie keine Zeit verschwenden“, flüsterte Jurek ihnen zu und zu Falks Überraschung in Deutsch.

„Habe ich Nachsichtgeräte organisiert“, fügte er hinzu und gab Falk und Ewa jeweils eines, während er dem Kutter langsam folgte.

„Mann, ist der Kahn langsam“, mokierte sich Falk, der neben Ewa am Heck des Schlauchbootes saß und durch sein Nachtsichtgerät stierte.

„Ist acht Knoten schnell“, meldete sich Jurek vom Steuer aus, der dem Kutter in einiger Entfernung folgte.

„Und es ist scheiße Kalt. Haben wir einen Ofen an Bord?“, raunte er Jurek zu.

„Wärm dich an Ewa“, lachte dieser, während die beiden Boote in die nachtschwarze Dunkelheit schipperten. „Gleich Zwölf-Meilen-Grenze erreicht. Dann aus Hoheitsgewässer raus“, sagte er.

Nach einer weiteren Stunde nahm die Fahrt des Kutters ab und Jurek drosselte die Geschwindigkeit der beiden Außenbordmotoren.

„Wo ist dein Onkel?“

„Vier Meilen entfernt. Hab ihm Koordinaten durchgegeben. Er keine Positionslichter gesetzt und hat Schiff auf Radar. Beobachtet.“

„Und du hast gesagt, du sprichst kein Deutsch“, frotzelte Falk und legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Sehr schlecht eben“, grinste Jurek.

„Aber wesentlich besser, als ich Polnisch sprechen kann“, gab Falk zurück.

Die Grom war nun vollständig zum Stillstand gekommen und wurde durch Bug- und Seitenstrahlruder auf der Stelle gehalten. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt und der Himmel sternenklar.

„Was für eine Nacht“, murmelte Ewa, die Jurek und Falk nun in ihre Mitte genommen hatten, um sie zu wärmen. Das Schlauchboot der drei dümpelte etwa eine halbe Seemeile entfernt hinter der Position des Fischkutters, von dem nur eine Notbeleuchtung zu sehen war. Falk spähte durch das Nachtsichtgerät und erkannte, dass sich auf dem Deck zwei Taucher bereit machten.

„Außer den Tauchern sehe ich noch drei Gestalten. Einer ist Meller und die anderen beiden … Was macht der eine da?“

Falk sah, wie eine der Gestalten ein schweres Gerät aufnahm, es auf die Schulter legte und in ihre Richtung hielt. Falk drehte den Focus des Fernglases schärfer und erstarrte.

„Scheiße! Raketenwerfer! Los, raus hier!“, schrie er den beiden zu, die ihn mit fassungsloser Miene anschauten. In diesem Moment löste sich eine Feuerlanze vom Schiff aus, die sich rasend schnell in ihre Richtung bewegte. Ohne zu zögern sprangen die drei über Bord und tauchten in das eisige Wasser der Ostsee ein und schwammen um ihr Leben, als hinter ihnen das Schlauchboot in einem hellen Feuerball verging.

„Mayday, Mayday“, hörten sie Jureks Stimme, der in sein Handy sprach, welches er zum Schutz vor Spritzwasser in einen kleinen Plastikbeutel mit Verschluss gesteckt hatte. Sofort erhielt er Antwort und in der Ferne sahen sie, wie plötzlich ein Lichtermeer aufflammte, welches wie das einer kleinen Stadt aussah und das sich rasch ihrer Position näherte. Das Minensuchboot hatte die volle Beleuchtung entfaltet und raste auf sie zu.

„Onkel kommt“, sagte Jurek wie zur Bestätigung.

„Wenn jetzt einer die Melodie von Titanic pfeift, bring ich ihn um“, hörten sie Ewas hechelnde Stimme, die sich strampelnd darum bemühte, nicht vollständig auszukühlen. Trotz der, für sie prekären Situation, brachen die beiden Männer in ein schallendes Gelächter aus und rückten mit Ewa zusammen, um sich gegenseitig über Wasser zu halten und wenigstens etwas Wärme zu spenden.

Die Lichter des Kriegsschiffes kamen immer näher und bald erfassten Suchscheinwerfer die drei Gestalten im Wasser. Marinetaucher sprangen ins Wasser, legten ihnen Gurte um und gleich darauf wurden sie an Bord gehievt, wo ihnen sofort warme Heizdecken umgelegt wurden. Ein älterer Mann kam auf sie zu und begrüßte Jurek mit einer herzlichen Umarmung.

„Mein Onkel Jaroslaw“, stellte Jurek ihn vor.

„Begrüßung später. Erst Schiff aufbringen“, antwortete er und das Boot der Marine nahm nun Kurs auf die Grom, die sich, ohne Lichter zu setzen, langsam entfernte.

„Da sind noch Taucher im Wasser“, sagte Falk.

„Holen später, erst Schiff“, entgegnete Jaroslaw und setzte dem flüchtenden Kutter nach. Wie ein riesiger Schatten tauchte das Kriegsschiff neben der Grom auf und an Deck sahen sie zwei Männer, die, angesichts der Aussichtslosigkeit ihrer Flucht, ihre Hände in die Höhe gereckt hielten.

Das Kriegsschiff legte seitlich an der Grom an und zusammen mit ein paar Marinesoldaten kletterten Ewa, Jurek und Falk, bibbernd vor Kälte an Bord.

„Meller nicht hier“, rief Jurek ihnen zu, der sich rasch einen Überblick verschafft hatte.

„Wie? Wir haben doch gesehen, dass er an Bord gegangen ist“, rief Falk zurück.

Einer der Soldaten gab die Mitteilung an den Minensucher weiter und nach kurzer Zeit meldete sich der Funkraum. Der Soldat rief etwas auf Polnisch und Jurek und Ewa wurden hektisch.

„Sie haben ein Fahrzeug auf dem Radar, das sich schnell in Richtung Küste bewegt. Jurek drehte sich zu einem der Männer um, die sich der Übermacht ergeben hatten und blaffte ihn an.

„Haut mit Jetski ab“, sagte Jurek, als der Mann ihm geantwortet hatte.

„Los. Ihm nach“, rief Falk.

„Aber nicht in den nassen Klamotten“, wandte Ewa ein. Sie eilten zurück auf das große Schiff und zogen sich trockene Sachen an. In der Zwischenzeit hatte Jaroslaw ein kleines Schnellboot zu Wasser gelassen und mit zwei Mann Besatzung bestückt.

„Wird knapp“, sagte Jurek, als das Schnellboot mit über dreißig Knoten in Richtung Kolberg schoss. Auf dem Radar erkannten sie, dass Meller schon fast die Hafeneinfahrt erreicht hatte, während sie sich noch etwa eine Seemeile entfernt befanden. Rasch näherten sich die Lichter der Stadt und das Boot schoss in den Hafen.

„Da vorne ist sein Jetski“, rief Ewa aus und zeigte auf das kleine Wasserfahrzeug, das führerlos durch den Hafen dümpelte.

„Und da ist Meller“, rief Falk, der den Flüchtenden auf eine Lagerhalle zulaufen sah.

Gekonnt legte der Steuermann das Boot am Kai an. Die drei sprangen von Bord und hasteten dem Flüchtenden nach, der in der großen Halle verschwand. Ihre Waffen, die sie auf dem Minensucher gegen ihre eigenen unbrauchbaren nassen Waffen eingetauscht hatten, entsichernd näherten sie sich vorsichtig dem Gebäude.

„Ich gehen Rückseite“, flüsterte Jurek Ewa und Falk zu und schlich um das Gebäude herum, während Falk vorsichtig die Tür der Lagerhalle öffnete und hineinlugte. Überall stapelten sich Kisten und Container und kein Laut war zu hören. Die beiden schlichen, sich gegenseitig Deckung gebend, vorsichtig in die Halle. Falk hörte ein leises Scharren und zeigte mit seinem Finger in die Richtung, aus der der Laut gekommen war. Die beiden trennten sich, um ihren Gegner in die Zange zu nehmen, als ein Schuss fiel, dessen Kugel knapp an Falks Kopf vorbeiflog.

„Geben Sie auf, Meller“, rief Ewa. „Das Gebäude ist umstellt. Sie haben keine Chance.“

Ein lautes Lachen war die Antwort und Ewa wurde mit einem Kugelhagel eingedeckt, der sie in Deckung zwang. Sie blickte zu Falk, der seinen Standort gewechselt hatte und zuckte mit den Schultern. Falk schlich in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren, aber von Meller war nichts zu sehen. Aus dem Augenwinkel nahm er eine schattenhafte Bewegung war. Er sah eine Gestalt, die sich auf einem der großen Container befand und sich der Position näherte, wo Ewa sich hinter einem Stapel Kisten verborgen hielt. Er sah, wie Meller seine Pistole hob und sein Ziel anvisierte.

„Über dir“, schrie Falk voller Panik. Meller war für einen Moment abgelenkt und drehte sich herum. Falk riss seinen Arm mit der 22er in der Hand hoch und schoss im gleichen Moment. Meller riss die Arme nach oben und fiel, wie von einer Axt gefällt, auf das Containerdach. Mit nach vorne gerichteten Waffen kletterten die beiden nach oben und sahen ihn stöhnend am Boden liegend. Blut quoll aus seinem Mund. Ein Blick in seine brechenden Augen bedeutete Falk, dass hier nichts mehr zu machen war. Inzwischen war auch Jurek, der vergeblich nach einem zweiten Eingang gesucht hatte, herbeigeeilt.

„Das gewesen“, sagte er kurz, als er auf Mellers Leiche blickte.

„Ja. Das war’s. Und Grabowski kommt davon, weil wir ihm jetzt nichts mehr nachweisen können. Die beiden Taucher können uns vielleicht verraten, wer Gerber und Stala auf dem Gewissen hat, aber ich vermute, er ist es gewesen“, sagte Falk, auf Mellers Leiche deutend.

Die drei kletterten den Container hinunter und als sie an einer der Kisten vorbeikamen stutzte Falk.

Sie war mit der Aufschrift „Trans Shipping Poland“ beschriftet. Kurzerhand nahm er ein Brecheisen und hebelte den Deckel nach oben. Was die drei zu sehen bekamen, verschlug ihnen die Sprache. Sie blickten auf eine, zirka dreißig Zentimeter große Statue aus purem Gold. Vorsichtig nahm Falk die kleine Statue aus der Kiste und hielt sie vor sich.

„Sie ist wunderschön“, murmelte Ewa, während Jurek die Kiste weiter untersuchte.

„Das werdet ihr nicht glauben“, rief er aus. Unter der Luftblasenverpackung holte er diverse sakrale, goldene Gegenstände hervor und zeigte sie Falk und Ewa.

„Hier stehen noch mehr Kisten“, rief Falk, während draußen die Sirenen der ankommenden Polizeifahrzeuge zu vernehmen waren.

„Jetzt wissen wir, warum die Bande selbst vor Mord nicht zurückgeschreckte. Das müssen Millionen an Werten sein“, sagte Ewa leise. „Und das stammt alles von diesem mysteriösen Schiff?“

„Sieht so aus. Aber das werden wir bald erfahren, wenn die Archäologen das Wrack untersucht haben. Die Position ist ja jetzt bekannt.“

*

Draußen vor der Lagerhalle wimmelte es nun von Polizisten und ein Team der Spurensicherung kam ihnen entgegen. Jureks Onkel hatte die zuständigen Behörden informiert und von seinen Leuten hatte er erfahren, dass es in der Halle einen Schusswechsel gegeben hatte.

Eine großgewachsene Gestalt kam ihnen mit wutverzerrten Gesicht entgegen.

„Was für einen Affenzirkus haben Sie hier veranstaltet? Und was machen Sie hier, Bonk? Und für sie Kommissar Stepinska, wird das Folgen haben. Ich werde gegen Sie ein Disziplinarverfahren …“

„Sie werden gar nichts“, fuhr Falk dazwischen. „Meller hat vor seinem Tod geredet und wir wissen Bescheid.“

Grabowski wurde kreidebleich. „Der Tote ist Leszek? Aber wie? Ich muss sofort ins Lagerhaus und …“

„Wir haben die Kisten gefunden und die Spurensicherung kümmert sich gerade darum. Dumm gelaufen, Herr Oberinspektor“, grinste ihn Falk an.

Grabowski hatte sich wieder gefangen. „Sie können mir gar nichts beweisen“, zischte er den dreien zu und ließ seine Maske fallen.

„Wahrscheinlich nicht, aber wir bekommen Sie dran, das verspreche ich Ihnen. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber die beiden hier“, und er zeigte auf Ewa und Jurek, die ihn mit grimmiger Miene anschauten, „werden ein Auge auf Sie haben. Und irgendwann machen Sie einen Fehler und dann sind wir dran. Verlassen Sie sich darauf.“

Schließlich machten sie auf dem Absatz kehrt und ließen Grabowski stehen.

Am frühen Morgen kehrten Ewa und Falk erschöpft zu ihrer Wohnung zurück. Leise öffneten sie die Wohnungstür und Jolanta erschien wie der Blitz im Türrahmen. Mit einem polnischen Wortschwall überschüttet sie Ewa, die beruhigend auf sie einredete.

„Sie hat sich Sorgen gemacht. Um uns!“, fügte sie mit einem schwachen Lächeln hinzu. Dann verschwand sie im Bad, während Falk, zusammen mit Jolanta, einen Kaffee kochte.

„Ihr jetzt endlich zusammen?“, fragte sie lauernd.

„Wir jetzt endlich zusammen“, antwortete Falk mit einem breiten Lächeln.

Killer kommen nicht so leicht davon: 7 Strand Krimis

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