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9 Mein erstes Date mit dem Dichter

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„Gehst du heute wieder ins Apollo?“ fragt Mama, ich bin schon zum Ausgang bereit.

„Ja, klar.“

„Was läuft denn?“

„Ich glaub nicht, dass dich der Film interessiert.“

„Tolldreiste Geschichten. Ist eine total heiße Sache. Schärfer als der letzte Tango mit Marlon Brando. Mein Freund und ich sind auch dort. Von solchen Filmen kann man wirklich was lernen“, gibt die Jugoslawin unaufgefordert zum Besten.

Ich könnte sie in der Luft zerreißen.

„Man sollte dir mal kräftig den Po versohlen“, rät Mama der Jugoslawin.

„Nicht nötig. Der nächste Krampustag kommt bald und da bin ich eh wieder fällig. Letztes Jahr haben die Mistkerle mich so fest versohlt, dass ich bis Weihnachten nur Röcke tragen konnte“, schwatzt die Jugoslawin.

„Recht geschieht dir“, sagt Mama.

Die Jugoslawin grinst unverschämt in meine Richtung.

„Heuer bist du auch dran, Baby.“

„Wieso ich? Ich hab nichts gemacht!“

„Papalapap. Ich werde schon dafür sorgen, dass sie dich holen. Wäre doch gelacht, wenn die Krampusse so eine Zuckerpuppe wie dich auslassen würden.“

„Hey, das habe ich wirklich nicht nötig“, protestiere ich.

„Noch schlimmer. Merk dir, ein heißer Hosenboden bringt das Blut ganz flott auf Trapp. Die Kerle mögen das.“

„Nicht möglich.“

„Wenn dein Hintern heiß ist, saugst du jeden Kerl aus, ich weiß wovon ich spreche. Gute Nacht.“

„Gute Nacht“, sagt Mama.

Die Jugoslawin zieht mit dem schärfsten möglichen Hüftschwung ab. Gegen ihren kann ich meinen mickrigen Hüftschwung verstecken.

„Und was ist? Nimmst du mich mit ins Kino?“ fragt Mama.

Angriff ist die beste Verteidigung.

„Tut mir schrecklich Leid, Mama, aber ich gehe mit meinem Freund“, sage ich.

„Du hast einen Freund? July, seit wann denn? Kenne ich ihn?“ will meine Mutter sofort wissen.

„Noch nicht, aber was es kann ja noch werden“, sagte ich und verabschiede mich mit Küssen, schon bin ich weg.

Ich laufe über die Straße zum Apollo-Kino hinüber und ich bin mir sicher, dass Mama mir nachspioniert, um wenigstens einen Blick auf meinen ersten Freund zu erhaschen, was natürlich nicht klappt, weil Franz noch nichts von seinem Glück weiß, dass er heute Abend mit mir ins Kino gehen soll und ich ihn erst herausläuten muss.

Aber er kommt und er ist ganz angetan mit mir die ‚tolldreisten Geschichten’ anzusehen, was er natürlich richtig deutet.

Nach dem Kino geht es drei Stockwerke höher.

Dio mio. Franz hat ja eine echte kleine Studentenbude, es ist ein wahres Glück, dass er in Villach geblieben und zum Studium in die Landeshauptstadt übersiedelt ist und er lebt alleine. Das Liebesnest ist mit Plakaten von Musikern aller Musikrichtungen austapeziert, dazwischen hängen Plakate von irgendwelchen revolutionären Politikern, die er allerdings vom Vormieter geerbt hat, wie Franz behauptet, denn die wenigsten dieser Revolutionäre würde er kennen, aber wenn ich wolle, würde er sich erkundigen wer diese ultralinken Brüder sind.

Ich verneine und wir landen im Bett. Die Revolution muss noch ein gutes Weilchen warten.

Weit nach Mitternacht komme ich nach Hause. Wie zu erwarten war, hat Mama mir nachspioniert, was für einen Film ich mit meinem Freund angesehen habe.

Mama ist schockiert.

„Du wagst es, mit deinem Freund in so einen Ausbund an Frivolität und Geilheit zu gehen?“ donnert Mama los.

„Das ist ein Film von Pasolini!“ protestiere ich.

„Uninteressant. Mir ist völlig unverständlich, wie jemand freiwillig so einen Schund ansehen kann!“.

Ab sofort habe ich Pasoliniverbot und natürlich Hausarrest.

Meinen Freund kann ich mir abschminken.

Außerdem wird mich Papa gleich morgen Früh ordentlich rannehmen, darauf besteht sie und um das Maß voll zu machen geht sie mit mir am Sonntag in die Kirche, dort wird Abbitte geleistet und beim Pfarrer ein reinigendes Gespräch geführt.

Ich zeige Mama den Vogel.

Mama haut mir noch ein paar kräftige Ohrfeigen runter.

„Mama, spinnst du? Ich bin an der Uni!“

„Schnauze! Ins Bett mit dir! Ich will dich heute nicht mehr sehen!“ schreit Mama.

Ich liege im Bett. Ich bin hellwach. Die Wangen brennen. Die Tränen rinnen. Ich sehe die Wände und die Zimmerdecke an.

Das hier ist ein Kinderzimmer. Die bunten Poster der Teeniebands hängen noch immer da. Seit der Mittelschule hat sich hier nichts geändert.

Habe ich mich verändert?

Nur eine Illusion

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