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4.2.2. Die Okzidentalen

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Der Osten blieb konservativ und sowohl in Inhalten als auch in den Formen beharrend. Aufklärerische Phasen wie im instabilen Westen, der sich angesichts der Konfrontation mit den neuen Völkern geistig ständig neu orientieren musste, fehlten weitgehend. Die Lateiner waren Praktiker. Sie neigten zu einer nüchternen, wenig spekulativen Lehre, in der der Mensch mit seinen Pflichten und seinem Handeln im Vordergrund stand. Breiten Raum nahm die Polemik gegen die paganen Opferkulte ein, etwa das Stieropfer im Kybele-Kult (Taurobolium), eine Polemik, die angesichts verbreiteter Nostalgie zu den alten Kulten angeraten erschien und die Differenz zum christlichen Opferkult herausarbeiten sollte.

Lieferten die griechischen Väter für die Entwicklung des byzantinischen Geistes wichtige Impulse, standen die Väter lateinischer Sprache an der Schwelle zum Mittelalter im Westen. Sie stammten aus Rom (Ambrosius, Gregor der Große), Spanien (der christliche Dichter und Allegoriker Prudentius), Dalmatien (Hieronymus), Ägypten oder Nordafrika (Tertullian, Minucius Felix, Augustinus).

Im Westen war die Tradition der römischen Philologie, Rhetorik und Wissenschaft noch sehr präsent. Der römische Rhetor Laktanz bedauerte (ganz im Gegensatz zu Origenes), dass gebildete christliche Autoren wegen der Schönheit der verwendeten heidnischen Literatur gescholten wurden. Die Schönheit der Sprache sei demgegenüber aber ein Mittel, um Gott zu gefallen.

Tertullian

Tertullian, De cultu I,8

Septimus Tertullian war neben Minucius Felix (Dialog Octavius) der älteste Schriftsteller der lateinischen christlichen Tradition und ein Beispiel für die frühe Bilder- und Philosophiefeindlichkeit der Christen. Er lehnte die griechische Philosophie ab, weil sie als heidnische die Wurzel aller Häresien, vor allem der Gnosis, sei. Inhaltlich bewegte er sich in seinen glänzenden Schriften jedoch durchaus in den Bahnen des Platonismus. Dies auch in der Behauptung von der Ableitbarkeit der Existenz Gottes aus seiner Schöpfung. Tertullian, in dessen OEuvre sich Schriften gegen die Schminksucht der Frauen (De cultu feminarum) und gegen das antike Unterhaltungswesen (De spectaculis) finden, bezeichnete die Leistung der Künstler als Teufelswerk: »Gott hat an nichts Wohlgefallen, was er nicht selbst hervorgebracht hat. Konnte er nicht auch purpurrote oder stahlblaue Schafe erschaffen? Wenn er es vermochte, so hat er es nicht gewollt; was Gott aber nicht machen wollte, das darf man auch nicht machen […]. Was nicht von Gott kommt, muß notwendig von dessen Widersacher kommen.« Das Argument ist ähnlich der späteren Kritik im Koran, Künstler würden das Schöpfungswerk Gottes plagiieren. In seinem Werk De idolatria gibt er Anweisungen, was ein christlicher Künstler überhaupt schaffen darf. Seine Christusbeschreibungen (De carne Christi) sind Beschreibungen eines bedürfnislosen Kynikers. Zu diesem Stück Umcodierung eines antiken Motivs gesellte sich die Anwendung des heidnischen Sol Invictus-Motivs auf Christus.

Gegen Ende des 4. Jh.s führte Tertullian das Juristenlatein als Sprache der Kirche ein (darunter den Begriff des Eides, der den Schwörer den Göttern weiht: sacramentum). Zentrale Figur für diese Wiederbelebung der klassischen Antike war der Literat und Rhetor Quintus Aurelius Symmachus. Er bekleidete das Amt eines Senators und Stadtpräfekten, setzte sich für die altrömischen Kultgebräuche ein und veranlasste Neuausgaben antiker Klassiker. Von Hieronymus wurde er dafür als Götzenverehrer beschimpft.

Ambrosius/Hieronymus

V.6.2.3.

Hieronymus, Eust. 31

Hieronymus, Hel. 25

II.3.2.5.

Auf der anderen Seite förderte Ambrosius von Mailand, der dem Drängen des Symmachus nach Toleranz gegenüber den Heiden ebenfalls Widerstand entgegensetzte, die christliche Kunst, was Mailand zu einem Zentrum der frühchristlichen Kunst machte. Wie viele andere Kirchenväter entwickelte auch Ambrosius eine auf Schriftstellerei basierende Architekturallegorese, die im Mittelalter große Bedeutung erlangte. Eines der Th emen dabei war, dass die in Armut geborene Kirche Reichtum und Schmuck in der Ewigkeit erwarten durft e. Auch Hieronymus, der in Rom Rhetorik und Philosophie studiert hatte, machte gegenüber den antiken Schätzen Vorbehalte geltend und strich ihre Differenz zum christlichen Ideal heraus. Wie im Osten üblich, stellte er sich gegen jede leiblich-sinnliche Schönheit und füllte den Psalmvers 44,12: »Der Herr wird nach deiner Schönheit verlangen« in folgender Weise mit Inhalt: »Erfaßt Dich Grausen ob des ungepflegten Haares und des schmutzigen Hauptes? Dein Haupt ist ja Christus.« Hieronymus hatte – nach Auft rag von Papst Damasus I. – nach einigen bruchstückhaft en Vorläufern gegen 400 die erste (zwar auch nicht vollständige) maßgebliche lateinische Bibelübersetzung (Vulgata) erstellt. Sie setzte sich im 9. Jh. gegenüber der Septuaginta durch und wurde vom Konzil von Trient zum grundlegenden Text erklärt. Er gehört neben Augustinus, Ambrosius und Gregor dem Großen zu den vier bedeutendsten Kirchenvätern. Unzählige Male wurden sie in der westlichen Kunst abgebildet.


216–219 Fresko der vier Kirchenväter (Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Gregor) im Domkreuzgang von Brixen (Anf. 15. Jh.)

Kunstphilosophie und Ästhetik

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