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Rationale Einleitung

VORWORT DES VERSTANDES

Dieses Buch ist ein Versuch, die Welt zu erklären anhand eines alten germanischen Zeichensystems, über dessen Herkunft, Sinn und Geschichte schon viel Widersprüchliches und manch Zweifelhaftes geschrieben wurde – und bis heute jede Menge Mist kursiert. Um etwas Brauchbareres zu bieten, mache ich meine Quellen kenntlich und alles, was ich daraus ableite, so nachvollziehbar wie möglich. Dies ist keine Untersuchung darüber, was historische „Germanen“ mit Runen anstellten, sondern was sich anhand dessen, was wir wissen, heute daraus machen lässt. Inspiriert von den alten Zeichen und in jahrzehntelanger Praxis entwickelt und erprobt, stellt dieses Buch ein Wertesystem vor, ein gegenwartsbezogenes Lebensmodell: zum Nachfühlen, Mitdenken, Ausprobieren – und zur Diskussion.

Ich kenne zwei Arten von Runenbüchern. Die einen haben wissenschaftlichen Anspruch, die anderen enthalten esoterische Interpretationen. Die einen scheren sich kaum um Deutungen, die anderen selten um Fakten. Die einen sind so trocken, dass es staubt, die anderen oft so schwammig und sumpfig, dass es zumindest streckenweise in Beliebigkeit ausartet. Wissenschaftliche Werke über Runen beschränken sich auf Angaben, die (nach jeweiligem Forschungsstand) archäologisch nachweisbar sind. Hin und wieder muss ich mich darauf beziehen, da strukturell nachvollziehbare Methodik, die jegliche Wissenschaft auszeichnen sollte, zum Skelett auch meines Wertgefüges gehört. Ich selbst bin kein Wissenschaftler, nur gelernter Träumer – der allerdings mit offenem Auge durch die Welt tanzt.

Damit gehört dieses Sachbuch zu den esoterischen dieser Art. Ich schrieb es, weil keines der mir bekannten eine Rezeption ermöglicht, die ich auch unerfahrenen Neugierigen bedenkenlos empfehlen kann. (Selbst die besseren und anspruchsvolleren Runenschmöker empfehlen zum Beispiel fast ausnahmslos „Runen-Yoga“, das Nachstellen von Runenformen mit dem eigenen Körper, ohne die rassistische Intention und ausschließlich militaristischen Quellen solcher Übungen auch nur zu erwähnen, geschweige denn zu erklären. So machen sie sich gerade für Neulinge unüberprüfbar und werden zu Denkfallen-Trägern – und für spirituelle Sinnsuche und Lebensbewältigung sogar zu heimlichen Giftquellen. Warum ist so etwas Gift? Weil das Tun seiner Quelle Energie zuführt und aus ihr überträgt, und das Runenstellen hat nun mal nur eine einzige: die Intention, rassistischen Ansichten mittels obskuren Turnereien einen okkulten Anstrich zu verleihen.) Als ich 1984 zum ersten Mal auf Runen stieß – in einem denkbar miserablen Eso-Machwerk, das mir ein Kumpel unversehens in die Hand gedrückt hatte –, war ich noch bekennender Atheist. So sehr mich die Runen auf Anhieb faszinierten, so vehement stieß mich das menschen- und insbesondere frauenfeindliche Gegeifer ab, das als „Erklärung“ aus dem ariosophischen Ideologiekonstrukt quoll wie Eiter aus schwärenden Wunden. Igitt, jawoll. Was Ariosophie bedeutet und wie diese esoterische „Rassenlehre“ bis heute in fast jedem esoterischen Sehnsuchtswinkel (insbesondere magischer Runenkundlerei) zumindest in Spurenelementen vor sich hingiftelt, erfuhr ich erst viel später. Fortgeschrittene erkennen solche Fallen oft nur schwer – für Unkundige ist es fast unmöglich.

Was ich ebenfalls erst in allmählicher, jahrelanger Sichtung erfasste, war die tatsächliche Quellenlage, die sich als verstreuter Scherbenhaufen quer durch die Geschichte erstreckt. Ich sammelte die brauchbaren Stücke, reinigte sie und baute ein Haus daraus. Als Mörtel nahm ich meine Anschauungen. Einige Steine, die noch fehlten, meißelte ich selbst. Das Ergebnis mag darum nicht „germanisch“ genannt werden können – in dem Sinne, dass Angehörige derjenigen Sprachkulturen, die wir heute „germanisch“ nennen, je so gelebt hätten. Ich bin allerdings der Meinung, dass es dazu passt. Nicht nur, weil ich selbst Ásatrú bin und deswegen all mein Tun und Lassen als „germanisch“ bezeichne. Ich empfehle es auch jenen, die auf derlei Bezeichnungen weniger Wert legen – und unabhängig davon, welche Götter sie im Herzen tragen oder ob.

Bragishof, im Blütenmond (Juli) 2014


Bildstein auf Gotland, Schweden

Das Lied der Eibe

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