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6 Nur ein italienisches Wort

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Mama zürnt. Sie tobt. Sie ist außer sich vor Wut.

„Spinnst du? Was fällt dir ein erst jetzt nach Hause zu kommen? Wo hast du dich herum getrieben?“

„Tut mir schrecklich Leid, ich war an der Uni“, antworte ich wahrheitsgemäß.

„Was um diese Zeit? Das soll ich dir glauben?“

„Ja.“

„Du denkst wohl ich bin total verblödet?“

„Nein.“

„Das will ich dir auch geraten haben. Was habt ihr dort so lange gemacht?“

?

Ich überlege einen Moment zu viel.

„Verstehe. Uni nennt man das heute!“

„Mama. Nein!“

„Ach so. Was dann?“

„Es ist jedenfalls nicht so, wie du denkst.“

„Die Ausrede ist von gestern. Lass dir was Besseres einfallen! Wie sieht er aus? Woher kennst du hin?“

„Weißt du was, ich gehe ins Kino“, sage ich schnell.

„Was um diese Zeit?“

„Es ist 5 vor 10. Um zweiundzwanzig Uhr beginnt die Nachtvorstellung im Apollo.“

„Hier geblieben!“

„Nein. Willst du mich etwas aufhalten?“

„Ja. Wer räumt die Regale ein?“

„Wieso ich?“

„Es ist Donnerstag. Die Lieferung ist gekommen.“

„Merda!“

„Was?“

„Ach, das ist nur Italienisch.“

„Kannst du mir das Ausdeutschen?“

„Nicht nötig. Also gute Nacht.“

„Stehen bleiben!“

„Willst du mir es etwa verbieten?“

„Ja. Nein. Aber.“ Mama weiß nicht mehr weiter, scheinbar hat sie kapiert, dass ich keine Schulgöre mehr bin.

„Wenn du zurück bist, setzt ’s was!“

„Was denn?“

„Der Hintern gehört dir versohlt.“

Das spöttische Kichern ist einfach nicht zu verbeißen.

„Lach nur. Wenn du wieder da bist ist dein Po blau!“

„Mama, das traust du dich nie.“

Weg bin ich.


Ich überquere die Straße und sause hinüber ins Kino. Erstaunlicher Weise gibt es kaum noch Karten, was um die Zeit selten ist, scheinbar hat sich herumgesprochen, dass der Film mit Alain Delon was taugt.

„Hat das Vorprogramm schon begonnen?“ frage ich an der Kasse.

„Nein, es läuft noch die Werbung. Dann kommen fünf Trailer. Viel Spaß“, sagt Frau Rosa, die, seit ich Stammkundin im Apollo bin, wesentlich netter zu mir ist.

Ich bezahle und schlüpfe ins Kino. In der ersten Reihe bin ich ungestört.

„Der eiskalte Engel“ ist eine Wucht.

Noch nie habe ich so einen ausgezeichneten Thriller gesehen, kein Wunder, dass die Nachtvorstellung gut besucht ist.

Ich leiste mir nach dem Kino noch einen Drink im Secret Garden, einem Künstlerkaffee am Draukai. Aber: heute Abend ist das kein ruhiges Plätzchen um so einen starken Film auf mich wirken zu lassen.

Ein Trio reißt einen harten Free Jazz runter, noch nie habe ich was ähnlich Schräges gehört.

Sax, Piano, ein Langhaariger mit Bart rezitieren endlose Texte, wenn er nicht spricht, spielt er Gitarre wie Hendrix.

Manche Leute sind mir meilenweit voraus, es liegt nur an mir, ob der Abstand zu ihnen kürzer wird.

Um drei Uhr morgens komme ich nach Hause. Mama erwartet mich.

„Du hattest einen schönen Tag?“

„Ja. Hatte ich.“

„Tut mir Leid wegen vorhin.“

Mama nimmt mich in die Arme. Sie streichelt mich zärtlich, ich fühle mich wohl. Mit einem Küsschen werde ich ins Bett gesteckt.

Dio mio. Mama, ich liebe dich.

Nur eine Illusion

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