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Viren: Motoren der Evolution

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Viren sind nicht eigentlich »böse«, sondern für die Evolution des Menschen eine integrale Voraussetzung. Thomas Hardtmuth schreibt: »Wie sich in den letzten Jahren herausstellte, sind die infektiösen, hochgefährlichen Auswirkungen viraler Infektionen eine Art Sonderfall und kennzeichnen jene Viren, die keinen dauerhaft sesshaften Lebensstil in Wirtsorganismen entwickeln können. In den meisten Fällen leben Viren in einem Wirtsorganismus und helfen ihm dabei, konkurrierende Parasiten abzuwehren. Sie werden damit oft zu einem Teil der Evolutionsgeschichte des Wirtsorganismus bzw. der ganzen Wirtsart. Sesshafte Viren sind entscheidend für die Artenvielfalt und Wirts-Genom-Bearbeitung. Praktisch alle Kompetenzen der natürlichen Genombearbeitung, wie sie in der Konservierung von Gen-Ablesung, Transkription, Translation und Rekombination repräsentiert sind, stammen von viralen Fähigkeiten ab. Seit durch mehrere Beobachtungen klar geworden ist, dass Viren fähig sind, genetisches Material in die Wirtsgenome zu integrieren, wurde deutlich, dass Viren neben infektiösen Lebensstrategien auch symbiotische und symbiogenetische Lebensstile haben. Sie übertragen phänotypische Eigenschaften auf den Wirt, die ein nicht infizierter Wirt der gleichen Wirtsart nicht hat.« Und weiter: »Wie alles Neue und Fremde, das wir aufnehmen aus der Umwelt, muss auch ein Virus erkannt, verarbeitet und integriert werden. Unser gesamtes Immunsystem hat sich nicht nur in der Auseinandersetzung mit Viren entwickelt, die gesamten Abwehrfunktionen bestehen aus internalisierten Viren!« (Hardtmuth 2019)

Doch nicht nur das Immunsystem ist – wie festgestellt – viralen Ursprungs. »Ein Hauptteil unseres Erbmaterials ist also auf die Integration von Viren während der Evolution zurückzuführen. Ein Vergleich des nichtkodierenden DNA-Anteils bei verschiedenen Spezies mag dies verdeutlichen: Bei Bakterien ist er mit 1 bis 12 Prozent relativ gering, bei Würmern sind es etwa 12 Prozent, bei der Taufliege 15 bis 22 Prozent, bei der Maus 40 Prozent, beim Frosch 77 Prozent und beim Menschen 98 Prozent.« (Hardtmuth 2019)

Viren stellen also eine Art Urmeer der Informationen dar. Sie sind keine aberranten Formen von bestehender DNA, sondern können durch Integration unsere DNA bereichern. »90 Prozent der Viren-Genome zeigen keine Verwandtschaftsverhältnisse mit bekannter Gensequenz, das heißt, es sind neue Viren mit eigenen Eigenschaften!« (Hardtmuth 2019)

Man kann sich fragen, wo der Ursprung dieser Informationsfülle liegt. Wieder lässt sich da ein verblüffendes Phänomen finden. 1969 schlug in Australien in Murchison ein Meteorit2 auf, von dessen Masse hundert Kilogramm übrigblieben. Er war mit 4,6 Milliarden Jahren älter als die Erde. Obwohl noch unbeeinflusst von irdischen Einflüssen, ließen sich in dem Material neben zahlreichen Mineralien auch verschiedene Nucleobasen und Aminosäuren nachweisen, was die Hypothese einer extraterrestrischen Herkunft der RNA stark untermauert. Der Informationsfluss der Viren, die Nucleobasen und Aminosäuren erhärten die These einer kosmologischen Ursache der Viren. Inzwischen wurden viele solcher kohlenstoffhaltiger Meteoriten aus der Frühzeit unseres Sonnensystems identifiziert.

Ein sogenannter kohliger Chondrit. Meteoriten wie dieser enthalten kosmische Biomoleküle und können vor Urzeiten zur Bildung von RNA beigetragen haben. (Foto: Frank Meyer)


Viren sind so gesehen Träger kosmischer Intelligenz. Und diese Intelligenz ist überall anzutreffen, überall wo Leben ist, so extrem auch die Bedingungen sein mögen: tief verborgen unter der Eisdecke Sibiriens und in kochend heißen Quellen, zu Millionen in jedem Tropfen Meerwasser und milliardenfach in jedem Gramm Salat, das wir essen.3 (Zimmer 2012) Überall sind Viren in einer unvorstellbaren Zahl und Vielfalt und von Anfang an bei der Entwicklung des Lebens auf der Erde dabei. Die Zahl der Virustypen wird auf circa 100 Millionen geschätzt. Jeder Winkel unseres Köpers ist von Viren besiedelt. In der Lunge sind normalerweise allein 174 verschiedene Viren anzutreffen (Zimmer 2012).

Ausschnitt einer DNA


Diese Intelligenz kann – wie bei der vergleichsweise stabilen DNA (1,5 bis 2 Prozent des Genoms) – mehr statischen Bibliothekar-Charakter haben oder auch mehr angewendeten aktiven Textbausteinen ähneln, der RNA. Dazu Thomas Hardtmuth: »Mit Aristoteles gesprochen, entspräche die DNA dem Ergon, das heißt dem statischen Werk, und die RNA der Energeia, der aktiven Tätigkeit.« (Hardtmuth 2019) RNA-Viren sind in steter Bewegung, entstehen und vergehen schnell: »80 Prozent der RNA-Elemente haben eine Halbwertszeit von weniger als 2 Minuten, der Rest etwa 5 bis 10 Minuten.« Hingegen kann eine DNA viele Jahre und Jahrhunderte stabil überdauern.

Wenn wir die bisherigen Gedanken ernst nehmen und mit Erstaunen die zahlreichen lebenswichtigen Aufgaben der Viren aufzuzeigen vermochten, warum werden dann Viren mit hochgefährlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht? Was passiert da?

Thomas Hardtmuth: »Nun ist es vor diesem Hintergrund mehr als naheliegend, dass diese viralen und mikrobiellen Sphären geradezu seismografisch den Zustand eines Ökosystems widerspiegeln. Wir wollen das am Beispiel der Vogelgrippe verdeutlichen:

Dass die modernen Geflügelmästereien mit artgerechter Haltung wenig zu tun haben, braucht wohl nicht extra betont zu werden. In den letzten Jahren tauchten plötzlich mutierte Virenstämme (H5Nx) auf, die zu einem Anstieg der Sterberaten durch Vogelgrippe führten und von denen befürchtet wurde, sie könnten auf den Menschen überspringen und eine globale Seuche auslösen. Es wurden nun – aus welchen Gründen auch immer – hauptsächlich Forschungsresultate der industrienahen Institute publiziert, wonach dieses neue Virus angeblich von asiatischen Wildvögeln nach Europa importiert worden sei. Wie der US-amerikanische Evolutionsbiologe Robert Wallace von der Universität Minnesota in seinem Buch Big Farms make big Flu stichhaltig nachwies, stammen die neuen Erreger (Campylobacter, Nipah-Virus, Q-Fieber, Hepatitis E und verschiedene neuartige Influenza-Varianten) ausnahmslos aus der industriellen Landwirtschaft. Bei Wildvögeln konnten die mutierten Stämme nicht nachgewiesen werden.« (Hardtmuth 2019)

Damit werden Viren erst dann gefährlich, wenn sich das Mikrobiom zum Beispiel durch den vermehrten Einsatz von Antibiotika verändert.

Nun hat jeder Hühnerstall und sogar jedes einzelne Huhn sein eigenes, ganz individuelles Mikrobiom, das durch jede Antibiotikagabe zu großen Teilen zerstört wird. Das hat auf Dauer zwei gravierende Folgen:

Zum einen wird die Diversität des Mikrobioms reduziert, was den Gesundheitszustand der Tiere insgesamt schwächt. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Diversität eines jeden biologischen Systems ist der Indikator für die Gesundheit des Systems, weil eben die Vielfalt der Bakterien ein viel größeres Stoffwechsel-Repertoire bereithält. Ein hoch diverses Darm-Mikrobiom ist biologisch flexibler, wenn es um verschiedene Nahrungsstoffe geht.

Zum anderen bleiben nach jeder Antibiotika-Gabe einzelne resistente Keime zurück, die nun die leer gewordenen Nischen besiedeln. Es werden also auf Dauer die resistenten herausselektiert, sie werden dominant, und in ihrer Überzahl stören sie das mikrobielle, auch das virale Gleichgewicht weiter und führen zu neuen Krankheitsdispositionen. Denken wir an den horizontalen Gentransfer zwischen den Bakterien und die hohe Mutationsrate bzw. Plastizität der Viren: Die Resistenz-Gene verbreiten sich, und durch das insgesamt dysbiotische Milieu werden besondere, pathogene Viren herausselektiert. Bei der Mehrzahl der Fleischprodukte aus Großmästereien sind heute multiresistente Keime als auch Antibiotika-Spuren nachweisbar, die jetzt in die Nahrungskette gelangen und so das Problem weiter verschärfen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses kranke System kollabieren wird. Dieser Zustand scheint heute erreicht zu sein, und Covid-19 ist in gewissem Sinne sein Ausführungsgehilfe.

Viren haben eher einen Bezug zum Nervensystem, Bakterien zum Bauch – sie wurden auch schon als vagabundierende Bäuche dargestellt. So gesehen sind Viren vagabundierende Nerven. Tatsächlich finden sich Viren mehr in sinneswachen Tieren (wie Maus und Fledermaus), und die »Mehrzahl der viralen Infekte findet sich in Bereichen, die mit den Bewusstseinsprozessen des Menschen zu tun haben; eine bakterielle Gehirnhautentzündung beispielsweise ist extrem selten, in über 90 Prozent finden sich dabei Viren. Je weiter wir im Respirations- oder Verdauungstrakt nach unten (kaudal) gehen, umso weniger Bewusstsein einerseits und virale Infekte andererseits gibt es dort. 80 Prozent der Infekte der oberen Atemwege sind mit Rhino-, Astro-, Parainfluenza- und Metapneumo-Viren vergesellschaftet, die unteren Atemwege und die Lunge (nur 5 Prozent der unteren Atemwegsinfektionen sind durch Viren verursacht), aber auch der ›unbewusste‹ Darm sind meist von bakteriellen Infekten betroffen.« (Hardtmuth 2019)

Viren (blau) finden sich in der Regel im Kopf-Lungen-Bereich und nur selten im Urogenitalbereich (HPV-Viren). Umgekehrt haben die Bakterien (rot) als Schwerpunkt ihrer Tätigkeit den Bauch und werden nur selten bis zum Gehirn gelangen (Meningokokken).


Ein Virus ist an sich nur ein Informationspartikel, modern gesprochen eine kleine App. Es bedarf aber, um aktiv werden zu können, eines Wirtes, der zu ihm passt. Sinneswache Tiere passen zu ihm, besonders die Fledermaus.

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