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Belastungen ernst nehmen und als Team gemeinsam unterwegs sein

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Ein situationsangemessener Umgang mit Vielfalt kann spannend, bereichernd und inspirierend sein, manchmal aber auch anstrengend oder belastend.

Belastungen können auch damit zu tun haben, dass die institutionellen Strukturen der Schule nicht immer vielfaltsfreundlich angelegt sind und deshalb mitunter die Arbeit von Lehrpersonen erschweren. Das bewusste Einbeziehen von Mehrsprachigkeit etwa wird nicht unbedingt begünstigt durch Selektionszwänge zu einem ungünstigen Zeitpunkt in der kindlichen Entwicklung oder durch die Marginalisierung von herkunftssprachlichem Unterricht (vgl. dazu auch Schader, 2012, S. 21).

Es gehört zu einem professionellen Umgang mit migrationsbezogener Vielfalt, Belastungen ernst zu nehmen und als Team gemeinsam unterwegs zu sein. Dabei ist es besonders unterstützend, eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit zu pflegen, in der Irritationen und Fehlinterpretationen gemeinsam erkannt und benannt werden können. Wenn ein feinfühliger Umgang damit gepflegt wird, ist es nicht nötig, Irritationen zu tabuisieren oder zu dramatisieren. Sie gehören einfach dazu und bilden ein Lernpotenzial für die persönliche und kollegiale Weiterentwicklung (vgl. dazu auch Kölsch-Bunzen et al., 2015, S. 108 f.).

«Ich habe gelernt, Fehler als wertvolle Wegweiser zu verstehen.» (Zitat aus der Projektgruppe)

Neben dem Kollegium gibt es aber noch zahlreiche andere Möglichkeiten, sich selbstbewusst Unterstützung zu holen oder den fachlichen Austausch zu suchen. Dabei gilt es, aufmerksam darauf zu achten, dass der Datenschutz der besprochenen Menschen gewahrt bleibt.

Wo finde ich Unterstützung?

Ich will Dampf ablassen.Ich will mich über Erlebnisse/Erfahrungen austauschen.Ich will eine professionelle Diskussion führen.Ich will fundierte Hintergrundinformationen erhalten.Ich will an einem Fachdiskurs teilnehmen.
–Kollegium–Verwandte–Bekannte–Schulsozialarbeitende*–Kollegium–Verwandte–Bekannte–Schulsozialarbeitende*–Weiterbildungskurse–Kollegium–Schulsozialarbeitende*–Beratungsstellen für Lehrpersonen*–Weiterbildungskurse–Fachstellen von Gemeinde, Kanton oder Bund*–Medien, Websites, Literatur usw.*–Weiterbildungskurse–Weiterbildungskurse–Tagungen, Konferenzen
*Hier kann ich anonym bleiben.

Insgesamt wird deutlich, dass ein professioneller Umgang mit migrationsbezogener Vielfalt hohe Anforderungen an Bildungsfachleute stellt. Gleichzeitig ist es ein faszinierendes Feld voller Möglichkeiten, den eigenen Blick zu weiten, sich anregen zu lassen, kreativ zu sein, sich selbst besser kennenzulernen, an der Dynamik gegenseitiger Wertschätzung teilzuhaben und dabei bestmöglich dafür Sorge zu tragen, dass die Schülerinnen und Schüler Anerkennung erfahren, sowohl in ihren gleichberechtigten Bildungschancen wie auch in ihrer jeweiligen Besonderheit und Einzigartigkeit.

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Literatur

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D-EDK (Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz) (2016). Lehrplan 21. Gesamtausgabe. Online unter: www.lehrplan.ch (30.11.2017).

Dirim, İ. & Mecheril, P. (2010). Die Schlechterstellung Migrationsanderer. Schule in der Migrationsgesellschaft. In S. Andresen, K. Hurrelmann, C. Palentien & W. Schröer (Hrsg.), Migrationspädagogik (S. 121–149). Weinheim: Beltz.

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Eser Davolio, M. (2016). Fortschritte trotz fehlender Verbindlichkeit. Antirassistische Bildung noch nicht flächendeckend. TANGRAM, 37, 40–44.

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Gomolla, M. (2011). Institutionelle Diskriminierung. Rechtliche und politische Hintergründe, Forschungsergebnisse und Interventionsmöglichkeiten im Praxisfeld Schule. In U. Neumann & J. Schneider (Hrsg.), Schule mit Migrationshintergrund (S. 181–195). Münster: Waxmann.

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Helsper, W. & Lingkost, A. (2002). Schülerpartizipation in den Antinomien von Autonomie und Zwang sowie Organisation und Interaktion. Exemplarische Rekonstruktionen im Horizont einer Theorie schulischer Anerkennung. In B. Hafeneger, P. Henkenborg & A. Scherr (Hrsg.), Pädagogik der Anerkennung. Grundlagen, Konzepte, Praxisfelder (S. 132–156). Schwalbach am Taunus: Wochenschau Verlag.

Honneth, A. (2014 [1994]). Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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Mecheril, P. (2008). «Kompetenzlosigkeitskompetenz». Pädagogisches Handeln unter Einwanderungsbedingungen. In G. Auernheimer (Hrsg.), Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität (S. 15–34). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Mecheril, P. (2010). Anerkennung und Befragung von Zugehörigkeitsverhältnissen. Umriss einer migrationspädagogischen Orientierung. In S. Andresen, K. Hurrelmann, C. Palentien & W. Schröer (Hrsg.), Migrationspädagogik (S. 179–191). Weinheim: Beltz.

Micus-Loos, C. (2012). Anerkennung des Anderen als Herausforderung in Bildungsprozessen. Zeitschrift für Pädagogik, 58(3), 302–320.

Schader, B. (2012). Sprachenvielfalt als Chance. Das Handbuch. Hintergründe und 101 praktische Vorschläge für den Unterricht in mehrsprachigen Klassen. Zürich: Orell Füssli.

Scharathow, W. (2015). Ich sehe was, was du nicht siehst … Rassismuserfahrungen in der Schule. In R. Leiprecht & A. Steinbach (Hrsg.), Schule in der Migrationsgesellschaft. Ein Handbuch. Band 2: Sprache – Rassismus – Professionalität (S. 161–178). Schwalbach am Taunus: Debus Pädagogik Verlag.

SKBF (2014). Bildungsbericht Schweiz 2014. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung.

SKBF (2018). Bildungsbericht Schweiz 2018. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung.

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