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4.0. Philosophie und Ästhetik der griechischen und lateinischen Väter

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5.1.

Vor einer genaueren Besprechung der frühchristlichen Kunst und Ästhetik sei ein Blick auf die philosophischen Ansätze der »Väter« dazwischen geschoben. Sie sind ein grundlegendes Interpretationsunternehmen, das für die Umcodierung der antiken Kunst in christliche Motivik eine wichtige Voraussetzung bildet. Man nennt dieses Unternehmen Patristik. Der Ausdruck meint weniger einen Zeitabschnitt (bis etwa 600) als vielmehr ein systematisches Ringen von Theologen des Ostens und des Westens, die christliche Lehre theologisch zu festigen, was eine philosophische Fassung zur Voraussetzung hat.

Jensen 2000, 30f, 79

Ekphrasis

An dieser Stelle stellt sich die Frage, inwieweit Kunst und Text parallel laufen und nicht vielleicht verschiedene Glaubensüberzeugungen und unterschiedliche theologische Systeme spiegeln oder Ausdruck verschiedener sozialer Gruppen sind. Robin M. Jensen hat dieses Problem ausdrücklich im Blick, wenn sie davon ausgeht, dass die jeweiligen Diskurse für das Verständnis des jeweils anderen erhellend sind. In unserem Fall sollte das Textcorpus der Theologen ein besseres (philosophisches) Verständnis für die Kunst ermöglichen. Dazu kommen Metapherndichte und Technik der Ekphrasis, welche die theologischen und philosophischen Texte anbieten.

Harnack 1900, 132

Iwersen o.J., 93ff

Mit der alten Tradition der Philosophie im Hintergrund entstand in der Spätantike und im Mittelalter der Anspruch, das Christentum zu einer – wie es Adolf von Harnack nannte – »Gott-Welt-Philosophie« auszubauen. Daneben musste in den ersten Dokumenten die Frage beantwortet werden, warum ein Teil der Juden die Gebote nicht mehr hielt und einen Messias als Gottessohn anbetete. Und dies sollte für gebildete Schichten auch argumentativ nachvollziehbar sein, daher durfte das Wissen nicht dem Glauben im Wege stehen.

Die frühchristliche Literatur und Theologie beginnt mit den missionarischen apostolischen Schriften, also den Paulinischen Briefen und den Evangelien. Paulus legte das Christuswort bereits theologisch aus, doch die nähere Herausbildung einer Theologie geschah in der Väterzeit parallel zur Kanonisierung der neutestamentlichen Schriften, die sich in vielen parallelen Anläufen bis ins 4. Jh. hinzog. Wie oben bereits beschrieben, wuchs mit dem dafür gut geeigneten Instrumentarium der hellenistischen Philosophie dem Christentum eine seiner Stärken zu, die Universalität. Es konnte die Beschränkung auf das historisch begrenzte Wirken eines charismatischen Wundertäters überwinden.

Bardenhewer 1902, I, 64

Zunächst galt die Auseinandersetzung dem heidnischen Umfeld. Die Literatur bestand anfangs aus pastoralen, exegetischen und kommentierenden Schriften. Dies entsprach den urkirchlichen Aktivitäten, die sich aus der Praxis der Missionierung (Katechumenenunterricht) ergaben.

V.7.2.

Schmidinger 2000

Schmidinger 1992

Gombocz 1997, 234f

Offenbarung und Philosophie

Fuhrmann 1994, 54

Die Reflexionen des nachapostolischen Schriftguts machten das Christentum mehr und mehr auch für gebildete Kreise interessant. Denn aus frühen apologetischen Schriften, aus dem dogmatischen und antihäretischen Traktat mit ersten Erprobungen des philosophischen Instruments, wuchs eine wissenschaftliche und philosophische Ambition im Dienste der christlichen Weltanschauung. Bewusst ist hier die Rede von »Wissenschaft«, weil die entstehende Theologie nicht auf den späteren Wissenschaftsbegriff der Scholastik ab dem 11. Jh. eingeschränkt werden soll. In der zeitgenössischen Debatte wird der Beginn einer vernunftorientierten Theologie gerne mit der Scholastik und dem Hochmittelalter verbunden. Diese scholastische Theologie erhielt jedoch ein weitgehend fertiges theologisches Korpus überreicht. Die Prägungen und Definitionen der Glaubensfragen geschahen bereits in der römischen Kaiserzeit. Ob man den inhaltlich und historisch eng definierten Begriff der Scholastik auch auf die Kommentartätigkeit der Patristik ausdehnen soll, sei dahingestellt, aber unstrittig ist, dass auch die Väterliteratur eine wissenschaftliche Würdigung verdient. Faszinierend an der Patristik ist die gegenseitige Herausforderung von Offenbarung und Philosophie, von »Jerusalem« und »Athen«. Aus vielen Zeugnissen der Väter spricht die Abscheu vor der heidnischen Mythologie, aber in der polemischen Auseinandersetzung ließ man sich durchaus auf die dort gebräuchlichen Argumentationsformen ein. Es ging offenbar darum, die antike Literatur mit christlichem Geist zu füllen.

Allegorese

5.2.2.

Kunstphilosophisch ist die Patristik ein wertvolles geistesgeschichtliches Zwischenglied zwischen dem Text der Bibel und der Umsetzung in die Kunst. Wichtig dabei war die Allegorese. Damit konnte man nicht nur die Liebesdichtung des Hohelieds spiritualisieren, auch die zahlreichen Schriftstellen, die von reichen Schätzen und üppiger Ausstattung von Tempeln und Synagogen handeln, ließen sich anagogisch überhöhen.

Bis zum 4. Jh. waren die Väter, insbesondere in der apologetischen Literatur, strikte Gegner des Bildes, gemeint war dabei das heidnische Bild. Erst dann – Eusebius von Cäsarea war einer der Ersten – polemisierte man auch gegen das Christusbild, das in dieser Zeit in wenigen Exemplaren kursierte. Daher ist diese Polemik auch nicht allzu verbreitet, weil die meisten Schriftsteller von einem Christusbild noch nichts wussten.

Kemp 1994, 263

Daneben gab es allerdings – je später, desto eher – womöglich auch direkte Anregungen zur Kunst. Sollte z.B. Ambrosius tatsächlich ein Ideengeber für die Bildertür zu seiner Basilika in Mailand gewesen sein, würde das »einen der großen Exegeten der Bibel in eine enge Beziehung zu einem Monument der biblischen Kunst bringen […].«

Kapriev 2005, 15

Haas 1979

Darüber hinaus spiegelt die Patristik die verhängnisvolle Spaltung zwischen lateinischem Westen und griechischem Osten. Es ist eine Spaltung zwischen der in der mittelalterlichen Scholastik einsetzenden Pflege der Rationalität und einer spekulativen, aber in der religiösen Praxis auch empirischen, Theologie des Ostens. Im Osten blieb die alte antike Unterordnung des Subjekts unter das Offenbarungsgeschehen deutlicher sichtbar. In diesem Verständnis denkt der Theologe kaum begrifflich über Gott nach, sondern erkennt die Worte Gottes selbst, »die Gott ihm in einer übergeistigen Erleuchtung gibt.« Die mystische Erfahrung Gottes angesichts seiner prinzipiellen Unaussprechbarkeit und nicht ein diskursives Verfahren ist der Gipfel der Theologie. Darin liegt der markanteste Unterschied zur mittelalterlichen Scholastik.

Kunstphilosophie und Ästhetik

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