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6.2.1. Zentralbau

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5.2.2.

Partsch 2004, 45

Riegl 1901, 51

Koch 1995, 36

Jones 2009, 71–84

Deichmann 1950, 1256f

Yerasimos 2007, 39

Die ersten Sakralbauten im Osten waren nach spätantiker Üblichkeit Basiliken. Erst nach dem 6./7. Jh. kann zwischen der Neigung des Westens zur Basilika und der des Ostens zur Kreuzkuppelkirche differenziert werden. Die Anwendung des römischen Zentralbaus auf christliche Kultzwecke ist eine oströmische Besonderheit. Die Tendenz, »die Bauten zu zentralisieren«, gab es im Osten vor neuplatonischem Hintergrund jedoch schon früh. Bereits unter Konstantin entstanden, in erster Linie bei Baptisterien und Märtyreroratorien, Zentralbauten (Antiochien, Jerusalem, Rom). Direkte Vorbilder waren das römische Grabmal, Kultbauten (Pantheon), Thermen und die Audienzsäle der Kaiserpaläste in Rom und in der Provinz. Bei den weiter zurückreichenden Quellen dürfen die zahlreichen Tholoi, die Rund-Tempel, nicht übersehen werden, die in der antiken Tempellandschaft pointierte Markierungen setzten. Was die Kirchen betrifft, existierten in der Levante, namentlich in Syrien, zahlreiche Kirchen mit zentralem und polygonalem Grundriss. Formal kann man auch einen Zentralbau wie eine Basilika lesen, aber er bringt noch treffender die Verbindung (platonisierender) christlicher Weltanschauung mit der Kaiserideologie zum Ausdruck.

Kreuzkuppelkirche

Günther 2009, 116f

Swift 1951, 31


258 Santa Costanza (um 340); Rom

Jones 2014, 141

Aus der Verbindung von Zentral- und Längsbau ergab sich die Kreuzkuppelkirche. Sie ist ursprünglich als Tetrastyl-Kirche (in ein Quadrat eingeschriebenes griechisches Kreuz) eine reine Zentralbaukirche, wurde aber meist gelängt. Ihre Wurzeln dürften in Persien und Armenien liegen. Im byzantinischen Raum wurde sie zur verbreitetsten Form. Vielleicht wurde sie erstmals in der um die Säule des Styliten Simeon in Qalaat Seman in der Nähe von Aleppo gebauten Kirche (Ende des 5. Jh.s) realisiert. Dem überkuppelten Oktogon waren auf vier Seiten dreischiffige Basiliken angeschlossen, sodass die Kirche eine Kreuzform bildete. Manche Wissenschaftlerinnen wollen den Zentralbau überhaupt von der Kreuzform ableiten. Einerseits gibt es die Kreuzform bereits in Ägypten (man vermutet im Sphinxtempel von Cheops oder Chephren in Gizeh eine solche Form), andererseits hat das Argument von Emerson Swift etwas für sich, dass die frühen Christen ihre Kirchen kaum am Hinrichtungsinstrument der Römer orientiert hätten. Das Gegenargument lautet, dass zum Zeitpunkt der stärksten Bauphasen des Rundbaus das Kreuz bereits ein Symbol der Auferstehung war, wie Swift durchaus einräumt. Mit Mark Wilson Jones läge geradezu eine Umcodierung einer antiken Form vor: Die Kreuzform der christlichen Basilika »evolved from that of Roman basilicas, and only later was the symbolic potential of the cross exploited.«

Gesamtkunstwerk

Kunstphilosophisch reizvoll am Zentralbau als Grundform des byzantinischen Kirchenbaus war, dass er mit der Mosaikausstattung zu einem Gesamtkunstwerk verschmolz, das als ganzes jenen anagogischen Charakter besaß, der im Einzelnen auch der Ikone zukam. Hosios Lukas in Böotien (um 1025; bezieht sich auf einen Lokalheiligen, nicht auf den Evangelisten), Nea Moni auf Chios (um 1050) und Daphni in Athen (um 1080) sind die drei noch erhaltenen Beispiele eines solchen Entwurfs.

Haussig 1959, 105

Bisweilen führt man den Paradigmenwechsel vom Längs- zum Zentralbau, der zugleich eine Abkehr vom klassischen Vorbild Roms war, auf den Einfluss der Mönchsbewegung zurück. Die Kuppelbauten seien »Ausdruck der neuen, von der monastischen Bewegung getragenen Religiosität […].«

Deichmann 1950, 1256f

Sauser 1966, 493

Beide Geometrien lassen sich mit existentiellen Konstanten beschreiben. Sie sind »Ausprägungen zweier kosmischer Prinzipien« – genauer: Sie sind zwei Narrationen, die in kosmischen Prinzipien gründen. »Hat man beim Betreten eines westlichen basilikalen Kultraumes das Empfinden, man müsse gleichsam die Hallenstraße der göttlichen Urbs durchschreiten, um durch den Triumphbogen hindurch ins Chorhaupt, den Thronsaal des Königs, zu gelangen, so wird der Schritt des Betrachters in einer östlichen Kirche irgendwie gehemmt, er möchte eher in der mit allem Glanz des Lichtes herabgestiegenen Stadt ruhig verweilen […].« Bemerkenswert ist Sausers Hinweis auf die Polismetapher im Zusammenhang mit dem Zentralbau, was in der Tat auf den alten Zusammenhang der kosmischen bzw. göttlichen Stiftung der Stadt anspielt.

Pevsner 1943, 185

Für Nikolaus Pevsner hingegen entspricht der Zentralbau nicht einer dem Jenseits zugewandten, sondern einer diesseitigen Geisteshaltung. In einem Zentralbau gäbe es kein Prozessieren, ja »hier ist im Grunde überhaupt keine Bewegung vorgesehen. Der Raum übt seine volle Wirkung nur dann aus, wenn man ihn […] vom Zentrum her, betrachtet. Indem der Besucher – solcher Aufforderung gehorchend – von hier aus in ruhigem Verweilen seinen Blick umherschweifen läßt, wird er selbst zum ›Maß aller Dinge‹. So wird die transzendente Bedeutung der Kirche durch einen immanenten und rein menschlichen Gehalt ersetzt.« Pevsner unterschlägt bei solcher Deutung geradewegs den Sinn eines Zentralbaus, nämlich seine anagogische, welt- und materieflüchtige Funktion.

Kuppel

Kunstphilosophie und Ästhetik

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