Читать книгу Clé de l'amour - Christel Siemen - Страница 7

4. Kapitel

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„Antoinette wird Ihnen im Obergeschoss eines der Gästezimmer herrichten. Sicherlich haben Sie Gepäck dabei. Ich habe in der nächsten Stunde noch etwas vor. So haben Sie genügend Zeit, sich dort einzurichten. Eine kleine Bitte hätte ich zuvor noch. Unten an der Auffahrt stehen am Teich wunderschöne Schlüsselblumen. Würden Sie mir bitte zwei Sträuße pflücken?“ Eve kam dieser Bitte gerne nach. Sie machte sich erst einmal daran, ihre Schuhe am Fuß der Freitreppe wieder anzuziehen, denn sie lief auf Socken. In Gedanken war sie bereits dabei, woher sie etwas Kleidung fürs Haus herbekommen konnte. In den Satteltaschen befand sich nur das Nötigste und praktische Radlerklamotten. Für ein Leben im Schloss war sie wahrlich nicht ausgestattet. Sie lief um das Château herum und kam dem Wunsch der Comtesse nach und pflückte zwei schöne Blumensträuße. Im Park fand sie herrliches Grün, womit sie die Sträuße dekorativ verschönerte. Die Gräfin rollte ihr bereits in ihrem Rollstuhl entgegen. Sie hatte sich entsprechende Handschuhe übergezogen und kam sehr gut mit ihrem Rolli alleine zurecht. Eve freute sich über ihre Selbstständigkeit. „Respekt Comtesse du Rivage, Sie gehen sehr geschickt mit ihrem Rollstuhl um.“ „Der Rollstuhl ist für mich kein Hindernis. Ich lasse mich doch nicht unterkriegen, nur weil meine Beine nicht mehr funktionieren. Aber bitte, nennen Sie mich Marie. Ich mag diese förmliche Anrede nicht sonderlich.“ Eve spürte bereits nach dieser kurzen Zeit des Kennenlernens, dass die Begegnung mit der Comtesse eine Bereicherung für ihr Leben war. Mit ihr würde sie gut auskommen. Sie reichte ihr lächelnd die Blumen. „Sehr hübsch. Vielen Dank. Wir wollen gleich zur Grabstätte meiner Schwiegertochter und meines verstorbenen Mannes gehen, bevor es regnet. Heute jährt sich der Todestag meiner Schwiegertochter zum zweiten Mal“, klärte sie Eve auf. „Wir sehen uns später. Am besten treffen wir uns in der Küche. Ich möchte mit Antoinette den Speiseplan für die kommenden Wochen durchsprechen. Wir müssen überlegen, wie wir die Einkäufe regeln, jetzt wo wir wegen Corona so wenig wie möglich die Geschäfte aufsuchen sollen.“ „Soll ich Sie nicht zum Friedhof schieben?“, bot sich Eve an. „Nein, das ist nicht nötig. Mein Sohn wird mich begleiten. Sehen Sie dort drüben?“ Sie wies auf ein kleines Haus, welches wohl aus den ehemaligen Stallgebäuden zu einem Wohnhaus umgebaut worden war. „Dort wohnt er. Ich habe mich mit ihm verabredet. Das schaffe ich leicht.“ Eve nickte und begleitete sie ein Stück des Weges, weil sie ihre Satteltaschen aus der Remise holen wollte. Dann trennten sie sich.

Als sie zum Schloss zurücklief, sah sie, wie die Gräfin, ihr Sohn und ein Junge, er mochte neun oder zehn Jahre alt sein, mit einer jungen Frau einen Weg in Richtung Süden einschlugen. Die Dame hatte eine Hand auf der Schulter des Knaben liegen. Sie wirkte sehr vertraut mit dem Kind. Wer mochte das sein? Gab es im Leben des verwitweten Grafen wieder eine Frau? Davon hatte die Comtesse nichts erzählt. Eve verwarf schnell wieder diesen Gedanken. Was ging es sie auch an! Während Eve die kleine Karawane beobachtete, registrierte sie, wie sich der Mann, den sie vorhin am Müllcontainer gesehen hatte, zu der kleinen Gesellschaft gesellte. Genau in diesem Moment geschah etwas Merkwürdiges. Der Junge riss sich los, drehte sich auf dem Absatz um und rannte nach Hause zurück. Eve stand nah genug, dass sie sehen konnte, wie dicke Tränen über die Wangen des Knaben kullerten. Ein Kind weinen zu sehen, das rührte ihr Herz. Der Junge verschwand im Haus. Ob er sehr um seine verstorbene Mutter trauerte?

Während sich Eve Gedanken um die Trauerprozession machte, lief sie querfeldein durch die weitläufige Parkanlage. Es war ein beeindruckendes Anwesen. Vor vielen Jahren musste hier ein wahrer Landschaftskenner viele verschiedenen Baumarten und Sträucher aus aller Herren Länder angepflanzt haben. Man sah, dass die Anlagen gepflegt wurden. Der Rasen war frisch gemäht und die Blumenbeete waren gegrubbert worden. Doch es war deutlich zu erkennen, dass man irgendwann aufgehört hatte, das ursprüngliche Arrangement der Gartenarchitektur zu vollenden. Etliche größere Flächen lagen brach und störten das schöne Landschaftsbild. Vor ihrem geistigen Auge entstanden bei Eve sofort Bilder, wie diese Lücken ausgefüllt werden konnten. Eve fiel auf, dass bei den fremdländischen Pflanzungen darauf geachtet worden war, diese nach Erdteilen anzuordnen. Das musste der Ursprungsgedanke als übergreifendes Thema für die Gestaltungsidee gewesen sein. Also existierte ein europäischer Teil im Park, einen Asiatischer und so weiter. Eve wusste, dass es in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts einen weltberühmten Garten- und Landschaftsplaner gegeben hatte, der einige der schönsten Gärten in England und Frankreich nach diesem Motto angelegt hatte. Irgendwie erinnerten die Grundzüge dieser Anlage an seine Arrangements. War er auch hier am Werk gewesen? Eve war sofort Feuer und Flamme bei dieser Idee. Das war ein interessanter Gedanke, einmal nachzuforschen, was es damit auf sich hatte. Sie musste mit der Comtesse darüber sprechen. Vielleicht wusste diese mehr darüber. An einem runden Rosenbeet blieb sie stehen. Es handelte sich um eine ganz alte Züchtung. Die Rosen waren nicht ordnungsgemäß zurückgeschnitten, deshalb waren sie verwildert und würden im Sommer mit Sicherheit nur vereinzelt blühen. Hier war dringend eine Spezialpflege vonnöten. Kontrastreiche und spannende Rosenbegleiter wären Stauden mit anderen Blütenformen, wie zum Beispiel Rispen- oder Schleierblüten, ging es ihr durch den Sinn. So würden sich die Rosen mit Salbei und Lavendel auf wundervolle Weise ergänzen. In einer Nische in der Nähe der Freitreppe konnte sie sich einen verwunschenen Pavillon vorstellen. Es wäre ein herrliches Plätzchen, um sich nach Feierabend in der Abendsonne dort aufzuhalten. So manche kreative Idee spukte in ihrem Kopf herum, während sie sich auf den Weg zur Schlossküche begab.


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