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NICHT SCHON WIEDER …

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Oh no! Kaum glaubt man sich auf der sicheren Seite, alles unter Kontrolle, alles im Plan, macht irgendetwas einen Strich durch die Rechnung. Das Leben gibt einem einen Arschtritt. Supergemein! Und irgendwie hört es auch nie auf.

Warum eigentlich? Könnte man nicht auch ohne Arschtritte leben? Wäre es nicht besser, wir würden sie einfach vermeiden? Uns da aufhalten, wo das Leben freundlich ist und sich in Sachen Gemeinheiten ein bisschen zurückhält?

Ganz ehrlich? Ich fände das super! Kaum etwas hasse ich mehr als diese miesen Stolperfallen, die meistens genau dann kommen, wenn ich am wenigsten damit gerechnet habe. Alles gut, alles unter Kontrolle. Und dann macht es »Peng!«. Alles liegt in Trümmern und ich stehe mittendrin und reibe mir die Augen. Das kann doch nicht sein! Aber genau so ist es.

Arschtritte des Lebens kann man etwa so gut vermeiden wie die Nacht nach dem Tag. Sie kommen zwar nicht ganz so vorhersehbar, aber doch sehr zuverlässig immer mal wieder vorbei und heben dann das gewohnte Leben aus den Angeln. Mit Macht werfen sie uns aus allen Komfortzonen. Auch wenn wir es überhaupt nicht verdient haben. Sie erwischen uns meistens da, wo wir am verwundbarsten sind. Krisen der unterschiedlichsten Art. Ich hasse diese Momente. Und würde viel geben, sie zu umgehen. Nur: Es geht nicht.

Aber von vorne. Ich bin Psychologin. Ich sollte mich mit so was eigentlich gut auskennen. Aber in sieben Jahren Studium habe ich so gut wie nichts über Krisen gelernt. Nicht, dass sie überhaupt kein Thema gewesen wären. Aber eher am Rand, als unglückliche Ausnahmefälle, in die manche Menschen reinrutschen können. Wie in Unfälle, die man durch eine vorsichtige Fahrweise aber eigentlich vermeiden sollte. Genauso denken immer noch sehr viele Psychologen und beschäftigen sich deshalb damit, wie man das Leben vorhersehbar gestalten und so planen kann, dass möglichst alles glattläuft.

Psychologen sind eben auch nur ganz normale Menschen. Auch sie haben Angst davor, ihr Leben nicht mehr im Griff zu haben. Auch sie möchten gern daran glauben, dass man die schlimmsten Widernisse verhindern kann, indem man alles richtig macht. Also verbringen sie viel Zeit mit der Frage, wie man eine Krise künftig verhindern kann. Als wäre das möglich. Und als wäre das die entscheidende Frage.

Ich glaube inzwischen, dass das gar nicht die entscheidende Frage ist. Daher wird es in diesem Buch auch nicht um diese Frage gehen. Solltest du also hoffen, hier das Rezept zu finden, wie du allen Arschtritten des Lebens ausweichen kannst, muss ich dich enttäuschen. Ich weiß: Das klingt hart und kann ziemlich desillusionierend sein. Aber so ist es und es wäre doch blöd, wir würden uns auf Dauer etwas vormachen, oder? Denn dann investieren wir unsere Energie falsch: ins Vermeiden statt in die Frage, was wir tun können, wenn es so weit ist. Und ob in so einem Unglück nicht vielleicht eine besondere Chance oder sogar richtig viel Power liegt.

Als Psychologin sage ich: ja! Eine ganze Menge sogar. Krisen sind toll. Sie wirken wie ein Wachstumsbooster und ohne sie bleiben wir dumpfe Wesen, die sich im Lauf eines langen Lebens kaum entwickeln. Steinzeitmenschen sozusagen, auf die grundlegenden Genüsse des Lebens fixiert: essen, trinken, schlafen, vögeln und möglichst viel Genuss in einer möglichst großen Komfortzone. Menschen, die zwar älter, aber nicht wirklich weiser werden. Menschen, die ihr Potenzial nicht entfalten. Das entfaltet sich nämlich leider meistens nicht von selbst. Es braucht Erschütterungen und Widernisse. Auch wenn wir von Natur aus alle bequem und auf möglichst viel Sicherheit bedacht sind.

Als Mensch sage ich: Was für ein Quatsch! Was soll schon falsch sein an Sicherheit und Komfort? Entwicklung geht auch so. Aber das hat damit zu tun, dass ich wie jeder andere keinen Spaß an Schmerzen habe – auch nicht an seelischen. Tief in mir hoffe ich daher nach jeder Krise, dass das nun die letzte war. Ich lüge mir also genauso in die Tasche wie jeder andere auch, wenn es um mich ganz persönlich geht. Und um diejenigen, die mir am Herzen liegen, meine Kinder zum Beispiel. Auch für sie wünsche ich mir ein krisenfreies Leben und leide mit, wenn sie einen Tritt bekommen.

Im Rückblick ist man bekanntlich immer schlauer. Aus dieser Perspektive erkenne ich, dass jede Krise zu irgendetwas gut war, vorausgesetzt, ich habe wirklich aus ihr gelernt und ihre Energie genutzt. Und wo mir das nicht gelungen ist, hat mir das Leben mit absoluter Zuverlässigkeit mindestens noch eine zweite Chance beschert.

Wenn dir das Leben in den Arsch tritt, nutze den Schwung

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