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Aber ich kann doch raus

23. April | »Warum«, werden Sie fragen, »warum zieht denn der Künstler nicht selbst ein?«.

»Weil«, werde ich Ihnen antworten, »weil mir der Künstler von außen Botschaften geben will. Auf die ich reagieren soll oder nicht.«

Interessanterweise fragen Sie mich nicht, warum es da überhaupt etwas unter dem Erdhügel gibt. Ich habe den Künstler davon überzeugt, mich zu retten. Wenn ich eins kann, dann ist es reden und überzeugen. Er glaubte mir, dass ich diese Rettungsinsel jetzt brauche. 100 Jahre nach dem Untergang der Titanic wurde immerhin eine Seele nachträglich gerettet. In Kassel.

»Hey, hey« werden Sie fragen, »wie schlimm ist das denn. Sie können da nicht raus? Da kriegen Sie doch Platzangst.«

Aber ich kann doch raus. Unter der Erde ist ein kleiner Gang entstanden, über den ich alle wichtigen Dinge geliefert bekomme. Dieser Tunnel ist so groß, dass ich da auch durchpasse. Wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, verschwinde ich da raus und kehre über den Gang später wieder in mein Versteck zurück.

Nur: Im Moment will ich gar nicht raus! Ich bin mir selbst genug. Stellen Sie sich doch mal folgendes vor: Alle Gescheiterten, alle im Leben verletzten, hätten so eine Erdhöhle, in die sie sich erstmal zurückziehen könnten. Über das Leben nachdenken, vollverpflegt. In Ruhe gelassen von allen. Keine Zeitung, kein Fernsehen, kein bescheuertes Facebook.

Die Kommunikation mit Isabelle Hüter klappt inzwischen sehr gut über einen »toten Briefkasten«, wie er aus Mafia-Filmen bekannt ist. In den ersten Wochen schreibt mir Isabelle Hüter einmal pro Woche. Wir verabreden einen Ablageort ihrer Texte in der Karlsaue, an dem auch ich Nachrichten hinterlassen kann. So sind wir zumindest in einer Art Fern-Dialog.

Nichts. Tun. Inside documenta.

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