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I Einleitung

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Ich danke Ihnen, dass Sie sich trotz des widrigen Winterwetters hier eingefunden haben um meinen Vater auf dem Weg zu seiner letzten Ruhestätte das Geleit zu geben.

Vielleicht irritiert es Sie, dass ich vor Ihnen stehe im schwarzen Anzug, aber einer quietsch blauen, an Stelle einer schwarzen Krawatte. Aber diese Krawatte ist eine Referenz an den Verstorbenen, Krawatten waren ein großer Teil seines Lebens und eines geschäftlichen Erfolges. Und diese Krawatte ist dazu noch ein Entwurf von ihm selber, auf der der rückseitigen Lasche mit seinem charakteristischen Namenszug versehen. Zu meiner Mutter sagte er mal: „Häschen, wenn ich vor dir sterbe, dann trage bitte kein schwarz, das steht Dir nicht.“ Ob mir schwarz stehen würde stand nicht zur Diskussion. Aber aus diesem zweifachen Grunde habe ich mich entschlossen, ihn mittels einer besonderen Krawatte zu ehren.

Es gab Irritationen über das christliche Begräbnis, da der Verstorbene nicht gerade für einen Kirchengänger gehalten wurde. Seine Jugendzeit hat er in Niederländisch-Indien verbracht, wo seine Mitschüler außer der calvinistischen, auch den buddhistischen, hinduistischen und moslemischen Religionsgemeinschaften angehörten. Er wuchs sozusagen multikonfessionell auf. Nach seiner Rückkehr in die Niederlande sorgte sein Großvater mütterlicherseits dafür, dass er durch die Kirchengemeinde ein Schulstipendium für ein christliches Gymnasium bekam. Dieser Großvater Pake, (das ist friesisch für Großvater) bewirtschaftete einen kleinen Bauernhof und führte ein streng christliches Leben in alttestamentarischer Frömmigkeit. Sonntag wurde nicht gearbeitet, sondern am Vor- und Nachtmittag die Kirche besucht. Vor den Mahlzeiten wurde nicht nur ein Tischgebet gesprochen, sondern ein längeres Stück aus der Bibel vorgelesen. Es wurde kein Feuer entzündet, diese Aufgabe übernahm ein dafür bezahlter Jude, der seinen Ruhetag ja am vorangegangen Samstag feierte. Nur die Kühe wurden von Pake (Friesisch für Großvater) gemolken, denn deren Milchproduktion war ja ein Geschenk Gottes. Zu den Erfahrungen in Indonesien war das ein absolutes Kontrastprogramm und prägte sein späteres Verhältnis zur Amtskirche. Seine Großeltern besuchte er aber gerne und so oft wie möglich, denn dort gab es immer reichlich zu essen, was bei seinen Eltern in der Weltwirtschaftskrise nicht immer der Fall war.

Seine letzte Ruhestätte wollte er in Bielefeld finden, der Stadt, in der er den größten Teil seines Lebens verbracht hatte, und nicht in der Familiengruft in Leeuwarden. Und mein Vater wollte eine anonyme Bestattung. Der Grund dafür war, wie auch in der Traueranzeige geschrieben, die „Sorge um die Seinen“. Er war überaus ordentlich und penibel und Unordnung war ihm ein Graus. Seine Anweisung an mich lautete „Ich will kein Grab, denn du bist nicht in Bielefeld und kannst dich nicht um die Pflege kümmern, und dann sieht das immer unordentlich aus“. Schweren Herzens hat er die die Grabstätte meiner Mutter und seiner Schwiegereltern auf dem Sennefriedhof aufgelassen, als seine Beine den Dienst versagten und er nicht mehr überwachen konnte, ob die Friedhofsgärtnerei ihre Arbeit ordentlich ausführte. In Übereinstimmung mit meiner Stiefmutter habe ich mich dieser Anweisung widersetzt, wie ich mich mit Vorliebe seinen Weisungen widersetzt habe, und wir betten seine sterblichen Reste hier, mitten in der Stadt zur Ruhe, wo er nicht namenlos ruht, aber im Rahmen des Friedhofkonzeptes immer ein gepflegtes Grab haben wird. Er war im Laufe von 60 Jahren nicht nur ein Bielefelder geworden, sondern ganz besonders ein Liebhaber der Innenstadt. Somit ist der Alte Friedhof der als Ruhestätte der ideale Platz für meinen Vater.

Anstelle von Blumenspenden wurde zum Gedächtnis an den Verstorbenen um eine Zuwendung an GUIDON gebeten. Das ist eine Vereinigung christlicher reisender Kaufleute, die weltweit in Hotelzimmern Bibeln (vorwiegend Neue Testamente) auslegen lässt. Als Handlungsreisender, der einen großen Teil seines Berufslebens in Hotelzimmern verbracht hat, waren diese Bücher ihm häufige Lektüre. Einer seiner Lieblingswitze, mein Vater erzählte gerne Witze, die ich immer als „Vertreterwitze“ bezeichnete lautete:

Ein Reisender greift abends im Hotelzimmer zu einem dort ausliegenden Neuen Testament und liest in der Einleitung: „Wenn Sie sich hier jetzt einsam fühlen, dann lesen Sie den Psalm Nr. … Der Reisende schlägt den Psalm auf und liest ihn, und findet am Ende den handschriftlichen Zusatz: „Wenn Du dich jetzt noch immer einsam fühlst wähle die Nummer … und verlange Mandy.“

Sjoerd Gaastra 1921-2013

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