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6 – Alles Zirbe

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Jonas sah sich in dem benutzten, aber leeren Hotelzimmer um. Es war nicht das luxuriöseste, auch nicht besonders groß, doch es wirkte gemütlich mit seiner Einrichtung aus Zirbenholz und dem weichen Teppich.

Annika, die Hotelmanagerin, ging umher und wurde immer hektischer. „Niemand da. Das gibts doch nicht.“ Sie begann wieder, zu telefonieren. „Ich bins wieder. Hat Romy vorab bezahlt?“ Schweigend tigerte sie im Raum umher, zog den Vorhang auf, wieder zu. „Aha, nichts bezahlt. Interessant. Danke dir.“

Sie sah zu Jonas. „So ein Mist. Bezahlt hat auch niemand für die beiden Zimmer, die Romy und der junge Mann bewohnt haben.“

„Das tut mir leid für Sie.‟ Jonas machte sich eine Notiz. „Führen Sie mich bitte ins Zimmer der Verstorbenen.“

Annika geleitete ihn aus dem Zimmer und zur nächsten Tür. „Eigentlich gibt es eine Verbindungstür“, sie lächelte etwas anzüglich, „aber Romy wollte lieber, dass diese versperrt bleibt.“

„Aha. Warum das?“

„Sie wollte entscheiden, wann sie mit ihrem Begleiter zusammen sein will.‟ Wieder das anzügliche Grinsen.

Annika benutzte wieder ihren Zentralschlüssel. Dieses Zimmer war deutlich geräumiger und sah sehr bewohnt aus. Ein offener Koffer stand auf einer dafür vorgesehenen Ablage, darin ein Paar Schuhe und einige Klamotten. Auf einem Tisch Gläser, eine angebrochene Flasche Wasser. Annika warf dem offenstehenden Gepäckstück einen Blick zu. „Aber so war sie immer, ein bisschen chaotisch, so sah es in ihrem Zimmer aus, was ich von den Stubenburschen weiß.“

„Stubenburschen?‟

„Ja, wir beschäftigen auf dieser Etage Männer im Zimmerservice.‟ Verschmitzt sah Annika ihn an. „Kommt bei manchen übrigens gut an.‟

„Soso.‟ War dieses Witzeln nur eine hilflose Reaktion auf einen unerwarteten Todesfall – oder etwas Anderes? Jonas beschloss, Annika im Blick zu behalten.

„Jedenfalls gefiel es Frauen wie Romy.‟ Sie zwinkerte.

Er ging ins Bad, es war ebenfalls luxuriös eingerichtet, mit einer geräumigen Wanne, in der zwei Menschen locker Platz hatten, Waschbecken, Ganzkörperspiegel. Flauschige Handtücher in Apfelgrün lagen bereit. Auf einem Bord standen jede Menge Kosmetika.

„Romy hat viel dafür getan, sich ihre jugendliche Frische zu behalten“, seufzte Annika. „So hat sie das immer ausgedrückt. Deshalb auch ihre häufigen Aufenthalte hier bei uns. Um jung zu bleiben, sich zu entspannen, zu regenerieren. Sie hat Diäten gemacht und Entgiftungen und dergleichen.‟

Die Handtücher dufteten blumig. „Maiglöckchen“, erklärte Annika. „Ihr Parfüm, nicht billig.“ Sie griff nach der Flasche.

„Bitte nichts berühren“, sagte Jonas automatisch.

„Achso. Ja. Da muss wohl alles geprüft und so werden.“

„Stimmt.‟

„Entschuldigung. Sollte man ja eigentlich wissen aus den Krimis.‟ Sie grinste wieder.

„Bitte lassen Sie niemanden in das Zimmer, bis ich es Ihnen sage.“

„Geht in Ordnung.“ Sie seufzte wieder. „Das geht doch alles rasch und unauffällig von statten?‟, bat sie neuerlich. „Ich weiß, Romys Tod ist schlimm, aber wir können nicht unser Geschäft vernachlässigen und es gibt eh schon genug Beschwerden, seit Romy gefunden wurde. Auch diese Zimmer sind bald wieder reserviert.“

„Wir tun, was wir können.“

Jonas sah sich weiter im Raum um. Auch hier helle Zirbenholzmöbel, die Decke des Bettes war zerwühlt – die Luft roch verbraucht. „Ich sehe keine Handtasche.“ Er öffnete eine Nachtkästchenschublade. Leer. „Und kein Telefon.“

„Komisch. Ich hab sie immer wieder damit gesehen. Ein Tablet hat sie auch benutzt und so einen E-Book-Reader, obwohl wir unseren Gästen Bücher zur Verfügung stellen, das haben Sie ja unten gesehen. Deshalb wundert es mich eigentlich, dass sie dort gefunden wurde. Vielleicht wollte sie ihren Tee auf dem Sofa trinken. Sie hat sehr häufig den Liebestrank bestellt. Oder ein Hildegard-von-Bingen-Getränk.‟

„Aha, was es nicht alles gibt.‟

„Unsere Küche bietet auf Wunsch auch Hildegard-Diäten an.‟

„So.‟

„Basierend auf Dinkel, ist das sehr wohl-‟

„Danke, schon gut‟, winkte er ab. „Also ist das Mobiltelefon verschwunden.‟ Jonas machte sich eine Notiz.

„War das Telefon denn nicht bei … ihr?“

„Nein. Bei der Toten haben wir nichts gefunden.“

„Aber warten Sie, jetzt wo wir darüber sprechen, was hat sie diesmal gesagt? Sie muss … fasten, ja. Digitales Detox, genau, das war es.“

„Aha.“

„Ja. Sie hat hier eine Art Kur machen wollen für den Geist, nicht nur für den Körper.“

„Und was geschieht während dieser Zeit mit ihren elektronischen Geräten?“

Annika zuckte mit den Achseln. „Woher soll ich das wissen? Ich kann nur fragen, ob sie unten im Safe liegen.“

„Bitte, tun Sie das.“

Digitales Detox. So hieß also das, wie vor den Zeiten von Handy und Co. alle lebten.

„Was gehört sonst noch zu so einer Fastenkur?“

„Wir haben da ein ganzes Programm, unser Detox-Wellness“, fing Annika an und klang wie aus einem Werbeprospekt. „Je nach Wunsch fastet man nur zum Teil oder isst überhaupt keine Speisen. Dann trinkt man nur Kräutertee oder pürierte Gemüsesuppen.‟

„Interessant.‟

„Manche machen das durchgängig ein paar Tage lang, andere nur abends. Dinner Cancelling kann man dann auch sagen. Den Leuten tut das gut, wir haben hellauf begeisterte Gäste.“

„Das freut mich“, sagte Jonas höflich. „Gehören dazu denn bestimmte Tees?“

„Kräutertees, ja. Er wird nach einer Beratung individuell zusammengestellt. Mehr dazu kann Ihnen unser Diät-Berater sagen.“

„Wie heißt er?“

„Alfred Hopf.‟

Jonas notierte sich den Namen und sah sich ein letztes Mal in Romys Urlaubszimmer um. „Gut, gehen wir.“ Draußen schloss die Managerin ab und er klebte ein Siegel an die Tür.

„Und ich will alles über die letzten Stunden vor dem Tod von Romy erfahren.“

„Puh, das wird schwer. Ich dachte, es wäre noch nicht sicher, dass sie eines gewaltsamen Todes … “

„Egal ob natürlicher Tod oder nicht – die letzten Stunden sind für unsere Ermittlungen nötig. Selbst wenn Unachtsamkeit oder etwas in der Art zu ihrem Tod geführt hat.“

„Unachtsamkeit?‟ Jetzt fiel dieser Managerin das Grinsen endgültig aus dem Gesicht. „Bei uns im Betrieb? Unterstellen Sie etwa, dass wir … dass Romy … dass an unseren Speisen und Getränken etwas nicht in Ordnung ist?‟

„Gemach, gemach! Bitte! Noch ist nichts geklärt, ich hoffe, wir können diesen Aspekt einfach rasch ausschließen.‟

„Na, da bin ich aber beruhigt.‟ Annika begann auf der Unterlippe zu kauen.

Jonas machte sich eine weitere Notiz.

„Kommen Sie mit nach unten. Meine Kollegin an der Rezeption wird Ihnen sicher gerne Romys gebuchte Anwendungen heraus suchen‟, erklärte Annika süßlich. „Und im Restaurant fragen wir, wann sie dort war.‟

Gesagt, getan.

Den Weg nach unten legten sie schweigend zurück. Dort beim Empfang überreichte eine säuerlich dreinblickende junge Angestellte Jonas zwei Listen.

„Was Romy Lärch natürlich sonst gemacht hat … “

„ … kann keiner sagen. Ich verstehe.‟

Alle putzten sich ab. War ja immer so bei unklaren Todesursachen.

Zu Tode entspannt

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