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Mit Oma Pischke beim Frauenarzt

Freidenker

An vorn son Tach treff ich Oma Pischke an Milchwagen. »Moin Freidenker,« sacht Oma Pischke.

Ich sach: »Moin Oma. Hömma, Oma Pischke. Wat trinks du eigentlich soviel Milch. Du bis doch schon Schlachtvieh, von wegen Kalzium.« Oma: »Hör mich auf, Freidenker. Dat is wegen mein Frauenarzt. Der sacht, dat ich dann fürn Opa schön geschmeidich bleib, woll.« Ich sach: »Oma Pischke, ihr spielt doch im Bett nur noch, auf welche Seite er fällt.« Oma: »Nix Freidenker. Der Opa hat ne gesunde Alters-Starre.« Ich sach: »Ich frach gätz nich, wo du die Milch zu dir nimmst, Oma.«

Dann fracht Oma mich: »Freidenker, kannse mich heute zum Frauenarzt begleiten? Der Opa hängt mit seine Starre im Schlafzimmer fest.«

»Ja sichär, Oma,« sach ich. Um sechs Stunden vor Zwanzich Uhr sitzen Oma und ich innen PT Cruiser. Die Mucke auf volle Pulle. Oma Pischke hat sich ZZ Top, Gimmi all your lovin, gewünscht.

Als Ziel hat Oma die Gartenstraße 32 oder 23 angegeben. »Ich erkenn dat Gebäude wieder, Freidenker. Der letzte Besuch is erst drei Jahre her.« Ich sach: »Wat is denn bei sonne Oma noch zu untersuchen ?« Oma sacht: »Dat war keine Untersuchung, Junge. Ich hab mich fürn Opa anne schlechten Teile piercen lassen.« Ich sach: »Du has Ringe inne schlechten Teile, Oma ?«

»Ne, nich ganz, Freidenker. Ich hab mich für Opa tackern lassen, damit der den Wech schneller findet, woll.«

Dann sind wir an ät Ziel und ich bremse inne 30er Zone von 120 auf Null. Oma schlächt leicht mit de Birne auf ät Armaturenbrett. Ich sach: »Siehse Oma. Wir sind da. Nummer 23, woll.«

Oma Pischkes Augen drehen sich nen bisken nach innen, wie bei meinen treuen Gefährten, mein Hund Ballou. »Allät in Ordnung, Oma?« Oma nickt und ich sach ihr nix von dem Horn, dat auf ihre linke Stirnseite an wachsen is.

Dann gehen wir zum Eingang. Auffem Schild steht: »Habe-kei-ne; Ah-Nung. Akkupunktur, Reiki, Massage, Tiefentherapie.«

Ich sach zur Oma: »Hier sind wir richtich Oma. Dat die dat Tiefentherapie nennen, find ich schon klasse, woll.« Oma nickt und dat Hörnchen wächst.

Dann gehen wir innen Frauentempel rein. Gleich kommt uns sonne Lotusblüte, mit ein Duft von Lavendel, entgegen und fracht: »Guten Tag. Dalf ich nach ihlem Namen flagen.« Ich sach: »Hömma, dein Duft kenn ich doch von mein Stinkebäumchen aussem PT Cruiser, woll. Und sichel dalfse nach den Namen flagen. Und den melkse dil gut, woll. Wil sind angemeldet.«

Velstölt und knullend bringt uns der duftende Wok ins Behandlungszimmer. Ich bleib draußen vorm Vorhang, mit ein chinesischen Drachen, sitzen. Ich denk noch so: »Da wird schon so manche bei de Untersuchung Feuer gespuckt haben, woll.«

Dann erklingt dreimal der Ton einer Klangschale. Ich sach: »Oma, ham se dich getroffen.«

Nix, keine Antwort. Dann beginnt schon die Behandlung. Ein weibliche Stimme sagt: »Wir beginnen jetzt mit einer Massage, damit die verkrampften Stellen sich lösen können.«

Ich denk so bei mich: »Wenn dat ma mein Urologe so machen würde.«

Oma fängt an zu stöhnen und ich überlege für einen Moment, ob ich Opa Pischke nich schon jetzt aussem Schlafzimmer hole. Dann höre ich die weibliche Stimme wieder: »Sehl schön. Es ist alles sehl schön weich und ich spüle die innele Öffnung.« Ich denke, mit ein Bild vonne Oma Pischke in mein Kopp: »Die Ärztin muß nen verdammt langen Arm haben. Vielleicht war die ma Tierärztin, woll.«

Die weibliche Stimme: »So, nun setzten wil in die weichen Stellen die Nadeln. Es welden alle 24 Sinnespunkte genadelt.«

Als ich dat gehört habe, bin ich ma zwischendurch schnell nach vorne und hab mich fürn Seminar angemeldet, woll. Dann wieder vor Omas Kabine. Als ich da ankomme is ät ein Nebel.

Und dat stinkt nach ein Rauch, wie ausse Kirche, den die immer aus ihrem Locheimer inne Gemeinde schütten. Ich sach: »Oma, wat rauchse denn für ein Kraut. Hasse dem Paster die Kippen geklaut ?«

Oma stöhnt und ät kommt keine Antwort. Dann wieder die weibliche Stimme: »Sehl schön. Ich nehme jetzt die Nadel wiedel laus und dann schmielen wil die Stelle mit Heilelde ein.«

Ab diesen Moment konnte ich als technisch geprächter Freidenker wieder inne Frauenwelt mithalten, woll. Dat is ne 1a Versiegelung, die Oma Pischke da bekommt. Hier isse inne richtigen Hände, da bin ich mir sicher.

Dann kommt Oma Pischke ausse Kabine. Ne, nich kommt. Oma Pischke schwebt. Und dat Horn anne Stirn is wie aussem nix verschwunden. Und sie stink genauso wie mein Lavendelbaum in PT Cruiser. Ich sach: »Is der Kanal wieder frei, Oma.« Oma Pischke grinst mich an und sacht: »Alles is wieder frei, mein Denker. Ich will jetzt so schnell wie möglich zu Opa Pischke.«

Dat is noch Liebe, denke ich. Nich ma ein paar Stunden könnse auseinander sein...

An gleichen Abend von son Tach geh ich mit Ballou noch ne Runde. Bei Pischkes steht der Krankenwagen vor der Tür. Ich krich Angst wegen Oma Pischke. Bestimmt wegen dat Horn und den Aufprall innen PT Cruiser, denke ich. Dann kommen se raus, mit den nackigen Opa Pischke auffe Trage. Die Alters-Starre zu den Sternen aufgerichtet und 15 Eisbeutel drum herum.

Ich sach: »Wat is los, Opa Pischke. Bisse mit deine Starre inne Heilerde stecken geblieben.«

Opa Pischke zeigt mir seinen knorrigen Mittelfinger und stöhnt: »Freidenker, dich krich ich noch, woll.«

Ballou guckt mich fragend an. Ich sach zu ihm: »Dat mit der Inklusion müssen wir aber noch ein bisken üben.« Dann gehen wir weiter und hören das nimmer endende Stöhnen von Oma Pischke bis in die Tiefen des Sauerlandes.

Touché - und andere Generationengeschichten

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