Читать книгу Es geschah aus Liebe - Ernst Meder - Страница 12

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Das Glück oder das Pech - je nach Sichtweise - war ihnen hold, als sie die Tür der Gerichtsmedizin öffneten und die massige Gestalt von Dr. No erblickten. Dieser beugte sich gerade über die Leiche von Sarah Winkler, die noch nicht sehr lange auf dem Seziertisch liegen konnte.

»Hallo Dr. Dressel, ich sehe, Sie sind schon mit unserer Toten befasst«. Ayla hatte dies nicht nur aus Höflichkeit freundlich gesagt, Nein sie wusste sehr wohl, das Dr. No - den niemand in seiner Anwesenheit so nannte - ein Meister seines Fachs war. Wenn etwas Ungewöhnliches zu finden war, so fand er es und er hatte schon häufig angebliche Selbstmorde oder rätselhafte Todesfälle in die richtige Kategorie geschoben.

Dabei machte er keine Unterschiede zwischen gesellschaftlicher Schicht, noch ob jemand glaubte, seine Prominenz könne ihn schützen. Unter Kollegen kursierte immer noch die Geschichte einer alten Dame aus der oberen Schicht der Gesellschaft, die einen Suizid mit Medikamenten begangen haben sollte.

Auch wenn die Familie es verhindern wollte, bei Todesfällen, die nicht eindeutig natürlichen Ursprungs waren, landeten die Leichen auf seinem Tisch. So auch in diesem Fall. Trotz Intervention durch die Spitze von Politik und Polizei setzte er seine Untersuchungen fort.

Es war nur ein kleiner Einstich in der behaarten Achselhöhle der alten Dame, der seine Aufmerksamkeit ausgelöst hatte. Nach langer Suche und umfangreichen Untersuchungen der Körperflüssigkeiten gelang ihm der Nachweis, dass jemand diese ermordet hatte. Der Rest interessierte ihn nicht weiter, das war Aufgabe der Polizei, er hatte nur dafür gesorgt, dass einer Toten Gerechtigkeit widerfuhr.

Das Grunzen, das seiner Kehle entwich, konnte alles bedeuten, aber als er kurz aufblickte, war sein Blick freundlich. Er nickte kurz, zeigte damit, dass er ihre Anwesenheit wahrgenommen hatte, und vertiefte sich sofort wieder auf die Stelle am linken Handrücken. Nachdem er diese Stelle kurz betrachtet hatte, griff er zu einem beleuchteten Vergrößerungsglas, um sie genauer in Augenschein zu nehmen.

»Kommen sie bitte, sehen sie sich das an«, dabei reichte er ihr das Vergrößerungsglas und zeigte auf einen kleinen Ausschnitt auf dem Handrücken.

Ayla starrte angestrengt auf die Stelle, ihr fiel jedoch nichts auf, als sie Dr. No nochmals ansah, zeigte er genau auf die Stelle. Sie strengte ihre Augen an, dann glaubte sie, bläulich unzusammenhängende Striche zu sehen, die sie zuerst als leicht vorstehende Adern gehalten hatte.

»Was kann das sein« ihre Verwirrung war ihr anzusehen, als sie Dr. No anstarrte. Der zuckte ratlos mit den Schultern »irgendetwas aufgemalt oder ein missglücktes Tattoo ich weiß es noch nicht.« Dann hatte er eine Idee, »ich werde ein Foto davon machen, vielleicht können wir es am Computer so vergrößern, bis es erkennbar wird.«

Sven, der sich zwischenzeitlich das Vergrößerungsglas genommen hatte und nun angestrengt auf die Stelle starrte, begann plötzlich zu nicken. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich weiß, was das ist«, sagte er in die eingetretene Stille.

Sich der Blicke bewusst, die auf ihm ruhten, fuhr er fort »das war mal ein Stempel, und zwar von einem bestimmten Club.« Dann erläuterte er ihnen die Funktionsweise dieses Stempels auf dem Handrücken. »Dem Gast wird beim Betreten ein Stempel auf dem Handrücken gedrückt sozusagen als seine Eintrittskarte. Wenn er mal kurz an die frische Luft will und danach wieder in den Club möchte, zeigt er nur seinen Handrücken und kommt so problemlos wieder hinein.«

»Und Du weißt, um welchen Club es sich handelt«, fragt Ayla ganz erstaunt. Hatte sie ihren Kollegen bisher so falsch eingeschätzt, als regen Clubgänger konnte sie ihn sich nicht vorstellen.

Nachdem er ihnen sagte, um welchen Club es sich handelt, ergänzte er noch »das ist übrigens der angesagteste Club derzeit, ganz so einfach kommt man da nicht rein. Der Türsteher hat einen schlechten Ruf bei den Leuten, die nicht zu den Personen zählen, die begehrt sind.«

»Kann es sein, dass Sarah gestern Abend in dem Club war und die Stempelfarbe sich bei den anschließenden Fesselspielen abgerieben hat«, fragt sie nun wieder Dr. No.

»Das kommt auf die Stempelfarbe an, wenn sie billige Farbe benutzen, ist es durchaus möglich. Kann aber auch sein, dass die junge Dame bereits vor ein paar Tagen da war und die Farbe doch hartnäckiger ist.«

In Gedanken machte sich Ayla eine Notiz, sie würden die Haltbarkeit der Stempelfarbe dieses Clubs überprüfen dann konnten sie den Tag des Besuchs eingrenzen.

»Die Untersuchungen ob sich Ketamin, Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB), Gamma-Butyrolacton (GBL) oder eben auch Benzodiazepine im Blut oder Urin befinden habe ich veranlasst. Außerdem habe ich das Labor auf die Dringlichkeit hingewiesen, damit uns da nichts entgeht.«

Er überlegte kurz, ob er dies noch hinzufügen sollte, oder ob es doch zu sehr nach Medizinerlatein klingt, dann entschloss er sich doch dazu. Vielleicht konnten sie es tatsächlich verwenden, er würde es ihnen nicht vorenthalten.

»Meinem Hinweis, dass GHB und GBL schnell metabolisiert werden, und es sich deshalb empfiehlt, bereits bei Verdacht auf Verwendung dieser Mittel möglichst umgehend eine Urin- und Blutprobe zu asservieren, werde man umgehend nachgehen.«

»Danke Dr. Dressel, wenn ich noch Fragen habe kann ich mich an Sie wenden« sie sah ihn fragend an und es wirkte eigentümlich, wenn sie zu ihm nach oben blickte, obwohl er nur etwa einen Meter achtzig groß war.

Dieser nahm die Frage nur unterbewusst wahr, war in Gedanken bereits wieder bei dem Leichnam auf dem Tisch. »Ja ja«, murmelte er dann wie aus einer Trance erwachend und sah sie ernst an. »Ich werde die Untersuchung jetzt machen, ich beabsichtige, die Ergebnisse so schnell als möglich zur Verfügung zu stellen.« Dann wie zur eigenen Aufmunterung »Sie werden meine Ergebnisse am Montag in ihrem Mail-Ordner vorfinden und dem Labor werde ich Beine machen.«

Schweigend gingen sie nebeneinander her, als es aus ihm herausplatzte »Quatsch, das war nie im Leben Dr. No, dieser hier war ja fast menschlich, so umgänglich habe ich den noch nie erlebt.«

»Das war doch der Zwilling, hast Du nicht gesehen, dass der ganz anders aussah«, scherzt Ayla, während sie ihn grinsend anblickte.

Aber nein dachte er, da will mich jemand auf den Arm nehmen. Trotz der Bestimmtheit ihrer Aussage erklingt ein leiser Zweifel in ihm.

Ein paar Minuten und eine Bestätigung später ist er wieder beruhigt, es war also tatsächlich der Dr. No, der an Tatorten als Dämon und in der Gerichtsmedizin als Helfer in der Not auftrat. Noch während er über das befremdliche Verhalten des Gerichtsmediziners nachdachte, überhörte er die Frage seiner direkten Vorgesetzten. Als sie ihm ihre Gedanken erneut erläuterte, zog er kurz seine Augenbrauen nach oben, dann nickte er ergeben.

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